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3 Konfliktfelder der Einwanderungs gesellschaft und ihre Wahrnehmung

3.3 Migration und Integration in den Medien

3.3.4 Auswirkungen von Hass im Netz

Nicht nur die Medienhäuser lernen dazu. Auch jene, die Hasskommentare im Internet einstellen, ändern ihr Verhalten. So werden Formulierungen heute mitunter bewusst so gewählt, dass sie von professionellen Kura-torinnen und Kuratoren gerade noch akzeptiert oder nicht eindeutig als inzivil identifiziert werden. Auch hat die zunehmende Kommentierung und Strafverfolgung anscheinend dazu geführt, dass etwa Rechtsextreme in geschlossene Gruppen und andere Foren abwandern, in denen sie ganz im Sinne von Echokammern kaum noch erreicht werden können (vgl. Haller 2019b, S. 16).

In der Forschung wird diskutiert, ob und wie das verän-derte Klima im Netz auch das Verhalten und die Kommu-nikation im Alltag beeinflusst (Kümpel/Rieger 2019). Eine Radikalisierung vollzieht sich zwar selten ausschließlich online (ebd.). Doch soziale Medien können als Türöffner und Verstärker wirken, wenn jemand bereits extremes Ge-dankengut pflegt – schon allein deswegen, weil extremis-tisches und menschenverachtendes Gedankengut heute im Internet überall und jederzeit frei verfügbar ist. Zudem spielen soziale Medien eine zentrale Rolle dabei, neue, vor allem jugendliche Mitglieder zu gewinnen und extremis-tische Gruppen zu organisieren und zu mobilisieren.

Außerdem scheint der Hass im Netz auch zu bewirken, dass bestimmte Inhalte und die Anfeindung bestimmter Gruppen zunehmend wieder „salonfähig“ werden. Wenn Nutzerinnen und Nutzer die aufgeheizten Kommentar-spalten lesen und sie für das halten, was die Mehrheit glaubt, kann einerseits die Sensibilität für diskriminie-rende Bemerkungen im Alltag sinken und andererseits auch die Hemmschwelle, sich selbst in dieser Weise zu äußern.

Empfehlungen

Die Fachkommission unterstützt die Anstrengungen zur konsequenten Bekämpfung von Hass im Netz, die die Bundesregierung bisher unternommen hat. Dazu gehört u. a. das Gesetz zur Verbesserung der Rechts-durchsetzung in sozialen Netzwerken (Netzwerkdurch-setzungsgesetz). Um die entsprechenden Maßnahmen umzusetzen, müssen die ermittelnden Behörden besser ausgestattet und speziell geschult werden, etwa zum Umgang mit Betroffenen sowie zu Extremismus, Rassis-mus und AntisemitisRassis-mus.

Anlaufstellen für Opfer von Hate Speech und Angriffen im Netz wie https://no-hate-speech.de/de/Helpdesk sollten unterstützt und die Zusammenarbeit zwischen ihnen und den Sicherheits- und Strafverfolgungsbe-hörden sollte ausgebaut werden (vgl. hierzu auch die Empfehlungen des Kabinettausschusses zur Bekämp-fung von Rechtsextremismus und Rassismus in Bundes-regierung 2020c).

Für einen respektvollen Umgang miteinander in Inter-netforen müssen Onlinemedien in die Moderation und Kuratierung investieren. Die Ausbildungseinrichtungen sollten hierfür stärker sensibilisiert und darauf bezogene Projekte in der Aus- und Fortbildung von Journalistin-nen und Journalisten gefördert werden.

Die Medienhäuser sind gefordert, ihre Bemühungen um einen sensiblen Umgang mit Bildern und Begriffen im Rahmen der publizistischen Selbstkontrolle zu verstär-ken. Dazu sollten die Themen Migration und Integration bereits in der journalistischen Ausbildung stärker ver-ankert werden.

Eine gute Moderation in Diskussionsforen kann helfen, das Kommunikationsklima in Kommentarverläufen zu verbessern. Wichtig ist ferner eine differenzierte Berichterstattung in den Medien, die auf einseitige und skandalisierende Darstellungen und auf die Verwen-dung von Stereotypen verzichtet, damit sie versachli-chend wirken kann.

