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Berufliche Bildung und Weiterbildung

4 Politikfelder der Einwanderungs gesellschaft

4.3 Teilhabe an Arbeit und Auswirkungen der Migration auf Sozialstaat

4.3.4 Berufliche Bildung und Weiterbildung

Investitionen in berufliche Bildung und Weiterbildung lohnen sich, aber Migrantinnen und Migranten sind hier unterrepräsentiert.

Die meisten Migrantinnen und Migranten werden auch in Zukunft nicht über die im Einwanderungsrecht vorgesehe-nen Wege für Erwerbsmigration, sondern auf anderen We-gen nach Deutschland ziehen.127 Insofern kann die Migration auch im Hinblick auf das Bildungsniveau der Migrantinnen und Migranten nur begrenzt gesteuert werden. Grundsätz-lich ist davon auszugehen, dass aufgrund des weltweiten Trends zur Höherqualifizierung das Bildungsniveau der Mi grationsbevölkerung steigen wird (vgl. Kap. 2.4.2). Schon heute ist in Deutschland bei der selbst eingewanderten Bevölkerung nach Angaben des Mikrozensus der Anteil der jenigen mit akademischen Abschlüssen geringfügig höher als bei der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund (DESTATIS 2020b); bei den neu Eingewanderten ist er sogar deutlich höher (siehe Kap. 2.4.2). Allerdings ist auch der Anteil von Personen ohne berufliche Abschlüsse mit rund einem Drittel bei der Bevölkerung mit eigener Migrationser-fahrung sehr viel höher als bei der Bevölkerung ohne Migra-tionshintergrund (rund ein Zehntel) (DESTATIS 2020b). Ähn-liche Trends lassen sich bei der Schulbildung beobachten:

Auch hier stehen etwas höheren Anteilen von Personen mit Abitur und Fachoberschulabschlüssen bei der Bevölkerung mit eigener Migrationserfahrung im Vergleich zur

Bevölke-4 Politikfelder der Einwanderungs gesellschaft | 137 rung ohne Migrationshintergrund sehr viel höhere Anteile

von Personen ohne abgeschlossene Schulbildung gegenüber (DESTATIS 2020b; OECD/EU 2019; vgl. auch Kap. 2.2).

Auch wenn die Nachfrage nach Arbeitskräften ohne ab-geschlossene Berufsausbildung hoch sein kann, so haben im Durchschnitt Personen ohne berufliche Abschlüsse ein deutlich höheres Risiko, arbeitslos zu werden, und sie verdienen meist weniger als Fachkräfte. Manchmal reicht ihr Einkommen nicht einmal aus, um den Lebensunterhalt zu bestreiten; deshalb beziehen gerade im Helferbereich viele Beschäftigte ergänzend zu ihren Gehältern Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II. Um der Arbeits-losigkeit oder dem Niedriglohnsektor zu entkommen, ist ein Berufsabschluss oft ein wichtiger Schritt. Für die individuellen Beschäftigungschancen und eine langfristige und nachhaltige Integration ist die berufliche Bildung und Weiterbildung deshalb ein zentraler Schlüssel. Das gilt für Eingewanderte, für in Deutschland geborene Menschen mit familiärer Migrationsgeschichte und für Menschen ohne Migrationsgeschichte gleichermaßen. Bei Ersteren besteht in dieser Hinsicht jedoch großer Handlungsbedarf, denn hier ist der Anteil derjenigen ohne berufliche oder akademi-sche Abschlüsse überdurchschnittlich hoch. Aber auch bei den Jugendlichen mit familiärer Migrationsgeschichte ist die Teilnahme an der Berufsausbildung deutlich geringer als bei den Gleichaltrigen ohne eingewanderte Eltern.

Migrantinnen und Migranten, die im Erwachsenenalter zugezogen sind, erwerben in Deutschland oft noch einen (weiteren) beruflichen oder allgemeinbildenden Abschluss.

