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3. Tiere, Material und Methode

4.8. Analyse des Verhaltens der Welpen gegenüber der unbelebten Umwelt

4.8.2. Dauer der Objektspiele

Die Dauer der Objektspiele wurde bereits in Kapitel 4.5.5. (Seite 74 - 76) abgehandelt, wobei ein Medianwert von 19 Sekunden ermittelt wurde.

4.8.3. Lautäußerungen

Lautäußerungen der unbelebten Umwelt gegenüber beschränken sich auf das Knurren, das teilweise beim Zerren an einem Gegenstand geäußert wird. Ängstliches Verhalten sowie Flucht wird Gegenständen gegenüber nicht beobachtet, sondern nur bei bestimmten Geräuschen gezeigt.

5. Diskussion

5.1. Tiere, Material und Methode

Bei den bisherigen Untersuchungen haben sich neben den Rasseunterschieden auch geringere Unterschiede zwischen einzelnen Zuchtlinien einer Rasse ergeben (Bullterrier: Österreich: SCHLEGER 1983; Deutschland: GEORGE 1995). Aus diesem Grund wurden in dieser Arbeit nur Würfe aus einer Zuchtlinie beobachtet. Um die in Kapitel 2.2.2. (Seite 18) beschriebenen Befürchtungen einer Spaltung dieser Rasse zu verifizieren, wären Untersuchungen an einer anderen Zuchtlinie interessant. In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, daß ein inzwischen in Frankreich lebender Welpe des 3. Wurfes die dort zur Zuchtzulassung vorgeschriebene Hüteprüfung unter einem englischen Prüfer mit „ausgezeichnet“ bestanden hat.

In dieser Arbeit wurde auf eine möglichst quantitative Erfassung des Auftretens, der Häufigkeit und der Zeitdauer von Verhaltensweisen Wert gelegt. Das auf diese Weise erhaltene, umfangreiche Zahlenmaterial soll sowohl der Analyse des Verhaltens der beobachteten Tiere dienen als auch den Vergleich mit anderen Rassen ermöglichen.

Die Beobachtungen wurden vor allem durch die Videographie festgehalten. Dies hat den Vorteil, daß eine Interaktion komplett und in allen Einzelheiten aufgezeichnet werden konnte. Die Möglichkeit der beliebig oft wiederholbaren Betrachtung unter Verwendung der Zeitlupe sowie der Standbilder läßt ein exaktes, relativ objektives Aufnehmen der Interaktionen mit allen gezeigten Verhaltensweisen sowie der Interaktionsdauer in Datenbanken zu. Es wurde mit 2 Methoden videographiert:

Fokustiermethode (ALTMANN 1974) und behaviour sampling (MARTIN & BATESON 1986).

Die Fokustiermethode dient einem objektiven, gleichmäßigen Erfassen aller Welpen, um eine quantitative Vergleichbarkeit zu erreichen. Durch die starre Regelmäßigkeit der Aufnahmesequenzen ist jedoch eine Unterbrechung der Beobachtung einer laufenden Interaktion aufgrund zeitlicher Beschränkungen nicht zu umgehen. Um die Zahl der statistisch auswertbaren Interaktionen zu erhöhen, wurden phasenweise alle Welpen gleichzeitig aufgenommen. Dies entspricht der von ALTMANN (1974) beschriebenen

Möglichkeit, die Fokustiermethode auf eine bestimmte Gruppe von Individuen auszudehnen.

Das behaviour sampling ergänzt die Fokustiermethode, da hier keine Beschränkungen bei der Aufnahme vorliegen und auf „interessante“ Interaktionen fokussiert werden kann.

Auch relativ selten auftretende Verhaltensweisen werden auf diese Art festgehalten.

Daher ist eine Kombination der Methoden sinnvoll, um ein vollständiges Bild der Verhaltensentwicklung zu erhalten.

Die schriftliche Protokollierung ist vor allem bei sich täglich ändernden Daten, wie zum Beispiel der physiologischen Entwicklung, dem ersten Auftreten oder auch den Haltungsbedingungen (Temperatur, Besuch usw.) sinnvoll.

