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Deutsche Zeitungen in den britisch besetzten Gebieten

4 Presse unter der westalliierten Militärregierung

4.4 Deutsche Zeitungen

4.4.2 Deutsche Zeitungen in den britisch besetzten Gebieten

Die beiden westlichen Besatzungsmächte unterschieden sich bei der Genehmigung deutscher Zeitungen nicht wesentlich voneinander. Jedoch begann die britische Armee etwas später mit der Erteilung von Genehmigungen, schien etwas sparsamer dabei zu sein und sorgte bereits vor dem Abmarsch Ende Juni 1945 für die Schließung vieler Zeitungen.

Lediglich ein kleiner Teil der ostdeutschen Ländern und Provinzen wurde von britischem Militär befreit. Der von der britischen Armee kontrollierte Teil Ostdeutschlands gliederte sich in das von der 21. Heeresgruppe unter ihrem Oberbefehlshaber Montgomery eroberte

478 Vgl. Sperling 621947, S. 31.

479 Vgl. Altenburger Echo, 15.6.45.

480 Vgl. Glauchauer Zeitung, 18.5.45.

481 Mitteilung Stadtverwaltung Crimmitschau, Sachgebiet Kultur und Sport, Herr Stahn, 31.8.1998, Anlage: Aufstellung über vorhandene Zeitungen von 1945 - 1947 im Archiv der Stadt Crimmitschau.

mecklenburg und einen weiteren Teil, der ursprünglich von US-Truppen erobert worden war.

Hier, im Nordteil des späteren Landes Sachsen-Anhalt, übernahm die britische Militärver-waltung erst später die Besatzungshoheit: Orte wie Stendal, Staßfurt oder Magdeburg, aber auch die benachbarten westdeutschen Städte Wolfsburg, Braunschweig und Goslar waren ursprünglich von der 9. US-Armee befreit worden und gingen erst im Zuge der Besatzungskonsolidierung in die Hände der britischen Militärregierung über.483

Im gesamten von britischen Truppen befreiten norddeutschen Raum, einem Gebiet nördlich einer Linie von Osnabrück über Hannover und Celle bis nach Schwerin, existierten nur wenige deutsche Zeitungen. Zwar bestand auch hier die Notwendigkeit, mit Zeitungen zur Information und Aktivierung der Bevölkerung beizutragen, die Gründung von Zeitungen verzögerte sich jedoch. In den von den amerikanischen Truppen übernommenen gebieten waren demgegenüber jedoch bereits Zeitungen erschienen, die mit der Besatzungs-hoheit unter den Befehl der britischen Militärverwaltung kamen.

In Westmecklenburg wurden lokale amtliche Nachrichtenblätter oder Zeitungen offenbar nur kurzzeitig oder im Ausnahmefall geduldet. Lediglich im 10 km östlich von Lübeck gelegenen Schönberg war die Tätigkeit eines Verlages nachweisbar. Hier erschien im Frühjahr 1945 der Schönberg-Rehnaer Anzeiger. Diese einzige nachweisbare Ausnahme war jedoch nicht von britischen, sondern bereits von amerikanischen Militäreinheiten genehmigt worden,484 die in Mecklenburg der westalliierten 21. britischen Armeegruppe unterstellt waren.485 Nach der Übergabe des Gebietes an englische Armeedienststellen konnte das Blatt zunächst weiter erscheinen und wurde schließlich vier Wochen nach Beginn der alliierten Besetzung von schottischen Militärbefehlshabern eingestellt.486

Eine größere Zahl von Zeitungen erschien in jenen Gebieten, wo die britische Armee die Verwaltungshoheit von der US-Armee übernommen hatte: Hier hatte die amerikanische Pressepolitik in vielen Städten bereits Fakten (sprich: Zeitungen) geschaffen, die Beispiel gebend auch auf die Nachbarstädte ausgestrahlt haben dürften, in denen noch keine Zeitun-gen erschienen. Zugleich fiel der Besatzungswechsel in jene Zeit, in der das zuvor zurück-haltende britische Oberkommando die Gründung von Zeitungen ankündigte. Während der Herrschaftswechsel in Braunschweig einerseits dazu führte, dass die dortige amerikanische Heeresgruppenzeitung Braunschweiger Bote am 8. Juni 1945 geschlossen und durch eine neue

482 »Zum Einmarsch der Roten Armee«, in: Mitteilungsblatt der Stadt Buttstädt, 4.7.45.

