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Die Euro-Mediterrane Partnerschaft (Barcelona-Prozess)

Im Dokument Außenpolitischer Bericht 2002 (Seite 80-83)

III. Österreich und die Außenbeziehungen der Europäischen Unionder Europäischen Union

3. Südosteuropa / Westlicher Balkan

6.3. Die Euro-Mediterrane Partnerschaft (Barcelona-Prozess)

Auf der Euro-Mediterranen Konferenz im November 1995 in Barcelona wurde unter Teilnahme der EU und aller Mittelmeeranrainerstaaten ein Pro-zess in Gang gesetzt, der die erste integrierte europäische Initiative für Zu-sammenarbeit im Mittelmeerraum darstellt. Der Prozess ist als eine regio-nale Antwort auf die Herausforderungen stark divergierender Wirtschafts-, Bevölkerungs- und Migrationsentwicklungen zu sehen, für die auf Grund der geographischen Nähe der Mittelmeerländer zu Europa partnerschaftli-che Lösungsansätze gefunden werden müssen. Inhaltlich hat dieser Prozess insbesondere zum Ziel, eine gemeinsame Zone des Friedens, der Stabilität und des Wohlstandes zu schaffen. Die Euromed-Partnerschaft ist bis heute das einzige Forum, in dem alle Mittelmeeranrainerstaaten gemeinsam bera-ten. Zu den zwölf Partnern der EU zählen Marokko, Algerien, Tunesien, Ägypten, Israel, Jordanien, die Palästinensische Autonomiebehörde, der Li-banon, Syrien, die Türkei, Zypern und Malta. Libyen hat derzeit Beobachter-status (seine vollständige Teilnahme an der Partnerschaft ist derzeit offen).

Die drei inhaltlichen Schwerpunkte des Barcelona-Prozesses sind die Zu-sammenarbeit im politischen und sicherheitspolitischen Bereich auf der

Grundlage fundamentaler Prinzipien, insbesondere der Beachtung von Men-schenrechten und Demokratie, die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit dem Ziel der Schaffung einer den gesamten Mittelmeerraum umfassenden Freihandelszone bis 2010, sowie die Vertiefung der sozialen, kulturellen und humanitären Kooperation.

Im politischen Bereich standen insbesondere partnerschaftliche Maßnah-men und Fragen der Menschenrechte, der Bekämpfung des internationalen Terrorismus sowie Migrationsfragen im Mittelpunkt. Durch die anhaltende Intifada in Israel konnten bei vielen politischen Vorhaben nur schleppend Fortschritte verzeichnet werden. Die Bedeutung des Barcelona-Prozesses als einziges Gremium, in welchem sowohl europäische, arabische und is-raelische StaatenvertreterInnen auf höchster Ebene zusammentreffen, bleibt nach wie vor ein wichtiger Faktor. So kam es im Rahmen des Au-ßenministertreffens in Valencia (April) anlässlich einer erweiterten EU-Troika zu einem Zusammentreffen von Außenminister Peres und Minister Shaath.

Das wichtigste Ziel derwirtschaftlichen und finanziellen Zusammenarbeit bleibt die Errichtung einer Freihandelszone bis 2010. In der Heranführungs-strategie an dieses Ziel wurden mit nunmehr allen Partnern außer Syrien bi-lateraleAssoziationsabkommen mit dem Ziel der stufenweisen Einführung des bilateralen Freihandels abgeschlossen. Im April und Juni 2002 wurden die bislang letzten dieser Abkommen mit Algerien und dem Libanon abge-schlossen. Zypern, Malta und die Türkei nehmen wegen bereits in den 60-er und 70-er Jahren abgeschlossener Abkommen und der Beitrittsperspektive eine gewisse Sonderstellung ein.

Zusätzlich zur Schaffung einer Freihandelszone mit der EU(„vertikale Han-delsliberalisierung“) soll gleichzeitig auch der Handel zwischen den Mittel-meerpartnern untereinander liberalisiert werden („horizontale“ oder „Süd-Süd-Integration“). Darüber hinaus soll die Zusammenarbeit insbesondere dazu beitragen, in Angelegenheiten von transnationalem Charakter verstärkt miteinander zu kooperieren (beispielsweise bei der Vernetzung von Infra-struktur oder bei der Harmonisierung technischer Standards). Die Assoziati-onsabkommen umfassen aber auch eine Reihe von sozialen, kulturellen und finanziellen Aspekten im Sinne des Barcelona-Prozesses.