Selbstverständlich ist das erste Auftreten einer Verhaltensweise trotzdem mit einer gewissen Unsicherheit verbunden, da keine 24 Stunden Beobachtung erfolgte. Zudem ist es nicht nur von der physiologischen Entwicklung, sondern auch von dem inneren Zustand (z. B. der Motivation) sowie dem auslösenden Reiz abhängig.

Es wurde eine möglichst differenzierte Dokumentation gewählt, bei der jede Phase einer Interaktion in getrennten Datenfeldern aufgenommen wurde, um eine große Vielfalt von Abfragen zu ermöglichen.

Im folgenden werden die Ergebnisse mit der Literatur verglichen und diskutiert.

5.2. Ethogramm

Das Entwicklungsethogramm der untersuchten Border Collie Welpen wird mit denen von 10 weiteren Hunderassen und dem Wolf verglichen.

In Tabelle 19 a und b ist in Anlehnung an die Darstellungsweise von REDLICH (1998) für jede Rasse das Alter des ersten Auftretens von 60 Verhaltensweisen in Tagen angegeben und in 8 Funktionskreise geordnet. Dabei werden die folgenden Untersuchungen mit vergleichbarer Methodik herangezogen:

Siberian Husky (ALTHAUS 1982) Weimaraner (DÜRRE 1994)

Labrador Retriever (FEDDERSEN-PETERSEN 1992) Golden Retriever (FEDDERSEN-PETERSEN 1992) Bullterrier (SCHLEGER 1983; GEORGE 1995) Wolf (FEDDERSEN-PETERSEN 1992)

Großpudel (FEDDERSEN-PETERSEN 1992) Zwergpudel (FEDDERSEN-PETERSEN 1992) Schäferhund (FEDDERSEN-PETERSEN 1992) Beagle (VENZL 1990)

American Staffordshire Terrier (REDLICH 1998).

Es werden nur Verhaltensweisen aufgeführt, die vergleichbar sind, das heißt die übereinstimmend definiert und in möglichst vielen Arbeiten beschrieben wurden.

Dunkelgrau unterlegt sind diejenigen Verhaltensweisen der jeweilige Rasse, die später, hellgrau diejenigen, die früher als beim Wolf auftreten.

W e i L R GR SH BTa BTb G r P Zw P Sch Bea AStT BC W o l f

Beziehungen zur unbelebten Umwelt

Nagen an Objekten 2 0 2 9 3 2 1 6 1 7 1 8 2 1 2 5 2 6 2 5 2 1 1 7 1 9

S c h a r r e n 3 2 2 9 2 7 2 3 2 1 2 4 3 5 3 3 2 6 2 9 3 0 2 2 2 9

U m w e l t u n s i c h e r h e i t 3 5 n . b . 4 2 3 1 4 0 3 6 5 6 4 9 3 6 3 6 2 4 n . b . 2 2 Beißschütteln mit Objekten 2 6 3 5 4 2 2 9 2 4 3 2 2 8 2 6 2 9 3 7 3 0 2 2 2 9

O b j e k t t r a g e n 2 4 3 6 3 0 1 5 _ 2 6 2 4 2 5 6 7 _ 2 6 2 2 2 2

Tab. 19a: Erstes Auftreten der angeführten Verhaltensweisen beim Wolf und anderen Rassen.

Erläuterungen siehe Tabelle 19b

W e i L R GR SH BTa BTb G r P Z w P Sch Bea AStT BC W o l f Interaktionen zwischen den Welpen

Knäulbildung 1 1 1 1 1 1 1 1 5 ( 1 ) 1 1 1 1

Interaktionen zw. Welpen u. Mutterhündin

Spielverhalten der Welpen 1 3 1 9 1 6 1 1 1 6 1 3 2 1 2 4 2 9 1 3 1 5 2 3 2 2

Tab. 19b: Erstes Auftreten der angeführten Verhaltensweisen beim Wolf und den folgenden Rassen:

Weimaraner (Wei), Labrador Retriever (LR), Golden Retriever (GR), Siberian Husky (SH), Bullterrier (BTa = SCHLEGER 1983, BTb = GEORGE 1995), Großpudel (GrP), Schäferhund (Sch), Zwergpudel (ZwP), Beagle (Bea), American Staffordshire Terrier (AStT), Border Collie (BC); Autoren siehe Seite 115;

Verhaltenweisen, die bei der jeweiligen Rasse früher als beim Wolf auftreten, sind hellgrau, solche, die später auftreten, dunkelgrau unterlegt; n.b. = nicht beobachtet; - = keine Angabe

Auffällig ist, daß viele der aufgeführten Verhaltensweisen bei den meisten Rassen früher auftreten als beim Wolf.

Die frühe Ontogenese vieler Rassen ist ein „ weiteres Glied in der Kette von Beweisen gegen den Begriff der „Neotenie“ oder des „Persistieren jugendlicher Merkmale“

(FEDDERSEN-PETERSEN 1992). Die Aussage, die Domestikation hat eine „Retardation jugendlicher Merkmale“ zur Folge, ist auch von STARCK (1962) widerlegt worden.

Vielmehr ist eine Akzeleration (STARCK 1962) bei vielen Verhaltensweisen zu verzeichnen.

Nachfolgend werden die Werte der Tabellen 19 a und b zueinander in Beziehung gesetzt (siehe auch ALTHAUS 1973).

Anzahl der Verhaltenssweisen des Border Colliee im Vergleicch zum Wolf

Früher Gleich Später n.b.

Lokomotion u. Position 6 1

Orientierungsverhalten 3 2 1

Komfortverhalten 5 2 1

Stoffwechselbedingtes

Verhalten 4 2

Verhalten gegenüber der

unbelebten Umwelt 3 1 1

IA zw. Welpen 1 2 1 3 1

IA m. Mutterhdn 3 2

Lautäußerung 2 2 2

T o t a l 3 8 9 1 1 2

in Prozent 63 % 15 % 18 % 3 %

Tab. 20: Anzahl der in Tab. 19 genannten Verhaltensweisen, die bei den Border Collie Welpen früher, gleichzeitig oder später als beim Wolf das 1. Mal auftreten, in Funktionskreisen zusammengefaßt (IA = Interaktion; n.b. = nicht beobachtet oder keine Angabe)

Die Tabelle 20 stellt das 1. Auftreten von Verhaltensweisen bei den Border Collie Welpen in Bezug zum Wolf dar. Insgesamt werden also ca. 63 % der in Tabelle 19 genannten Verhaltensweisen früher als beim Wolf gezeigt, ca. 15 % gleichzeitig und ca.

18 % später.

Das bedeutet, daß auch der Border Collie sich bezüglich der meisten Verhaltensweisen schneller als der Wolf entwickelt, in ca. 1/5 der Fälle aber auch langsamer.

Besonders viele Verhaltensweisen der Funktionskreise Lokomotion und Position, unbelebte Umwelt sowie Interaktionen zwischen Welpen treten früher als beim Wolf auf.

Das frühere Auftreten von Verhaltensweisen bestimmter Funktionskreise wurde auch bei anderen Hunderassen festgestellt (siehe z. B. auch FEDDERSEN-PETERSEN 1992).

Anzahl der Verhaltensweiseen anderer Raassen im Verglleich zum Bordder Collie

Früher Gleich Später n.b.

Lokomotion u. Position 4 9 4 7 0

7 % 15 % 78 % 0 %

Orientierungsverhalten 1 0 2 8 1 9 3

16 % 47 % 32 % 5 %

Komfortverhalten 1 0 2 4 5 2 4

11 % 27 % 58 % 4 %

Stoffwechselbedingtes Verhalten

2 5 3 2 5 7

42 % 5 % 42 % 11 %

Verhalten gegenüber der unbelebten Umwelt

2 2 3 5 1

5 % 5 % 88 % 2 %

IA zw. Welpen 2 8 2 0 1 1 3 9

17 % 12 % 66 % 5 %

IA m. Mutterhdn 1 1 0 2 5 1 4

22 % 0 % 50 % 28 %

Lautäußerung 3 2 8 1 4 6

53 % 14 % 23 % 10 %

Tab. 21: Anzahl der in Tab.19 genannten Verhaltensweisen, die bei anderen Hunderassen früher, gleichzeitig oder später als beim Border Collie das erste Mal auftreten, in Funktionskreisen zusammengefaßt (IA = Interaktion; n.b. = nicht beobachtet oder keine Angabe)

