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4. Das Phänomen Lernen

4.4. Auseinandersetzung mit den Lerntheorien

4.4.1. Behaviorismus

Zwischen dem 19. und 20. Jahrhundert hatte der Behaviorismus seinen Ursprung und es wurde erstmals versucht, Lernen zu konkretisieren und zu objektivieren (vgl. auch Dittler 2011b, S. 8). Beim behavioristischen Ansatz werde angenommen, dass das Verhalten tangiert werde und eine Konditionierung beim Lernenden stattfinden könne (vgl. Gardner, Thielen 2015, S. 32f. und S. 43; vgl. Terhart 2009, S. 31ff.; vgl. Tulodziecki, Herzig 2004, S. 128; vgl. Herzig 2001, S. 152; vgl. Dittler 2011b, S. 2). Beim behavioristischen Lernen

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werde ausschließlich das Verhalten, welches beobachtet werden kann, analysiert und explizit beschrieben (vgl. Herzig 2001, S. 152).

Beim Behaviorismus sei, nach den Erforschern und Vertretern des lerntheoretischen Ansatzes, wie Pawlow, Watson oder Skinner, das Verhalten, welches durch Reize veränderbar und beobachtbar sei, hinsichtlich des Lernens essenziell (vgl. Gardner, Thielen 2015, S. 43; Tulodziecki, Herzig 2004, S. 128; vgl. Dittler 2011b, S. 2; vgl.

Edelmann 2000, S. 7, zit. n. Drummer 2011, S. 14; vgl. Dereskey 1982, S. 18). Lernen sei eine dauerhafte Verhaltensänderung, die anhand von Couleur bezüglich Reiz-Reaktions-Verbindung stattfinde (vgl. Petko 2014, S. 25; vgl. Dittler 2011b, S. 2f.; vgl. Plieninger 2011, S. 191; vgl. Kerres 2013, S. 130; vgl. Keck, Sandfuchs, Feige 2004, S. 284; vgl.

Gudjons 1999, S. 75; vgl. Meyer-Drawe 2003, S. 508). „Die behavioristische Grundpositi-on sieht den Lernenden als ein durch äußere Reize steuerbares Wesen“ (Tulodziecki, Herzig 2004, S. 133; Herzig 2001, S. 156).

Das Verhalten könne demzufolge durch Reize beeinflusst werden. „In der behavioristi-schen Tradition der Lernpsychologie wird Lernen als ein Vorgang aufgefasst, bei dem das Verhalten des Individuums durch äußere Hinweisreize und Verstärkungen gesteuert und kontrolliert werden kann“ (Tulodziecki, Herzig 2004, S. 128; Herzig 2001, S. 152).

Demzufolge übernehme die Initiative beim Lernen die Lehrperson und nicht der Lerner selbst (vgl. Drummer 2011, S. 14). Ziel des Behaviorismus sei es, Verhalten und Ver-haltensänderungen vorab bestimmen und überprüfen zu können und Lernen bezüglich eines spezifischen Zieles zu konditionieren (vgl. Gardner, Thielen 2015, S. 43).

Das Gehirn sei lebenslänglich lernfähig und die Persönlichkeit sei durch äußere und innere Einflüsse beeinflussbar. Werden innovative Reize und Informationen vermittelt, könne dies als Training für das Gehirn bezeichnet werden (vgl. Hesselmann 2011, S. 403). Das Finden von Prämissen für Verhaltensänderungen, die beobachtbar sind, seien in behavioristischen Lerntheorien substanziell (vgl. Petko 2014, S. 26).

Lernen sei hinsichtlich behavioristischer Lerntheorien ein Reproduzieren von Handlungs-mustern, die so oft wiederholt werden, bis diese Verhaltensweisen eingeübt seien und das Verhalten tangieren (vgl. Plieninger 2011, S. 191). Plieninger nennt in diesem Kontext die Begrifflichkeit „pattern drill“ (Plieninger 2011, S. 191).

„Durch die Umwelt nehmen Organismen verschiedene Reize wahr, welche zu einer Reakti-on im Organismus führen. Mit Wiederholungen manifestieren und etablieren sich ReaktiReakti-onen auf Reize und der Organismus vollzieht eine beobachtbare Verhaltensänderung“ (Gardner, Thielen 2015, S. 43).

