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4. Intersektorale Analyse

4.3. Bekannte Methoden

Zur Untersuchung der Belastung der LUV haben bisher verschiedene Methoden Anwendung gefunden. Die Verfahren in den Werken WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT (1979), BALZ &

WURZBACHER (1983a) und HOLLA (1986) sind von den Autoren selbst entwickelt worden.

Andere Autoren wie z.B. KIRNER & ROSENBERG (1973), SCHEELE (1990) und MEHL (1999a) haben das Lastenausgleichsverfahren der gewerblichen Berufsgenossenschaften nach

§§ 176-181 SGB VII auf die LUV übertragen.

Vom Ansatz her lassen sich die vorgenannten Arbeiten in zwei Kategorien einteilen: In der Ifo-Studie von BALZ & WURZBACHER (1983a) wird ein intertemporaler Belastungsvergleich innerhalb des Sektors Landwirtschaft durchgeführt, in allen anderen oben aufgeführten Werken hingegen ein intersektoraler Vergleich der LUV.

Im Folgenden werden die einzelnen Verfahren kurz charakterisiert und wesentliche Probleme der Methodiken aufgezeigt, die zu Fehlinterpretationen oder -ergebnissen führen können. Für weiterführende Informationen zu den einzelnen Verfahren und Vorgehens-weisen der Autoren wird auf die benannten Werke selbst verwiesen.

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Methode des Wissenschaftlichen Beirat (1979)

In dieser Arbeit vergleichen die Autoren die Anzahl laufender Verletztenrenten der gewerblichen Unfallversicherungen und der LUV zu einem bestimmten Zeitpunkt. Dazu wird die Anzahl der laufenden Verletztenrenten der LBGen und GBGen gegenübergestellt, wobei diese auf 1000 Vollarbeiter bezogen werden. Bei dieser Untersuchung wird ein Rentenüberhang der LBGen gegenüber den GBGen festgestellt, der einer Mehrbelastung der LBGen entspricht. Der Überhang der Renten bei den LBGen wird mit der durchschnittlichen Höhe der Verletztenrenten in der Landwirtschaft multipliziert und ergibt so den monetären Überhang an Renten in der LUV (WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT 1979: 125f).

Problematisch bei diesem Ansatz ist, dass er zwei mögliche Ursachen der Belastung der Unfallversicherung vermischt: Zum einen das in den Branchen sehr unterschiedlich hohe Unfallrisiko und zum anderen die strukturwandelbedingte „Alte Last“ (BALZ & WURZBACHER

1983a: 168).

Des Weiteren findet die Unfallhäufigkeit der LBGen in diesem Verfahren keine Beachtung, denn zur Berechnung wird einfach die durchschnittliche Unfallhäufigkeit der GBGen angesetzt. Die Unfallhäufigkeit in der Landwirtschaft ist aber erheblich höher, wodurch der monetäre Überhang der Renten bei den LBGen überschätzt wird. Nach BALZ & WURZBACHER

(1983a: 175) liefert der Indikator „erstmals entschädigte Fälle auf 1000 Vollarbeiter“ die genauesten Information über das Unfallrisiko, da in diesem nur die schwerwiegenderen Unfälle enthalten sind. Dieser hat im Jahr 2005 bei den LBGen 2,6 betragen, bei den GBGen nur 0,6 (vgl. BLB 2005a: Tab. 4; HVBG 2005: 20).

Methode von BALZ und WURZBACHER (1983a)

BALZ & WURZBACHER untersuchen in ihrer Arbeit, die vom Ifo-Institut im Jahr 1983 veröffentlicht wurde, die Belastung der LUV unter zwei Gesichtspunkten: Einerseits wird das höhere Unfallrisiko in der Landwirtschaft betrachtet, andererseits wird überprüft, ob es ein strukturwandelbedingtes Defizit gibt. Der Teil der Analyse, der die Auswirkungen des Strukturwandels prüft, stützt sich nach Angaben der Autoren auf das Lastenausgleichs-verfahren der gewerblichen Berufsgenossenschaften (BALZ & WURZBACHER 1983a: 150 und BALZ 1989: 350). Scheele dagegen behauptet, dass der Bezug auf das Lastenausgleichs-verfahren höchstens auf einem Missverständnis beruhen kann (SCHEELE 1990: 200).