Tabelle 21 zeigt den Vergleich zwischen dem Border Collie und den anderen beobachteten Haushunderassen. Analysiert wurde die Häufigkeit, mit der die Rassen Verhaltensweisen der angegebenen Funktionskreise früher, gleichzeitig oder später als die Border Collie Welpen erstmalig zeigen.

Auch hier spiegelt sich das frühere Auftreten der meisten Verhaltensweisen beim Border Collie im Vergleich zu anderen Hunderassen wider. Dies gilt vor allem für Verhaltens-weisen der Funktionskreise Lokomotion und Position sowie Verhalten der unbelebten Umwelt gegenüber, bei denen im Durchschnitt nur 7 % bzw. 5 % von anderen Rassen früher gezeigt werden. Im Gegensatz dazu werden Verhaltensweisen aus den Funktionskreisen Stoffwechselbedingtes Verhalten und Lautäußerungen von den meisten anderen Rassen früher gezeigt (im Durchschnitt 42 % bzw. 53 %).

BC SHWei BTb BTa GR AStT Bea GrP Wolf LR ZwP Sch

Position & Lokomotion 2 1 4 6 3 7 8 5 10 9 13 12 11

Orientierungsverhalten 5 4 2 6 8 1 7 9 11 10 3 12 13

Komfortverhalten 2 1 4,5 4,5 9 6 8 3 10 7 12 11 13

Stoffwechselbed. Verh. 6 5 3 2 1 7 4 9 8 10 12 11 13

Verh. unbel. Umwelt ggü. 1,5 3 5 6 1,5 12 9 11 7 4 13 8 10

Sozialverh. zw. Welpen 2 1 4 3 5 7 6 8 13 9 10 11 12

Welpe u. Mutterhündin 3 1 4 2 6,5 6,5 9 10 5 11,5 8 11,5 13

Lautäußerungen 13 1 5 2 4 7 3 12 8 10 6 11 9

früh mittel spät

Tab. 22: Relative Entwicklungsgeschwindigkeit von 11 Hunderassen und dem Wolf, dargestellt als Rangplätze der 8 Funktionskreise der Ethogramme, ermittelt aus den Rangsummen der einzelnen Verhaltensweisen (Erläuterung der Abkürzungen siehe Tab. 19 b, Seite 117)

In Tabelle 22 wird die Entwicklungsgeschwindigkeit der 11 Hunderassen untereinander und in Bezug auf den Wolf verglichen. Dazu wird bei jeder Verhaltensweise für jede Hunderasse ein Rangplatz (analog Wilcoxon-Test) ermittelt und zu Rangsummen im Funktionskreis addiert. Daraus lassen sich für jede Hunderasse Rangplätze pro Funktionskreis festlegen.

Es ist nicht gerechtfertigt, daraus eine quantitative Zahl für die Entwicklungsge-schwindigkeit abzuleiten, da ein Zusammenziehen von Rangplätzen unterschiedlicher Funktionskreise eine Addition von nicht gleichartigen Größen bedeuten würde. Trotzdem sind die Tendenzen recht deutlich ablesbar, wobei die Übergänge fließend sind.

Der Border Collie entwickelt sich allgemein recht früh und ist nur bei den

Lautäußerungen der Letzte. Auch bei dem Weimaraner und dem Siberian Husky wurde eine frühe Entwicklung festgestellt. Die beiden beobachteten Bullterrier-Zuchtlinien, der Golden Retriever und der American Staffordshire Terrier bilden eine mittlere Gruppe.

Dagegen entwickeln sich neben dem Wolf auch der Pudel, Labrador Retriever und Schäferhund recht spät.