Häufiges Wiederholen sei zu einer Einspeicherung in das Langzeitgedächtnis und ein Erinnern notwendig (vgl. Dereskey 1982, S. 145). Mithilfe von Wiederholungen könnte eine Koditionierung, eine dauerhafte Anwendung eines Verhaltens erfolgen (vgl. Petko 2014, S. 26). „Wiederholung ist das A und O des Lernens. Außer stark emotionalen Geschehnissen, die meist ungesteuert wirken, wird nicht mit einem Mal oder auch nur mit zwei Malen gelernt“ (Roth 2015, S. 99).

Bezüglich des Lernens sei Wiederholung für die Verbesserung von Fähig- und Fertig-keiten relevant, da etappenweise das Gehirn an umfassende Kontexte und Wissenskon-struktionen gewöhnt werden sollte (vgl. Gardner, Thielen 2015, S. 54).

„Drittens ist festzuhalten, dass der Moment der Wiederholung eine hohe Relevanz besitzt.

Durch das kurzfristige Wiederholen von deklarativen Wissen lässt sich dieses auch kurzfris-tig eher wieder abrufen. Auch im Kontext des prozeduralen Wissens ergibt die Wiederholung einen Effekt. Je öfter eine ähnliche Handlung durchgeführt wird, desto weniger Aufmerk-samkeit, also Arbeit, kostet sie das Gehirn“ (Gardner, Thielen 2015, S. 67).

Beim Behaviorismus lasse sich die instrumentelle, klassische und operante Form differenzieren (vgl. Biesenkamp 2007, S. 571, zit. n. Gardner, Thielen 2015, S. 43; vgl.

Tulodziecki, Herzig 2004, S. 129). In diesem Kontext sei hinzuzufügen, dass nicht ausschließlich positive, sondern ebenso negative Verhaltenänderungen wahrgenommen werden können und aufgrund dessen der Behaviorismus in der Verhaltenstherapie angewendet werde (vgl. Göhrlich, Zirfas 2007, S. 21f.; vgl. Gardner, Thielen 2015, S. 44f.). Bei mehrfach negativen Erfahrungen kann zudem eine unkonditionierte Reaktion, wie zum Beispiel Übelkeit bei Prüfungen auftreten (vgl. Gudjons 2008, S. 213, zit. n.

Gardner, Thielen 2015, S. 45). Beim instrumentellen Ansatz seien die Reaktionen interessant und beim klassischen sowie instrumentellen Behaviorismus würde anhand von einer Reaktion ein Reiz folgen. Beim operanten Behaviorismus folge dagegen auf einen Reiz eine Reaktion (vgl. Gardner, Thielen 2015, S. 45). Anhand der instrumentellen und operanten Konditionierung seien Varianten, wie die positive und negative Ver-stärkung, die Strafe sowie die Löschung für Lehren und Lernen essenziell (vgl. Gardner, Thielen 2015, S. 45; vgl. auch Tulodziecki, Herzig 2004, S. 129; vgl. Kerres 2013, S. 130f.). Bei der Verstärkung könne durch positive oder negative Erlebnissen ein spezifisches Verhalten gefördert werden und bei der Bestrafung oder Löschung eine Reduzierung eines spezifischen Verhaltens stattfinden (vgl. Göhlich, Zirfas 2007, S. 21;

vgl. Gudjons 2008, S. 214; vgl. Gardner, Thielen 2015, S. 45; vgl. Kerres 2013, S. 130f.;

vgl. Drummer 2011, S. 14). Habe ein Verhalten eine positive Konsequenz für den Lernenden, könne dies dazu führen, dass das Verhalten vermehrt zukünftig gezeigt wird, das als Bekräftigung und Verstärkung zu betiteln sei (vgl. Kerres 2013, S. 130f.).

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Positives Feedback, wie Belohnungen würden hinsichtlich eines Verhaltens verstärkend und negatives Feedback, wie Bestrafung suppressiv auswirken. Einen wesentlichen Einfluss auf das Lernen habe demzufolge das Feedback, das unmittelbar bezüglich einer Aktivität erfolgen sollte (vgl. Petko 2014, S. 26f.; vgl. Kerres 2013, S. 131). „Das heißt, Lernen geschieht schneller, wenn eine Belohnung oder Bestrafung unmittelbar nach der betreffenden Handlung geschieht und es keine Ausnahmen gibt“ (Petko 2014, S. 27).

