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4. Intersektorale Analyse

4.4. Angewandte Methode: Lastenausgleichsverfahren der gewerblichen

4.4.2. Datengrundlage

Die für das Lastenausgleichsverfahren notwendige Datengrundlage für den Bereich der GBGen wird den Geschäfts- und Rechnungsergebnissen der GEWERBLICHEN

BERUFSGENOSSENSCHAFTEN entnommen. Diese werden jährlich vom HAUPTVERBAND DER GEWERBLICHEN BERUFSGENOSSENSCHAFTEN (HVBG) veröffentlicht. Benötigt werden die Summen der Aufwendungen wie sie in Kap. 4.4.1 zum Renten- und Entschädigungslastsatz aufgeführt sind sowie die Lohnsumme.

Für den Bereich der LUV werden die benötigten Daten, soweit dort vorhanden, ebenfalls den Geschäfts- und Rechnungsergebnissen der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften entnommen, die jährlich vom BUNDESVERBAND DER LANDWIRTSCHAFTLICHEN BERUFS

-GENOSSENSCHAFTEN (BLB) herausgegeben werden. In diesen Berichten existieren allerdings keine Angaben über Lohnsummen, was ein schwerwiegendes methodisches Problem für die komparative Analyse der LUV im Lastenausgleichsverfahren darstellt, da in diesem die Aufwendungen der Unfallversicherungen im Verhältnis zur Lohnsumme betrachtet werden.

Bei den gewerblichen Berufsgenossenschaften entspricht der Kennzahl Lohnsumme die Summe aller Löhne, die in den Mitgliedsbetrieben im entsprechenden Jahr ausgezahlt wird.

Der Kreis der Pflichtversicherten entspricht den angestellten Arbeitnehmern, die für ihre Arbeitsleistung einen Lohn ausbezahlt bekommen, der statistisch leicht zu erfassen ist.

Anhand dieser Lohnsumme werden die Mitgliedsbeiträge und die Unfallrenten berechnet.

Die Lohnsumme geht aus der im gewerblichen Bereich vorgeschriebenen Buchhaltung hervor und ist somit vorhanden.

Für die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften existiert eine solche Lohnsumme nur für den Bereich der Gartenbau-BG. Das resultiert daraus, dass die Versicherten der LBGen hauptsächlich Unternehmer sind, die naturgemäß keinen festen Lohn erhalten, bzw. ihre Ehegatten, die ebenfalls meist nicht für einen monetär erfassbaren Lohn arbeiten. Vielmehr bestreitet diese Personengruppe ihren Lebensunterhalt mittels Entnahmen aus ihrem Betrieb. Eine Erfassung dieser Einkommen ist daher nicht einfach möglich. Klein- oder Kleinstunternehmer müssen aufgrund von Sonderregelungen für die Landwirtschaft nicht einmal eine betriebliche Buchführung machen, sondern können anhand von Vergleichs- und Pauschalwerten ihr Einkommen berechnen (§ 13a EStG).

Das Erfassen einer landwirtschaftlichen Lohnsumme ist für die LUV nie notwendig gewesen, da im Gegensatz zur Gewerblichen Unfallversicherung in der LUV die Beitragsberechnung auf Grundlage von flächenbezogenen Größen oder pauschalen Arbeitswerten durchgeführt wird. Im Bereich der Gewerblichen Unfallversicherung erfolgt die Beitragsberechnung aufgrund der Lohnsumme und Risikofaktoren (§ 153 Abs. 1 SGB VII).

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Da trotz Fehlens einer landwirtschaftlichen Lohnsumme, die das zu versichernde landwirtschaftliche Einkommen darstellt, die LBGen dennoch in das Verfahren des Lastenausgleiches eingegliedert werden sollen, haben die Autoren bisheriger Arbeiten (KIRNER & ROSENBERG 1973, SCHEELE 1990 und MEHL 1999a) auf errechnete Hilfsgrößen zurückgegriffen. Die Vorgehensweise von KIRNER & ROSENBERG (1973), die bereits im Kap.

4.3 vorgestellt wurde, unterscheidet sich hauptsächlich in der Wahl der Hilfsgrößen anstelle einer landwirtschaftlichen Lohnsumme von den Vorgehensweisen von SCHEELE (1990) und MEHL (1999a). Letztere bilden eine theoretische Lohnsumme, die so genannte Mindest-lohnsumme. Diesem Ansatz wird in der vorliegenden Arbeit grundsätzlich gefolgt, allerdings wird zusätzlich eine zweite geschätzte Lohnsumme entwickelt.

Die Mindestlohnsumme entspricht dem Produkt aus durchschnittlichem Jahresarbeits-verdienst landwirtschaftlicher Unternehmer (dJAV) und der Zahl der landwirtschaftlichen Vollarbeiter (VA). Der Einsatz beider Multiplikatoren in diesem Zusammenhang erscheint allerdings als nicht unproblematisch und wir daher im Folgenden eingehend untersucht.

