• Keine Ergebnisse gefunden

5.3 Service im öffentlichen Sektor

6.1.3 Bezahlung/Gegenleistung

Wie jedes Unternehmen ist auch der Staat auf Einnahmen angewiesen, um Leistungen er-bringen zu können. Ein Teil dieser Einnahmen sind Abgaben, die Bürger und Bürgerinnen entrichten. Das Bundesministerium für Finanzen verwendet folgende Definition: „Um sei-ne Aufgaben erfüllen zu könsei-nen, braucht der Staat Einnahmen. Zu diesem Zweck erhebt er Steuern, Gebühren und sonstige Abgaben. Alle Bürgerinnen und Bürger haben die Pflicht, im Rahmen der vom Parlament beschlossenen Gesetze ihren Anteil zur Finanzierung öf-fentlicher Leistungen beizutragen - auch dann, wenn sie nicht unmittelbar selbst in den Genuss der Leistungen kommen oder kommen wollen.“147

147 Bundesministerium für Finanzen (Hrsg.): Steuern, https://www.bmf.gv.at/steuern/startseite-steuern.html, 13. August 2013.

Diese Abgaben können auch als Gegenleistung oder „Bezahlung“ an die leistungserbrin-gende, öffentliche Einrichtung gesehen werden. Sie lassen sich in drei Ebenen unterteilen.

Kailer und Weiß (2012) haben die folgenden drei Ebene gewählt148:

Abbildung 13: Leistungen der BürgerInnen/KundInnen an den Staat

Quelle: in Anlehnung an: Kailer, N./Weiß, G. (2012): Gründungsmanagement kompakt. Von der Idee zum Businessplan, 4. Aufl., Wien, S. 169-170.

Steuern

Ungefähr 80% der Einnahmen des Staates Österreich (Bund, Länder, Gemeinden) sind Steuereinnahmen.149

„Steuern stehen keine unmittelbaren Gegenleistungen gegenüber, sie dienen generell der Finanzierung staatlicher Leistungen.“150

Diese Aussage wird vom Verwendungszeck der Steuergelder unterstützt. Sie werden in der Konjunktur-, Verteilungs- und Wachstumspolitik eingesetzt.151

Beiträge

148 Vgl. Kailer, N./Weiß, G. (2012): Gründungsmanagement kompakt. Von der Idee zum Businessplan, 4.

Aufl., Wien, S. 169-170.

149 Vgl. Doralt, W./Ruppe, H.G./Mayr, G. (2012): Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Umgründungs-steuergesetz, Internationales Steuerrecht; 10. Aufl., Wien, S. 1.

150 Portal Unternehmensservice (Hrsg.): Steuern und Abgaben - Allgemeines. Steuer, https://www.usp.gv.at/Portal.Node/usp/public/content/steuern_und_finanzen/steuern_abgaben_allge meines/Seite.800100.html#Steuer, 13. August 2013.

151 Vgl. Doralt, W./Ruppe, H.G./Mayr, G. (2012): Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Umgründungs-steuergesetz, Internationales Steuerrecht; 10. Aufl., Wien, S. 1.

Auf der nächsten Ebene des Gegenleistungsmodells befinden sich die Beiträge. Eine Defi-nition des Unternehmensservice Portals lautet: „Beiträge sind Geld- oder Sachleistungen, die von Personen geleistet werden, die ein besonderes Interesse an der Errichtung oder Erhaltung öffentlicher Einrichtungen haben…“152

Darunter fallen z.B.: der Beitrag an die Sozialversicherung oder an eine Kammer. Die Bei-spiele zeigen, dass man anhand von Beiträgen eher für die Möglichkeit bezahlt, eine ge-wisse Leistung nachzufragen.

Gebühren

„Als Gebühren gelten Entgelte, die von Gebietskörperschaften für bestimmte Leistungen eingehoben werden…“153

Damit sind z.B. die Gebühren für öffentliche Verkehrsmittel, die Kanalbenutzung oder Studiengebühren gemeint.

Bei genauerer Betrachtung lassen sich durchaus Parallelen zur hier entwickelten Definition des KundInnenbegriffs erkennen. Vergleicht man die Elemente der ersten Ebene, rInnen und Steuern, so fällt sofort die Distanz zu den öffentlichen Leistungen auf. Bürge-rInnen setzten sich nicht mit den Leistungen auseinander, bezahlen aber trotzdem Steuern dafür. Aus der Definition von Steuern geht hervor, dass ihnen keine exakte Gegenleistung gegenübersteht. Da bei Steuern keine genaue Zweckwidmung besteht, kann sie von den BürgerInnen auch nicht im Detail verfolgt werden. Somit stimmen auch die Erwartungen der LeistungsempfängerInnen mit der erbrachten Leistung überein.

KundInnen im weiteren Sinn und Beiträge bilden die zweite Ebene. Sie teilen die etwas stärkere Auseinandersetzung (häufig auch gezwungenermaßen) mit dem Leistungsspekt-rum und das Interesse daran.