Wie bei dem Lastenausgleichsverfahren der Gewerblichen Berufsgenossenschaften (GBG) üblich, soll das Verhältnis der Leistungsaufwendungen und der Lohnsumme von LBGen und GBGen verglichen werden. Die Autoren zerlegen dann aber Zähler und Nenner in eine

Mengen- und Wertkomponente: Im Zähler steht die Anzahl der Leistungsempfänger multipliziert mit dem durchschnittlichen Leistungsaufwand, im Nenner das Produkt aus beitragsbelastbarem Arbeitsvolumen und durchschnittlichem Lohn. Weiter wird die Annahme getroffen, dass sich der durchschnittliche Lohn und der durchschnittliche Leistungsaufwand im Zeitablauf gleichermaßen entwickeln werden. Die Autoren schlussfolgern daraus, dass es für eine Untersuchung nach dem Lastenausgleichsverfahren genüge, ausschließlich die Mengenkomponente zu betrachten, nämlich die Anzahl der Leistungsempfänger und der Beitragszahler (BALZ & WURZBACHER 1983a: 150f).

Die getroffene Annahme kann aber nicht zu richtigen Ergebnissen führen, da nicht angenommen werden kann, dass die Einkommen verschiedener Branchen sich im Verlauf der Zeit gleichmäßig entwickeln. Außerdem kann eine Branche mit übermäßigem Einkom-mensanstieg sehr wohl eine überdurchschnittlich hohe Leistungsempfängerzahl finanzieren, da die Rentenleistungen nach dem Einkommen ein paar Jahre zuvor berechnet, aber die Mitgliedsbeiträge anhand der aktuellen Lohnsumme berechnet werden (SCHEELE 1990: 201).

Der zweite Fehler in der Annahme ist, dass der Lastenausgleich nur Spitzenbelastungen einzelner GBGen unter Berücksichtigung der finanziellen Leistungsfähigkeit der anderen GBGen ausgleicht und nicht das Verhältnis von Beitragszahlern und Leistungsempfängern aller GBGen auf ein gleiches Niveau bringt (SCHEELE 1990: 201). Die Leistungsfähigkeit der GBGen wird nach dem Lastenausgleichsverfahren nämlich nicht nur an der Anzahl der Beitragszahler gemessen, sondern auch an der Höhe des Lohnniveaus der einzelnen Branchen (WOHLBEREDT 1981: 317).

Methode von HOLLA (1986)

Holla ermittelt einen fiktiven Vergleichsbeitragssatz, der aufgrund eines unterschiedlichen Unfallrisikos und Leistungsniveaus in der LUV und gewerblichen Unfallversicherung noch korrigiert wird (HOLLA 1986: 70f). Dieser Vergleichsbeitragssatz wird mit einer „aus der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung abgeleiteten landwirtschaftlichen Einkommensgröße“

(SCHEELE 1990: 199) multipliziert und ergibt einen „angemessenen“ Vergleichsbeitrag. In HOLLAS Untersuchung liegt dieser in allen untersuchten Jahren unter dem wirklich gezahlten Beitrag der Unternehmer. Als Ergebnis hält der Autor fest, dass die Landwirtschaft struktur-wandelbedingt so belastet sei, dass die fließenden Bundesmittel vollständig zur Deckung eben dieses strukturwandelbedingten Defizits benötigt würden.