Laut einer Befragung im Jahr 2013 haben das von den im Erwachsenenalter zugezogenen Migrantinnen und Migran-ten 28 Prozent getan; bei denen, die mit unter 25 Jahren zugezogen sind, waren es sogar 44 Prozent (Liebau/Romiti 2014). Auch von den Schutzsuchenden, die seit 2013 nach Deutschland zugezogen sind, hatten nach eigenen Angaben 25 Prozent seit dem Zuzug eine Schule, Hochschule oder be-rufliche Bildungseinrichtung besucht; 14 Prozent befanden sich noch in Bildung und Ausbildung (Brücker/Kosyakova/

Schuß 2020). Dies ist zu begrüßen, da hier erworbene Bil-dungsabschlüsse zentral sind. Dennoch sind die Bildungs- und Ausbildungspotenziale bei Weitem nicht ausgeschöpft.

Auch in Weiterbildungsmaßnahmen sind Migrantinnen und Migranten in Deutschland trotz ihres höheren Bedarfs unterrepräsentiert (OECD/EU 2019; Leber u. a. 2019).

Die Fachkommission begrüßt, dass mit dem Ausländerbe-schäftigungsförderungsgesetz der Zugang zu Ausbildungs-förderung für Bürgerinnen und Bürger der EU sowie für Drittstaatsangehörige geöffnet wurde. Das ist ein erster wichtiger Schritt. Doch noch immer scheitern der nach-trägliche Erwerb eines Berufsabschlusses oder eine Weiter-bildung häufig daran, dass in der Zeit der Qualifizierung der

Lebensunterhalt nicht gesichert ist. Das betrifft insbesonde-re älteinsbesonde-re Auszubildende, die beinsbesonde-reits Familie haben. Mit dem Qualifizierungschancengesetz fördert die Bundesregierung seit Januar 2019 die berufsbegleitende Weiterbildung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.

Dass Jugendliche mit eigener oder familiärer Migrationsge-schichte weniger an Bildung und Ausbildung teilnehmen, hat verschiedene Gründe (Bergseng u. a. 2019). Neben nachteili-gen Faktoren wie schlechterer Schulbildung und geringeren Sprachkenntnissen und einem eingeschränkten Zugang zu Netzwerken, über die ein großer Teil der Ausbildungs-plätze vergeben wird (diese Jugendlichen sind bereits bei der Information benachteiligt, wo es interessante Möglichkeiten geben könnte), stützt die Empirie vor allem zwei Gründe.

Zum einen ist in vielen Herkunftsländern der Eltern beruf-liche Bildung entweder weitgehend unbekannt oder hat keinen besonders guten Ruf. Insbesondere Personen mit eigener Migrationserfahrung müssen daher zunächst an das Konzept der Berufsbildung herangeführt werden und daran, dass dies eine Investition ist, die sich gegenüber einer weniger qualifizierten, aber regulär bezahlten Stelle langfristig lohnt und vor Arbeitslosigkeit schützt.

Zum anderen haben Eingewanderte wie auch die Kinder von Eingewanderten größere Schwierigkeiten, einen Aus-bildungsplatz zu finden. Wie bei vielen OECD-Ländern ist auch für Deutschland vielfach empirisch belegt, dass Migrantinnen und Migranten am Arbeits- und insbeson-dere am Ausbildungsmarkt Diskriminierung erfahren, die je nach nationalem und ethnischem Hintergrund unter-schiedlich stark ist (Kaas/Manger 2012; Keita/Vallette 2019;

2020; Koopmans u. a. 2018; Schneider u. a. 2014; Scherr/

Gründer 2011). Die Benachteiligung von Jugendlichen mit eigener oder familiärer Migrationsgeschichte bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz, die über Unterschie-de in schulischen Leistungen und sonstigen Merkmalen hinausgeht (z. B. Solga/Menze 2013), wirkt sich nicht nur unmittelbar auf die Einstellungschancen aus. Sie kann auch die Motivation beeinflussen, in das Humankapital zu investieren, und damit auch langfristig die Arbeitsmarkt-chancen bestimmter Gruppen mindern.

Spezifische Startnachteile von Migrantinnen und Migranten am Ausbildungsmarkt wie etwa geringere Sprachkennt-nisse müssen spätestens im Rahmen der Ausbildung zügig behoben werden, etwa durch zusätzliche allgemeine und berufsbezogene Sprachförderung an den Berufsschulen (siehe Kap. 4.2). Aber auch Benachteiligungen bei der Stellen-suche gilt es zu verringern (vgl. Kap. 4.5). Selbst wenn eine Berufsausbildung aufgenommen wurde, ist dies nur der erste Schritt auf dem Weg zu einem erfolgreichen Berufsabschluss.