Auf der dritten und somit letzten Ebene befinden sich die KundInnen im engeren Sinn und die Gebühren. Diese beiden Ebene verbindet, dass eine konkrete Leistung in Anspruch genommen wird. Der Kunde/die Kundin kann genau nachvollziehen, wofür die Gebühr

152 Portal Unternehmensservice (Hrsg.): Steuern und Abgaben - Allgemeines. Steuer, https://www.usp.gv.at/Portal.Node/usp/public/content/steuern_und_finanzen/steuern_abgaben_allge meines/Seite.800100.html#Steuer, 13. August 2013.

153 Portal Unternehmensservice (Hrsg.): Steuern und Abgaben - Allgemeines. Steuer, https://www.usp.gv.at/Portal.Node/usp/public/content/steuern_und_finanzen/steuern_abgaben_allge meines/Seite.800100.html#Steuer, 13. August 2013.

erhoben wurde. In vielen Fällen findet auch tatsächlich eine Interaktion statt und somit entsteht eine Art Kaufereignis verbunden mit dem Anspruch auf die bezahlte Leistung.

6.1.4 Zusammenfassung

Die oben beschriebene Definition des KundInnenbegriffs kombiniert Kriterien privatwirt-schaftlicher Definitionen sowie Kriterien von Definitionen, die sich aus Managementre-formen des öffentlichen Sektors ergeben und verbindet sie mit den möglichen Gegenleis-tungen an öffentliche EinrichGegenleis-tungen.

Die nachfolgende Tabelle stellt einen kurzen Überblick der gravierendsten Unterschiede zwischen den einzelnen Ebenen dar. Folgende Kriterien wurden gewählt:

 Interesse: Welches Interesse (des Leistungsempfängers/der Leistungsempfängerin) besteht an spezifischen, öffentlichen Leistung?

 Auseinandersetzung: Wie intensiv setzt sich der Kunde/die Kundin mit der entspre-chenden öffentlichen Leistung auseinander?

 Beteiligung: Ist der Kunde/die Kundin an dem Leistungsprozess beteiligt? (z.B.:

das Bereitstellen von Dokumenten oder Informationen)

 Beteiligungsgrad: Wenn der Kunde/die Kundin am Leistungsprozess beteiligt ist, wie stark ist die Beteiligung einzuschätzen?

 Kaufereignis: Kommt es zu einer tatsächlichen Interaktion zwischen leistungser-bringender Partei und Kunde/Kundin?

 Gegenleistung: Welche Gegenleistung erfolgt laut vorhergehender Definition der Gegenleistungsarten?

BürgerIn KundIn i.w.S. KundIn i.e.S.

Interesse gering mittel stark

Auseinandersetzung oberflächlich begrenzt intensiv

Beteiligung keine geringfügig ja

Beteiligungsgrad - leistungsabhängig leistungsabhängig Kaufereignis nein leistungsabhängig leistungsabhängig

Gegenleistung Steuern Beiträge Gebühren

Abbildung 14: Übersicht Drei-Ebenen-Modell

Quelle: eigene Darstellung

Durch die Ableitung aus dem Gesundheitsbereich werden bestehende Definitionen des KundInnenbegriffs sowohl abgewandelt als auch ergänzt. Die größte Übereinstimmung ist jedoch die Vielschichtigkeit des Begriffs. Es hat sich gezeigt, dass KundInnen des öffentli-chen Sektors nicht nur eine Rolle einnehmen. Wichtig zu erwähnen ist auch, dass meist mehrere Ebenen der Definition parallel betroffen sind. Jede Person nimmt zumeist mehrere Rollen gleichzeitig ein. Gleichzeitig kann sich eine Person parallel auf mehr als einer Ebe-ne des KundInEbe-nenbegriffs befinden. So ist ein Kunde/eiEbe-ne Kundin im engeren oder weite-ren Sinn immer auch weiterhin BürgerIn eines Staates. Auch die Wahrnehmung aller drei Rollen gleichzeitig ist möglich, jedoch ist nicht jede BürgerIn automatisch gleichzeitig KundIn im weiteren oder engeren Sinn.

Abschließend kann also folgende Definition des KundInnenbegriffs im öffentlichen Sektor formuliert werden:

Der KundInnenbegriff im öffentlichen Sektor setzt sich aus drei Ebenen zusammen, die sich durch den Grad der Interaktion, der Auseinandersetzung mit der Leistung und der Leis-tungserbringung selbst unterscheiden. Eine Person kann dabei als BürgerIn, als KundIn im weiteren Sinn oder als KundIn im engeren Sinn mit dem öffentlichen Sektor in Interak-tion treten, wobei auch die gleichzeitige InterakInterak-tion auf mehreren oder allen Ebenen mög-lich ist. Um die Leistungen auf den jeweiligen Ebenen zu erlangen, müssen die Leistungs-empfängerInnen Gegenleistungen in Form von Steuern, Beiträgen und Gebühren erbrin-gen.

Die nachfolgende Grafik gibt einen Überblick über diese Definition:

Abbildung 15: Ebenen des KundInnenbegriffs und die Gegenleistungen an den öffentli-chen Sektor

Quelle: eigene Darstellung

Die oben gefundenen Kriterien wurden anhand des Drei-Ebenen-KundInnenmodells in eine allgemein Struktur gebracht und so die Vielschichtigkeit der KundInnen des öffentli-chen Sektors eingefangen und abgebildet. Als Ergänzung wurden die Ebenen des KundIn-nenbegriffs mit den hauptsächlichen Gegenleistungsarten kombiniert.