Gerade beim Themenfeld Migration und Integration ist ein Informationsjournalismus unverzichtbar, der ein diskursiv gestaltetes „öffentliches Gespräch“ erzeugt und moderiert. Voraussetzung hierfür ist eine ausgewogene und vielfältige Berichterstattung.

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3.4 Rassismus, Antiziganismus, Muslimfeindlichkeit, Antisemitis-mus, RechtspopulisAntisemitis-mus, Rechts

extremismus

-, Rechtsterrorismus und Hasskriminalität

Rassismus, Antiziganismus, Muslimfeindlichkeit, Anti-semitismus und viele andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, Rechtspopulismus, Rechts-extremismus und Rechtsterrorismus sind Gefahren für Gesellschaft und Demokratie. Sie bedrohen die freiheit-lich-demokratische Ordnung, die auf der Menschen-würde und den Grundrechten basiert. Sie gefährden das friedliche Miteinander der Menschen und billigen, rechtfertigen und verüben Gewalt gegen Einzelne und ganze Bevölkerungsgruppen. Insbesondere kommt die Gewalt in Hasskriminalität zum Ausdruck.

Der Rassismus in all seinen Facetten bezeichnet dabei Überzeugungen und Praktiken, die auf der systematischen Abwertung und Ausgrenzung sowie Benachteiligung bestimmter Gruppen der Bevölkerung beruhen, denen biologisch oder kulturell konstruierte nicht veränderbare und angeblich minderwertige Eigenschaften und Ver-haltensweisen zugeschrieben werden. Der Antisemitismus zeichnet sich wiederum dadurch aus, dass Verschwörungs-mythen darin einen hohen Stellenwert haben. Jüdinnen und Juden werden als mächtige Drahtzieher imaginiert, die nach der Weltherrschaft streben. Der Rechtspopulis-mus als politische Strömung stigmatisiert bestimmte Gruppen von Eingewanderten und ihren Nachkommen als „Fremde“ und grenzt sie aus. Dabei beansprucht er, den angeblich homogenen Willen eines ethnisch, zumeist

„völkisch“ definierten Volks unmittelbar zu vertreten, und zwar gegen eine vermeintliche „herrschende Elite“.

Das tut der Rechtsextremismus auch. Er ist aber noch stärker von Rechtfertigungen der Gewalt und Ideologie geprägt. Hinzu treten Vorstellungen von autoritärer und diktatorischer Führung und – das ist das entscheidende Merkmal – organisierte Bestrebungen, mit Wort und Tat die freiheitlich-demokratische Ordnung zu beseitigen. Der Rechtsterrorismus ist ein „geplantes, nicht nur einmaliges gewaltsames Handeln von (halb-)geheim agierenden Individuen oder Gruppen mit dem Ziel [...], Angst und Einschüchterung bei einer größeren Zahl von Menschen zu erzeugen und/ oder Entscheidungen politischer Akteure oder sozialer Gruppen zu beeinflussen, ohne dabei etwa auf persönliche Bereicherung zu zielen“ (Virchow 2016, S. 8).

Dem rechten Terrorismus fallen Menschenleben zum Opfer; Beispiele dafür sind etwa die Mordserie des NSU, die Ermordung des Politikers Walter Lübcke im Juni 2019, das Attentat auf die Synagoge in Halle im Oktober 2019

und die rassistischen Morde in Hanau im Februar 2020.

In anderen Fällen, wie dem Rohrbomben-Attentat auf eine Moschee in Dresden im September 2016 oder dem Brand-anschlag auf eine Roma-Familie in Dellmensingen (Baden-Württemberg) im Mai 2019, ist es nur dem Zufall zu verdanken, dass die Opfer unverletzt blieben.

Zwischen Rechtspopulismus, Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus sind die Grenzen fließend; das zeigt sich in der Vernetzung unterschiedlicher Gruppen und Strömungen. Zudem entwickeln sie zunehmend eine aggressive Anti-Migrations- und Anti-Integrations-Hal-tung, die sie nach innen eint und miteinander verbindet.