So werden häufig Ausbildungsverträge vorzeitig aufgelöst.

Das betrifft insbesondere Jugendliche mit ausländischer Staatsangehörigkeit (der sogenannte Migrationshinter-grund wird in der Berufsbildungsstatistik nicht erhoben).

Im Berichtsjahr 2018 lag der entsprechende Anteil in dieser Gruppe bei 35,3 Prozent, gegenüber 25,5 Prozent bei Auszubildenden mit einem deutschen Pass (BIBB 2020, S. 145 ff.; auch für das Folgende, soweit nicht anders angegeben). Diese Abweichung ist aber teilweise auch auf Unterschiede in Bezug auf den höchsten allgemeinbilden-den Schulabschluss zurückzuführen. Am höchsten waren die Auflösungsquoten bei Jugendlichen mit ausländischer Staatsangehörigkeit im Handwerk und in der Landwirtschaft (ca. 41 %), am niedrigsten im öffentlichen Dienst (7,8 %).

Allerdings gilt auch hier, dass weder die Branche noch die Staatsangehörigkeit allein die Unterschiede erklären. Eine statistische Analyse von Ausbildungsabbrüchen hat gezeigt, dass Auszubildende mit Migrationshintergrund unter Kontrolle anderer Variablen die Ausbildung sogar seltener abbrachen; das wurde mit einer vorherigen positiven Selek-tion in der Ausbildung erklärt (IAW 2014, S. 104).

Die Gründe für Abbrüche sind vielfältig und hängen auch davon ab, ob die Auszubildenden selbst befragt werden oder die ausbildenden Betriebe. Erstere nennen häufig betriebliche Gründe (z. B. Konflikte mit Ausbildern und Ausbilderinnen, eine mangelhafte Ausbildungsqualität, die Arbeitsbedingungen und bei Nicht-Wunschberufen beruf-liche Gründe); Betriebe bzw. Ausbilder und Ausbilderinnen nennen häufig mangelnde Berufsorientierung bzw. eine unpassende Berufswahl, fehlende Leistungsbereitschaft sowie fehlendes Durchhaltevermögen der Auszubilden-den. Statistische Analysen legen nahe, dass die individu-ellen Merkmale der Auszubildenden hier kaum eine Rolle spielen, die Attraktivität des Ausbildungsberufs und die betrieblichen Ausbildungsbedingungen dafür umso mehr (vgl. Rohrbach-Schmidt/Uhly 2015). Deshalb sind Maß-nahmen, die nur bei den Auszubildenden ansetzen, nicht ausreichend (ebd.). Auch Schwierigkeiten in der Berufs-schule (z. B. Überforderung, Prüfungsangst oder Konflikte mit Lehrerinnen und Lehrern, vgl. IAW 2014) spielen eine Rolle, sie werden aber insgesamt (d. h. ohne Berücksich-tigung von Staatsangehörigkeit oder Migrationshinter-grund) im Vergleich zu betrieblichen Gründen seltener genannt (Schuster 2016, S. 59 ff.; Schöngen 2003, S. 8).

Beim sogenannten Übergangssektor128 ist der Anteil der Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit zwischen 2005 und 2016 von 14 Prozent auf 36 Prozent gestiegen. Dies spiegelt den höheren Anteil ausländischer

Staatsangehöri-128 Der Übergangssektor besteht aus einer Vielzahl von Maßnahmen, im Wesentlichen betriebsnahen Maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit und schulischen Berufsvorbereitungsangeboten der Länder. Letztere dienen auch dazu, die Schulpflicht zu erfüllen und einen Schulabschluss zu erwerben.

