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Der Ars Musica Catalogus realis

2 Übersicht über die Kataloge der Universitätsbibliothek

2.5 Der Ars-Musica-Katalog

2.5.1 Der Ars Musica Catalogus realis

Im Jahre 1860 legte der Musikwissenschaftler und „Hülfsarbeiter bei der königlichen Universitäts-Bibliothek“ Dr. Eduard Krüger (1807-1885)58 den systematischen bzw.

Realkatalog – Catalogus realis – zum Bestand der Musikliteratur und Noten an; daß dieses Werk von Krüger selbst begonnen und bearbeitet wurde, bestätigt seine Unter-schrift auf dem ersten Blatt des ersten Katalogbandes59.

Der AM-Realkatalog besteht aus fünf Folio-Bänden, die gegenwärtig im Historischen Gebäude der Bibliothek aufgestellt sind. Im ersten Band finden sich ein Conspectus der alten Systematik in lateinischer und ein neuer achtseitiger Fundstellenhinweis in deutscher Sprache60. Der Katalog umfaßt auf über tausend Seiten 2.409 Titel und 743 Musikdrucke61, die in acht Systemstellen, MUS I - MUS VIII, erfaßt sind. Diese Sys-tematik entspricht nur teilweise einer modernen Klassifikation.

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57 s. Fotografie S. VI

58 Eduard Krüger, „bisheriger Hülfsarbeiter bei der königlichen Universitäts-Bibliothek, Oberschu-linspector a.D.“ wurde zum 1. April des Jahres 1862 „zum außerordentlichen Professor in der philoso-phischen Facultät ernannt.“ Zitiert aus der Personalakte Krüger, (Bibl. Arch. B, Personalia 2)

59 s. im Anhang S. VII

60 s. »Fundstellenhinweis«, S. VIII−XI

61 Vgl. Raabe (1998), S. 198

In welchem Katalogband welche Signaturgruppe verzeichnet ist und wie die jeweili-gen Bände betitelt und numeriert sind, verdeutlicht foljeweili-gende Zusammenstellung62:

lfd. Nr. Buch-Nr. Titel Band Seite Signaturgruppe MUS 465 534° Ars Musica I,1 1−72 I (Musica in universum),

II (Historia artis musicae)

466 534b " I,2 73−299 III (Historia artificum musicorum), IV (Doctrina artis musicae) 467 535 " II 300−656 V (Opera artificum, diversorum

collecta),

VI - VII (Opera artificum, opera singulorum)

468 536a " III,1 657−866

[1− 860] VII 469 536b " III,2 866g - (1019)

[861−Schluß] VIII (Opera artificum, opera singulorum)

Den Katalogbänden wurden mit den Jahren Blätter für neue Titelaufnahmen einge-fügt. Die ergänzten Seiten haben neben der numerischen eine Zählung mit Kleinbuch-stabenexponenten erhalten, beispielsweise 24b, 30d, 310bb oder 311gc.

Am Kopf jeder Katalogseite sind zentriert der Titel „Ars Musica“ und darunter die Bezeichnung der jeweiligen Systematik, z. B. „Opera artificum. II. Opera singulorum.

| saec. XVIII.“ eingetragen. Zur Linken steht das Format, zugleich der erste Teil der Signatur, 2° bzw. fol., 4° oder 8°. Auf der ersten Seite zu jedem Komponisten sind oben der Name sowie das Sterbedatum angegeben, z. B.:

„Georg Friedr. Haendel.

† 1759, Apr. 14.“63

Dann folgen die Titeleintragungen. In der linken Rubrik steht unter der Systemstelle

„MUS VII“ der vierte Teil der Signatur, z. B. „341“. Zusammengefaßt sieht sie so aus:

„2° MUS VII, 341“.

Die verzeichneten Musikbestände reichen bis in die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts zurück, d. h. in die Epoche der Wiegendrucke. Es sind zehn musikalische Inkunabeln,

62 Aus »Bandübersicht des systematischen Katalogs« (Handapparat)

63 s. im Anhang S. XII

206 Titel des 16. Jahrhunderts, 235 des 17., 427 des 18. und 1.538 des 19. Jahrhun-derts wie auch 47 Zeitschriften64 eingetragen.