Die Verhaltenskataloge der verschiedenen Rassen weisen einige Unterschiede auf. Im folgenden wird auf verschiedene Verhaltensweisen einzelner Funktionskreise genauer eingegangen.

Lokomotion und Position

Das Kriechen wird von fast allen Rassen und vom Wolf übereinstimmend ab dem 1.

Lebenstag gezeigt. Von den meisten Autoren wird auch ein Kriechlaufstadium (BAEGE 1933) angegeben. Das Kriechlaufstadium wird von den Weimaraner Welpen vom 8.-10.

Lebenstag gezeigt, das Gehen ab dem 11. Lebenstag (DÜRRE 1994). Von diesen Welpen wird allerdings in Situationen, in denen die Welpen motiviert sind, schnell vorwärtszukommen, noch das Kriechen gewählt. Dies verhält sich bei den hier untersuchten Welpen anders. In entsprechenden Situationen (z. B. wenn die Mutterhündin die Wurfkiste betritt und die Welpen möglichst schnell zu ihr und an das Gesäuge gelangen wollen) wählen die Border Collie Welpen das Kriechlaufen bzw.

sobald möglich das Gehen, wodurch sie eindeutig schneller sind, als wenn sie Kriechen würden.

In Situationen, in denen keine Eile geboten ist, bzw. im Halbschlaf werden jedoch bei den Border Collie Welpen wie bei den Weimaraner Welpen das Kriechen noch in der 3.

Lebenswoche gezeigt.

VENZL (1990) stellte bei den von ihr beobachteten Beagle Welpen einen Unterschied bzgl. des 1. Auftretens des Gehens je nach Wurfgröße fest. Je größer die Würfe, desto schneller wurde das Gehen gezeigt. Bei den in dieser Arbeit beobachteten Würfen ist eine derartige Beeinflussung durch die Wurfgröße nicht feststellbar. Allerdings variiert die Anzahl der Welpen zwischen den drei Würfen nur von 4 zu 6.

Welpen werden bei der Entwicklung des Gehens durch einen griffigen Untergrund unterstützt (VENZL 1990). Durch die mit Vetbeds und Laken ausgestatteten Wurfkisten stand den Border Collie Welpen eine optimale Oberfläche zur Verfügung. Ob dadurch das Gehen früher zu beobachten war, kann nicht gesagt werden.

Die Welpen klettern bereits ab dem ersten Lebenstag über die Wurfgeschwister.

Besonders und daher hier zusätzlich in Klammern angegeben, war das erstmalige Überklettern einer 7,5 cm hohen Wand am 7. Lebenstag von einem Welpen des 3.

Wurfes. Die unterschiedlichen Altersangaben bei den verschiedenen Rassen müssen hier in Verbindung mit der Art des überkletterten Hindernisses gesehen werden. Die Weimaraner, Siberian Husky und American Staffordshire Terrier Welpen zeigen ebenfalls kurz nach der Geburt ein Klettern über Wurfgeschwister. Ein 20 cm hohes, senkrechtes Hindernis wurde von den Border Collie Welpen am 14. Tag, von Bullterrier Welpen ab dem 15. Tag (GEORGE 1995) und von Weimaraner Welpen (DÜRRE 1994) mit dem Beginn der 5. Lebenswoche überklettert. Die American Staffordshire Terrier überkletterten am 14. Tag ein 16 cm hohes und am 35. Tag ein 25 cm hohes Hindernis.

Stoffwechselbedingtes Verhalten

Die sehr großen Unterschiede bezüglich des 1. Auftretens des Schlapperns und des Breifressens zwischen den Rassen kommen auch dadurch zustande, daß zum Teil entsprechendes vor dem angegebenen Tag nicht angeboten wurde, wie es auch bei den hier untersuchten Border Collie Welpen der Fall war.

5.3. Entwicklungsgeschwindigkeit

Die Entwicklung des Verhaltens der Welpen beinhaltet zwei Aspekte: das erste Auftreten von Verhaltensweisen und die Häufigkeit von Interaktionen im Verlauf der Lebenswochen. Sie sind zusammengefaßt in den beiden Diagrammen Abbildung 7 (Seite 55) und Abbildung 53 (Seite 104) dargestellt.

