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Die Entnazifizierung in der französischen Besatzungszone

In der Forschung wird durchweg von Frankreich als verspäteter Siegermacht gesprochen. In der Tat hatte Frankreich nicht die Zeit, sich auf seine Rolle als Besatzungsmacht vorzubereiten wie z. B. die USA. Dementsprechend gab es auch keine ausgearbeiteten Planungen über die Besat-zungspolitik, mit ein Grund für die unstrukturierte, in unterschiedlichen Verästelungen sich prä-sentierende Besatzungspraxis der ersten Monate.

In einem Bereich allerdings verfügten die Franzosen über einen Erfahrungsvorsprung gegen-über ihren alliierten Verbündeten, in dem der Entnazifizierung. Die Säuberung des öffentlichen Lebens von Kollaborateuren, Nazi-Mitarbeitern und Vichy-Aktivisten hatte unmittelbar mit der Landung der alliierten Truppen und der nachfolgenden Befreiung der „mère patrie“ begonnen.

Vor eine quantitativ wie qualitativ neue Herausforderung sah sich die französische Verwaltung allerdings im Elsass gestellt. Angesichts von ca. 150 000 Mitgliedern der NSDAP oder ihrer Un-terorganisationen war es mit einer öffentlichen Hetzjagd und der Zurschaustellung weniger Per-sonen nicht getan. Eine gründliche „Epuration“ – eine Reinigung tat not. Hauptakteure waren dabei die verschiedenen Befreiungskomitees, die Widerstandskämpfer, aber auch Mitglieder der Forces Françaises de l‘Intérieur, die mit ihrer intimen Kenntnis der lokalen Gegebenheiten den sich neu bildenden Verwaltungsinstanzen zuarbeiteten, Listen von Personen erstellten, die unbe-dingt verhaftet werden sollten, teilweise auch Entlassungen aus der Haft empfahlen. Die Epurati-on im Elsass war keine systematische Erfassung und Durchleuchtung aller Elsässer; auch wurden diese nicht nach formalen Kriterien klassifiziert, sondern nach inhaltlichen, besonders nach dem Grad ihrer Beteiligung bei der de facto Annexion der französischen Ostprovinzen. So wurde ein Blockwart, der seine Umgebung tyrannisiert, bespitzelt und denunziert hatte, weit stärker zur Verantwortung gezogen als z. B. ein Ortsgruppenleiter der NSDAP, der nach glaubwürdigen Aussagen Unbescholtener lediglich seinen Dienst verrichtete.5

Dieses „elsässische Modell“ kam auch in der französischen Besatzungszone vom Frühsommer bis in den Herbst 1945 zur Anwendung. Es entsprach in seiner Grundausrichtung den Vorstellun-gen von Emile Laffon, seit Mitte Juli Leiter der französischen Militärverwaltung in Deutschland mit Sitz in Baden-Baden. Die besatzungspolitischen Ziele Frankreichs waren seiner Überzeugung nach nur erreichbar unter Einbeziehung und aktiver Mitwirkung des anderen Deutschlands, das für einen Elitenwechsel in Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Kultur und eine allgemeine De-mokratisierungspolitik bereitstehe. Der Kontakt mit den Deutschen und die Reaktivierung […]

ehemals demokratischer Elemente waren im Juli auch als zentrale Forderungen in die französi-schen Direktiven über unser Handeln in Deutschland eingeflossen.6

5 Henri Rousso: L’Epuration. Die politische Säuberung in Frankreich. In: Politische Säuberung in Europa.

Die Abrechnung mit Faschismus und Kollaboration nach dem Zweiten Weltkrieg. Hg. von Klaus-Diet-mar Henke und Hans Woller. München 1991. S. 192–240; Jean-Laurent Vonau: L’Epuration en Alsace. La face méconnue de la Libération 1944–1953. Strasbourg 2005.

6 Abdruck der Direktiven bei: Die Protokolle der Regierung von Baden. Bd. 1: Die Landesverwaltung Baden und das Staatssekretariat Wohleb 1945–1947. Bearb. von Kurt Hochstuhl. Stuttgart 2006. S. XXXV–XL.

