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Abschließende Bemerkungen

Zum Ende dieses Abschnitts sei noch darauf hingewiesen, dass sich in den letzten Jahren ein eigenständiges Gebiet der Wohlbefindensforschung zu etablieren beginnt (vgl. Abele u. Becker, 1991). In diesem Kontext wird diskutiert, dass Wohlbefinden zwar „partiell Eigenschafts-qualität hat“ (ebd., S. 11), zugleich aber aus Sicht der Bewältigungsforschung auch „eine Frage des individuellen Umgangs mit positiven wie negativen Lebensereignissen ist“ (ebd.). In Bezug auf die letztgenannte Perspektive betonen Weber u. Laux (1991), dass sich aus der Sicht der traditionellen Bewältigungsforschung Wohlbefinden weitgehend „an der Reduktion belastender Emotionen oder Probleme bemißt“ (ebd., S. 139), d.h. „als Kriterium fast immer“ eine „Verrin-gerung des streßbedingten emotionalen Zustands“ (ebd., S. 147) herangezogen wird. Demge-genüber heben sie hervor, dass durch geignete Bewältigung auch positive Emotionen und Hochgefühle wie Stolz und Triumph am Ende einer Belastungs-Bewältigungsepisode stehen können (vgl. ebd., S. 147). Am Beispiel eines Redners, der nicht nur mit jedem Vortrag Angst verliert, sondern zunehmend auch den Genuss erfolgreicher Bewältigung erfährt, verdeutlichen sie, dass solchen aus Bewältigungsanstrengungen hervorgegehenden positiven Emotionen „ein besonderer Bekräftigungswert“ zukommt (ebd., S. 150). Diese Überlegungen sollten berück-sichtigt werden, wenn es im späteren Kapitel 6.3 um die Bedeutung der positiven emotionalen Befindlichkeit für die psychische Gesundheit und um die Frage nach deren Voraussetzungen geht.

Im Mittelpunkt der Betrachtung standen die Belastungen der Kindheit, insbesondere auch der frühen Kindheit. Diese sind zwar für die Entstehung von neurotischen Störungen89 von beson-derer Bedeutung. Zugleich wäre es aber problematisch, nun automatisch von „einer schicksal-haften Bedeutung früher Entwicklungseinflüsse“ (Kruse, 1991, S. 88) auszugehen. Gegenüber den Verletzbarkeiten der frühen Lebensphase und gegenüber den daraus resultierenden Risiko-faktoren für psychische Störungen (vgl. Häfner u.a., 2001a) betont die neuere Forschung auch die Möglichkeiten der Einflussnahme, die schon Kleinkinder haben (vgl. Dornes, 1999), deren Coping-Potenzen im Umgang mit Stessoren (vgl. Murphy u. Moriarty, 1976), sowie eine gan-ze Reihe psychosozialer Schutzfaktoren, die als empirisch gut gesichert gelten (vgl. zusam-menfassend: Häfner u.a., 2001 b; vgl. a. Kruse, 1991, S. 89 ff.; Hurrelmann, 2000, S. 48 ff. )90. Darüber hinaus ist es auch ein zentrales Thema psychotherapeutischer Arbeit, wie seelische Verletzung und Schwierigkeiten in der Kindheit im späteren Leben in inneren Reichtum und Sinngebung verwandelt werden können (vgl. Young-Eisendrath, 1996; vgl. a. Kap. 6). Vor die-sem Hintergrund sind für die Frage, was von den emotionalen Belastungen aus dem Kindesalter in den Strukturen der erwachsenen Persönlichkeit erhalten bleibt, „differenzierte Kausalstruk-turen“ (Kruse, 1991, S. 91) zu berücksichtigen sowie komplexe „Wechselwirkungen, die sich aus aus der intrapsychischen wie der sozialen Dynamik und aus aktuellen wie genetischen Faktoren ergeben“ (ebd.).

Legt man allerdings die Befunde der modernen Hirnforschung zugrunde, wie sie von Roth (2001), einem Verhaltensphysiologen der Universität Bremen, als Grundlage für ein neuro- und kognitionswissenschaftlich begründetes Menschenbild umrissen werden, dann ist die Persön-lichkeit in späterer Jugend und im Erwachsenenalter nur noch veränderbar, wenn Menschen

„ganz starke emotionale Erlebnisse (haben)“ (Roth im Gespräch mit Geuter, in: Geuter, 2002, S. 49). Weil das „limbische Erfahrungsgedächtnis“ (Roth, 2001, S. 373), welches „das emotio-nale Fundament all unseres Handelns“ (ebd.) bildet, bereits „in den ersten drei bis fünf Lebens-jahren weitgehend dasjenige fest(legt), was man Charakter oder Persönlichkeit nennt“ (ebd.), können Menschen sich in späteren Lebensjahren nur noch verändern, „wenn sie sich emotional erschüttern lassen, wenn sie in einen emotionalen Aufruhr versetzt werden“ (Roth im Ge-spräch mit Geuter, in: Geuter, 2002, S. 49; vgl. a. Roth, 2001, S. 452).

