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Das Stadtarchiv Göttingen

6 Musik und Händel in Göttingen

6.5 Das Stadtarchiv Göttingen

In Stadtarchiven wird die langjährige Geschichte einer oder mehrerer Ortschaften so-wie von Privatpersonen, Familien, Vereinen und Firmen dokumentarisch erhalten.

Von der Existenz eines Archivs in Göttingen wurde in einem Schreiben des Herzogs Julius von Braunschweig-Lüneburg (1528-1589) vom 8. November 1588 berichtet.

Angesichts der ältesten im Stadtarchiv erhaltenen Pergamenturkunde, datiert 1229, wird der Beginn des Göttinger städtischen Archivwesens bis zum Beginn des 13.

Jahrhunderts zurückgeführt123.

Dieses Archiv hat in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine umfangreiche Sammlung von Quellen zur Geschichte der Händel-Festspiele von der Göttinger Hän-del-Gesellschaft erhalten. Auf welche Weise bestimmte Materialien ins städtische Archiv eingegangen sind, erläutert Unterkapitel 6.5.2. Zuvor aber ein Einblick in das Gestern und Heute des Archivs der Stadt Göttingen.

6.5.1 Geschichte des Stadtarchivs

Wie bereits erwähnt, gehen die Wurzeln des Göttinger Stadtarchivs ins 13. Jh. zurück.

Dennoch hat die Ordnung nach archivarischen Prinzipien erst im 15. Jh. begonnen; bis dahin war es ein ungeordnetes Sammelbecken. Die zahlenmäßig wachsenden Archiva-lien – Urkunden, Briefe und Amtsbücher – wurden im hiesigen Rathaus, der zwischen 1369 und 1372 erbauten Alten Ratsstube, gelagert.124 Das Stadtarchiv Göttingen war von jeher für wissenschaftliche Arbeiten öffentlich zugänglich. Dieser Regel gilt bis auf den heutigen Tag weiter.

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123 Vgl. Walter Nissen: „Das Göttinger Stadtarchiv“ (1969), S. 11

124 Ebenda, S. 12

Das Göttinger Stadtarchiv erlebte eine positive Phase, bis in den Zeiten des 30jährigen Krieges (1618-1648) Personal entlassen wurde und dem Archivbestand gewaltige Schäden zugefügt wurden. Aufgrund einiger Hindernisse wie des langfristigen Verbleibens der Archivdokumente in den Häusern der Benutzer und des Personal-mangels, wurde die Organisation von Archiv und Registratur immer weiter hinausge-schoben. Während des Siebenjährigen Krieges (1756-1763) und danach stockte die Archivarbeit. Mit der Anstellung von Johann Anton Ludwig Seidensticker (1760-1817) als Stadtsyndikus im Jahre 1797 tritt eine Person in die Geschichte des Göttin-ger Stadtarchivs ein, die seinen Ordnungszustand bis heute beeinflussen sollte.

Beinahe wäre das Göttinger Archiv, der Rundverfügung vom 24. Juli 1876125 zufolge, ins Staatsarchiv Hannover überführt worden. Dank eines Gutachtens blieb das Archiv an seinem ursprünglichen Sitz. In den Jahren 1898, 1902/03 und 1936 fanden Über-siedlungen des Archivs statt, sei es wegen der die Archivbestände gefährdenden Feuchtigkeit oder wegen Raumnot.

Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, kam es in Göttingen zur Unterbrechung der Ar-chivarbeiten, im August 1939 zur Schließung des Archivs, das im Oktober 1940 wie-der eröffnet wurde. Außerdem wurden, gemäß wie-der ministeriellen Verfügungen für die deutschen Archive und Bibliotheken die wertvollsten Archivbestände, unter anderem Chroniken, Urkunden, und Tagebücher, an vier verschiedene, in Stadt und Umgebung gelegene Plätze ausgelagert. Nach Kriegsende, im Juni 1946, waren die ausgelagerten unbeschädigten Archivalien für die Öffentlichkeit wieder zugänglich.

Seit April 1981 hat das Stadtarchiv seinen Platz im Neuen Rathaus. Neben dem Ar-chivmagazin sind dort außerdem eine Bibliothek sowie ein Arbeits- und Lesesaal ein-gerichtet, in dem auch die Kataloge126 stehen. Im Internet ist das Archiv unter der Ad-resse http://www.stadtarchiv.goettingen.de mit einer Homepage vertreten.

Die Archivbibliothek127 bildet mit ihren etwa 25.000 Bänden eine umfangreiche Sammlung zur Göttinger Kultur-, Sozial-, Stadt- und Wirtschaftsgeschichte. Das Ar-chivgut im Magazin beläuft sich auf knapp 4.000 Regalmeter und umfaßt Akten, Au-tographen, Flugblätter und -schriften, Pläne, Plakate, Programmhefte, Stammbücher

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125 Nach diesem Erlaß sollten diejenigen Städte, „welchen die zur Aufbewahrung der vorhandenen Urkunden pp. Erforderlichen Räume oder die zur Ordnung der Archivalien nötigen Kräfte nicht zu Gebote stehen“, ihre Urkunden „gegen Revers und unter Vorbehalt des Eigentumsrechts“ an das besag-te Staatsarchiv „zur Aufbewahrung“ überweisen. Vgl. Nissen (1969), S. 29

126 s. Fotografien S. XXX

127 s. Fotografie S. XXX

des 18. und 19. Jahrhunderts, Göttinger Tageszeitungen sowie Filme und Tonkasset-ten. Die Stadt Göttingen ist verpflichtet, dem Stadtarchiv jegliches Aktenmaterial zu übergeben. Die Bibliothek dagegen erweitert sich durch Belegexemplare: Jeder Nutzer von Archiv und Bücherei, der eine Arbeit schreibt, hat ein Exemplar abzuliefern.

