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Das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (NAFTA)

Im Dokument Außenpolitischer Bericht 2002 (Seite 98-102)

III. Österreich und die Außenbeziehungen der Europäischen Unionder Europäischen Union

3. Südosteuropa / Westlicher Balkan

8.4. Das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (NAFTA)

Das Abkommen über die Schaffung der Nordamerikanischen Freihandels-zone (NAFTA) zwischen den USA, Kanada und Mexiko trat am 1. Jänner 1994 in Kraft. Seine Besonderheit liegt in der Verbindung von zwei der reichsten Industriestaaten mit einem Schwellenland des Südens. Im Ver-gleich zu den USA ist Mexikos Brutto-Inlandsprodukt zwanzigmal und sein Pro-Kopf-Einkommen sieben Mal geringer. Gerade die ausgeprägten komparativen Kostenunterschiede stimulierten ein dynamisches Wachs-tum des intra-regionalen Handels. US-Exporte in die NAFTA-Staaten stiegen von 1993 bis 2001 um 86,6%, während der Handel mit dem Rest der Welt lediglich um 44% zunahm. Das US-Mexiko-Handelsvolumen hat sich im gleichen Zeitraum mehr als verdreifacht und übersteigt die kombi-nierten Exporte nach Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Ita-lien.

Trotz dieser beeindruckenden Erfolge ist NAFTA vor allem wegen des außer-ordentlich hohen Handelsbilanzdefizits der USA dort nach wie vor Gegen-stand heftiger innenpolitischer Kontroversen. NGOs kritisieren die weitere Umsetzung des Abkommens, da sie „Lohn- bzw. Umweltdumping“ befürch-ten. NAFTA-Schiedsgerichte haben darüber hinaus im Jahr 2002 wiederholt umweltbezogene Rechtsakte in Mexiko und Kanada als diskriminierend ein-gestuft. Bei der Tagung der NAFTA Free Trade Commission in Puerto Val-larta am 28. Mai 2002 wurde daher eine Evaluierung des NAFTA-Investor-Staat-Streitbeilegungsverfahrens beschlossen. Trotz Verzögerungen bei der Umsetzung einzelner Bestimmungen des NAFTA-Abkommens schritt der Integrationsprozess insgesamt planmäßig voran.

9. Lateinamerika und Karibik 9.1. Politische Entwicklungen

Lateinamerika bot sowohl politisch als auch wirtschaftlich ein heterogenes Bild. In einigen Staaten der Region destabilisierte sich die allgemeine politi-sche Situation, andere Länder konnten eine Konsolidierung verzeichnen.

Dasselbe gilt für die lateinamerikanische Wirtschaft, die kaum allgemeine Trends erkennen lässt.

Für die Beziehungen der EU zu Lateinamerika und der Karibik erwies sich das Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs in Madrid (17. –18. Mai) als wesentlichstes Ereignis. Die Konferenz stellte das erste Folgetreffen des im Juni 1999 abgehaltenen Gipfels von Rio de Janeiro dar und befasste sich mit der bi-regionalen Zusammenarbeit im politischen, wirtschaftlichen so-wie im kulturellen, wissenschaftlichen und sozialen Bereich. Als konkrete Gipfelergebnisse können der Abschluss der Verhandlungen für das Assozia-tionsabkommen EU-Chile, ein neuer Impetus für das Weiterführen der Ver-handlungen über das Assoziationsabkommen EU-Mercosur, die Zusage über die Aufnahme von Verhandlungen für ein „Abkommen über politischen Dialog und Zusammenarbeit“ mit der Andinischen Gemeinschaft und mit Zentralamerika, die Aufnahme von Verhandlungen mit den AKP-Staaten über regionale Wirtschaftspartnerschaften sowie der Beschluss über eine verstärkte Zusammenarbeit in internationalen Foren hervorgehoben wer-den. Bis zum dritten Gipfeltreffen, das im Jahr 2004 in Mexiko geplant ist, soll an der Umsetzung der Beschlüsse von Madrid zur weiteren Vertiefung der bi-regionalen Beziehungen gearbeitet werden.

InBrasilien wurde Luís Inácio Lula da Silva zum 39. Präsidenten des Lan-des gewählt. Beim zweiten Wahldurchgang am 27. Oktober konnte der ehe-malige Gewerkschaftsführer 61,47% der gültigen Stimmen auf sich vereinen und ist der erste Sozialdemokrat in diesem Amt. Vom neuen Präsidenten Lula da Silva werden vor allem wirtschafts- und sozialpolitische Maßnah-men erwartet, denn seine Partei (PT) hatte die reale Verdopplung des Min-destlohns innerhalb von vier Jahren gefordert. Außenpolitische Priorität der neuen Regierung ist die Stärkung des Mercosur.