Der dJAV ist ein gesetzlich festgelegter Pauschalwert (§ 93 SGB VII), der deutlich unterhalb der wahren Einkommen in der Landwirtschaft liegt. Er dient der Berechnung von Unfallrenten für landwirtschaftliche Unternehmer und mitarbeitende Ehegatten oder Lebenspartner und stellt somit das versicherte Einkommen für diese Gruppe dar. Der festgelegte Mindestjahresarbeitsverdienst von mitarbeitenden Familienangehörigen und von abhängig Beschäftigten liegt wesentlich über dem dJAV. Im Detail werden die verschiedenen Arbeitsverdienste im Kap. 4.5.4 diskutiert.

Die Ermittlung der Summe der versicherten Einkommen mittels des dJAV kann nur einen Minimalwert der Summe der versicherten Einkommen, also eine Mindestlohnsumme ergeben, da der dJAV wesentlich niedriger ist, als der wirkliche Durchschnittsverdienst in der Landwirtschaft (MEHL 1999a: 151). Die reale Höhe der Einkommen wird also unterschätzt.

Bei der Berechnung der Renten- und Entschädigungslastsätze führt der damit zu gering geschätzte Divisor, nämlich die Mindestlohnsumme, zu einer Überschätzung der beiden Lastsätze.

Dennoch haben SCHEELE (1990) und MEHL (1999a) die o. g. Mindestlohnsumme für den Einbezug der LUV in das Lastenausgleichsverfahren verwendet, da dies solange problemlos erfolgen könne, wie die „systematisch überschätzten“ (SCHEELE 1990: 205) Renten- und Entschädigungslastsätze der LUV die Schwellenwerte im Lastenausgleichsverfahren nicht überschreiten. Erst bei einem Überschreiten der Schwellenwerte sei eine möglichst genaue Abschätzung der einzelnen Parameter unerlässlich (SCHEELE 1990: 206).

Die Zahl der Vollarbeiter wird jährlich vom BLB geschätzt. SCHEELE (1990: 203) verwendet diese „rechnerische Größe zur Erfassung des gesamten (versicherungsrelevanten) Arbeitseinsatzes“ zur Berechnung einer Lohnsumme für die LUV. Er stellt fest, dass die Verwendung der Größe Vollarbeiter zu einer Untererfassung des tatsächlichen Arbeits-volumens in der Landwirtschaft führe und bezeichnet seine theoretische Lohnsumme als auf einer „unzulänglichen Datenbasis“ kalkuliert (ebenda). Eine weitere Untersuchung des Arbeitseinsatzes in der Landwirtschaft erfolgt allerdings nicht (SCHEELE 1990: 204).

Eine exakte Bestimmung des versicherten Arbeitsvolumens erscheint SCHEELE für den Bereich der LUV nicht möglich, da es weder statistische Erhebungen über die Anzahl der Versicherten gibt, noch über die „sozioökonomische Zusammensetzung der Versicherten-gemeinschaft“ (ebenda).

Die von SCHEELE und MEHL ermittelte Mindestlohnsumme der LUV kann, wie bereits erläutert, eingesetzt werden, solange die Schwellenwerte im Lastenausgleichsverfahren von den Renten- und Entschädigungslasten der LUV nicht überschritten werden. Die Ergebnisse beider Arbeiten zeigten, dass die damals errechneten Lastsätze der LUV die Schwellenwerte bei weitem nicht berührten, sodass die Verwendung der Mindestlohnsumme zulässig war.

In der Zwischenzeit sind allerdings zusätzliche niedrigere Schwellenwerte für die Ausgleichspflicht im Lastenausgleichsverfahren eingeführt worden, wie bereits im vorangegangenen Kapitel erläutert. Die seinerzeit von SCHEELE und MEHL berechneten Renten- und Entschädigungslastsätze der LUV würden die neuen, niedrigeren Schwellenwerte übersteigen. Es gibt auch weitere Bestrebungen, die Beitragsunterschiede in der gewerblichen Unfallversicherung zu verringern, was durch Absenken der Schwellenwerte im Lastenausgleichsverfahren geschehen könnte (BMELV 2006c: 7). Je nachdem wie diese Anpassung der Schwellenwerte im Rahmen der aktuellen Reform der Unfallversicherung ausfallen, können diese evtl. auch von der LUV überschritten werden.

Ein Überschreiten der Schwellenwerte macht eine Präzisierung der Datengrundlage für die LUV unabdingbar. Die Verwendung der Mindestlohnsumme würde unzulässig. Daher werden die Faktoren dJAV und Vollarbeiter im folgenden Kap. 4.5 weitergehend untersucht sowie die Methode von SCHEELE und MEHL zur Bildung einer hilfsweisen Lohnsumme weiterentwickelt.

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