Ein Problem in der Analyse von HOLLA ist darin zu sehen, dass er davon ausgeht, bei einem vorliegenden Ausgleichsanspruch würde die Überbelastung vollständig auf ein Durch-schnittsniveau nivelliert. Wenn man aber von den Augleichskriterien des Lastenausgleichsverfahrens der gewerblichen Berufsgenossenschaften ausgeht, ist das

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nicht der Fall. Vielmehr werden nur Spitzenbelastungen ausgeglichen, die auf ein ungünstiges Verhältnis von Beitragszahlern und Leistungsempfängern zurückzuführen sind.

Außerdem haben die Ausgleichsempfänger die Kosten des Ausgleichs zu tragen (WOHLBEREDT 1981: 317).

Ferner werden die auszugleichenden Unfälle nur durch die Zahl der erstmals entschädigten Fälle erfasst und nicht durch das Volumen der dafür aufzubringenden finanziellen Mittel.

Diese Methodik birgt eine gewisse Ungenauigkeit in sich. Die Unterschiede im Rentenniveau zwischen LUV und der gewerblichen Unfallversicherung werden nur mit Hilfe von Näherungsrechnungen abgeleitet (SCHEELE 1990: 200).

Methode des Lastenausgleichsverfahrens der Gewerblichen Berufsgenossenschaften nach §§ 176-181 SGB VII

KIRNER & ROSENBERG (1973), SCHEELE (1990) und MEHL (1999a) wählen in ihren entsprechenden Arbeiten für die Analyse die Übertragung des Lastenausgleichsverfahrens auf die LUV. In der vorliegenden Arbeit wird ebenfalls das Lastenausgleichsverfahren zur Ermittlung der Belastung der LUV angewendet. Daher soll es in den folgenden Unterkapiteln ausführlicher charakterisiert werden. Grundlegende Defizite der genannten früheren Arbeiten liegen hauptsächlich in der unzureichenden Datengrundlage. Im Lastenausgleichsverfahren wird die Lohnsumme der Versicherten benötigt, die für den Bereich der Landwirtschaft statistisch allerdings erfasst ist.

Die Analyse von KIRNER & ROSENBERG (1973) unterscheidet sich grundlegend von den Analysen von SCHEELE (1990) und MEHL (1999a), da erstere das Einkommen der in der Landwirtschaft aufgrund des Beitrags der Landwirtschaft zur gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung sowie zum Bruttoinlandsprodukt berechnen (KIRNER & ROSENBERG

1973: 20). SCHEELE (1990: 198) bezweifelt, ob diese Methode der Einkommensbestimmung in der Landwirtschaft überhaupt richtige Ergebnisse liefern kann. In einem zweiten Vergleich wird dort ein durchschnittlicher Lohn für die Landwirtschaft errechnet, wobei für die landwirtschaftlichen Unternehmer der doppelte Lohn der abhängig Beschäftigten angenommen wird (KIRNER &ROSENBERG 1973: 25). Da die Leistungen der LUV allerdings aufgrund von pauschalen Jahresarbeitsverdiensten, dem dJAV, errechnet werden, müssen diese auch für einen intersektoralen Vergleich im Lastenausgleichsverfahren herangezogen werden (SCHEELE 1990: 199).

SCHEELE (1990) und MEHL (1999a) hingegen schätzen eine versicherte Mindestlohnsumme auf Grundlage der statistischen Größe der Vollarbeiter und dem gesetzlich festgelegten durchschnittlichen Jahresarbeitsverdienst für landwirtschaftliche Unternehmer nach § 93 SGB VII. SCHEELE (1990: 203) geht dabei davon aus, dass die Vollarbeiter den gesamten versicherungsrelevanten Arbeitseinsatz in der Landwirtschaft wiedergeben. In der späteren

Analyse wird grundsätzlich der Vorgehensweise von SCHEELE und MEHL gefolgt, allerdings mit Modifikationen v. a. im Bereich des versicherten Arbeitsumfanges.

4.4. Angewandte Methode: Lastenausgleichsverfahren der gewerblichen