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2 Übersicht über die Kataloge der Universitätsbibliothek

2.1 Der Akzessionskatalog

Schon in frühesten Zeiten wurde der Buchbestand der Bibliotheken in Verzeichnissen, die eigentlich Inventare und ursprünglich der Hauptkatalog der Bibliothek waren, nie-dergelegt. Dieses Zugangsbuch gibt die Identität jedes einzelnen Mediums in der Bib-liothek, seine Herkunft und Erwerbungsart – Kauf, Tausch, Geschenk oder Pflichtex-emplar – preis.

Als der Großvogt von Bülow mit seiner Sammlung das dazugehörige Bestandsver-zeichnis der Universitätsbibliothek Göttingen vermachte, legte er damit den Grund-stock für den Göttinger Akzessionskatalog, den Grundkatalog der Bibliothek.

Die Entstehung dieses Kataloges geht auf das Jahr 1702 zurück, als von Bülow damit begann, einen, zugleich den ersten Katalog seiner bibliophilen Erwerbungen eigen-händig zu erstellen. Diesen Gruppenstandortkatalog gliederte er nach den vier Wis-senschaftsgruppen Theologie, Recht, Geschichte sowie Philosophie oder Miscellanea, und diese Gruppen wiederum nach den drei Formaten 2°, 4° und 8°. Innerhalb dieser Abteilungen sind die Bücher in der Reihenfolge des Beschaffungsdatums mit ihrer Standortsignatur eingetragen. Zusätzlich stellte er für die zwölf Abteilungen jeweils

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30 BdAK: Alphabetischer Bandkatalog, BdRK: Bandrealkatalog; s. Fotografie S. V.

ein Autorenregister zusammen. 1705 legte er einen Realkatalog an, der, mit Ausnah-me der dreizehn ergänzten Untergruppen, die gleichen Ordnungsprinzipien aufweist wie der Erwerbungskatalog. 1712 waren beide Kataloge voll beschrieben. Der erste wurde von einem Sekretär erneuert; indes verfertigte ein anderer Sekretär einen neuen Realkatalog in zwei Bänden. Von Bülow führte bis 1722 die Eintragungen selbst fort.

Im Jahre 1723 legte Bülows letzter Gehilfe, Philipp August Schlüter, einen neuen Ka-talog an, den er erst 1735 zu Ende führte. Schlüter hatte nach dem Tod Bülows 1724 dessen Bibliothek bis zu ihrer Beförderung nach Göttingen 1736 verwaltet. Der Schlü-tersche Katalog umfaßt vier Bände. Jeder Band ist in drei Formatklassen gegliedert, jede von diesen nochmals in vier Fachgruppen: Libri theologici, juridici, historici und miscellanei. Im Gegensatz zu Bülows Fassung erhielt jeder Titel anstatt der Standort-signatur eine Zählung nach volumina (Bänden) und an zweiter Stelle nach tractatus (Werken). Schlüters Katalog gelangte mit der Schenkung der Bülowschen Sammlung in die Universitätsbibliothek Göttingen31 und bildete den Anfang des Akzessionskata-loges, »Catalogus librorum qui Bibliothecae Bulovianae accesserunt«32, der nach je-nen Richtlinien, die im Anschluß an die Bülowsche Sammlung neuerworbeje-nen Bü-cher der hiesigen Bibliothek verzeichnete.

An die ursprünglichen Bände 1 bis 4 schlossen sich hier die Bände 5, 6 und 7 an, die die Jahre 1735-1747 umfassen; danach setzte sich der Katalog in Jahresbänden fort.

Bei der Weiterführung bestimmten weiterhin die drei Formate die Hauptklassen und die vier Wissenschaftsgruppen die Unterabteilungen, von denen jede einzelne ihre gesonderte laufende Numerierung hat; später wurde bei der Gliederung den Fakultäten vor den Formaten der Vorrang gewährt. Wann genau dieses Verfahren eingesetzt wurde, ist ungewiß. Eine Prüfung hat ergeben, daß die Zugänge in den Accessio-Bänden 1-6 ebenfalls nach dem letzteren System eingetragen wurden. „Bis zum Som-mer 1743 erfolgte die Umstellung der Bibliothek nach systematischer Ordnung.“33 Aufgrund dieser Hinweise ist es möglich, daß die zweite Gliederungsweise – erstens nach Wissenschaftsgruppe, zweitens nach Format – bereits mit dem ersten Band des Akzessionskataloges begann.

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31 Die Bände des Akzessionskataloges werden heute im Bibliotheksarchiv aufbewahrt und sind im HG einsehbar.

32 Kind-Doerne (1986), S. 50

33 Zitiert aus Hartmann/Füchsel (1937), S. 112

Ab 1747 diente zusätzlich das sogenannte Manual für den Handgebrauch. Im Akzes-sionskatalog wurden die Titel mit absoluter Vollständigkeit, genauer Wortlaut des Titelblattes, Erscheinungsort und -jahr, teilweise auch der Name des Verlegers bzw.