Feedbacks sollten zudem unmittelbar erfolgen, da ansonsten die Gefahr drohe, dass die Lernenden nicht weiter interessiert seien (vgl. Seel, Ifenthaler 2009, S. 164). Nach einem Verhalten könne beispielsweise sofort eine Verstärkung erfolgen. „Lernen wird dabei im Wesentlichen durch Verstärkung gesteuert, die zeitlich möglichst unmittelbar nach dem gezeigten Verhalten folgen sollte“ (Seel, Ifenthaler 2009, S. 107).

Wenn eine Verstärkung nicht unmittelbar nach dem gezeigten Verhalten erfolgt, sei es der Fall, dass die lernende Person keinen Zusammenhang zwischen dem Verhalten und der Reaktion konstatiert und demnach die Verstärkung nicht wirksam sei (vgl. Kerres 2013, S. 131). Skinner (1954) empfiehlt, dass der Unterricht schrittweise und eine Bearbeitung von Teilaufgaben und ein sofortiges Feedback erfolgen sollte (vgl. Skinner 1954, zit. n.

Petko 2014, S. 27). Beim Behaviorismus erfolge ein Feedback vorwiegend mit der Rückmeldung, wie korrekt oder inkorrekt hinsichtlich der absolvierten Aufgabe. Es sind dennoch weitere Formen von Feedbacks vorhanden.

Feedback, welches sich zwischen Inhalt, Zeitpunkt und Art der Darstellung differenziere, sei eine Mitteilung zur Unterrichtung und der Motivation der Schüler bezüglich ihrer Ergebnisse der Handlungen (vgl. Seel, Ifenthaler 2009, S. 137). Lernumgebungen sollten demzufolge, nach den Erkenntnissen, Feedback bezüglich eines Erfolgs und Misserfolgs erteilen und somit zu einer Feststellung und Ausbesserung der Fehler führen (vgl. Seel, Ifenthaler 2009, S. 81). Feedbacks könnten in ein motivierendes Feedback, das informativ und neutral sein sollte und zu verwenden sei, wenn das Ergebnis korrekt sei sowie ein korrigierendes Feedback, das angewendet werde, wenn die Antwort nicht korrekt sei, unterteilt werden (vgl. Seufert, Back, Häusler 2001, S. 104f.).

Nach Kerres seien Rückmeldungen, die sich motivierend und entwicklungsfördernd auswirken können hinsichtlich des Leistungsstandes der Lernenden essenziell (vgl.

Kerres 2013, S. 27). Ein Feedback, das abwechslungsreich und motivierend ist sowie Informationen bezüglich des Lernstands, der Lernprozesse und des Lernfortschrittes, seien für den Lernerfolg signifikant (vgl. Zierer 2014, S. 24; vgl. Gaile, Zoubek 2011, S. 5;

vgl. Köller 2014, S. 35).

Hinsichtlich des Feedbacks bei Lernprogrammen sei, laut Niegemann, darauf zu achten, dass nicht ausschließlich eine Rückmeldung in Form korrekt oder falsch im Sinnes des Behaviorismus erteilt wird, sondern es sollte die Lösung sowie detaillierte Erklärungen

sofort folgen und die Rückmeldungen sollten auf einer Fehleranalyse aufgebaut sein (vgl.

Niegemann 2002, S. 157). Nach Kerres werden vermehrt Interaktionen, die zu erlernen seien nicht zügig sowie nicht ausreichend belohnt (vgl. Kerres 2013, S. 131).

Hervorzuheben sei, dass nicht jedes Lob automatisch zu einer Verstärkung führen kann, sondern der Lernende selbst entscheidet, ob die mögliche Konsequenz für das Verhalten positiv ist (vgl. Kerres 2013, S. 131). Natürliche Erfolgerlebnisse könnten zudem Verhal-tensänderungen tangieren (vgl. Petko 2014, S. 27).