Zur Implementierung der Euro-Mediterranen Partnerschaft stehen zwei Fi-nanzierungsinstrumente zur Verfügung: Zum einen das MEDA-Programm, das finanzielle und technische Unterstützungsmassnahmen zur Begleitung der Wirtschafts- und Sozialreformen in den Partnerländern beinhaltet. Die finanzielle Basis wird durch eigene Ratsverordnungen sichergestellt (für den Zeitraum 2000 – 2006 sind 5,35 Milliarden Euro veranschlagt). Die zweite Finanzierungsquelle ist dieEuropäische Investitionsbank (EIB), die für Ent-wicklungsaktivitäten in den Mittelmeerpartnerländern seit 1995 insgesamt 7,42 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt hat.

Die Euro-Mediterrane Partnerschaft hat 2002 wieder deutlich an Dynamik gewonnen. Dazu trug insbesondere das Euromed-Außenministertreffen in Valencia (22. – 23. April) mit der Annahme einesAktionsplans bei, der kurz-und mittelfristige Initiativen zur Unterstützung der drei Kernbereiche des Barcelona-Prozesses enthält. Dazu zählen im Einzelnen dieVerstärkung des politischen Dialogs zu Themen wie Terrorismus, Europäische Sicherheits-und Verteidigungspolitik, Konfliktverhütung Sicherheits-und Krisenmanagement, Good Governance und EU-Erweiterung sowie der Ausbau der wirtschaftlichen und finanziellen Kooperation durch die Schaffung einer MED-Investitions-fazilität FEMIP, die prinzipielle Teilnahme der MED-Partner am System der europäischen Ursprungskumulierung und die Förderung der Infrastruktur-und Telekommunikationssektoren sowie des Privatsektors der MED-Partner.

Weiters hervorzuheben ist die Dynamisierung der Partnerschaft auf dem Ge-biet der sozialen, kulturellen und menschlichen Zusammenarbeit durch die Annahme eines Aktionsprogramms zum Dialog der Kulturen mit den Schwerpunktthemen Jugend (Austauschprogramme, Netzwerk assoziierter Schulen), Bildung (Einrichtung von „Euromed-Stipendien“, Lehrer- und Professorenaustausch, Errichtung von interreligiösen Universitätslehrstüh-len) und Medien (Journalistenaustausch), des Weiteren die Einrichtung ei-ner Euromed-Stiftung sowie ein Rahmendokument für ein Regionalpro-gramm „Justiz und Inneres“.

Zur Stärkung der parlamentarischen Dimension ist die Schaffung einer Euro-Mediterranen Parlamentarischen Versammlung beabsichtigt. Auf der 4. Tagung des Euromed-Parlamentarischen Forums (Bari, 17.–18. Juni) wurde die Einsetzung einer Arbeitsgruppe zur Vorbereitung dieser Ver-sammlung beschlossen.

Als weiteres Mittel für das Ziel der Schaffung einer Freihandelszone bis 2010 wurde die Errichtung einer Euro-Mediterranen Entwicklungsbank identifiziert. Als Vorstufe wurde dieMED-Investitionsfazilität FEMIP (Faci-lity for Euro-Mediterranean Investment and Partnership) von der EIB einge-richtet. Nach Ablauf des ersten Geschäftsjahres soll geprüft werden, ob die FEMIP in eine eigene Zweigstelle der EIB mit selbstständigem Sitz in einem Mittelmeerland umgewandelt werden kann. Beabsichtigt ist die Erhöhung der jährlichen Finanzierung durch die EIB von derzeit 1,4 Milliarden Euro auf 2 Milliarden Euro.

Zur Dynamisierung der Partnerschaft auf dem Gebiet der sozialen, kulturel-len und menschlichen Zusammenarbeit wurde auf Initiative von Bundesmi-nisterin Benita Ferrero-Waldner in der Wiener Hofburg am 3. Juni ein Sym-posium unter dem Titel „Euro-Mediterranean Dialogue between Cultures and Civilizations – The Role of the Media“ abgehalten. Die Zielsetzung der Veranstaltung war es, die politische Bedeutung des Dialoges der Zivilisatio-nen nicht allein auf die Eliten der jeweiligen Kulturkreise zu begrenzen, sondern durch aktive Einbindung der Medien ein Durchdringen aller

Gesell-schaftsschichten zu initiieren (siehe Abschnitt K. „Medien und Informa-tion“). Für das Jahr 2003 wird eine Follow-up Veranstaltung im Medienbe-reich in Aussicht genommen.

Im Umweltbereich wurde auf derKonferenz der Euromed-Umweltministe-rInnen in Athen (10. Juli) eine Erklärung verabschiedet, die insbesondere eine Strategie zur Integration von Umweltbelangen in den euromediterranen Prozess beinhaltet. In einer ersten Phase der Implementierung dieser Strate-gie wird eine Studie durchgeführt, welche die Nachhaltigkeit der geplanten Euro-Mediterranen Freihandelszone beurteilen soll.

6.4. Organisationen der multilateralen Zusammenarbeit

Im Dokument Außenpolitischer Bericht 2002 (Seite 80-83)