Rechtspopulismus, Rechtsextremismus und Rechtster-rorismus unterscheiden sich zwar etwa bezüglich der Frage, inwieweit politische Ziele mit Gewalt durchgesetzt werden sollen, sie teilen jedoch diskriminierende und rassistische sowie antisemitische und menschenfeindliche Überzeugungen, und alle lehnen die kulturell vielfältige und of fene Gesellschaft ab.

Rassismus hat im Zusammenhang mit den nachfolgend erörterten Phänomenen eine besondere Bedeutung, denn er kommt in der Gesellschaft auch jenseits rechtsextremer oder -populistischer Ideologien vor, in Wahrnehmungen und Einstellungen wie auch in institutioneller und struk-tureller Ausgrenzung. Während z. B. Rechtsextremismus nicht ohne Rassismus existiert, ist dies umgekehrt sehr wohl der Fall.

3.4.1 Rassismus, Antiziganismus, Muslimfeind-lichkeit und Antisemitismus

Das Attentat von Hanau, die Mordserie des sogenannten NSU und der antisemitische Anschlag in Halle haben in Deutschland das Bewusstsein dafür geschärft, dass Rassismus und Antisemitismus für die davon betroffenen Gruppen lebensbedrohlich sein können. Doch auch unter-halb der Schwelle solcher Gewalttaten gibt es Formen von alltäglichem Rassismus und Antisemitismus, die sich in Regelungen, Routinen, Handlungen und diskriminieren-den Sprechweisen ausdrücken (vgl. Kap. 4.5). Über viele Jahre bestand die trügerische Vorstellung, Rassismus und Antisemitismus seien historische Phänomene, die mit der Aufarbeitung der Verbrechen des Nationalsozialis-mus überwunden seien und sich gegenwärtig nur noch am äußersten rechten Rand der Gesellschaft fänden. Das mündete in der Verwendung von Alternativbegriffen wie

„Ausländerfeindlichkeit“ oder „Fremdenfeindlichkeit“. Der Begriff des Rassismus wurde hingegen vielfach gemieden bzw. vornehmlich auf andere Gesellschaften bezogen, die von Sklaverei, Kolonialismus und Apartheid geprägt sind wie die USA, Südafrika oder Großbritannien und

Frank-reich. Damit wurde in Deutschland zugleich die eigene koloniale wie auch nicht-koloniale rassistische Vergan-genheit ausgeblendet und relativiert; sie rückt erst jetzt langsam ins öffentliche Bewusstsein (vgl. Kap. 5.4). Die Rassismusforschung ist in Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern bisher kaum entwickelt, sie ist noch kein etablierter und gut ausgestatteter Bereich mit Förder-, Ausbildungs- und Forschungstraditionen. Die interna-tionale Rassismusforschung ist sich hingegen einig, dass der „Rasse“-Begriff, auch wenn er infolge der national-sozialistischen Verbrechen in Europa tabuisiert wurde, seine Wirkmächtigkeit keineswegs verloren hat (Räthzel 2000; Goldberg 1993). Sein ideologischer Gehalt wird jetzt nur durch andere Begriffe wie Ethnie oder auch Kultur und Religion codiert (Shooman 2014). Rassistische Denk- und Handlungsweisen sind nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs also nicht verschwunden; das Konstrukt der

„Rassen“ wirkt implizit fort. Dieser neue „Rassismus ohne Rassen“ (Hall 2000) hat sich vom biologistisch argumen-tierenden zu einem kulturell begründeten Rassismus verschoben: Er behauptet eine Unvereinbarkeit oder gar einen Kampf von in sich geschlossenen Kulturen und folgert daraus eine unüberwindliche Differenz zwischen Angehörigen der verschiedenen „Kulturkreise“. Diese Sichtweise schlägt sich insbesondere im Phänomen der Muslimfeindlichkeit nieder. Aber auch im Antiziganis-mus – dem RassisAntiziganis-mus gegenüber Sinti und Roma – finden kulturalistische Argumentationsmuster ihren Ausdruck.

