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3. Die Landwirtschaftliche Unfallversicherung

3.3. Finanzierung der LUV

3.3.1. Beiträge

Die Beiträge zur LUV werden nach dem Umlageprinzip der nachträglichen Bedarfsdeckung bei den landwirtschaftlichen Unternehmern erhoben. Hierzu werden die gesamten Auf-wendungen der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften im Folgejahr auf die Mitglieds-unternehmen umgelegt (§ 152 Abs. 1 SGB VII), wobei von den gesamten Aufwendungen zuerst die Bundeszuschüsse abzuziehen sind. Die Bundeszuschüsse wirken so direkt beitragssenkend zu Gunsten der Unternehmer. Abgesehen von dem ab 2010 wirksam werdenden neu eingeführten Lastenausgleich innerhalb der LUV durch das LSVMG ist jede einzelne LBG eine Risikogemeinschaft, die die Unfallrisiken der Versicherten in den Mitgliedsunternehmen absichert.

Die Beitragsfestsetzung erfolgt durch die Selbstverwaltung der LBGen, wie auch die Festlegung der Bemessungsgrundlage. Der weit gefasste gesetzliche Rahmen verlangt lediglich, dass als Berechnungsgrundlagen neben dem Umlagesoll „die Fläche, der Wirt-schaftswert, der Flächenwert, der Arbeitsbedarf, der Arbeitswert oder ein anderer vergleich-barer Maßstab“ (§ 182 Abs. 2 SGB VII) gewählt werden kann. Darüber hinaus können die LBGen auch Gefahrentarife (§ 157 SGB VII) einsetzen und Grund- oder Mindestbeiträge (§ 161 SGB VII) erheben. Die genauen Bestimmungen zur Beitragsberechnung sind in den Satzungen der LBGen festgelegt. Der in den gesetzlichen Regelungen bestehende Spiel-raum hat teils erhebliche Unterschiede in der Beitragsbelastung der Mitglieder einzelner LBGen zur Folge.

Tabelle 2: Beitragsbemessung der LBGen (Stand 01.01.2008) LBG

Schleswig-Holstein und Hamburg 45-150 €

9

2008 ---

9

2007

BAHRS

Saarland 30-125 € Bodenbewirt-wenn ohne

schaftung

9 9

2008

BAHRS 4)

Franken und Oberbayern 65-85 € Bodenbewirt-wenn ohne

schaftung

9 9

2008

BAHRS 4)

Niederbayern / Oberpfalz und

Schwaben 65-85 € Bodenbewirt-wenn ohne

schaftung

9 9

2008

BAHRS 4)

Baden-Württemberg 60 €

9

2008 ---

9

2006

ZEDDIES

Mittel- und Ostdeutschland 40 € Bodenbewirt-wenn ohne

schaftung

9

3)

Quelle: Eigene Darstellung nach Satzungen der LBGen und fernmündlichen Auskünften der entsprechenden LBGen.

Anmerkungen:

1) Beitragsbemessung nach Arbeitsbedarf seit angegebenem Geschäftsjahr, erstmalig wirksam für Umlage im Folgejahr. Die Beitragsberechnung der LBGen SHH erfolgte auch schon vor dem angegebenen Jahr auf Basis von Arbeitsbedarfswerten, allerdings nach einem deutlich weniger detaillierten Verfahren, welches mit dem heutigen nur eingeschränkt vergleichbar ist.

2) Gutachten zur Umstellung der Beitragserhebung auf Arbeitsbedarfswerte mit (vorauss.) Fertigstellung und Autor.

3) Derzeit Überlegung und Diskussion, ob Gutachten in Auftrag gegeben werden soll.

4) In Auftrag gegeben.

Die meist auf Flächenwerten basierenden Beitragsberechnungsmethoden (vgl. Tabelle 2) gelten als veraltet, da sie einerseits keine Risikobewertungen vornehmen, und andererseits nur sehr grob pauschaliert das Einkommen aus der Landwirtschaft berücksichtigen. PLANKL

& NEANDER (1983) und KÖHNE (1988) machten schon vor vielen Jahren deutlich, dass die 32

Berechnung der Einkommenssituation landwirtschaftlicher Betriebe auf Grund des Wirtschafts- oder Flächenwertes nicht hinreichend genau ist. Es wurde von KÖHNE (1988:

207) gefordert, für die Berechnung der Beiträge zur Sozialversicherung individuelle Erfolgs-nachweise, beispielsweise eine Buchführung, oder zumindest eine Einnahmen-Ausgaben-Überschussrechnung heranzuziehen. Die LBG Schleswig-Holstein und Hamburg (LBG SHH), die LBG Niedersachsen-Bremen (LBG NB) und die LBG Nordrhein-Westfahlen (LBG NRW) haben als Beitragsmaßstab neben einem Grundbeitrag bereits einen pauschalierten Arbeitsbedarf in ihren Satzungen bestimmt (LBG SHH 2005: 21; LBG NB 2006: 18; LBG NRW 2007: 9). Die LBG NB war Vorreiter bei der Beitragsberechnung nach Arbeitsbedarfs-werten und verwendet diesen Maßstab seit 1989; zum Jahr 2002 wurde dieser modifiziert.