Dem Bestand an Musikliteratur und Noten wurde in der Universitätsbibliothek Göt-tingen, zumindest in den ersten hundert Jahren ihres Bestehens, nur geringe Bedeu-tung beigemessen. Dies läßt sich damit erklären, daß die Bibliothek aufgrund ihrer traditionellen Sammelschwerpunkte – voran Angloamerikanistik und Slavistik sowie die Naturwissenschaften – die Fachbereiche Kunst und Musik weniger betreute; um so beachtlicher ist daher deren Umfang. Zum anderen kommt wohl die Tatsache in Be-tracht, daß erst in den 1860er Jahren mit der Anlage eines Musikalienkataloges be-gonnen wurde. Zum Bestand zählen französische, englische, lateinische, italienische und nicht zuletzt ein Großteil deutschsprachiger Titel, ferner beispielsweise auch Titel in polnischer und spanischer Sprache.

Die Abteilung MUS I Musica in universum umfaßt Sammelbände und Periodika [MUS I, 1700−2499]65 zur Musikphilosophie und -ästhetik [MUS I, 1−599, 600−855 und 1200−1234], Nachschlagewerke [MUS I, 2500−2699] wie Johann Gottfried Wal-thers »Musicalisches Lexicon Oder Musicalische Bibliothec« (Leipzig, 1732) oder die

»Encyclopädie der gesammten musicalischen Wissenschaften« (Stuttgart, 1835-1838), herausgegeben von Gustav Schilling, überdies Bibliographien, Bibliothekskataloge [MUS I, 2700−2842] und auch Zeitschriften, so »Cäcilia« (Mainz, 1824ff.), mit zahl-reichen Aufsätzen über Händel und seine Werke.

Unter MUS II Historia artis musicae findet sich Literatur zur Musikwissenschaft [MUS II, 1140−1419], unter anderem zur Notation und zur Musikgeschichte. Bei letz-terer handelt es sich um Gesamtdarstellungen und Darstellungen einzelner Epochen von der Antike bis zum 20. Jahrhundert [MUS II, 500−1139 und 1520−1799] von Ländern wie Frankreich, Großbritannien, der Schweiz, Deutschland, Polen, Aus-tralien, des Orients [MUS II, 1450−1519 und 1800−3549] und um Gattungen wie Bühnen- und Kirchenmusik [MUS II, 1819, 1829, 3550−4000 und 4030−4510].

Bei MUS III Historia artificum musicorum sind Sammel- und Einzelbiographien von Komponisten und Interpreten [MUS III, 1−499 und 500−8999] eingetragen und Wer-ke über das Musikleben [MUS III, 9000−9286]. Das biographische Schrifttum ist

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64 Vgl. Raabe (1998), S. 198

65 Für diese und die unmittelbar folgenden Sign. vgl. den »Fundstellenhinweis« im ersten Band des AM-Catalogus realis bzw. im Anhang S. VIII−XI.

zise nach dem Sterbedatum, nicht nach dem Namensalphabet der Musiker geordnet, also nach Jahr, Monat, Tag. So folgt z. B. nach Henry Purcell, gestorben 21. Novem-ber 1695, Giovanni Paolo Colonna, gestorben 28. NovemNovem-ber 1695. Unter den Lebens-beschreibungen stehen einige besonders erwähnenswerte zu Johann Sebastian Bach, Ludwig van Beethoven, Georg Friedrich Händel, Joseph Haydn, Franz Liszt, Wolf-gang Amadeus Mozart, Franz Schubert und Louis Spohr; zu diesen Personen sind mehr bzw. überhaupt Biographien in der SUB vorhanden.

Die Gruppe Doctrina artis musicae, MUS IV, enthält außer dem Bestand zur allge-meinen Musiktheorie [MUS IV, 1−1089] auch einiges zur Akustik [MUS IV, 1090−1599] und Musiklehre im allgemeinen [MUS IV, 1600−2999, 3700−3999], Kompositions-, Harmonie- und Formenlehre sowie Instrumentation und Aufführungs-praxis. Darauf folgt die Musikpädagogik mit den Teilen Allgemeines [MUS IV, 3000−3699], Gesang, Tasten- und andere Instrumente [MUS IV, 4000−5489].

