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Der Westliche Balkan und die Europäische Union

Im Dokument Außenpolitischer Bericht 2002 (Seite 59-63)

III. Österreich und die Außenbeziehungen der Europäischen Unionder Europäischen Union

3. Südosteuropa / Westlicher Balkan

3.2. Der Westliche Balkan und die Europäische Union

Die politische und wirtschaftliche Stabilität Südosteuropas ist eines der wichtigsten Anliegen der österreichischen Außenpolitik. Das bedeutendste Werkzeug der Stabilisierung der Region stellt die europäische Perspektive dar, das heißt eine schrittweise Annäherung der Staaten des Westbalkan an die Strukturen der europäischen Integration. Im Gegenzug an diese Annähe-rung, welche für die Staaten auch mit konkreten wirtschaftlichen und finan-ziellen Vorteilen verbunden ist, müssen die jeweiligen Regierungen wich-tige Reformen in jenen Bereichen, die einer wirtschaftlichen und politi-schen Stabilisierung ihrer Länder dienen, umsetzen. Dabei bietet eben die europäische Perspektive den erforderlichen Anreiz, die Probleme der Re-gion in den Griff zu bekommen, was nicht nur für die ReRe-gion selbst, sondern auch für die EU im Interesse der Sicherheit gelegen ist. Die Annäherung an die EU geht dabei in mehreren Phasen vor sich, wobei das Tempo von den einzelnen Staaten durch das Voranschreiten der Reformen selbst bestimmt wird.

Österreich misst diesem von der EU für die fünf Länder des Westlichen Bal-kan eingerichteten Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess sehr hohe Be-deutung bei und unterstützt die dabei unternommenen Bemühungen der EU um eine möglichst rasche und solide Heranführung dieser Staaten an Eu-ropa. Das österreichische Engagement und die österreichische Expertise werden durch die massive Präsenz von ÖsterreicherInnen (insgesamt mehr als 600) in den diversen internationalen Missionen am Balkan, wie etwa der KFOR, der EU-Polizeimission in Bosnien und Herzegowina oder der OSZE, unterstrichen. Im Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess kombiniert die EU spezifische politische und wirtschaftliche Maßnahmen (wie etwa die SAA) mit einem umfangreichen Finanzhilfeprogramm (CARDS) zur Unter-stützung von Reformen. Im April legte die Europäische Kommission ihren ersten Jahresbericht über die Fortschritte der betroffenen Länder vor und konstatierte dabei beachtliche Erfolge bei der politischen Stabilisierung, aber auch einen erheblichen Bedarf an weiteren Reformschritten, insbeson-dere im wirtschaftlichen, sozialen und strukturellen Bereich.

Österreich beteiligt sich weiterhin aktiv an der fortlaufenden Optimierung und Anwendung aller für die Reformaufgaben und die Heranführung dieser Staaten von der EU entwickelter Instrumente. So wurde unter anderem das für die Beitrittskandidaten bewährte Instrument des „Twinning“ – der Län-derpartnerschaften zur Acquisanpassung in spezifischen Bereichen – auch für die Staaten des Westlichen Balkan zugänglich gemacht. Österreich ist hier Pionier bei EU-Projekten in Kroatien (z. B. im Bereich Grenzverwaltung und Zoll) und Albanien (Reform der Strafanstalten).

Österreich stellt seit Jahresbeginn mit Erhard Busek den Sonderkoordinator des Stabilitätspaktes für Südosteuropa und gibt auch hiermit Zeugnis des Gewichtes, welches Österreich dieser Region beimisst. Auch im Rahmen verschiedener Stabilitätspaktinitiativen ist Österreich weiterhin mit zahlrei-chen Aktivitäten und finanzieller Unterstützung präsent: Österreich ist maß-geblich in den Task-Forces Bildung und Jugend sowie Menschenhandel (diese steht unter der Leitung von Bundesministerin a.D. Helga Konrad) und der Gender-Task-Force initiativ, leitet mit dem „Investment Compact“ eine führende Initiative zur Investitionsförderung in der Region und stellt den Direktor des Regionalen Unterstützungszentrums zur Implementierung von Rüstungskontrolle und Verifikation in Südosteuropa (RACVIAC). Weitere Schwerpunkte österreichischen Engagements sind unter anderem Medien, Migrationsfragen und die Reintegration von Flüchtlingen, Energie und So-ziales. Als Beispiele für das österreichische Engagement seien Projekte zur Förderung des berufsbildenden Schulwesens (ECO-Net) in Albanien, Bulga-rien und Rumänien, die Errichtung eines Frauenhauses in Belgrad für Men-schenhandelsopfer, die Kooperation mit mazedonischen Medien zur Frage der Konfliktverhütung und Flüchtlingsprojekte in Bosnien (Posavina-Re-gion), Kroatien (Raum Vukovar) und Mazedonien (Raum Opae) zu nennen.

