• Keine Ergebnisse gefunden

über lesbische, schwule und bisexuelle Menschen

3.3 Deskriptive Ergebnisse der aktuellen Umfrage

Auf die Frage, welche sexuellen Orientierungen bekannt sind, wurde im Rahmen des Pretests am häufigsten „homosexuell“ (22 der 30 Befragten) und „heterosexuell“ (21 Befragte) genannt. Elf Befragte erwähnten „bise-xuell“. Sieben erwähnten „transsexuell“ oder „transgender“, auch wenn es sich dabei nicht um eine sexuelle Orientierung, sondern um ein Ge-schlecht bzw. eine GeGe-schlechtsidentität handelt. Jeweils drei Personen erwähnten statt „homosexuell“ die Begriffe „lesbisch“ und „schwul“. Nur eine Person erwähnte auch „asexuell“ als sexuelle Orientierung. Weite-re sexuelle Orientierungen wie „pansexuell“ oder „queer“15 wurden von keiner Person genannt. Die Hauptumfrage wurde daher auf die drei be-kanntesten sexuellen Orientierungen homosexuell/lesbisch/schwul, he-terosexuell und bisexuell beschränkt.

Bei den folgenden Fragen zu Annahmen und Wissen weisen wir aus-nahmsweise den Anteil der Befragten, die angaben, eine Antwort nicht zu wissen, separat aus. Grund ist, dass bei diesen Fragen deutlich mehr Befragte (bis zu 17 Prozent) einräumten, eine Antwort nicht zu kennen, obwohl die Antwortalternative „weiß nicht“ von den Interviewenden nicht mit vorgelesen wurde, sondern nur dann kodiert wurde, wenn sie spontan durch die Befragten selbst erfolgte.

Wie im Folgenden deutlich wird, gaben die meisten Befragten Antwor-ten, die dem derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand entspre-chen. So wurden Umwelteinflüsse auf sexuelle Orientierung von den meisten Befragten als nicht zutreffend erachtet (Tabelle 3.1): Nur 30 Pro-zent glaubten an einen Einfluss durch schlechte Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht, nur 19 Prozent durch Verführung und nur 14 zent durch die Erziehung der Eltern. Dazu passt auch, dass nur 20 Pro-zent davon ausgehen, dass in Deutschland immer mehr Menschen ho-mosexuell werden. Hingegen meinten 59 Prozent, dass Menschen bereits homosexuell geboren werden, und 63 Prozent, dass die meisten Homose-xuellen bereits als Kind oder Jugendliche merken, dass sie homosexuell

15 Queer nennen sich Personen, die ihr Geschlecht und/oder ihre sexuelle Orientierung als etwas Veränderliches wahrnehmen und sich nicht in starre Kategorien einordnen las-sen wollen. Teilweise wird der Begriff auch als Oberbegriff verwendet für alle Personen, die von der heterosexuellen oder binär geschlechtlichen Norm abweichen, also Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen.

sind. Diese Annahme steht im Einklang mit Befragungen von LSB, wann diese zum ersten Mal bemerkt haben, dass sie nicht heterosexuell sind (Krell & Oldemeier, 2015).

Zwei weitere Items bezogen sich nicht auf Ursachen oder Verbreitung sexueller Orientierungen, sondern auf aktuelle gesellschaftliche Dis-kussionen, wie beispielsweise die zum Adoptionsrecht für gleichge-schlechtliche Paare. Vergleichbar zu früheren Umfragen (Ipsos GmbH, 2013; Schmidt, 2016) waren 67 Prozent der Befragten der Ansicht, dass sich Kinder, die bei gleichgeschlechtlichen Paaren aufwachsen, genau-so gut entwickeln wie Kinder, die bei Paaren aus Mann und Frau auf-wachsen. Auch diese Annahme entspricht dem aktuellen wissenschaft-lichen Erkenntnisstand (Bos, Knox, van Rijn-van Gelderen & Gartrell, 2016; Fedewa, Black & Ahn, 2015). Die zweite Annahme bezieht sich auf die Diskussion zur Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare.