Nach dem Rücktritt der Regierung De la Rúa im Zuge der schweren Unruhen Ende 2001 mit landesweit 33 Todesopfern und der Verkündung der (partiel-len) Zahlungsunfähigkeit durch Interimspräsident Rodríguez Saá wurde in Argentinien der Peronist Eduardo Duhalde von der gesetzgebenden Ver-sammlung am 1. Jänner zum Präsidenten für die verbleibende Amtszeit (bis Dezember 2003) gewählt. Duhalde beendete die zehnjährige Dollar-Konver-tibilität der argentinischen Währung und leitete die weitgehende „Pesifizie-rung“ aller Wirtschaftsbereiche ein. Die darauf folgende kontrollierte Frei-gabe des Peso-Kurses führte zu einer schweren Krise des Banken- und Fi-nanzsystems und zwang die Regierung, Bankguthaben zu reglementieren

(Einschränkung der Bargeldabhebungen, so genanntes „corralito“) oder völ-lig zu sperren („corralón“). Das „corralito“ wurde nach schrittweisen Locke-rungen am 1. Dezember wieder aufgehoben, das „corralón“ teilweise „flexi-bilisiert“. Ein Machtkampf zwischen Regierung und Justiz führte zu einer weiteren Krise der Institutionen.

Die politische und wirtschaftliche Lage inChile kann als im Wesentlichen stabil bezeichnet werden. Unter der Führung des sozialdemokratischen Prä-sidenten Ricardo Lagos hat sich das Verhältnis zwischen Regierung und Op-position entspannt. Die Regierungsumbildung im Jänner, insbesondere die Betrauung der früheren Gesundheitsministerin Michelle Bachelet mit dem Verteidigungsressort, bewirkte eine weitere Verbesserung des Verhältnisses der Zivilgesellschaft zu den Streitkräften. Bundesministerin Benita Ferrero-Waldner absolvierte aus Anlass der Ministerkonferenz des „Netzwerks Menschliche Sicherheit“ am 1. Juli auch einen bilateralen Arbeitsbesuch in Chile, wo sie mit Außenministerin Soledad Alvear und mit Staatspräsident Ricardo Lagos zusammentraf. Nach der Finalisierung des Assoziationsab-kommens zwischen der EU und Chile war die bevorstehende EU-Erweite-rung ein zentrales Thema der Gespräche, ebenso wie die Stärkung des bila-teralen Handelsaustauschs, wofür die Entsendung von Wirtschaftsdelegatio-nen vorgesehen wurde.

Obwohl sichPeru seit der Amtsübernahme von Präsident Alejandro Toledo am 28. Juli 2001 mit dem Ziel einer grundlegenden demokratischen Erneue-rung im Umbruch befindet, musste im Mai/Juni eine durch Proteste gegen Privatisierungsmaßnahmen in Arequipa ausgelöste, größere innenpolitische Krise gemeistert werden. Trotz einer Aussetzung der vorgesehenen Maßnah-men und einer umfassenden Regierungsumbildung sah sich Präsident To-ledo mit sinkenden Popularitätswerten konfrontiert. Die Mitte November landesweit abgehaltenen Regional- und Gemeindewahlen bestätigten mit beachtlichen Gewinnen für die Oppositionsparteien und entsprechenden Verlusten für Toledos Partei Perú Posible diesen Trend.

Nach dem Abbruch der Friedensverhandlungen der Regierung Pastrana mit der Guerillagruppe FARC (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia) am 20. Februar kam es inKolumbien zu einer weiteren Radikalisierung der Aktivitäten der bewaffneten Gruppen, die mit dem internationalen Drogen-handel und organisierter Kriminalität in engem Zusammenhang stehen. Am 10. März fanden Kongresswahlen statt, bei denen die Anhänger des am 26. Mai gewählten Präsidenten Alvaro Uribe Velez im Abgeordnetenhaus 30% und im Senat 47% der Sitze errangen. Zunächst wurde in der Regie-rungsarbeit von Präsident Uribe dem Thema Sicherheit eindeutige Priorität eingeräumt. Mit einem nur sehr schwachen Wachstum und einer Arbeitslo-senrate von 20% muss die wirtschaftliche Situation als Besorgnis erregend bezeichnet werden. Die Strategie einer harten Haltung gegenüber den be-waffneten Gruppen hatte zur Folge, dass die Möglichkeit von

