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Das Konzept der Abundanzumlage

Im Dokument Umlagen im kommunalen Finanzausgleich (Seite 59-63)

5. Die Abundanzumlage

5.1. Ziele und Konzeption

5.1.3. Das Konzept der Abundanzumlage

Aus den im vorangegangenen Abschnitt dargestellten Zielen lässt sich ein theoreti-sches normatives Konzept der Abundanzumlage ableiten, dass als Finanzierungs-und Verteilungsinstrument die Mängel eines Systems ohne Umlage aufgreift Finanzierungs-und abbaut. Entscheidend für die Umverteilungswirkung ist die Ausgestaltung der Um-lage.16

Eine erste Bedingung für die zielführende Wirkung einer solchen Umlage ist, dass es gelingt, die abundanten Gemeinden symmetrisch in das System des

Finanzaus-13 Wie in Kapitel 2.1 erläutert, ist ein Vorteil der Dezentralisierung, dass sich aus dem Wettbe-werb um Steuerquellen bzw. Einwohner Effizienzsteigerungen im öffentlichen Sektor ergeben.

14 Vgl. Fricke (2006), S. 20 [8].

15 Für eine ausführliche Erläuterung des Zielkonflikts zwischen allokativer und distributiver Funktion siehe auch Kapitel 4.3.2.

16 Vgl. Scherf (2015), S. 10 [156].

5. Die Abundanzumlage (Finanzausgleichsumlage) 43 gleichs zu integrieren. Um symmetrische Ausgleichseffekte zu erzielen, sollte die Umlagrundlage sich daher grundsätzlich am Schlüsselzuweisungssystem orientie-ren. Für die Mehrzahl der Länder impliziert dies Abundanz gemäß der finanzwis-senschaftlichen Definition eine den Finanzbedarf übersteigende Finanzkraft.17

Das Umlageaufkommen Ui ergibt sich aus der Multiplikation des Umlagesatzes u mit der UmlagegrundlageU Gi und ist in Gleichung 5.3 dargestellt.

UiF A =

uF A·U GF Ai fürSM Zi > BM Zi 0, fürSM Zi ≤BM Zi

(5.3) Im Gegensatz zur Bemessungsgrundlage Abundanz lässt sich eine Entscheidung über die „optimale“ Höhe des Umlagesatzes nicht ohne weiteres treffen. Die Aus-gleichsintensität der Abundanzumlage bzw. der Umlagetarif folgt wie der einer Abwägung zwischen distributiver und allokativer Zielsetzung und liegt damit im Ermessen der politischen Entscheidungsträger. Ein hoher Umlagesatz entfaltet starke distributive Ausgleichswirkungen und reduziert die Finanzkraftunterschie-de. Allerdings kann sich dann in Verbindung mit anderen Umlagen eine kumulierte Belastung ergeben, die gegen das Verbot der Übernivellierung verstößt.18 Die Er-hebung der Umlage darf folglich keine Änderung der Finanzkraftreihenfolge nach Finanzausgleich initiieren, so dass eine steuerstarke Gemeinde hinsichtlich des Ver-hältnisses von Finanzkraft zu Finanzbedarf durch die Abschöpfung der Abundanz schlechter gestellt wird als eine zuvor relativ steuerschwächere Gemeinde.19

Gleichzeitig vergrößert eine übermäßige Abschöpfung der abundanten Gemein-den die negativen Anreizeffekte des Finanzausgleichs im Sinne des bereits beschrie-benen Zielkonflikts zwischen distributiver und allokativer Funktion. Nur wenn ih-nen bei steigenden Steuereinnahmen ein ausreichender Anteil an Einnahmen er-halten bleibt, besteht auch nach Finanzausgleich noch das Interesse, die eigenen und zugewiesenen Steuerquellen zu pflegen und auszuschöpfen.20Distributive Ziele

17 Abweichungen von diesem Prinzip werden in Kapitel 5.3 diskutiert.

18 Siehe dazu auch Kapitel 6.4.

19Vgl. Obermann (2011), S. 293 f.[132], Junkernheinrich (1998), S. 12 [75]. Zur Problematik der Grenzbelastung von Umlagen siehe auch Kapitel 6.4.

20 Vgl. Hansmeyer, Kops (1985), S.54 ff.[56].

In einem Schlüsselzuweisungssystem mit niedrigem Ausgleichstarif können dadurch vor al-lem für strukturschwache Gemeinden auch negative allokative Effekte auslöst werden. Vgl.

5. Die Abundanzumlage (Finanzausgleichsumlage) 44 sprechen demnach für einen hohen Umlagesatz, während aus allokativer Sicht eher ein niedriger Umlagesatz zielführend erscheint.

Abbildung 5.1.: Ausgleichswirkung der Abundanzumlage mit proportionalem Tarif

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Scherf (2003), S. 21 [162].

