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Begründung der Erhebungsmethode

Im Dokument F&E-Kooperationen inJoint-Ventures (Seite 154-157)

Systematisierung praktischen Wissens und empirischen Validierung des theoretischen Kooperationsmodells

3.2 Problemzentrierte Interviews und das Anfertigen eines Forschungstagebuchs als Erhebungsmethode

3.2.1 Das problemzentrierte leitfadengestützte Interview

3.2.1.2 Begründung der Erhebungsmethode

Als empirisches Forschungsdesign wird für die Untersuchung der Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit und der Koordination der Arbeitsteilung sowie deren Ursachen eine qualitative Erhebung gewählt. Das Ziel der Erhebung ist das Gewinnen eines ganzheitlichen, detaillierten Erkenntnisstandes zur Zusammenarbeit der Agierenden in einer deutsch-chinesischen Joint-Venture-Kooperation. Da diese eine Theorieent-wicklung ermöglicht, scheint der Autorin eine qualitative Herangehensweise am

ge-eignetsten. Kooperationen und interkulturelle Zusammenarbeit stellen komplexe Konstrukte dar und die Anzahl der infrage kommenden Wissensträger ist begrenzt, weshalb eine quantitative Befragung zur Beantwortung der Frage nach dem Status quo der Zusammenarbeit ausgeschlossen wird (vgl. Bacher; Horwath 2011: 15 f.).

Als Erhebungsinstrument für die eher qualitative Erhebung wird das Interview herangezogen, da es weitläufig als das effektivste sowie effizienteste Erhebungsinstru-ment innerhalb der qualitativen Sozialforschung gilt, um eine Rekonstruktion the-matisch sprachlich artikulierbarer Wissensstände bei einer begrenzten Anzahl an Wissensträgern zu erreichen (vgl. Flick 2009: 26 ff.; Lettl; Gemünden 2005: 339 ff.;

Mayring 2016: 66 ff.). Mithilfe des Erhebungsinstrumentes Interview können theoreti-sche Konzepte empirisch überprüft werden. Dies ist zwar auch mit anderen Erhe-bungsinstrumenten, wie beispielsweise das der Beobachtung, möglich, aber „[s]ubjek-tive Bedeutungen lassen sich nur schwer aus Beobachtungen ableiten“ (Mayring 2016: 66). Gegen die Erhebungsmethode der Beobachtung sprechen darüber hinaus die überwiegend kognitiven Tätigkeiten der Kooperationsbeteiligten, welche nur schwer in einer Beobachtung erfasst werden können. Selbst eine Erhebung mithilfe des sog. Beobachtungsinterviews, bei welchem zusätzlich zu einer systematischen Be-obachtung Fragen gestellt werden (vgl. Sonntag et al. 2013: 128 ff.), ist aus der Perspek-tive der Autorin nicht zielführend für das oben genannte Erhebungsziel. Die Autorin hat den Zugang der Erzählung gewählt und sich gegen Gruppeninterviews entschie-den, da möglichst die Perspektive jeder/jedes einzelnen Interviewten aufzunehmen und zu analysieren ist, möglichst ohne Beeinflussung von deren/dessen Kollegium.

Für die Datenerhebung von Erzählungen gibt es verschiedene Vorgehensweisen, welche sich im Grad der Offenheit, der Flexibilität, der Prozesshaftigkeit und der theo-retischen Vorgehensweise unterscheiden. Die nachstehende Tabelle zeigt eine Aus-wahl an unterschiedlichen Interviewmethoden u. a. anhand dieser Kriterien:

Methodologischer Vergleich ausgewählter qualitativer Interviewformen (Quelle: eigene Darstellung nach Lamnek; Krell 2016: 362)

Offenheit völlig weitgehend nur bedingt kaum völlig

Kommunikation erzählend zielorientiert

fragend Leitfaden fragend/

erzählend erzählend/

beobachtend

Prozesshaftigkeit gegeben gegeben nur bedingt gegeben gegeben

Flexibilität hoch relativ hoch relativ gering relativ hoch hoch

Explikation ja ja ja ja bedingt

(Fortsetzung Tabelle 4)

befragten Person gegeben gegeben bedingt bedingt absolut

Dafür eignet sich das problemzentrierte Interview als Erhebungsinstrument im Ver-gleich zu anderen Instrumenten, deshalb, weil es sich

„hervorragend für eine theoriegeleitete Forschung [eignet], da es keinen rein explorativen Charakter hat, sondern die Aspekte der vorangegangenen Problemanalyse in das Inter-view Eingang finden. Überall dort also, wo schon einiges über den Gegenstand bekannt ist, überall dort, wo dezidierte, spezifische Fragestellungen im Vordergrund stehen, bietet sich diese Methode an“ (Mayring 2016: 70).