Friedensver-handlungen zu Jahresende nur mit den Paramilitärs (Autodefensas Unidas de Colombia) gegeben ist, während mit dem ELN (Ejercito de Liberación Na-cional) erste exploratorische Gespräche keinen Erfolg gezeigt haben und Ver-handlungen mit den FARC gänzlich außer Sicht gerückt sind. Ungeklärt blieb das Schicksal der in der Hand der FARC befindlichen Entführten, da-runter mehr als 50 politische Gefangene (unter ihnen die grüne Präsident-schaftskandidatin Ingrid Betancourt), die gegen gefangene Guerrilleros aus-getauscht werden sollen. Vor diesem Hintergrund hat der Generalsekretär der Vereinten Nationen Kofi Annan seine guten Dienste zur Vermittlung im Konflikt in Kolumbien zugesagt und einen Sonderbeauftragten für Kolum-bien ernannt. Die Umsetzung des Hilfspakets der Europäischen Union für Kolumbien in der Höhe von 34,8 Millionen Euro, das die Unterstützung des Rechtsstaats, die Sicherung der Menschenrechte, den Schutz der Biodiversi-tät und die Unterstützung der regionalen Zusammenarbeit als Schwer-punkte hat, konnte nach einigen Verzögerungen anlaufen.

InVenezuela war der im Jahr 2000 für sechs Jahre gewählte Präsident Hugo Chávez immer stärker werdender Kritik ausgesetzt. Am 11. April wurde er für rund 48 Stunden seines Amtes enthoben, während der Präsident des Un-ternehmerverbandes FEDECAMARAS Pedro Carmona, unterstützt von rang-hohen Militärs, ein neues Kabinett bildete und die Nationalversammlung auflöste. Nach der Rückkehr von Präsident Chávez konnte dennoch keine längerfristige Entspannung der Situation erreicht werden. Ein von der Op-position am 2. Dezember landesweit ausgerufener Generalstreik führte zu Jahresende zu spürbaren Auswirkungen sowohl in der Versorgung der Be-völkerung als auch der Erdölabnehmerländer des weltweit fünftgrößten Erd-ölproduzenten, der auch mit Álvaro Silva Calderón den Generalsekretär der OPEC stellt. Die Vermittlungsbemühungen der OAS unter der Leitung ihres Generalsekretärs Gaviria im Rahmen der „Mesa de Negociación y Acuer-dos“, die auch von der EU unterstützt wurden, konnten bis zum Jahresende keine wesentlichen Erfolge verzeichnen.

Der Gemeinsame Standpunkt der EU zuKuba vom 2. Dezember 1996 wurde erneuert. Ziel ist es, den Übergang zu Demokratie und Pluralismus, ein-schließlich der vollen Achtung der Menschenrechte, im Rahmen des politi-schen Dialogs zu fördern. In diesem Rahmen wurden am 4. November Ge-spräche mit Kuba in Kopenhagen geführt und die Fortsetzung des politi-schen Dialogs sowie ein weiteres Treffen (November/Dezember 2003 in Ha-vanna) vereinbart.

Die Wahlen vom 2. Juli 2000, ein Wendepunkt der post-revolutionären me-xikanischen Geschichte, verschafften Mexiko international ein erneuertes und erheblich verbessertes Image. Nach 71-jähriger Herrschaft der Partei der Institutionalisierten Revolution mit robustem Präsidialsystem mit autoritä-ren Zügen und starkem Korporativismus übernahm der oppositionelle Kan-didat der „Allianz für den Wechsel“ Vicente Fox Quesada am 1. Dezember

2000 unter großen Erwartungen der Bevölkerung für sechs Jahre die Funk-tion des Staatsoberhauptes. Die den Staatspräsidenten unterstützende Partei PAN verfügt jedoch über keine Mehrheit im Kongress, daher konnten viele der angekündigten Reformen nicht verabschiedet werden. Ziele der Regie-rung Fox sind ein größeres Wirtschaftswachstum, eine umfassende Steuerre-form, die zunächst durch die Erhöhung des Steueraufkommens auf 12,5%

des BIP in Angriff genommen wurde, die Stärkung des Vertrauens in den öf-fentlichen Sicherheitsapparat und die Bekämpfung des Drogenhandels. In der Außenpolitik betrieb die Regierung Fox ein stärkeres multilaterales En-gagement, unter anderem im Demokratie- und Menschenrechtsbereich, und setzte die Politik der kommerziellen Öffnung der Vorgängerregierungen fort.

Obwohl Präsident Enrique Bolaños einige wesentliche Erfolge im Kampf ge-gen die Korruption inNicaragua erzielen konnte, blieben für die Regierung noch zahlreiche Herausforderungen, vor allem zur Verbesserung der öffent-lichen Verwaltung und im Justizwesen bestehen. Wegen nur bescheidener Fortschritte bei der Umsetzung der Friedensabkommen von 1996 wurde der Einsatz der UN Verification Mission in Guatemala bis Dezember 2003 ver-längert.

Im Dokument Außenpolitischer Bericht 2002 (Seite 98-102)