Dieser Aspekt wird im sechsten Kapitel wieder aufgegriffen, wenn es darum geht herauszuar-beiten, wie problematische Emotionalität zu beeinflussen und zu verändern ist. Hier stellt sich zunächst noch die Frage, wie sich Stress und psychische Verletzungen auf die Organisation und das Funktionieren der Emotionen auswirken. Dabei stehen – nachdem im letzten Ab-schnitt einige Inhalte und Themen solcher Störungen deutlich wurden – jetzt die allgemeinen Folgen, die eine psychische Störung für die emotionale Entwicklung mit sich bringen kann, im Vordergrund.

89 Deren Abgrenzung zu Psychosen und Persönlichkeitsstörungen muss laut Kruse „weiterer Arbeit vorbehalten bleiben“ (Kruse, 1991, S. 274). Auch hier kann dieser Aspekt nur soweit berücksichtigt werden, wie es zum Verständnis der Thematik, beispielsweise der Persönlichkeit des Süchtigen, notwendig ist (vgl. 5.1.2.2.).

90 Eine Verbindung zur Gesundheitsforschung stellt beispielsweise der Begriff „Resilienz“ her. Unter diesem Stichwort wird erforscht, wie es unter schwierigen Umständen dennoch zur Ausbildung von Schutzfaktoren und zur flexiblen Auseinandersetzung mit Belastungen kommen kann (vgl. Bender u. Lösel, 1998; vgl. a.

Rutter, 1987).

Auswirkungen von Stress auf die Emotionen und deren einzelne Komponenten Nach Kruse lassen sich mögliche Auswirkungen von pathogenem, „neurotisierendem“ Stress auf die Emotionalität folgendermaßen charakterisieren: Ein Mensch kann eine übermäßige Sensibilisierung in Bezug auf eine Emotion entwickeln. „Sehr häufig anzutreffen ist eine ge-steigerte Selbstwertempfindlichkeit, wenn Menschen schon bei geringster Kritik, bei allem was nicht ganz optimal läuft oder bei jeder anscheinenden Zurückweisung gekränkt oder verletzt sind“ (Kruse, 1985, S. 83). Es kann eine Fixierung kindlicher Emotionsmuster erfolgen, d.h.

dass ein Teil des Emotionssystems in den Formen stehenbleibt, die zur Zeit des kritischen Ereignisses vorherrschten. Beispielsweise können emotionale Reaktionen, die aus früheren Entwicklungsstadien stammen, irrational und unerwachsen erscheinen (vgl. Kruse, 1995, S. 148; vgl. a. 1991, S. 84 f.). Zurückliegende Stressereignisse können auch eine Daueraktivie-rung von Emotionen bewirken mit der Folge, dass diese „ als Stimmung ständig im Bewusst-sein präsent“ sind (Kruse, 1991, S. 85). So gibt es ängstliche, schuldbeladene, aggressive Grundstimmungen sowie dauerhafte Traurigkeits- und Verlassenheitsgefühle, die „phasenhaft auftreten oder permanent, sozusagen als emotionales Dauersignal wirksam sein (können)“

(ebd.). Stressfolgen können auch in einer Störung der Intensitätsregulation bestehen, so dass

„die sonst ausbalancierten und mit kognitiven Prozessen wohlabgestimmten Dosierungen“

(ebd., S. 86) in der Intensitätsregulation von Emotionen nicht gelingen und es zu überschießen-den und abrupten emotionalen Reaktionen kommen kann (vgl. ebd.). Häufig anzutreffen sind schließlich auch Blockaden der Emotionalität, die im Allgemeinen unter den Begriffen Ab-wehr, Verleugnung oder Verdrängung beschrieben werden. Blockierte Emotionen können „dazu führen, dass die Emotionalität einer Person in ihren expressiven oder subjektiven Komponen-ten insgesamt eingeschränkt wird, womit auch ihre Selbstwahrnehmung und handlungsorientie-rende Wirkung partiell blockiert wird“ (ebd.). Es scheint dann so, als könne die Person „ein-zelne Emotionen nicht spüren“ (Kruse, 1995, S. 149). Die Emotion ist zwar existent, aber durch Abwehrprozesse „unspürbar“ oder „unadressierbar“ geworden (ebd.). (Zu weiteren Auswirkungen vgl.: Kruse, 1985, S. 82 ff.; ders., 1991, S. 84 ff.; ders., 1995, S. 147 ff.; vgl.