Im Bibliothekskatalog Nummer 534b lohnt sich ein Blick auf die Seite 130 zu MUS IV, wo fünf der ältesten Musikwerke66 in der SUB eingetragen sind; die ersten beiden Titeln im Catalogus realis sind ebenfalls im »Inkunabeln - Standortkatalog I« der Bib-liothek registriert.

Mit MUS V Opera artificum diversorum collecta beginnt die Rubrik Musikalien.

Hierunter sind Notensammlungen verschiedenen Inhalts verzeichnet [MUS V, 1−999], etwa die umfangreiche »Eulenburg’s kleine Partitur-Ausgabe« (Leipzig, 1874ff.), Textbücher sowie Schul- und Volksliederbücher [MUS V, 1000−1999, 4000−5999].

Außerdem sind Noten zur geistlichen und weltlichen Musik [MUS V, 2000−2999 und 3000−3999], und Literatur zur Kirchenmusik aufgenommen.

Die Abteilung Opera artificum, opera singulorum, mit den Systemstellen MUS VI, VII und VIII stellt den größten Teil der Ars Musica dar. Auf diesen Seiten sind die in der Bibliothek vorhandenen Notenausgaben einzelner Komponisten, darunter auch Gesamt- und Erstausgaben eingetragen. Die wertvollen, zum Teil handschriftlichen Musikalien sind in gleicher Weise wie die Biographien nach Sterbedaten der Kompo-nisten geordnet. Die letzten drei Signaturgruppen gleichen einer bibliographischen Chronik, in der Werke namhafter Musiker aus tausend Jahren Erwähnung finden. Un-ter MUS VI sind Tonkünstler aus dem 10. bis zum 17. Jh. [MUS VI, 1−1999], unUn-ter

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66 »Practica musicae« (Mailand, 1496 und Brescia, 1497), »Flores musicae omnis cantus gregoriani«

(Straßburg, 1488), »Opus aureum musice castigatissimum de gregoriana et figurativa« (Köln, 1501).

MUS VII die aus dem 18. und 19. Jh. [MUS VII, 1−859] und schließlich unter MUS VIII die aus dem 20. Jh. [MUS VIII, 1−2560] erfaßt. Eine Anzahl von Notenausgaben findet sich jedoch in anderen Teilen des Ars-Musica-Kataloges, wie z. B. die »Sonata […] für Alt-Blockflöte in -f’- und Basso continuo« (Celle, 1934-1935) von G. F. Hän-del (Signatur: 8 MUS I, 1035:11−14).

Im Internet gelangte man über die Homepage der SUB in Rubrik Literatursuche zu einer ausführlichen Liste, in der die Signaturgruppe Ars Musica67 systematisch fein nach Klassenbezeichnung, (z. B. Carmina popularia), Schlagwörtern (z. B. Volkslied / Quelle) und Signaturintervall (z. B. MUS V, 4000−5618) aufgeführt ist.

Den Musikbestand der SUB Göttingen ergänzte die 1773 aus dem Nachlaß des Histo-rikers, Juristen und Professors Georg Christian Gebauer (1690-1733) erworbene Bibliotheca Cantionum mit ihren rund tausend Bänden. Diese Sammlung an Gesang-büchern68, Kantionalien, Liturgica und Kirchenordnungen ist in einem Sonderkatalog, dem Katalogband 90a, erfaßt, von denen ungefähr 300 Titel die Signatur Cantica Ge-baueriana (CANTGEB) tragen. Die restlichen Titel samt der Werke, die nicht aus der Gebauerschen Sammlung stammen, finden sich an anderen Systemstellen: Schlagwör-ter wie Gesangbuch, Kirchenlied und Kirchenmusik unSchlagwör-ter Historia Ecclesiastica Ri-tuum (H E RIT), Oper unter Poetae Dramatici (PDRAM) und Tanz unter Artes Illibera-les (ARTILL).69