Die saarländische Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer lehnte die-se Öffnung im Sommer 2015 mit dem Argument ab, dass in Folge auch weitere Gruppen die Möglichkeit zur Ehe fordern würden, z. B. Gemein-schaften aus drei Personen oder Blutsverwandte (ZEIT-ONLINE vom 3. Juni 2015). Diese Annahme teilten jedoch nur 19 Prozent der Befragten dieser Umfrage.

In einer Faktorenanalyse (s. Glossar) konnten für die Annahmen zu Lesben und Schwulen zwei Faktoren identifiziert werden: Die vier An-nahmen zur Sozialisation und die zwei AnAn-nahmen zum Angeborensein sexueller Orientierung luden jeweils auf eigenen Faktoren. Für die Zu-sammenhangsanalysen in späteren Kapiteln haben wir daher die vier Items zur Sozialisation gemittelt und daraus eine Skala gebildet. Die Items zum Angeborensein haben wir hingegen separat analysiert und nicht gemittelt, da die innere Konsistenz (Cronbach’s α; s. Glossar unter Reliabilität/Cronbach’s α) zu niedrig für die Bildung einer Skala war.

Tabelle 3.1: Annahmen über Lesben und Schwule

Homosexualität durch Sozialisation (Cronbach’s α = .68) Eine Person ist homo sexuell,

weil sie von jemand anderem

dazu verführt wurde. 49,5 26,4 15,2 4,2 4,7

Eine Person ist homosexuell, weil ihre Eltern sie anders erzogen

haben als die meisten Eltern. 56,8 24,3 10,2 3,9 4,9

Eine Person ist homo sexuell, weil sie schlechte Erfahrungen mit dem

anderen Geschlecht gemacht hat. 38,9 25,4 24,2 5,9 5,6

In Deutschland werden immer

mehr Menschen homosexuell. 30,7 32,1 14,1 5,7 17,3

Homosexualität angeboren (Cronbach’s α = .37) Eine Person ist homo sexuell, weil

sie so geboren wurde, z. B. aufgrund ihrer Gene oder Hormone in der Schwangerschaft.

16,1 13,7 31,1 28,2 10,8

Die meisten Homosexuellen mer-ken schon als Kind oder

Jugend-liche, dass sie homosexuell sind. 7,1 12,5 37,9 25 17,4

Sonstige Items

Kinder, die bei gleichgeschlecht-lichen Paaren aufwachsen, entwi-ckeln sich genauso gut wie Kinder, die bei Paaren aus Mann und Frau aufwachsen.

10,8 13,9 24,2 43,1 8

Wenn die Ehe für gleichgeschlecht-liche Paare geöffnet wird, werden auch weitere Gruppen heiraten wollen, z. B. Gemeinschaften aus drei Personen oder Blutsverwandte.

48,2 29,1 13,3 5,7 3,6

Anmerkung: Bei den Items aus dieser Tabelle gab es maximal 89 fehlende Antworten (4,4 % der Befragten), und zwar beim Item „In Deutschland werden immer mehr Menschen homosexuell.“

3.4 Zusammenfassung

Deutlicher als bei Berliner Schüler_innen (Klocke, 2012) entsprechen bei den in Deutschland lebenden Menschen ab 16 Jahren die Annahmen zu LSB dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand. Die meisten Menschen scheinen zu wissen, dass nicht Erziehung, Verführung oder Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht, sondern die Biologie (z. B.

Gene und Hormone in der Schwangerschaft) die sexuelle Orientierung beeinflusst. Ebenso weiß eine Mehrheit, dass sich Kinder bei gleichge-schlechtlichen Paaren genauso gut entwickeln wie bei heterosexuellen Paaren. Zwar kann man einwenden, dass die Ursachen eines Phänomens (in diesem Fall Homo- und Bisexualität) für seine ethische Beurteilung belanglos sein sollten und hier auch die Gefahr einer Pathologisierung von Homosexualität besteht. Allerdings haben sich doch in früheren Studien immer wieder Zusammenhänge zwischen Ursachenzuschrei-bungen einerseits und Einstellungen andererseits gefunden. Inwiefern diese Zusammenhänge auch in der aktuellen Umfrage bestehen, werden wir in Kapitel 7 behandeln.

4. Einstellungen gegenüber