Zur Abfederung erheblicher Mehrbelastungen in der Veredelungsregion Oldenburg-Bremen nach Umstellung auf die neuen Beitragsmaßstäbe nach Arbeitsbedarfswerten wird als Übergangsregelung der alte, flächenbasierte Beitragsmaßstab bis Ende 2005 (Umlage in 2006) beibehalten (LBG NB 2006: 34).

Verschiedene Beitragsbemessungsmethoden führen für ähnliche Betriebe, die aufgrund der regionalen Zuständigkeit der LBGen in unterschiedlichen LBGen versichert sind, zu gravierenden Unterschieden in der Beitragsbelastung. Aufgrund von Forderungen nach bundeseinheitlichen Beitragsmaßstäben gab der Bundesverband der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften ein Gutachten in Auftrag, um diesbezügliche Möglichkeiten zu prüfen. BAHRS (2007a: 54f) kommt darin zum Ergebnis, dass eine bundesweit einheitliche Beitragsbemessung aufgrund erheblicher Heterogenität in den Regionen nicht sachgerecht sei. Allerdings könnte eine bundesweite Einführung einer Beitragsberechnung auf Basis von Arbeitsbedarfswerten, die regional angepasst werden können, die alte flächenbasierte Berechnung ablösen (ebenda).

Im Rahmen der Reform durch das LSVMG ist die Selbstverwaltung der LBGen zu einer Weiterentwicklung der Beitragsbemessung bis spätestens 01.01.2010 verpflichtet worden, die eine „Schwerpunktbildung zugunsten des Unfallrisikos bei angemessener Berücksichti-gung des sozialen Ausgleichs“ (BMAS & BMELV 2008: 20) beinhaltet.

Die derzeit erstellten oder sich in Bearbeitung befindlichen Gutachten (vgl. Tabelle 2) zur Beitragsberechnung aufgrund von Arbeitsbedarfswerten sind als erster Schritt zur Umstel-lung der Beitragsberechnung bei den LBGen anzusehen, die bisher noch den Flächenwert als Maßstab einsetzen.

Eine weitergehende Diskussion der Beitragsberechnung und -erhebung soll in der vor-liegenden Arbeit nicht erfolgen. Eine umfassende Analyse der verschiedenen Beitrags-erhebungsmethoden und weiterer Optionen würde bei notwendiger Gründlichkeit den

Rahmen dieser Arbeit sprengen und erscheint für die weitere Analyse auch nicht notwendig.

Vielmehr wird hierfür auf vorhandene Literatur wie z. B. von BAHRS (2007a, 2006 und 2002), KÖHNE & JAESCHKE (1998) sowie SCHEELE (1990) verwiesen.

Entwicklung der Beiträge

Die Entwicklung der von landwirtschaftlichen Unternehmern aufgewendeten Beiträge ist ebenfalls aus Abbildung 1 ersichtlich. Die Beitragssumme, die durch den Abstand zwischen Bundesmitteln und dem Umlagesoll dargestellt wird, ist im betrachteten Zeitraum auf ein vielfaches des Ausgangswertes aus dem Jahr 1963 angestiegen. Zusätzlich bewirkt der Strukturwandel in der Landwirtschaft, der im Kap. 4.2 noch erläutert wird, eine Abnahme der in diesem Sektor beschäftigten Arbeitskräfte und beitragspflichtigen Mitgliedsbetriebe. Steigt nun das durch Leistungsaufwendungen bedingte Umlagesoll der LUV bei gleichzeitigem Rückgang der Mitgliedsunternehmen, so steigen die Beiträge der übrig gebliebenen Betriebe doppelt an. Hervorgerufen wird dieser Trend dadurch, dass die derzeitigen Mitgliedsbetriebe nicht nur die aktuell verursachten Leistungen zu tragen haben, sondern auch erhebliche Unfallrentenlasten aus strukturstärkeren Zeiten der Landwirtschaft (SCHIMANSKI 1986: 52).

Die Höhe der Beiträge steht systembedingt in direktem Zusammenhang mit den zur Verfügung gestellten Bundesmitteln, da diese direkt beitragssenkend wirken. Entsprechend der Bundesmittelkürzungen bei annähernd konstantem Umlagesoll sind im letzten Jahrzehnt stark erhöhte Beiträge der Unternehmer notwendig geworden. Insgesamt sind in diesem Zeitraum die Bundesmittel absolut, aber auch anteilig am Umlagesoll abgesenkt worden.

Dies erfolgte im Gegensatz zum Trend in anderen Bereichen der LSV: In der landwirt-schaftlichen Alterssicherung wurden die Bundesmittel in den letzten zehn Jahren prozentual am Umlagesoll, aber auch in absoluter Höhe angehoben; gleiches ist auch in der Kranken-versicherung der Fall, mit Ausnahme der Jahre 2005 und 2006 (BMELV 2007z: 111ff).