ALTHAUS (1982) beobachtete ebenfalls ein früheres Auftreten des Sozialspieles gegenüber dem Objektspiel. Obwohl fast alle Verhaltensweisen bis Ende der 5.

Lebenswoche auftreten, findet eine Entwicklung des Sozialverhaltens bis zur 8.

Lebenswoche statt, wie sich im Anstieg der Häufigkeiten zeigt. Der Kontakt zu den Wurfgeschwistern hat also eine wichtige Funktion für die Ausbildung des Sozialverhaltens. Dies ist auch an Abbildung 17 (Seite 70) erkennbar, die die Entwicklung der Spielarten im Verlauf der Lebenswochen darstellt. In den ersten 8 Lebenswochen ist dem Verbleib eines Welpen im Wurfverband eine wichtige Bedeutung bezüglich der Entwicklung des innerartlichen Sozialverhaltens beizumessen (siehe auch DÜRRE 1994; SERPELL & JAGOE 1995).

Entwicklungsphasen

Die Einteilung der Entwicklung in Phasen erfolgt nach ALTHAUS (1973) und FEDDERSEN-PETERSEN (1992). Dabei dienen bestimmte Entwicklungsschritte als Kriterium (ALTHAUS 1973, 1982), die kurz zusammengefaßt in Tabelle 23 dargestellt sind. Die Zeitabschnitte der drei Phasen sind dort für die Border Collies, Siberian Huskys (ALTHAUS 1973, 1982), Labrador und Golden Retriever (FEDDERSEN-PETERSEN 1992) angegeben.

Tab. 23: Einteilung der Entwicklungsschritte in drei Phasen nach ALTHAUS (1973) und deren Zeitangabe für die hier untersuchten Border Collies im Vergleich zum Siberian Husky (ALTHAUS 1982), Golden Retriever und Labrador Retriever (FEDDERSEN-PETERSEN 1992)

Die Entwicklungsphasen der Border Collies fallen in einen ähnlich frühen Zeitraum wie die der Siberian Huskys. Während die 3. Phase bei diesen beiden Rassen schon in der 3. Lebenswoche beginnt, ist dies beim Golden Retriever Ende der 4. Lebenswoche und beim Labrador Retriever sogar erst Ende der 5. Lebenswoche der Fall.

Diese Rasseunterschiede gilt es bei der Erstellung von Welpentests oder ähnlichem zu berücksichtigen (FEDDERSEN-PETERSEN 1992).

Aufgrund dieser frühen Entwicklung der Border Collie Welpen ist auch ein früher Beginn der Sozialisierungsphase bzw. der sensiblen Phase wahrscheinlich.

5.4. Sozialverhalten

Auch im Bereich des Sozialverhaltens weisen die Verhaltenskataloge der verschiedenen Rassen einige Unterschiede auf. Die wichtigsten, den Border Collie betreffenden Verhaltensweisen werden im folgenden kurz erwähnt.

Bezüglich der Spielarten fehlen bei den Border Collie Welpen wie beim Wolf die Bellspiele. Beobachtet werden diese dagegen bei den meisten anderen Rassen, vor allem bei Pudeln (FEDDERSEN-PETERSEN 1992).

Das Haarsträuben sowie die Beißdrohstellung wurden bei den untersuchten Border Collie Welpen nicht beobachtet.

Das Trampeln, eine Verhaltensweise, die vor allem von Pudeln als Spielaufforderung gezeigt wird, wurde ebenfalls von Border Collie Welpen nicht gezeigt.

Bisher nur beim Border Collie beschrieben ist das Hüten bzw. „eye“. Es wurde von jedem Welpen gezeigt.

Spielaufforderung

In der Literatur wird das Initialverhalten häufig Actio genannt (z. B. REDLICH 1998). Die in dieser Arbeit verwendete Bezeichnung „Spielaufforderung“ bietet sich aufgrund der spielbetonten Qualität der beobachteten Aktionen an.