Das amerikanische Spruchkammerverfahren, dem von wenigen Ausnahmen abgesehen die ge-samte Bevölkerung unterworfen werden sollte, lehnte Laffon grundsätzlich ab. An seine Stelle setzte er das Modell der „auto-épuration“, das auf die Feststellung individueller Verantwortung abzielte und Schuld nicht nach formalen, sondern aufgrund inhaltlicher Kriterien zuwies. Wich-tige Akteure in diesem Modell waren jene deutschen Kräfte, die während der Nazi-Herrschaft persönliche oder berufliche Diskriminierungen erlitten hatten und die nun – als beste Kenner der damaligen Zustände und der verantwortlichen Personen – darüber entscheiden sollten, wer künf-tig in Staat und Gesellschaft die wichkünf-tigen Positionen besetzen und wer von ihnen ausgeschlossen sein sollte.7 Dieses System implizierte zwangsläufig die kollektive Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit, was Laffon als Voraussetzung und Basis für einen demokratischen Neu-beginn betrachtete.

Konsequenterweise förderten die Franzosen früh die Bildung sogenannter Antifaschistischer Organisationen, die unter vielfältigen Namen operierten, sich schon bald feste Strukturen gaben und über z. T. beeindruckende Mitgliederzahlen verfügten. In Rastatt gründete sich schon am 4. Mai 1945 ein Allgemeiner Freier Gewerkschaftsbund Rastatt und Umgebung, der sich nicht nur als sozialer Ordnungsfaktor verstand, sondern sich auch schon mit Entnazifizierungsfragen beschäftigte. Der im September 1945 in Baden-Baden zugelassenen Antifaschistischen Einheit für Demokratischen Aufbau gehörten 600 Mitglieder an.8 Wie in Baden-Baden benannten in der ge-samten französischen Besatzungszone die Antifas in den folgenden Sommermonaten jene alten Kämpfer und Funktionsträger der Partei und ihrer Gliederungen, die nicht nur ihrer Posten ent-hoben, sondern auch in einem der drei Lager, Altschweier-Bühl, Lahr-Dillingen und Freiburg, interniert werden sollten. Diese füllten sich in den Sommermonaten des Jahres 1945.

Sehr bald regte sich jedoch erster Unmut gegen diese am Einzelfall ausgerichtete Art der Ent-nazifizierung. Zum einen fehlte ihr die gesetzliche Grundlage; es gab dazu weder französische noch deutsche Verordnungen. Zum anderen besaßen die Betroffenen keine Rechte, gegen die getroffenen Entscheidungen vorzugehen. Und drittens produzierte die dezentral durchgeführte Entnazifizierung eine Uneinheitlichkeit in den Urteilen, was am meisten Unmut auslöste. Ver-gleichbare Sachverhalte produzierten von Ort zu Ort, von Kreis zu Kreis, unterschiedliche Sank-tionen! Ein mit dem von der Besatzungsmacht propagierten neuen Rechtsstaat unverträglicher Zustand.

Laffon reagierte schnell auf dieses strukturelle Defizit, indem er Ende Oktober 1945 eine für die ganze französische Zone geltende Entnazifizierungsorganisation installierte. Der Militärre-gierung als letzter Entscheidungsinstanz vorgelagert wurde ein zweistufiger deutscher Verwal-tungsapparat. Auf Stadt- und Landkreisebene eingesetzte deutsche Untersuchungsausschüsse hatten die Aufgabe, die Verfahren vorzubereiten, die dann von den übergeordneten

Reinigungs-7 Reinhard Grohnert: Die „auto-épuration“. Der französische Sonderweg in der Entnazifizierungsfrage. In:

Krisenjahre und Aufbruchszeit. Alltag und Politik im französisch besetzten Baden 1945–1949. Hg. von Edgar Wolfrum, Peter Fässler und Reinhard Grohnert. München 1996. S. 164–185, hier S. 166.