Bei einer negativen Konsequenz auf ein Verhalten, das als Bestrafung gilt, könne kurzfristig das Verhalten vermindert werden (vgl. Kerres 2013, S. 131; vgl. Dittler 2011b, S. 3). „Durch Belohnung im Fall des Auftretens der gewünschten Reaktion kann die Auftretenswahrscheinlichkeit erhöht werden, durch Strafe kann sie vermindert werden“

(Dittler 2011b, S. 3). Skinner verdeutlichte anhand von Ratten, dass durch Strafen oder Beloh-ungen ein Verhalten konditioniert werden könne (vgl. Dereskey 1982, S. 148).

Eine Löschung, die durch eine Ignoranz des Verhaltens hervorgerufen wird, könne im Gegensatz zu einer Bestrafung vermehrt dazu führen, dass eine stetige Abnahme des Verhaltens erfolgt (vgl. Kerres 2013, S. 131). Erwünschtes Verhalten sollte etappenweise belohnt werden und nicht erwünschtes Verhalten dagegen gelöscht werden beziehungs-weise sollte eine aversive Konsequenz erfolgen (vgl. Kerres 2013, S. 132).

„Skinner zeigte damit auf, dass Verhalten positiv beeinflusst werden kann und sich der Lernende mit sich wiederholenden Situation der unangenehmen Konsequenz entzieht“

(Gardner, Thielen 2015, S. 46).

Es lässt sich zusammenfassen, dass beim Behaviorismus demzufolge versucht werde, das Verhalten mittels positiver, negativer Verstärkung, Bestrafung oder Löschung zu tangieren und zu changieren (vgl. Gardner, Thielen 2015, S. 64; vgl. Göhlich, Zirfas 2007, S. 21; vgl. Gudjons 2008, S. 212f.; vgl. Kerres 2013, S. 130f.; vgl. Drummer 2011, S. 14).

Eine Verstärkung könne zudem durch Belohnung, Bestätigung und Wertschätzung stattfinden (vgl. Gardner, Thielen 2015, S. 66; vgl. Drummer 2011, S. 14).

„Ein Blick auf die behavioristischen Ansätze zeigt, dass mittels Verstärkung, Bestrafung oder Löschung eine gewünschte Reaktion erreicht werden kann“ (Gardner, Thielen 2015, S. 66). Skinner kritisiert, dass im klassischen Unterricht diffizil die Mechanismen der Verstärkung angewendet werden können, da die Wahrscheinlichkeit reduziert sei, dass die Lehrkraft auf jeden einzelnen Schüler eingehen und demnach keine systematische Belohnung, Löschung oder Bestrafung erfolgen kann (vgl. Kerres 2013, S. 132).

Darüber hinaus würden, nach Bandura (1977), Menschen ein Verhalten nachahmen, welches sie bei weiteren Menschen beobachtet haben und dass zu einer Belohung und einem Erfolg führte (vgl. Bandura 1977; vgl. Petko 2014, S. 27; vgl. Weibel 2003, S. 48).

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Hinzuzufügen sei, das Lernen durch Beobachtung, auch genannt Lernen am Modell, das Bandura in der sozialen Lerntheorie, die sich ständig weiterentwickelt hat, stattfinden könne (vgl. Bandura 1986, zit. n. Seel, Ifenthaler 2009, S. 37; Herzig 2001, S. 154f.; vgl.

Bandura, Ross, Ross 1963, zit. n. Herzig 2001, S. 155; vgl. Weibel 2003, S. 48 und S. 54). Es werde aufgrund von Forschungsergebnissen die Auffassung vertreten, dass durch häufiges Fernsehen die Tatsachen der vermittelten Einstellungen, Meinungen und Werte sowie Fakten in die reale Wirklichkeit übernommen werden können (vgl. Seel, Ifenthaler 2009, S. 38). „Bandura unterscheidet Lernen und Verhalten und definiert Lernen als den Erwerb symbolischer Repräsentationen in sprachlicher oder bildhafter Form“

(Herzig 2001, S. 155). Bemerkenswerterweise würde das beobachtete Verhalten nicht in jedem Fall exakt kopiert werden, sondern der Lernende könne universelle Schemata sowie kognitive Strategien, die abstrakter, als das Beobachtete seien, entwickeln (vgl.