Die bei der Spielaufforderung am häufigsten gezeigte Verhaltensweise ist das Beißen im Sinne des Spielbeißens (FEDDERSEN-PETERSEN 1992) in ca. 60 % aller Interaktionen. Dies trifft auch für die American Staffordshire Welpen zu (REDLICH 1998), allerdings dort nur in ca. 35 % aller Interaktionen. Bei beiden Rassen werden Interaktionen vor allem mit Kontaktverhaltensweisen eingeleitet. Auch von den Siberian Huskys wird das Beißen häufig in Spielaufforderungen gezeigt (ALTHAUS 1982), während die Beagle Welpen das Hin- und Herspringen (VENZL 1990) und die Bullterrier Welpen (GEORGE 1995) das Pfoteheben bevorzugen.

Die Erfolgsquote der Spielaufforderungen liegt bei ca. 40 %. Dieser Wert schwankt nur geringfügig sowohl bei den drei Würfen als auch bei den verschiedenen Lebenswochen und kann damit als typisch angesehen werden.

Nur die Interaktionen zwischen den gemischten Welpen zeigen zunächst in der

7. Lebenswoche eine deutlich niedrigere Erfolgsquote. Die Welpen lernten sich am 42.

Lebenstag des 2. Wurfes scheinbar konfliktlos kennen. Die quantitative Auswertung hingegen zeigt, daß die Anzahl der Interaktionen mit Agonistik relativ hoch und die Erfolgsquote in dieser Lebenswoche deutlich geringer war. Da in der 8. Lebenswoche diese Parameter denen der Würfe intern gleichen, scheint eine einwöchige Gewöhnungs- und Sich-Kennenlern-Phase für ein unbefangenes Spielverhalten, wie es zwischen Wurfgeschwistern gezeigt wurde, von Nöten zu sein. Allerdings ist zu beachten, daß in der 8. Lebenswoche nur noch ein Welpe des 1. Wurfes beim 2. Wurf verblieb.

Die Erfolgsquote liegt bei den American Staffordshire Terrier Welpen im Durchschnitt bei ca. 32 % (REDLICH 1998), also niedriger aber immer noch vergleichbar mit den hier beobachteten Welpen, bei den Beaglen dagegen bei > 56 % (BEKOFF 1974), also viel höher.

Wie bei den Wolfs- und Beagle Welpen (BEKOFF 1974) und den American Staffordshire Terrier Welpen (REDLICH 1998) korreliert auch in dieser Untersuchung die Häufigkeit einer Verhaltensweise nicht mit ihrer Erfolgsquote, das heißt, daß häufiger während einer Spielaufforderung gezeigte Verhaltensweisen nicht auch höhere Erfolgsquoten aufweisen müssen, wie es zum Beispiel bei Kojoten der Fall ist (BEKOFF 1974).

Während bei den American Staffordshire Terrier Welpen das Maulöffnen die erfolgreichste Verhaltensweise ist, ist bei den Border Collie Welpen vor allem das Stehen über dem Partner, Niederdrücken / Umklammern und das spielerische Schieben besonders erfolgreich. Die hier in spielerischem Kontext gezeigten Verhaltensweisen werden nur selten mit Agonistik beantwortet, sondern leiten meistens ein Kampfspiel ein, werden also auch rein spielerisch verstanden. Dagegen weisen Kopf und Vorderpfote Auflegen (letzteres besonders erfolgreich bei den Weimaraner Welpen (DÜRRE 1994)) eine geringere Erfolgsquote auf, obwohl diese Verhaltensweisen als auch die vorhergenannten „erfolgreichen“ außerhalb eines Spielkontextes zu den agonistischen Verhaltensweisen zählen.

Das Pföteln ist dagegen eine sehr spielbezogene Verhaltensweise und erreicht ebenfalls eine hohe Erfolgsquote, wie auch bei den Weimaraner Welpen berichtet wird (DÜRRE 1994).

Bezüglich der Qualität einer Verhaltensweise, der Häufigkeit des Auftretens und der Erfolgsquote sind somit keine allgemeingültigen Gesetzmäßigkeiten zu erkennen.