Mit österreichischer Unterstützung ist es der Stabilitätspakt Gender-Task-Force gelungen, in den drei Jahren ihres bisherigen Bestehens den Anteil von Parlamentarierinnen in ganz Südosteuropa von 7% auf 15% zu erhö-hen.

Österreich ist der Ansicht, dass die europäische Perspektive das wichtigste Mittel ist, reformorientierte politische Kräfte in den Staaten des westlichen Balkan zu unterstützen und zu stärken. Österreich hat sich daher beständig für eine rasche Konkretisierung dieser Perspektive in sämtlichen EU-Gre-mien eingesetzt.

4. Russland

Die interne Entwicklung in der Russischen Föderation war einerseits durch eine Weiterführung der Reformgesetzgebung gekennzeichnet (beispiels-weise Liberalisierung des Kaufes und Verkaufes landwirtschaftlich genutz-ter Flächen; neue Strafprozessordnung mit Stärkung der Rechte des Ange-klagten und der Verteidiger; neues Arbeitsgesetzbuch; Gesetz gegen extre-mistische Aktivitäten, das Ausländerfeindlichkeit und Rassenhass unter Strafe stellt; Einführung des Wehrersatzdienstes; Gesetz über die Bekämp-fung der Legalisierung von Erträgen krimineller Herkunft), andererseits durch ein Beharren des Staates auf weitgehende Einflussnahme, insbeson-dere im Mediensektor, in der Behandlung der „landfremden“ Religionsge-meinschaften (z. B. der Römisch-Katholischen Kirche), in der Nationalitä-tenpolitik (so musste Tatarstan seine stark Autonomie-betonte Verfassung an die Föderalverfassung anpassen; alle offiziellen Sprachen der Teilrepubli-ken müssen künftig das kyrillische Alphabet verwenden). Präsident Putin hat angesichts wachsender Kriminalität im Lande die mangelnde Verbre-chensaufklärung kritisiert. Dies war ein wesentliches Motiv, warum die Staatsduma die Abschaffung der seit 1999 nicht mehr verhängten Todes-strafe ablehnte.

Die binnen- und die außenwirtschaftliche Lage war unverändert in hohem Maße von der Preis- und Nachfrageentwicklung auf den internationalen Rohstoffmärkten abhängig. Das Wirtschaftswachstum ging zurück, das In-vestitionsklima war weiterhin ungünstig, die Kapitalflucht hielt an. Dem ge-genüber standen hohe Reallohnzuwächse und gestiegene verfügbare Real-einkommen.

In ihrer Außenpolitik räumt die Russische Föderation ihrem Verhältnis zur EU einen besonders hohen Stellenwert ein. Die EU richtet ihr Hauptaugen-merk auf eine Qualitätssteigerung und substanzielle Ausgestaltung ihrer vielfältigen Beziehungen zu Russland. Das Jahr 2002 war von der Tendenz Moskaus gekennzeichnet, dem Thema Kaliningrad vorrangige Bedeutung beizumessen: so wurde die an und für sich technische Frage, wie den Be-wohnerInnen der russischen Exklave auch nach der bevorstehenden

Auf-nahme Polens und Litauens in die EU ein möglichst ungehinderter Transit in die anderen Gebiete der Russischen Föderation ermöglicht werden kann, ohne Litauen von der künftigen Teilnahme am Schengenraum auszuschlie-ßen bzw. ein „Loch im Schengenraum“ zu schaffen, zu einem Politikum auf höchster Ebene stilisiert. Bei beiden EU-Russland-Gipfeltreffen des Jahres 2002 (Moskau, 29. Mai; Brüssel, 11. November) stand das Thema auf der Tagesordnung. Beim Brüsseler Gipfel konnte ein alle drei Seiten (EU, Li-tauen, Russland) zufrieden stellendes Lösungsszenarium vereinbart wer-den, dessen Implementierung durch Einführung spezieller Reisedoku-mente allerdings noch aussteht. Österreich hat sich stets für eine pragmati-sche, die Interessen aller betroffenen Seiten berücksichtigende Lösung aus-gesprochen.