Herzig 2001, S. 155). Das Lernen anhand von Beobachtungen werde nicht von jedem Lebewesen eins zu eins kopiert, sondern die Lernenden können universale Schemata oder kognitive Strategien entwickeln (vgl. Tulodziecki, Herzig 2004, S. 132). Beobachtba-res Verhalten werde kognitiv als Schema oder Strategie repräsentiert und sei hinsichtlich zukünftigen Handlungen vorhanden, das von der Motivation (siehe Kapitel Motivation) der Lernenden abhängig sei (vgl. Tulodziecki, Herzig 2004, S. 132). Die persönliche Informa-tions-infrastruktur inkludiere jedes mentale Modell und Schemata, das für divergente Wissenssektionen und Informationsprinzipien entwickelt wurde (vgl. Seel, Ifenthaler 2009, S. 79).

Nach Petko lasse sich vermuten, dass Menschen divergent und in verschiedenen Arten, wie beispielsweise durch erforschendes Probieren, durch positive Stimuli und bezüglich des Inhalts enthaltene Feedbacks sowie anhand von Teilhabe und Kommunikation in Lerngruppen, parallel lernen können (vgl. Petko 2014, S. 40).

Bemerkenswert sei, dass bezüglich der Anwendung des Behaviorismus die jeweilige Zielgruppe wahrgenommen werden sollte und demzufolge eine den Zielgruppen ange-messene Verstärkung anzuwenden sei (vgl. Gardner, Thielen 2015, S. 46).

In der Vergangenheit wurden insbesondere die Kenntnisse des Behaviorismus sowie der Programmierten Unterweisung bezüglich der Gestaltung und Konzeption des Unterrichts einbezogen und verwendet (vgl. Seel, Ifenthaler 2009, S. 107 und S. 165). Lehrkräfte sollten beim Lehren im Sinne des Behaviorismus erwünschtes Verhalten durch positive Folgerungen fördern und eine Schaffung einer Adaption spezifischer Lernziele ermögli-chen (vgl. Herzig 2001, S. 154).

Das Beobachtungs- beziehungsweise Modelllernen, nach Bandura, sei beispielsweise bei Lernprogrammen mit Demonstrationen, bei denen ein Erschließen von Sachverhalten und

Fähigkeiten durch Beobachtungen und selbstständig eine Umsetzung in Handlungs-muster erfolgt, möglich (vgl. Tulodziecki, Herzig 2004, S. 132f.). In Internetforen könne, nach Herzig und Martin (2015, S. 30), ein Lernen ebenso nach dem Behaviorismus stattfinden. Ein spezifisches Verhalten könne zudem vermehrt auftreten, wenn ein spontanes Agieren positiv verstärkt werde (vgl. Herzig, Martin 2012, S. 30). "Diese Form operanter Konditionierung kann in einem Internetforum zum Beispiel durch entsprechende Belohnungsmechanismen in Form der Vergabe von Punkten oder eines besonderen Status erfolgen" (Herzig, Martin 2012, S. 30). In Online-Communities und Computer-spielen, würden sogenannte Gamification-Elemente als positive Verstärker benutzt werden (vgl. ebd.). Bei der alltäglichen Smartphone und Handynutzung von Kindern und Jugendlichen könne diese Form der Verstärkensmechanismen anhand von dauerhaften und interessanten sowie relevanten Nachrichten, die auf dem Handy oder Smartphone abrufbar sowie veränderbar sind, erkannt werden. Würden dagegen kontinuierlich unwichtige sowie uninteressante Nachrichten auf den mobilen Geräten eingehen, würden Kinder und Jugendliche ihre Smartphones und Handys weniger mit sich führen (vgl.

Herzig, Martin 2012, S. 30).

"Die intermittierende Verstärkung (unregelmäßig eingehende relevanten Nachrichten) führt jedoch zu einer konstanten Nutzung des Gerätes. Dieses Verhalten ist auch besonders lösungsresistent. Da die entsprechenden Mechanismen häufig unbewusst sind, bedarf eine solche Nutzungsroutine der Bewusstmachung und Reflexion" (Herzig, Martin 2012, S. 30).