Reaktion

In der hier vorliegenden Arbeit werden die Reaktionen auf Spielaufforderungen mit Beißen betrachtet. Das Zurückbeißen ist die häufigste Art der Reaktion (ca. 40 %). Es folgt das Nichtreagieren in ca. 15 % der Spielaufforderungen. Bei den American Staffordshire Terrier Welpen wird in ca. 14 % der Fälle auf eine Spielaufforderung mit Beißen nicht sichtlich reagiert. Das Beißen ist bei ihnen die zweithäufigste Reaktion auf alle Spielaufforderungen (REDLICH 1998).

Bei beiden Rassen wird Maulaufreißen bzw. Maulöffnen deutlich häufiger in der Reaktion als in der Spielaufforderung gezeigt.

Betrachtet man die Erfolgsquoten, so wird die Wahrscheinlichkeit eines Sozialspieles noch stärker von der Reaktion als von der Aufforderung bestimmt. Zum Beispiel ist die Erfolgsquote des Beißens als Aufforderung ca. 40 %, beim Zurückbeißen erhöht sie sich auf ca. 55 %. Dies ist beim American Staffordshire Terrier ähnlich (REDLICH 1998). Im Fall des Nichtreagierens findet bei den Border Collies nur in 2 % der Fälle trotzdem ein Spiel statt. Dagegen verfolgt der American Staffordshire Welpe anscheinend sein Ziel hartnäckiger, da es in der zitierten Situation in 9 % der Fälle doch noch zum Spiel kommt.

Spielarten

Das Beißspiel kommt bei den Border Collie Welpen nicht oft vor und scheint seltener aufzutreten als bei anderen Rassen. Bei den Labrador und Golden Retriever Welpen wird von einer Zunahme der Beißspiele ab der 5. Lebenswoche gesprochen (FEDDERSEN-PETERSEN 1992).

Bei den Border Collie Welpen sind dabei im Gegensatz zu den Weimaranern (DÜRRE 1994) nie Übergänge zu „aggressiven Auseinandersetzungen“ zu beobachten.

Beißspiele werden auch nicht mit zunehmendem Alter „heftiger“ wie beim Labrador Retriever (FEDDERSEN-PETERSEN 1992), sondern vielmehr von müden Welpen gespielt, das heißt die Bewegungen sind relativ langsam. Häufig wird Maulringen und Maulaufreißen mit Spielgesicht gezeigt. Dabei wird oft das Maunzen geäußert. Weitere mimische Elemente wie zum Beispiel Nasenrückenrunzeln sind selten. Dies ähnelt sehr der häufig bei Wolfswelpen auftretenden Geste des einfachen Maulaufreißens und dem Zupacken bei maskenhafter Mimik (FEDDERSEN-PETERSEN 1995). Allerdings werden bei den Border Collie Welpen die Gesichtsausdrücke mit zunehmendem Alter nicht in dem Maße komplexer, wie es bei den Wölfen der Fall ist.

Beißspiele mit Mimik werden bei den Wölfen (KAPPE 1992) sowie bei den American Staffordshire Terriern (REDLICH 1998) beschrieben.

Reine Mimikspiele dagegen sind bisher nur beim Wolf beobachtet worden (FEDDERSEN-PETERSEN 1992).

VENZL (1990) beschreibt in großen Würfen ein früheres Auftreten der Beißspiele als in kleinen. Dies kann anhand der hier beobachteten drei Würfe mit 4 - 6 Welpen pro Wurf nicht beurteilt werden.

Das Kampfspiel ist die bei weitem häufigste Spielart der Border Collie Welpen und wird fast durchgängig mit Spielgesicht und weitaus mehr Mimik als in den Beißspielen ausgeführt. Es geschieht im Vergleich zu den Beschreibungen bei anderen Rassen sehr

Das Kampfspiel ist die bei weitem häufigste Spielart der Border Collie Welpen und wird fast durchgängig mit Spielgesicht und weitaus mehr Mimik als in den Beißspielen ausgeführt. Es geschieht im Vergleich zu den Beschreibungen bei anderen Rassen sehr