Sie vermitteln keinen qualifizierenden Ausbildungsabschluss und die dort erbrachten Leistungen sind in der Regel auch nicht für eine Ausbildung an-rechenbar.

ger im ausbildungsrelevanten Alter wider, ebenso wie die gestiegene Zahl von Schutzsuchenden (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2018, S. 137–144; auch für das Folgende, soweit nicht anders angegeben). Für die Lehr-kräfte im Übergangssektor ergeben sich daraus besondere Herausforderungen: Neben der heterogenen Vorbildung müssen sie insbesondere Ausbildungsvorbereitung, Sprach-förderung, Unterstützung in Alltagsbelangen und Förde-rung der sozialen Integration kombinieren. Daten aus dem Nationalen Bildungspanel (NEPS) legen überdies nahe, dass die Wahrscheinlichkeit, bei einem Schulabgang nach der Jahrgangsstufe 9 in den Übergangssektor einzumünden, bei selbst eingewanderten Jugendlichen am höchsten ist.

Mehrere Studien haben untersucht, inwieweit es gelingt, aus dem Übergangssektor heraus eine duale Berufsausbil-dung aufzunehmen. Sie kamen – bei Kontrolle für zahlrei-che weitere Faktoren – übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass es bei Personen mit Migrationshintergrund wie auch bei jungen Frauen länger dauert, bis sie eine betriebliche Berufsausbildung aufnehmen, bzw. dass der Übergang ge-nerell schlechter gelingt (Eberhard u. a. 2013; Lex u. a. 2008).

Nach der Evaluation eines bayerischen Modellprojekts zu Berufsintegrationsklassen (BIK) für Schutzsuchende an 21 Schulen korrelierte der erfolgreiche Übergang in eine Berufsausbildung mit der Anzahl der Praktikumsbetriebe pro Klasse; individuelle Faktoren spielten hingegen kaum eine Rolle (Gschwind/Kron-Sperl 2019, S. 71 f.)

In den Fällen, wo eine Berufsausbildung nicht (mehr) infrage kommt, spielt berufliche Weiterbildung eine wichtige Rolle, insbesondere auch bei der „nachholen-den Integration“, d. h. für Erwachsene, die schon lange in Deutschland leben, denen aber Basisqualifikationen fehlen. Das betrifft vor allem Personen, die im Rahmen der Familienzusammenführung nach Deutschland ge-kommen sind, zum Teil vor vielen Jahren. Nachholende Integration ist auch deshalb wichtig, weil sie sich auch für die Kinder der betreffenden Personen positiv aus-wirkt (OECD 2017a).

Vor dem Hintergrund, dass neu Eingewanderte oft keine hinreichende berufliche Bildung haben und dies eine nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt erschwert, stellt sich die Frage, ob die nacheinander geschalteten In-tegrationsmaßnahmen in den gegenwärtigen Förderketten hinreichend aufeinander abgestimmt sind. In den skandi-navischen Ländern gibt es, insbesondere für anerkannte Flüchtlinge und nachziehende Familienangehörige mit

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individuali-sierte Integrationsprogramme, die gleich nach der Einreise ein abgestimmtes Gesamtkonzept für eine nachhaltige Qualifizierung und Arbeitsmarktintegration entwickeln.

Damit wurden gerade bei zugewanderten Frauen recht gute Ergebnisse erzielt (Liebig/Tronstad 2018).

Empfehlungen

Der Erwerb von Schulabschlüssen, Berufs- und Hoch-schulabschlüssen sowie die Anerkennung von im Ausland erworbenen Abschlüssen sind neben deutschen Sprach-kenntnissen die wichtigsten Erfolgsfaktoren für die Arbeitsmarktintegration. Dies setzt Eigeninitiative und erhebliche Anstrengungen der Individuen voraus, die allerdings im Arbeitsmarkt hohe Erträge abwerfen. Auch die Gesellschaft insgesamt profitiert davon. Die Fachkom-mission empfiehlt deshalb, dass der Staat versucht, die Hürden für Investitionen in Bildung und Sprachkennt-nisse herabzusetzen und die Anreize zu stärken. Solche Maßnahmen können im Einzelnen sein:

• Der nachträgliche Erwerb von Schulabschlüssen auch jenseits der Schulpflicht sollte attraktiver gestaltet wer-den. Hier sind zunächst die Länder gefordert, ein flächen-deckendes, kostenfreies Angebot zu schaffen. Ersatzweise müssen Arbeitsagenturen und Jobcenter ermutigt wer-den, nach ihren Möglichkeiten Schulabschlüsse zu för-dern, ohne das zwangsläufig mit beruflichen Anteilen zu kombinieren. Darüber hinaus sollte der Rechtsanspruch auf einen Zugang zum Hauptschulabschluss auf den Realschulabschluss ausgedehnt werden, den die meisten Berufsausbildungen mittlerweile voraussetzen.