Um über den Finanzausgleich gleichmäßige Ausgleichseffekte zu erzielen, sollten Zuweisungsempfänger insgesamt im gleichen Maße aufgefüllt, wie Umlageschuld-ner abgeschöpft werden. Dazu bietet es sich an, für den gesamten Finanzausgleich einen linearen Tarif anzuwenden. Abbildung 5.1 zeigt beispielhaft die Ausgleichs-wirkungen eines solchen proportionalen Tarifs in Höhe von 50 Prozent anhand der Finanzkraft nach Finanzausgleich in Relation zur Steuerkraft vor Finanzaus-gleich.21 Um die Ausgleichseffekte der Gemeinden unabhängig von deren Größe oder finanziellem Gewicht darzustellen, werden Finanzkraft und Steuerkraft je-weils in Bezug zur Bedarfssmesszahl gesetzt. Die rot-gestrichelte 45-Linie stellt die

Boettcher (2015), S. 52 [10].

21 Im Folgenden werden in Abschnitt 5.2.2 auch die Ausgleichswirkungen anderer Umlagetarife erörtert.

5. Die Abundanzumlage (Finanzausgleichsumlage) 45 Situation ohne Finanzausgleich dar, während die 100-Prozent-Grenze den Punkt markiert, an dem die Steuerkraft einer Gemeinde den Finanzbedarf übersteigt und sie vom Zuweisungsempfänger zum Umlageschuldner wird.22

Die Differenz zwischen der blauen und der 45-Linie zeigt jeweils den Nettoeffekt des Ausgleichstarifs: links von der 100-Prozent-Marke die Auffüllung mit Schlüs-selzuweisungen und rechts von der 100-Prozent-Marke die Abschöpfung mit der Umlage. Im vorliegenden Fall gelten für alle Gemeinden die gleichen Grenzbelas-tungen und insofern die gleichen Anreizeffekte. Das System garantiert symmetri-sche Nivellierungseffekte. Die Kommunen werden in gleichem Maße mit Zuweisun-gen aufgefüllt, wie durch die Umlage abgeschöpft. Ohne Abundanzumlage läge die Grenzbelastung für abundante Gemeinden dagegen bei Null. Ein Euro zusätzliche Steuerkraft änderte nichts an ihrer Situation, da sie bereits vor dem Anstieg der Steuerkraftmesszahl keine Schlüsselzuweisungen erhalten hätten, aber auch nichts abführen müssten.

Es erscheint zielführend, die Umlageerhebung der Verteilung der Schlüsselzuwei-sungen konzeptionell anzupassen. Allerdings lässt sich dieses Prinzip nicht auf die Landkreise übertragen. Dabei kann das rein praktische Argument, dass die Anzahl der abundanten Landkreise sehr gering ausfallen würde, nicht recht überzeugen.23 Vielmehr ist ausschlaggebend, dass Landkreise nicht über eigene Steuerkraft ver-fügen. Eine Abundanzumlage wäre dort im Prinzip eine zusätzliche Umlage auf die Steuerkraft und die Schlüsselzuweisungen der kreisangehörigen Gemeinden.

Darüber hinaus steht ihnen im Rahmen des kreisinternen Finanzausgleichs mit der Kreisumlage ein eigenes Ausgleichsinstrument zur Verfügung. Kreisangehörige Gemeinden und kreisfreie Städte verfügen dagegen über kein zusätzliches Aus-gleichsinstrumtent.24 Allerdings ist bei der konkreten Ausgestaltung zu beachten, dass durch die Abundanzumlage der kreisinterne Finanzausgleich beeinflusst wer-den kann.25

22 Scherf (2016), S. 5 [158]. Dieses Diagramm wird im Folgenden stets zur Darstellung der Ausgleichseffekte verwendet.

23 Vgl. Deutscher Landkreistag (2015), S. 406 [63].

24 Vgl. Schmidt (2014), S. 65 [166]. Für die Übernahme von Kreisaufgaben und die daraus ent-stehenden Kosten haben sie die Möglichkeit, über die Kreisumlage ihre Finanzen eigenständig und gezielt zu steuern. Eine umfassende Analyse des kreisinternen Finanzausgleich findet sich in Kapitel 6.3.1.

25 Vgl. dazu Abschnitt 6.4.

5. Die Abundanzumlage (Finanzausgleichsumlage) 46 Um die erwünschten distributiven und fiskalischen Ziele zu erreichen, sollte die überschüssige abgeschöpfte Finanzkraft in die aus Landesmitteln finanzierte Schlüsselmasse überführt werden. Dadurch steigt der Grundbetrag, und die Nivel-lierungseffekte zugunsten der steuerschwachen Gemeinden werden verstärkt. Die gleiche Wirkung lässt sich erzielen, wenn das zusätzliche Volumen der Schlüssel-masse zur Reduktion des Ausgleichs- oder Umlagesatzes genutzt wird, was die Grenzbelastung aller Gemeinden senken würde. In jedem Fall tragen die abundan-ten Gemeinden dann über die Abschöpfung der überschießenden Steuerkraft und den damit verbundenen höheren Zuweisungen an finanzschwache Gemeinden zum Abbau von Finanzkraftunterschieden bei.26

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