Druckers und die Bezeichnung der angebundenen Stücke, angegeben. Dagegen wur-den im Manual bzw. Accessions-Journal die Titel in möglichster Kürze, aber mit Da-tum und Art der Erwerbung, teils mit Nennung des Preises, nebst der Angabe der Pro-venienz, unter Beifügung einer laufenden Nummer, eingetragen. Verlorengegangene oder zurückgegebene Werke wurden in dem Manual durchgestrichen, und die Zu-gangsnummer des beschafften Ersatz-, vereinzelt auch Zusatzexemplars, hinzugefügt.

Ab 1790 wurden die beiden Kataloge miteinander verzahnt; im Manual wurden für eine Neuerwerbung Klasse und Nummer des Akzessionskataloges sowie das Fach des BdRK, im Akzessionskatalog wiederum die Seite des Manuals sowie Fach und Blatt des BdRK eingefügt. Im darauf begonnenen Realkatalog und Alphabetischen Katalog wurden die Titel vor allem wegen mangelnder Arbeitskräfte weit kürzer gefaßt als im Akzessionskatalog. Aufgrund seiner ausführlichen bibliographischen Angaben blieb der Akzessionskatalog 140 Jahre lang der Hauptkatalog der Bibliothek, bis er 1876 stillgelegt wurde; ab diesem Datum wurden das Manual und der Akzessionskatalog zu einem Katalog, nämlich zum sogenannten Zugangsbuch, vereinigt. Bülow hatte die Fächereinteilung nach den Schwerpunkten seiner Bibliothek im 17. und beginnenden 18. Jh. entworfen. Je weiter die Wissenschaft sich entwickelte und differenzierte, des-to weniger entsprach die Anlage dieses Kataloges den praktischen Bedürfnissen, was die enorm gewachsene Klasse der Miscellanea erklärte.

Die Provenienzangaben dienen dazu, die Herkunft der einzelnen bibliothekarischen Einheiten – Bücher, Musikalien, Zeitschriften – zu ermitteln. Sie finden sich in und auf den Bänden selbst, nämlich als Exlibris und andere schriftliche oder durch Stem-pel gesetzte Besitzvermerke in der Vorlage oder als Supralibros auf dem Einband-deckel. In den meisten Fällen jedoch läßt sich der ursprüngliche Vorbesitzer nicht anhand des Werkes, sondern anhand der Angabe (Akzessionsnummer) in der Spalte Access. im Alphabetischen Bandkatalog und bei Notendrucken im Musikalienkatalog ermitteln.

Dieses sah in der Praxis wie folgt aus: Auf dem Titelblatt wie auch im Musikalienka-talog ist zu dem Titel »Teseo: opera« von Georg Friedrich Händel folgendes angege-ben: „74.6.4.M.40491“. Die ersten beiden Zahlen beziehen sich auf das Manual, den

Vorläufer des Zugangsbuchs (Akzessionsjournals) der Bibliothek. „74“ ist der Jahres-band des Manuals und „6“ die Seitenangabe, mit folgender Eintragung:

„Dec. 30. Von dem Ober-Präsidenten Grafen von Eulenburg in Hannover übersandt“34

Das betreffende Werk ist also 1874 aus dem Vorbesitz des Grafen Eulenburg in die Universitätsbibliothek Göttingen gelangt. Die „4“ in der Mitte gibt das Format Quart an. Darüber hinaus findet sich die Notation „M.40491“, die auf die Stelle im Akzessi-onskatalog hinweist; „M“ steht für die Wissenschaftsgruppe Musik, „40491“ für die Zählung. Ab einschließlich 1876 gab es die einfache Akzessionsnummer, nämlich die Ziffernfolge Erwerbungsjahr und laufende Nummer, z. B. „1909.8574“ oder

„1953.4113“. Zu diesen beiden Akzessionsnummern ist in dem Manual folgendes eingetragen:

1909: „Febr. 26., D, Bibl. Dr. Joachim“

1953: „29.1.54, Verl. d. Gött. Händelges. e.V., P“35

Das Notenwerk »Judas Maccabäus« (Karlsruhe, 1847) von Georg Friedrich Händel, wurde hiernach 1909 von dem Bibliothekar Dr. Joachim der Universitätsbibliothek übergeben. Die Festschrift »Die Göttinger Händel-Festspiele« (Göttingen, 1953) war eine Pflichtlieferung der hiesigen Händel-Gesellschaft.

Ab 1876 bis 1992 dienten die anfangs noch Manual genannten Zugangsbücher36 als Erwerbungskatalog. Seit 1993 werden die Bestandszugänge online akzessioniert.