483 Zur Ausdehnung der Besatzungsgebiete vgl. Ellis/Warhurst 1968, S. 316ff.

484 Vgl. Bernhard 1989, S. 125.

485 Zur Ausdehnung der Besatzungshoheit vgl. Ellis & Warhurst 1968, S. 316/317 und 332/333.

486 Vgl. Bernhard 1989, S. 125.

Hannoversche Zeitung ersetzt wurde,487 kam es andererseits nach der Übernahme der ostdeutschen Besatzungsgebiete unter der britischen Militärverwaltung zu einem kleinen Gründungsboom. Am 25. Mai erhielt eine Zeitung in Weferlingen, vermutlich einen Tag später eine in Gardelegen, am 7. Juni ein Blatt in Halberstadt, am Tag drauf eines in Aken, am 9. Juni ein Blatt in Quedlinburg, und am 16. Juni eine Zeitung in Schönebeck eine Geneh-migung. Inwiefern diese Genehmigungen nur auf die Ankündigung des britischen Oberkom-mandierenden zurückzuführen waren oder die von den amerikanischen Offizierskollegen in Nachbarstädten erlaubten Zeitungen zur Nachahmung inspirierten, ließ sich nicht klären. In Quedlinburg wurde die Genehmigung zur Herausgabe Amtlichen Nachrichten der Behörden der Stadt Quedlinburg bereits von der US-Armee erteilt,488 die nachgewiesene Nummer 1 datierte jedoch aus britischer Zeit.489 Die Genehmigung zur Herausgabe des Amtlichen Nachrichtenblattes des Bürgermeisters der Stadt Aken u. der zuständigen Landgemeinden in Aken am 8. Juni 1945 erfolgte durch die örtliche britische Militärregierung, die sich damit an die Namen anlehnte, die auch die amerikanischen Militärkommandanten der Nachbarstädte Dessau (Amtliches Nachrichtenblatt des Oberbürgermeisters der Stadt Dessau) und Köthen (Amtliches Nachrichtenblatt für den Landkreis Dessau-Köthen) erlaubt hatten.490

Die Zeitungen aus der britischen Besatzungszeit wurden nicht nur später gegründet, sie waren zumeist auch kurzlebiger. Soweit nachweisbar, wurden die meisten Blätter bereits in der zweiten Junihälfte und damit gut 10 Tage vor dem britischen Abzug wieder eingestellt. In Schönebeck, wo die amerikanische Militärregierung vom 23. bis 30. Mai 1945 die Schönebecker Nachrichten genehmigt hatte, erfolgte nach dem Besatzungswechsel erst nach einer Pause von mehr als zwei Wochen erst am 16. Juni 1945 die Weiterführung des Mitteilungsblattes, das dann jedoch den traditionellen Namen Schönebecker Zeitung führen konnte. Die Zeitung erschien am 21. Juni 1945 letztmalig.491 Auch das Amtliche Mitteilungsblatt aus Magdeburg wurde am 19. Juni 1945 eingestellt, als die Papiervorräte nach Westdeutschland gebracht wurden.492 Zum selben Datum kam auch das Amtliche Nachrichtenblatt des Bürgermeisters der Stadt Aken u. der

487 Vgl. Matz 1969, S. 146.

488 Vgl. Hornig, Erhard: Eine kleine Nachkriegs-Zeitung, 28.9.1985. Anlage zu einem Schreiben E. Hornigs a. d. Interna-tionale Zeitungsmuseum der Stadt Aachen, Direktor Leppe, Bad Harzburg, 24.9.85 (im Besitz des Autors) sowie »Ein alter Zeitungsmann kehrt zurück« in: Harzburger Zeitung, 20.3.1985.

489 Die Nummer 1 vom 9.6.45 enthält so ein Grußwort von Montgomery, dem Oberbefehlshaber der britischen 21.

Heeresgruppe (vgl. Amtliche Nachrichten der Behörden der Stadt Quedlinburg, 9.6.45).

490 Telefonauskunft Frau Lehmann, Stadt Aken, Archiv, 12.10.99.

491 Vgl. Schönebecker Zeitung, 16.6.-21.6.45; Schönebecker Nachrichten, 23.5.-30.5.45; Wulfert 1949b.

492 Vgl. Faber 1972, S. 72. – Nachdem der von den Amerikanern gegründete Braunschweiger Bote am 8.6.45 wegen Papier-mangels schließen musste, erschien ab dem 26.6.45 eine Braunschweiger Ausgabe des Neuen Hannoverschen Kuriers (vgl.

Matz 1969, S. 146). Ob diese Neuherausgabe erst durch die Papierrequirierungen beim Magdeburger Bekannt-machungsblatt und evtl. anderen Zeitungen ermöglicht wurden, konnte nicht geklärt werden.

zuständigen Landgemeinden, das nur unregelmäßig erschienen war und bis zum britischen Abzug lediglich auf drei Nummern kam, ein letztes Mal heraus.493 Die letzte nachgewiesene Nummer der Amtlichen Nachrichten der Behörden der Stadt Quedlinburg datiert vom 20. Juni 1945.494 Ob auch der Weferlinger Anzeiger um den 20. Juni herum geschlossen wurde, ließ sich nicht nachweisen.

Die letzte nachgewiesene Nummer datierte hier bereits vom 12. Juni 1945.495 Die Hintergründe für diese weitgehend zeitgleichen Schließungen ließen sich nicht abschließend klären.

Vermutlich jedoch mussten die Zeitungen schließen, als die Briten wie in Magdeburg began-nen, Verbrauchsmaterialien nach Westdeutschland zu schaffen.