8 Kurt Hochstuhl: Baden-Baden, französische Stadt an der Oos. In: Südwestdeutsche Städte im Nachkrieg.

Hg. von Karl Mörsch und Reinhold Weber. Stuttgart 2007. S. 36–57, hier S. 46; Karl Friedrich Müller: Das Jahr 1945 in Südbaden. Frankfurt a. M. 1987. S. 283 f.

kommissionen, die für die einzelnen Verwaltungsressorts zuständig waren, beschieden wurden.

Die einzelnen Urteile mussten dann der Militärregierung in Baden-Baden vorgelegt werden, die sie bestätigte oder verwarf und zur Neuverhandlung an die Reinigungskommissionen zurück-gab. In der Reihenfolge der Abarbeitung der Entnazifizierungsfälle ist eine klare Hierarchie zu erkennen. Die Entnazifizierung des Lehrpersonals an Elementar- und weiterbildenden Schulen sowie Universitäten stand an der Spitze der Prioritätenliste, deutlich erkennbar an den niedrigen Nummern der „dossiers de dénazification“; ein Indiz dafür, welchen Wert die Besatzungsmacht auf ein funktionierendes, von unbelasteten Lehrerinnen und Lehrern geprägtes schulisches Aus-bildungssystem legte. Gefolgt wurden sie von politisch geringer belasteten Nationalsozialisten, da deren Verfahren einfacher und schneller abgewickelt werden konnten und somit den Ausstoß, modern würde man es heute Kennzahlen nennen, der unter permanentem Rechtfertigungsdruck gegenüber der Militärregierung stehenden deutschen Entnazifizierungsorgane erhöhte. Dies war auch politisch gewollt: Vorrang für die Entnazifizierung der kleinen Parteigenossen, danach die absehbar komplizierten Fälle der Aktivisten.

Wie sehr die französische Besatzungsmacht die Aufgabe der Entnazifizierung als eine poli-tische betrachtete, unterstrich sie noch im März 1946 durch die Einsetzung eines „Polipoli-tischen Kontrollausschusses bei der Militärregierung in Baden“, zu dessen Leiter Erwin Eckert, Landes-vorsitzender der KP Badens, ernannt wurde, der zugleich als Staatsrat für besondere Aufgaben Teil der „Badischen Landesverwaltung“ war. Als Nachfolgeorganisation des Kontrollausschusses wurde am 2. Dezember 1946 „das Staatskommissariat für politische Säuberung“ gebildet, dem die Organisation des Entnazifizierungsverfahrens, der Vollzug der Spruchkammerentscheidungen, die Mitwirkung an der personellen Besetzung der Entnazifizierungsorgane sowie die Behandlung der Revisions- und Berufungsorgane übertragen wurde.

Der französischen Besatzungsmacht war an einer schnellen Abarbeitung der Entnazifizie-rungsfälle gelegen. Ohne eine weitere Vereinheitlichung und Standardisierung der Verfahren war weder dies noch die immer noch kritisierte Uneinheitlichkeit der Entscheidungen zu realisieren.

Wie im amerikanischen Entnazifizierungsverfahren sah sich die französische Militärverwaltung im Oktober 1946 gezwungen, ein fünfstufiges Kategoriensystem: 1. Hauptschuldige, 2. Schuldi-ge, 3. Minderbelastete, 4. Mitläufer, 5. Entlastete einzuführen, auf dessen Grundlage vergleichbare Sanktionen auszusprechen waren. Die am 29. März 1947 erlassene Landesverordnung über die Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus übernahm weitgehend das amerikanische Entnazifizierungssystem. Kern der Verordnung war die Errichtung einer zentralen Spruchkam-mer in Freiburg, die die Verfahren zu entscheiden hatte, die von den neu zu bildenden Untersu-chungsausschüssen vorbereitet worden waren.