Historisch liegen die Anfänge des modernen oder moder-nisierten Rassismus in der Phase der Entkolonisierung und der Einwanderung aus den ehemaligen Kolonien in die „alten Mutterländer“ (ebd.; Geulen 2007). Galt zuvor im biologistischen Rassismus die „Vermischung der Rassen“

als Ursache des drohenden Niedergangs, so warnt der kulturell begründete Rassismus vor einer Vermischung der Kulturen, weil dadurch Werte und kulturelle Errun-genschaften verloren gingen. Tatsächliche oder auch bloß vermeintliche ethnische, kulturelle und auch religiöse Dif-ferenzen und Eigenschaften werden in heutigen rassisti-schen Diskursen als Charaktereigenschaften und Wesens-merkmale einer als homogen konstruierten Gruppe („die Muslime“, „die Juden“, „die Afrikaner“, „die Roma“ etc.) und als unveränderlich gedeutet. Diese Vorstellung hat sich im Konzept des „Ethnopluralismus“ von Neurechten und rechtspopulistischen Gruppen niedergeschlagen (vgl. z. B.

Fuchs/Middelhoff 2019). Die ideologische Haltung, dass Völker und Kulturen sich nicht mischen sollten und die eigene Kultur von anderen Einflüssen „rein“ zu halten sei, läuft auf eine generelle Ablehnung von Einwanderung und fest geschlossene nationale Grenzen hinaus.

Zur wissenschaftlichen Definition bzw. zur Bestimmung des Begriffs gibt es zahlreiche Ansätze. Eine

Gemeinsam-keit besteht darin, dass sie Rassismus als ein System von Diskursen und sozialen, politischen sowie ökonomischen Praxen verstehen, das mit Rassenkonstruktionen operiert oder an solche anschließt und das Ungleichbehandlung und hegemoniale Machtverhältnisse erstens wirksam macht und zweitens plausibilisiert (Melter/Mecheril 2009, S. 15 f.). Wenn also in Gesellschaften ein bestehendes Gleichheitsgebot mit faktischer Ungleichheit kollidiert, wird der Rassismus herangezogen, um Ungleichbehand-lung zu rechtfertigen, mit dem Ziel oder Effekt, Gruppen entlang bestimmter Merkmale zu hierarchisieren – die heutzutage eben nicht mehr nur physischer, sondern auch kultureller Natur sind (Zick 2020). Er soll also u. a. legiti-mieren, dass als „fremd“ markierten Gruppen der Zugang zu materiellen und symbolischen Ressourcen verwehrt und die eigene Gruppe privilegiert wird (Hall 2000, S. 7).

Rassismus reguliert damit Teilhabe und Zugehörigkeit durch Ein- und Ausschluss – u. a. anhand der Zuschreibung von nationaler Identität bzw. Zugehörigkeit. So kommt es, dass Deutschsein nach wie vor oft mit Weißsein und einem christlich-kulturellen Hintergrund gleichgesetzt wird (vgl. Kap. 5.4).

Auch der Antisemitismus besitzt für nationalistische Ideo-logien eine hohe Bindekraft. Er unterscheidet sich jedoch in einigen wesentlichen Aspekten vom Rassismus, u. a.

durch die Zuschreibung von Macht, Intelligenz und Reich-tum und den zentralen Stellenwert, den Verschwörungs-theorien darin haben. Während es beim Rassismus darum geht, als „fremd“ und „anders“ stigmatisierte Gruppen wie Schwarze, Muslime und Musliminnen oder Sinti und Roma als minderwertig darzustellen, spielen beim Anti-semitismus Aspekte wie das angebliche Streben der Juden und Jüdinnen nach der Weltherrschaft und die vermeint-liche Überlegenheit dieser Minorität eine tragende Rolle.