Bei Lernprogrammen, die nach den behavioristischen Lehrmethoden orientiert seien, seien „(…) Rückkopplungsmechanismen (…)“ (Herzig 2001, S. 154) vorhanden. Markant für die Lernprogramme sei, dass der Lernende die Lernprozesse nicht selbst steuere, sondern diese durch äußere Reizverhältnisse geleitet werden würden (vgl. ebd.). Bei Online-Lernangeboten im Sinne des Behaviorismus seien die Lernwege strukturiert und fremdgesteuert, die vom Lehrer vorgegeben und entwickelt werden. Der Lernende könne die Lerninhalte in der Regel nicht übergehen und erhält den Lernstoff nacheinander und absolviert dagegen beispielsweise ausschließlich einen Test, der in der Lernplattform enthalten sei (vgl. Drummer 2011, S. 16).

„Die Sturktur von Lernwegen und Lerninhalten ist fest vorgegeben und wird vom Lernenden in sequentieller Weise durchlaufen. Eine Selbstkontrolle ist lediglich im Hinblick auf Errei-chen oder NichterreiErrei-chen einzelner (Teil-) Lehrziele möglich. Wissensstrukturen sind für den Lernenden präkonfiguriert und prädeterminiert“ (Herzig 2001, S. 154).

Eine Belohnung beim E-Learning könnte ein zugängliches Spiel sowie eine ansprechende Animation sein, die nach erfolgreichem Absolvieren von einer Aufgabe verfügbar sind (vgl.

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Drummer 2011, S. 15). Bei den Belohnungen sollte darauf geachtet werden, dass diese abwechslungsreich sind und von dem Lernenden als positiv bewertet werden (vgl. ebd.).

Bei einer Bestrafung könnte beispielsweise der Schüler ein Level nicht erreichen und wird auf ein weniger anspruchsvolles Level zurückgesetzt. Es sollte darauf geachtet werden, dass sich die Bestrafungsformen unterscheiden, damit der Lernende weiterhin motiviert sei (vgl. ebd.). Laut Drummer könne die Erstellung eines E-Learningkurses im Sinne des Behaviorismus anspruchsvoll sein und die Lehrperson sollte vor dem Vorhaben sich intensiv damit beschäftigen und auseinandersetzen (vgl. Drummer 2011, S. 15).

Petko weist darauf hin, dass hinsichtlich der Benutzung von Lernmedien behavioristische Methoden zu einem Lernen verhelfen können, wenn eine Synthese von weiteren Faktoren von Lernumgebungen beachtet werde (vgl. Petko 2014, S. 27).

Nach Seel und Ifentahler können Hinweise und Regeln im Bereich des E-Learning, wie das explizite Darbieten und Darstellen von Informationen, die erlernt werden sollen, das Anordnen, Einteilen, Separieren und Sortieren von Lernstoffen und Lernaufgaben hinsichtlich einer festen Abfolge und „(…) kleine Lernschritte (…)“ (Seel, Ifenthaler 2009, S. 107), das Vorgeben von Lernzielen, die bezüglich der Lernetappen operationalisiert sind sowie eine stringente Überprüfung der Lerneinheiten und eine passive Beachtung des Lernenden, eine aktive Rolle des Lehrprogrammes bezüglich der Leitung und des Arrangierens von Lernschritten anhand von behavioristischen Schemas konkludiert werden und dies sei derzeitig bei Computer-based Trainings zu konstatieren (vgl. ebd.). In netzbasierten Lernumgebungen seien die Möglichkeiten von der Erteilung differenter Feedbackformen erhöht, Feedbacks könnten beispielsweise per Video, Audioaufnahme, Textnachricht sowie sofort oder zeitlich versetzt, erteilt werden und darüber hinaus könnten zugleich die Lernstile berücksichtigt werden (vgl. Seel, Ifenthaler 2009, S. 137).

„Nach dem Feedback ist es wichtig, dass die Verbesserungspotentiale soweit möglich auch integriert werden. Verändern und anpassen ist die Devise, man kann nicht alles von vornherein wissen“( Hesselmann 2011, S. 407).

Abbildung zwei verdeutlicht das prototypische Ablaufen von Lernstoffen beim Behavioris-mus.

Abbildung zwei: Typische Abfolge von Lerninhalten bei der behavioristischen Lehrtheorie.