Die politische machte der juristischen Entnazifizierung Platz. Dies hatte zur Folge, dass sich die bislang stark engagierten Parteien aus den Verfahren weitgehend zurückzogen und das Feld Juristen überließen. Diese wiederum taten sich schwer, politische Schuld und Verantwortung juristisch zu ahnden. Dazu kam, dass kaum einer der wenigen unbelasteten Volljuristen bereit war, in der Entnazifizierungsorganisation mitzuarbeiten. In einer Gesellschaft, die nicht mehr zu-rückblicken, sondern sich den Herausforderungen der Gegenwart stellen wollte, war eine solche Tätigkeit, nämlich über Personen und ihr politisches Verhalten in der Vergangenheit zu urteilen,

keineswegs geschäftsfördernd. Auch ein gewisser Hans-Karl Filbinger wollte sich im Oktober 1949 der Dienstverpflichtung als stellvertretender Vorsitzender eines Untersuchungsausschusses entziehen. Allerdings waren es bei ihm schwerste Gewissenskonflikte, in die ihn die Mitwirkung beim politischen Reinigungsverfahren stürzen würde, habe er doch 1934–1935 dem SA-Hoch-schulamt angehört und sei im Jahre 1937 der NSDAP beigetreten.9

Ob Gewissenbisse oder Geschäftsschädigung: Während unmittelbar nach Kriegsende eine Mehrheit der deutschen Bevölkerung eine durchgreifende Entnazifizierung für notwendig erach-tet hatte, wurde nur wenige Monate später diese Notwendigkeit stark in Zweifel gezogen. Die Nazis waren alle „spurlos“ verschwunden, auf jeden Fall verfügten sie offensichtlich über keinen Einfluss mehr auf den Gang der Entwicklung, sodass viele keinen Sinn mehr darin sahen, Perso-nal und Ressourcen in eine längst überwundene Sache zu stecken. Die Milde der Urteile in den zahlreichen Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen trug zur Diskreditierung der Entnazifizie-rung das ihrige bei. Die Parteien nahmen diese allgemeine Stimmung des großen „Vergessens und Vergebens“ sehr wohl auf und umwarben ab Mitte 1946 das parteipolitisch noch ungebundene, millionenstarke Wählerpotenzial der kleinen Parteigenossen.10

Im Verfahren selbst galt – wie heute in Finanzstrafverfahren – die Umkehr der Beweislast. Wer mit entsprechenden Vorwürfen konfrontiert wurde, musste möglichst viele Belege dafür brin-gen, dass er das NS-Regime nur unwesentlich unterstützt, besser noch ihm distanziert gegen-über gestanden, am besten gar Widerstand geleistet hatte. Millionen sogenannte „Persilscheine“

wurden ausgestellt, die sich noch massenweise in den Akten finden. Freunde, Kollegen, Pfarrer, Geschäftspartner und viele andere griffen also zur Feder und stellten die gewünschten Zeugnisse aus, die die vorhandenen amtlichen Dokumente, formale Belastungen oder gegenteilige Aussa-gen zu entkräften suchten. Fast stereotyp wirken die AuslassunAussa-gen: Der Betroffene habe sich nie politisch betätigt, habe den Hitlergruß nur gezwungenermaßen erboten, sei überhaupt in die NSDAP gezwungen worden, sei dabei aber immer ein anständiger Mensch geblieben. Dem Orts-gruppenleiter des kleine Städtchens Achern, Wilhelm Moll, bescheinigte der spätere CDU-Bun-destagsabgeordnete Wendelin Morgenthaler im Januar 1947 ein jederzeit korrektes Verhalten ihm gegenüber. Morgenthaler, der dank Moll nach dem 20. Juli 1944 auf einer „schwarzen Liste“

erschien, was zu seiner kurzfristigen Verhaftung führte, lobte ihn sogar dafür, dass er manches Unvernünftige und Fanatische in Achern zu verhindern wusste. Bedauerlicherweise habe er aller-dings als Idealist das Diabolische der NSDAP nicht erkannt.11

Von besonderem Wert im politischen Reinigungsverfahren waren Zeugnisse von politisch oder rassisch Verfolgten, die noch vor den Bescheinigungen aus den Reihen der Kirche rangierten. Bei letzterer konnte man, wenn man Reue zeigte, mit Vergebung rechnen, zumal ja, getreu dem bib-lischen Motto wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein, auch die Kirchen als Insti-tutionen einiges aufzuarbeiten hatten. Andererseits wurde das Spruchkammerverfahren auch für persönlich motivierte Rachefeldzüge genutzt. Die Ermittler in den Spruchkammern hatten also