Das russische Vorgehen in Tschetschenien bildete weiterhin den Gegen-stand unterschiedlicher Interpretationen: Während die EU darauf besteht, dass die russischen Militäraktionen nicht zu einer ständigen Verletzung der Menschenrechte führen dürfen, möchte Moskau das Thema Tschetschenien, seine Militäraktionen und allfällige Lösungen des Problems mit der EU (und anderen) nicht diskutieren. Es wird argumentiert, dass jegliches Vorgehen dem Kampf gegen den internationalen Terrorismus dient. Die Schließung der OSZE-Assistenzgruppe in Tschetschenien per 31. Dezember stellte eine enttäuschende weitere Einschränkung der Kooperationsmöglichkeiten vor Ort dar. Die EU und Österreich haben die Beendigung der Tätigkeit der As-sistenzgruppe bedauert. Die OSZE steht jedoch für die von Russland in Aus-sicht gestellte Kooperation mit der OSZE und ihren Institutionen in anderer, vorerst noch nicht genau definierter Form bereit.

Eine im Oktober auf NGO-Initiative – ohne Involvierung der dänischen Re-gierung – in Kopenhagen abgehaltene Tagung des Tschetschenischen Welt-kongresses hat die russische Regierung veranlasst, die Abhaltung des da-mals bevorstehenden EU-Russland-Gipfels in Kopenhagen, der Hauptstadt der amtierenden EU-Präsidentschaft, ernsthaft in Frage zu stellen. Die Präsi-dentschaft schlug daher – unter Abgehen vom bisher eingehaltenen Rhyth-mus – Brüssel als Tagungsort vor.

Die russische Reaktion auf den Kopenhagener Kongress erklärt sich auch aus der nur wenige Tage zuvor erfolgten Geiselnahme von mehreren Hun-dert ZuschauerInnen einer Moskauer Theatervorführung durch tschetsche-nische Selbstmordattentäter. Bei der Befreiungsaktion durch Spezialeinhei-ten wurden nicht nur die Geiselnehmer, sondern auch dutzende Geiseln, da-runter eine österreichische Staatsbürgerin, getötet. Die EU hat die Geisel-nahme scharf verurteilt und ihr Mitgefühl für die Geiseln und ihre Angehö-rigen zum Ausdruck gebracht. Österreich hat auch bilateral den russischen Stellen gegenüber mit aller Deutlichkeit festgestellt, dass terroristische Akte durch kein wie immer geartetes Motiv entschuldigt werden können. Russ-land hat zum Tode der österreichischen Staatsbürgerin kondoliert.

Die Ausarbeitung des Konzeptes eines Gemeinsamen Europäischen Wirt-schaftsraumes (nicht zu verwechseln mit dem Europäischen Wirtschafts-raum EWR) ist im Gange und sollte spätestens im Herbst 2003 abgeschlossen sein. Österreich hat maßgeblich denEnergiedialog der EU mit Russland zur verstärkten Zusammenarbeit im Energiesektor (unter anderem für die Um-setzung der – von Russland noch nicht ratifizierten – Energiecharta) unter-stützt. In seinem Rahmen wurde das EU-Russland-Energietechnologie-Zent-rum am 5. November in Moskau eröffnet, das zur Umsetzung künftiger Projekte dienen soll.

Trotz Zuerkennung des Marktwirtschaftsstatus an Russland durch die EU sind eine Reihe von Brüsseler Forderungen an Moskau, darunter die auch für Österreich wichtige Frage der Abschaffung gewisser – aus Sicht der EU ungerechtfertigter – Gebühren für Überflüge Sibiriens, nach wie vor offen.

Diese und andere Fragen im Bereich der wirtschaftlichen Zusammenarbeit werden auch in den laufenden Verhandlungen über den Beitritt der Russi-schen Föderation zurWTO besprochen, welcher grundsätzlich von der EU und Österreich unterstützt wird.

Die Europäische Union ist der wichtigste Handelspartner Russlands und wird mit der bevorstehenden Erweiterung noch an Bedeutung gewinnen.

Bereits heute werden 40% des russischen Außenhandels mit der EU abgewi-ckelt. Bei den EU-Importen aus Russland liegt Energie mit wachsender Be-deutung an erster Stelle: laut Eurostat stieg der russische Anteil an den ge-samten Energieimporten der EU im Zeitraum 1995 bis 2000 von 36% auf 50%. Russland deckt damit 15% des EU-Energiebedarfs ab.

Österreich setzte seine bilateralen Kontakte, bei denen die Beziehungen EU-Russland ein wesentliches Gesprächselement waren, unter anderem mit of-fiziellen Arbeitsbesuchen von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (28. – 29. Jänner) und Bundesministerin Benita Ferrero-Waldner (2. Oktober) fort.

Weitere wichtige Themen betrafen die Einschätzung der internationalen Lage und die bilateralen Wirtschafts- und Kulturbeziehungen. Ein Touris-musabkommen wurde im Jänner unterzeichnet.

5. Asien

Im Dokument Außenpolitischer Bericht 2002 (Seite 59-63)