Quelle: Drummer 2011, S. 16

Am Behaviorismus werde kritisiert, dass ausschließlich äußerlich der Lernprozess expliziert werde, lediglich das Ergebnis aufgrund von Reiz-Reaktions-Schemata wahrge-nommen werde, eine erhöhte Manipulationsgefahr bestehe, soziale Komponenten und innere Vorgänge nicht beachtet werden (vgl. Gardner, Thielen 2015, S. 46; vgl. Petko 2014, S. 26; vgl. Tulodziecki, Herzig 2004, S. 129; vgl. Gudjons 1999, S. 75; vgl. Meyer-Drawe 2003, S. 507). Es könnten Lernprozesse stattfinden, die nicht sofort hinsichtlich des Verhaltens sichtbar seien (vgl. Herzig 2001, S. 154). Innere Reifungsprozesse sowie genetische Einflüsse werden dagegen nicht beachtet und es erfolge ausschließlich eine Erforschung des Verhaltens (vgl. Gudjons 1999, S. 75).

„Phänomene wie Bewusstsein, seelisch-emotionales Befinden usw. spielen keine Rolle, sondern nur ihre möglichen Ausdrucksformen als beobachtbares Verhalten wie etwa Furchtreaktion“ (Tulodziecki, Herzig 2004, S. 129). Das, was nicht beobachtbar sei, würde in der black box ablaufen. „Alles das, was sich zwischen Reizen (als unabhängige Variable) und Reaktion (als abhängige Variable) im Organismus des Lernenden abspielt, wird als interner Prozess einer black box zugeschrieben, die der Beobachtung nicht zugänglich ist“ (Herzig 2001, S. 152f.). Die black box sei für Behavioristen nicht erkenn- und erklärbar und aufgrund dessen lassen sich ausschließlich Vermutungen bezüglich der inneren Vorgänge formulieren. „Was genau im Kopf vor sich geht, ist für Vertreter des Behaviorismus eine Black Box, in die niemand hineinsehen kann. Behavioristische Lerntheorien vermeiden deshalb Spekulationen über innerpsychische Prozesse“ (Petko 2014, S. 26). Aufgrund dessen sei die Auffassung vorhanden, dass ausschließlich Gehirnprozesse betrachtet werden und dies nicht zu einer vollständigen und umfassen-den Analyse von Lernen führe. Faktoren, wie Überzeugungen, psychologische Verfas-sung werden beim Behaviorismus nicht beachtet, sondern ausschließlich deren Oper-ationalisierung anhand von Beobachtungen bestimmt (vgl. Herzig 2001, S. 153). „Auf-grund dieser vollständigen Reduktion auf Gehirnleistungen wird das Körper-Geist-Problem ausgeschaltet, und die Verfechter eines an sich existierenden Bewusstseins oder Geistes werden als 'unwissenschaftlich' verurteilt“ (Dereskey 1982, S. 18).

Experimente bezüglich des Behaviorismus würden zudem vorwiegend in „(…) isolierten Laborsituationen (…)“ (Gardner, Thielen 2015, S. 46) stattfinden und aufgrund dessen könnten Lernprozesse in einer nicht isolierten Umwelt nicht funktionieren (vgl. Gudjons 2008, S. 215, zit. n. Gardner, Thielen 2015, S. 46). Da die behavioristischen Theorien in Laborexperimenten entwickelt wurden und vorwiegend an Tieren, als an Menschen getestet wurden, bestehe die Kritik, dass Lehren mit Dressur verwechselt werden könne (vgl. Petko 2014, S. 27) und dass keine Differenzierung zwischen Mensch und Tier stattfinde (vgl. Herzog 2005, S. 107).

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Plieninger bezeichnet den behavioristischen Ansatz als „altmodisch“ (Plieninger 2011, S. 191), da Erkenntnisse vorliegen würden, dass nicht jedes Individuum konform lernen würde und es nicht davon weiter auszugehen sei, dass sich die gleichen Verhaltensreak-tionen zeigen würden (vgl. ebd.). Es seien stattdessen die individuelle Auffassung, Empfinden, Vorwissen, Vorlieben sowie die Motivation des Lernenden zu beachten.

Diesbezüglich können nach der Individualität die Eigenschaften und Interessen des Lernenden und ebenso die Verhaltensweisen divergent sein (vgl. ebd.).