Der Glaube an eine jüdische Weltverschwörung gehört zu den Kernelementen rechtsextremer und islamistischer Ideologien. Aber auch jenseits der extremen Ränder der Gesellschaft besitzen antisemitische Verschwörungstheo-rien insbesondere in gesellschaftlichen Umbruch- und Krisenzeiten, die mit einem empfundenen Kontrollver-lust einhergehen, eine gewisse Attraktivität und Mobi-lisierungspotenzial. Dies zeigt aktuell das Beispiel der sogenannten Corona-Proteste: Allein in den ersten drei Monaten der Pandemie dokumentierte der Bundesver-band der Recherche- und Informationsstellen Antisemitis-mus (RIAS) 123 Kundgebungen und Demonstrationen mit Bezug zur COVID-19-Pandemie, bei denen es zu antisemi-tischen Äußerungen kam (RIAS 2020a, S. 8).

Rassismus, Antiziganismus, Muslimfeindlichkeit und Anti-semitismus sowie weitere Formen menschenfeindlicher Vorurteile sind eine wesentliche Ursache für die Diskrimi-nierung und Ausgrenzung von Menschen und gegen sie

3 Konfliktfelder der Einwanderungs gesellschaft und ihre Wahrnehmung | 63 gerichtete Gewalt. Die verschiedenen Ausprägungen dieser

Phänomene weisen einerseits Überschneidungen in den Mechanismen auf, besitzen jedoch – was ihre Geschich-te und gesellschaftliche Funktion angeht – jeweils ihre Spezifika. Dabei lassen sich die verschiedenen Formen von Rassismus und der Antisemitismus nicht auf entspre-chende Überzeugungen und absichtsvoll schädigendes Handeln reduzieren, sie können auch unintendiert sein.

Die damit verbundenen Denk- und Sprechweisen sind historisch tradiert und im kollektiven gesellschaftlichen Wissen verankert; so kann ein Rückgriff auf rassistische bzw. antisemitische Argumentations- und Handlungs-muster auch unbewusst erfolgen. Dies manifestiert sich regelmäßig auch in Untersuchungen zu Einstellungen der Bevölkerung (vgl. Kap. 3.2).

Mit der Ratifizierung der International Convention on the Elimination of All Forms of Racial Discrimination (ICERD) hat Deutschland sich zu einer Politik verpflichtet, die sich umfassend gegen jede Form von Rassismus richtet – nicht-intentionale rassistische Diskriminierung eingeschlossen.

Staatliche und öffentliche Einrichtungen sind verpflichtet, die Konvention einzuhalten. Der UN-Antirassismusaus-schuss, der dies überwacht, hat jedoch mehrfach fest-gestellt, dass Deutschland dabei hinter seinen Zusagen zurückbleibt, u. a. bei der differenzierten Erfassung von rassistischer Diskriminierung (CERD 2015; vgl. Kap. 4.5).

Nicht zuletzt muss auch das Phänomen des racial profiling deutlich kritischer betrachtet werden als bislang, denn es birgt direkte und indirekte gewaltförderliche Momente.

Das illustriert der Fall des Afroamerikaners George Floyd in den USA, der am 25. Mai 2020 bei einer gewaltsamen Festnahme durch weiße Polizisten getötet wurde. Diese Tat hat eine weltweite Debatte über rassistisch motivierte Polizeigewalt ausgelöst. Racial profiling bezeichnet eine Methode, die insbesondere von Sicherheitsbehörden, der Polizei etc. angewendet wird: Um entsprechend ihrem Auftrag Sicherheit zu gewährleisten und potenzielle Straftäterinnen und Straftäter oder Attentäterinnen und Attentäter rechtzeitig zu erkennen, entscheiden sie nach dem äußeren Erscheinungsbild bzw. der Hautfarbe oder bestimmten physiognomischen Merkmalen über weiter-gehende Personenkontrollen oder Überwachungen; das wiederum birgt das Risiko einer Vorverurteilung und Dis-kriminierung. Die Betroffenen erleben solche verdachts-unabhängigen Kontrollen, die häufig ohne einen konkre-ten Anlass durchgeführt werden, als extrem demütigend, was bei Interaktionen mit dem jeweiligen Sicherheitsper-sonal zu einer Eskalation führen kann (vgl. Cremer 2013).