In diesem Forschungsprojekt handelt es sich nicht um eine rein explorative Untersu-chung, denn der Forschungsgegenstand ist nicht unbekannt. Die Problemstellung ist von den Kooperationsbeteiligten formuliert worden, wurde theoretisch erschlossen (vgl. Kap. 2) und erfordert eine empirische Überprüfung (vgl. Kap. 3). Die Problem-zentriertheit ermöglicht der Interviewerin darüber hinaus, immer wieder auf die Pro-blemstellung zurückzukommen, und wird daher von der Autorin als ideal für diese Fragestellung angesehen. Für die empirische Erhebung eignet sich das problemzen-trierte Interview, denn es lässt „den Befragten möglichst frei zu Wort kommen, um einem offenen Gespräch nahezukommen“ (Hölzl 1994: 67). Witzel beschreibt sein Konzept als Methodenintegration, in welcher die Methode des Interviews nur ein Teil ist. Es kann demnach kritisiert werden, ob es gerechtfertigt ist, in einem Forschungs-prozess nur die Methode des Interviews herauszugreifen. Neben Interviews enthält seine Forschungsprogrammatik auch die biografische Methode, die Gruppendiskus-sion oder Fallanalyse (vgl. Witzel 1982; 1985), welche keine Anwendung in dieser For-schungsarbeit finden: Die biografische Methode ist nach der Meinung der Autorin für das Forschungsanliegen nicht zielführend und die Gruppendiskussion findet i. w. S.

in der Form von unternehmensinternen sowie -übergreifenden Workshops oder Ab-stimmungsrunden statt, an welchen die Autorin teilnimmt, und die Erfahrungen, In-halte und Ergebnisse finden als Notiz im Forschungstagebuch Eingang.

Des Weiteren kritisiert Lueger (1992) am Verfahren des problemzentrierten Inter-views, dass das Offenheitsprinzip bzgl. der freien Themenwahl der befragten

Perso-nen durch die Vorstrukturierung im Interviewleitfaden oder auch durch das theoreti-sche Konzept eingeschränkt ist. Allerdings ist der Leitfaden flexibel (vgl. Hölzl 1994:

63) und dient der Interviewerin lediglich als Gedankenstütze. Die befragten Personen können erzählen, was ihnen als wichtig erscheint, und es wird lediglich sichergestellt, dass alle für das theoretische Konzept relevanten Themenkomplexe angesprochen werden. Hölzl sieht es als notwendig an, einen „geeigneten theoretischen Rahmen für den Gegenstand“ oder anderenfalls vorab eine „geeignete Auswertungsmethode“

(ebd.: 67) zu finden, um mit dem erhobenen Datenmaterial angemessen umgehen zu können. Beides ist in dieser Forschungsarbeit geschehen, bevor die Interviews durch-geführt wurden. Auch ein Pretest wird vorab durchdurch-geführt (vgl. Kap. 3.2.2.2), um der

„Gratwanderung zwischen Offenheit (die Befragten erzählen lassen) und Eingreifen (die interessierenden Aspekte ansprechen)“ (ebd.) bestehen zu können.

3.2.2 Vorgehensweise und Methodik des problemzentrierten Interviews Witzel schreibt, dass das „Instrument des Interviewverfahrens“ aus einem „Kurzfra-gebogen, dem Leitfaden, der Tonbandaufzeichnung und dem Postscriptum“ (Witzel 1985: 236) besteht. Die Ausführung dieser vier Stationen wird im Folgenden beschrie-ben (vgl. Kap. 3.2.2.1; 3.2.2.2). Der von Witzel genannte Kurzfragebogen befindet sich zu Beginn des Interviewleitfadens und wurde vor dem Start der Gespräche von der Interviewerin ausgefüllt. Aus unternehmenspolitischen Richtlinien war es der Auto-rin nicht erlaubt, bereits beim Recruiting-Telefonat der befragten Personen die Fragen des Kurzfragebogens zu stellen.

Im Dokument F&E-Kooperationen inJoint-Ventures (Seite 154-157)