• Die Förderung des Nachholens von beruflichen Abschlüs-sen insbesondere von Personen ohne abgeschlosAbschlüs-sene Berufsausbildung sollte ausgebaut werden. Der Gesetz-geber hat das bereits durch das im Frühjahr 2020 in Kraft getretene „Arbeit-von-morgen-Gesetz“ erleichtert, das Geringqualifizierten einen Rechtsanspruch auf entspre-chende Förderung einräumt. Weiterhin sollten durch be-reits (im Ausland) absolvierte Ausbildungszeiten und/oder Berufserfahrung erworbene berufspraktische Fähigkeiten mittels entsprechender Überprüfungen angerechnet wer-den können, sodass sich die Ausbildungsdauer verkürzt.

• Vor allem für neu zugezogene Menschen, denen sprach-liche oder allgemeinbildende Voraussetzungen für die Teilnahme am beruflichen Bildungssystem fehlen, sollten die bisherigen Förderketten durch ein Integra-tionsprogramm ersetzt werden, das auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt ist, wie es gegenwärtig z. B. in den skandinavischen Ländern geschieht.

Für Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen sollten Anreize geschaffen werden, damit sie ihre Beschäftigten zur Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen ermuntern und sie auch im entsprechenden Umfang freistellen.

Solche Anreize könnten etwa Erleichterungen im Be-reich von Steuern und Sozialabgaben sein.

Die Fachkommission empfiehlt generell, die Verein-barkeit von Familie und beruflicher Qualifizierung zu verbessern. Erreichen lässt sich das z. B. durch mehr Teilzeitangebote und die Verknüpfung von Weiterbil-dungsangeboten mit Kinderbetreuung. Da der grund-gesetzliche Schutz der Familie bei Kindern unter drei Jahren Freiwilligkeit voraussetzt, könnte auch hier mit Anreizen gearbeitet werden, etwa Teilnahmeprämien.

Das Instrument der Teilqualifizierung wird bisher zu we-nig genutzt. Die genannten Akteure sollten es gemeinsam weiterentwickeln und bewerben. Vor allem muss daran eine qualifizierte Berufsausbildung anschließen können.

Wichtig ist, dass es genügend Beratungsangebote gibt, die über Weiterbildungs- und Bildungsmöglich-keiten informieren, und dass diese niederschwellig zugänglich sind (also auch in anderen Sprachen als Deutsch verfügbar). Zudem muss die Information über Weiterbildungs- und Bildungsangebote sich am Informationsverhalten der Zielgruppe orientieren und die entsprechenden Informationskanäle nutzen. Die BA sollte im Rahmen der lebensbegleitenden Berufs-beratung Ressourcen und Kompetenzen vorhalten, um auch Personen kultursensibel zu beraten, die nicht in Deutschland zur Schule gegangen sind oder hier eine Ausbildung absolviert haben.

Die Berufssprachkurse für Auszubildende sind in der Form weiterzuentwickeln, dass sie sich stärker auf die Inhalte der jeweiligen Ausbildung ausrichten, damit sie die Teilnehmenden besser auf die sprachlichen Anforde-rungen der Berufstätigkeit vorbereiten.

Nach dem Grundsatz des „Förderns und Forderns“ kann die Teilnahme an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, darunter auch ein Teil der hier angesprochenen Quali-fikationsmaßnahmen, bei Leistungsbeziehern und -be-zieherinnen unabhängig von ihrer Herkunft im Rahmen von Eingliederungsvereinbarungen prinzipiell auch mit verhältnismäßigen Verpflichtungen wie auch verhältnis-mäßigen Sanktionen belegt werden. Solche Sanktionen können die Wirksamkeit von Maßnahmen erhöhen, aber auch unerwünschte soziale und andere Folgen haben. Deshalb sind die Grundsätze der Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit entsprechend der Rechtspre-chung des Bundesverfassungsgerichts zu beachten.

4.3.5 Anerkennung von Berufsabschlüssen und