Der Bestand der Archivbibliothek wird nach RAK-WB und zusätzlich noch nach Hausregeln erschlossen; für die Katalogisierung des Archivbestandes liegt kein spe-zielles Regelwerk vor; die Richtlinie hierfür gibt die eingesetzte Datenbank vor. Die elektronische Bestandsaufnahme erfolgt seit 1998 in zwei Datenbanken: Die Archiva-lien in AIDA und die Literatur (Bibliotheksbestand) in Allegro. Die Aktensammlun-gen, die seit 2000 ins Archiv gelanAktensammlun-gen, sind zweifach recherchierbar, d. h. die Titel-aufnahme per EDV liegt auch gedruckt als Findbuch vor. Ein Teil des Archivbestan-des kann unter der Rubrik Findbücher128 über die Homepage des Stadtarchivs recher-chiert werden.

Vor Einführung der EDV in die Katalogisierung wurden die Bibliotheksbestände in Zettelkatalogen und die Archivalien in Findbüchern verzeichnet. Zu ersteren zählen der alphabetisch geordnete Personenkatalog129 sowie die systematischen Kataloge, der Göttingen-Katalog (GöK) mit dem dazugehörigen Schlagwortindex, der Ortskatalog (OK), der Regionenkatalog (ReK) und der Universitätskatalog (UK).

Das Stadtarchiv Göttingen gehört hinsichtlich der Zusammensetzung und Geschlos-senheit seiner Bestände zu den wichtigsten Stadtarchiven in Südniedersachsen. Die Gründe dafür liegen nicht nur in der überaus reichen Geschichte der Stadt, sondern in dem Umstand, daß das Archiv kaum Substanzverluste durch Feuer, Wasser, Diebstahl oder Kriegsschäden hinnehmen mußte. Es hat durch seinen Händel-Bestand eine wichtige Funktion als sogenanntes vermittelndes Organ für Händel-Freunde und als bewahrendes für das musikalische Vermächtnis des Barockkomponisten.

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128 http://www.stadtarchiv.goettingen.de/frames/fr_online_findbuecher.htm

129 Er verzeichnet die gesamte eine Person betreffende Literatur zentral unter dem analogen Personen-namen Die vorhandenen, unter einer Person nachgewiesenen Titel werden so geordnet: Auf gelben Karten stehen Schriften, zu deren Publikation die betreffende Person den Anlaß gab (z. B. die an sie adressierte Briefsammlung, Festschrift, Personalbibliographie); weiße Karten enthalten die von der Person selbst verfaßten herausgegebenen oder bearbeiteten Titel; auf grünen Karten stehen Sekundärli-teratur und Zeitschriftenaufsätze über die Person; die roten Karten enthalten Zeitungsartikel, die zur Person erschienen sind.

6.5.2 Händel im Stadtarchiv

Die Bedeutung der Musiksammlung des Stadtarchivs steht in erster Linie mit dem Namen Händel in Verbindung; damit ist nicht die Musikaliensammlung gemeint, son-dern der Bestand der musiktheoretischen Werke, die aufgrund ihres für die Stadt his-torischen Interesses als Archivmaterialien angesehen werden.

Der Händel-Bestand des Archivs besteht aus zwei Teilen. Der ältere und erste Teilbe-stand – sieben laufende Meter – wurde von dem ehemaligen Vorsitzenden der Göttin-ger Händel-Gesellschaft, LandGöttin-gerichtspräsident i. R. Walter Meyerhoff (*1890) als Nachlaß dem Stadtarchiv geschenkt130. Diese Sammlung, die Aktenpakete mit Schriftwechseln und Abrechnungen, Kritiken (1927-1968) sowie Zeitungsausschnitte (Juli 1971) beinhaltet, gelangte 1971 ins Archiv und wurde fortan als „Kleine Erwer-bungen Nr. 47“ signiert.Der zweite Teil – über fünf laufende Meter – ist dem Stadtar-chiv durch einen Depositalvertrag ausgeliehen131. Er umfaßt vor allem Programmhefte der Händel-Festspiele aus den Jahren 1920 bis 1999; diese Sammlung wird in Zukunft fortgeführt. Während der erste Teilbestand noch in konventioneller Form, nämlich im Findbuch »Stadtarchiv Göttingen: kleine Erwerbungen / Nachlässe 1−79« verzeichnet ist, ist der zweite in der Datenbank AIDA maschinenlesbar erfaßt.

Darüber hinaus sind zahlreiche Publikationen zu Händel in der Archivbibliothek auf-gestellt. Davon ist der überwiegende Teil in dem dieser Arbeit anschließenden Kata-log nachgewiesen. Es handelt sich dabei um zehn Textbücher, zwei Musikalien sowie eine Zeitschrift. Die Sammlung von Programmheften wie auch von Zeitungsausschnit-ten des Stadtarchivs ist in ihrer Vielfalt ein Schwerpunkt der Händel-Sammlung. Die Ausschnitte behandeln vornehmlich die Händel-Festspiele ab.

6.6 Die Werke Händels auf dem Programm des