9 Landesarchiv Baden-Württemberg Staatsarchiv Freiburg (StAF) D 1/1 Nr. 768–769.

10 Möhler, Politische Säuberung, wie Anm. 4, S. 186.

11 Stadtarchiv Achern A 1 Nr. 3188.

die Spreu haltloser Anschuldigungen vom Weizen fundierter Vorwürfe zu trennen. Zur Ahndung derselben stand eine Reihe von Sühnemaßnahmen zur Verfügung. Diese reichten vom ganzen oder teilweisen Einzug des Vermögens, über Entzug des aktiven oder passiven Wahlrechts, Ent-lassung aus dem Dienst ohne oder mit gemindertem Pensionsanspruch, Berufsverbot, Rückstu-fung oder Verlangsamung der Beförderung bis hin zum temporären Einzug des Führerscheins.

Mit zunehmendem zeitlichem Abstand zum Kriegsende erlahmte der Elan der Entnazifizie-rung. Spätestens ab Mitte 1947 war auch die Spruchkammer Freiburg zu einer entreprise de blan-chissage, zu einer Weißwaschfabrik geworden, die immer mildere Urteile fällte. Davon profitier-ten nun ausgerechnet die politisch schwerer Belasteprofitier-ten und die ab Mitte 1947 freikommenden Internierten, für die erst jetzt Spruchkammerverfahren eröffnet wurden. Zwar stand dem Service de dénazification der französischen Militärregierung auch weiterhin das Recht zu, die von der Spruchkammer gefällten Urteile zu kassieren und den Fall erneut zur Verhandlung kommen zu lassen. Allein dieses Werkzeug erwies sich als stumpf, da die Spruchkammer weder personell in der Lage noch mental willens war, bereits abgeschlossene Verfahren noch einmal aufzurollen und sie mit härteren Sühnemaßnahmen abzuschließen. In den Monaten Oktober 1947 bis Januar 1948 hatte die Militärregierung rund 1 000 Revisionen von Amts wegen auf den Weg gebracht.

Lediglich 69 von ihnen waren im selben Zeitraum behandelt worden. Im Februar 1948 beschwer-te sich der Leibeschwer-ter der Militärregierung in Freiburg, Pierre Pène, bei Leo Wohleb über das völlige Versagen der Säuberungsbehörden und forderte zum wiederholten Male eine Beschleunigung der Verfahren und einen definitiven Abschluss der politischen Säuberung noch im Jahre 1948.12 We-der das eine noch das anWe-dere traf ein. Mehrere Amnestien (Jugendamnestie, Heimkehreramnestie) und die offen diskutierten Abschlussgesetze zur Beendigung der politischen Säuberung trugen das ihre dazu bei, die Entnazifizierung zu einer lästigen Pflichtübung werden zu lassen, in die niemand mehr etwas investierte, sodass sie langsam ihren schönen Tod starb.13

Selbst wenn die Bilanz ernüchternd war, bleibt festzuhalten, dass die Entnazifizierung auch in Südbaden zumindest den zeitweiligen Ausschluss der Funktionsträger und Aktivisten aus dem öffentlichen Dienst, in weit geringerem Maße auch in Industrie und Handel bewirkte. Dadurch konnten neue Kräfte in Verwaltung und Politik Fuß fassen und jene Demokratisierung einleiten, die – auch wenn sie den angestrebten Elitenwechsel nur unvollständig durchsetzte – unter dem Strich als gelungen zu bezeichnen ist.

12 Landesarchiv Baden-Württemberg StAF C 48/1 Nr. 243.

13 On a tendance à laisser mourir l’épuration de sa belle mort, so Baden-Baden in einem Schreiben an den französischen Unterstaatssekretär Schneiter, zitiert nach Möhler, Politische Säuberung, wie Anm. 4, S. 183.