zum Problem der Abwehrmechanismen a. die Fußnote 118 hinten)

Neurotische Symptome können auch aus den verschiedenen Emotionskomponenten hervorge-hen bzw. an diese gebunden sein und stellen dann „in gewisser Weise ... auch Verselbständi-gungen eigener Art (dar)“ (Kruse, 1985, S. 84). Vegetativ können sich neurotische Störungen in vielfältigen psychosomatischen Erscheinungen und Symptomen ausdrücken. Motorisch kön-nen sie sich auf den Muskeltonus, die Körperhaltung und die Bewegungsabläufe auswirken, so dass es zu Verspannungen, Verkrampfungen und motorischen Hemmungen kommt. Mimisch können sich Probleme vor allem im Emotionsausdruck zeigen. Dessen „Natürlichkeit“ und Ungezwungenheit kann bei neurotischen Störungen verloren gehen, so dass es zu Kommunika-tionsproblemen v.a. auch im nonverbalen Bereich kommt (vgl. ebd., S. 85). Kognitiv können sich neurotische Symptome als „Grübeln, Zwangsgedanken, Selbstverbalisierungen, Fehlattri-buierungen, Phantasien, Rationalisierungen“ (ebd., S. 84) zeigen. Subjektiv drücken sich neuro-tische Erfahrungen vor allem im Erleben „von Leidensdruck, von Unlust und Schmerz“ aus (ebd., S. 85).

Im Zusammenhang mit der Darstellung der vegetativen und der motorischen Komponente be-tont Kruse, dass ohne Berücksichtigung der Emotionen als „wichtigste Nahtstelle zwischen Psychischem und Somatischem ... die Probleme der Psychosomatik nicht gelöst werden

(kön-nen)“ (ebd., S. 85). Wegen seiner besonderen Bedeutung für das vorliegende Thema soll dieser Aspekt daher noch etwas eingehender betrachtet werden.

Psychosomatische Erkrankung als Verselbständigung der körperlichen Komponente Die intensive Auseinandersetzung mit den direkten körperlichen Auswirkungen der Emotio-nen, die im 2. Kapitel erfolgte, hatte schon deutlich gemacht, dass eine emotionale Erregung ohne vegetative bzw. physiologische Entsprechung nach dem vorliegenden Erkenntnisstand – zumindest für die meisten der hier diskutierten Emotionen – kaum mehr denkbar ist. Auf die-ser Grundannahme basieren letztlich auch die verschiedenen psychosomatischen Theorien, die sich vor allem in der Vorstellung, wie sich Psychisches in Somatisches umsetzt, unterscheiden.

Aus dem breiten Spektrum dieser Theorien, zu denen auf der einen Seite verschiedene Kon-zepte im Rahmen psychoanalytischer Theorien und auf der anderen Seite Lerntheorien, psy-chophysiologische Theorien und Stressmodelle gehören (vgl. für einen knappen Überblick:

Köhler, 1995; ausführlich: von Uexkuell u.a., 1990), sollen hier einige „allgemeinste Annah-men“ (Mitscherlich, S. 30) herausgegriffen werden, die Alexander Mitscherlich zum Zusam-menhang von Seelischem und Körperlichem formuliert hat.

In den „Studien zur psychosomatischen Medizin“ (1974) beschreibt Mitscherlich sehr ein-drücklich die wechselseitige Beeinflussung psychischer und organischer Prozesse als ein „psy-chosomatische(s) Simultangeschehen, ... in dem es keine seelische Erregung gibt, die nicht zu gleicher Zeit Körpererregung wäre“ (Mitscherlich, S. 15), ein Grundgedanke, der mit den Be-funden der neueren Emotions- und Stressforschung ja sehr gut zu belegen ist. Ebenso – im Sinne dieser Forschung nur folgerichtig – besteht die Gefahr psychosomatischer Störungen dann, wenn sich seelische Erregung nicht auch im Ausdrucksverhalten zeigen darf und affektive Spannung lange Zeit nicht über bewusste Konfliktbearbeitung und dementsprechendes Han-deln entlastet werden kann.

Mitscherlich stellt die allgemeinen Grundzüge dieses Prozesses folgendermaßen dar: Während unter günstigen Bedingungen das Zusammenspiel der Organe zur Gleichgewichtslage, zur Ho-möostase tendiert, „(erzwingt) die zielgehemmte Erregung ... einen Daueralarm vegetativer Leistungen“ (ebd., S. 31), der dazu führt, dass „das bewegliche Spiel der Regulation nach-(gibt)“ (ebd., S. 117) und die „Mittellage des Wohlbefindens verlassen (wird), und zwar nicht nur für die Dauer einer Gefühlsschwankung, sondern für einen längeren Zeitabschnitt, viel-leicht definitiv“ (ebd., S. 116). Die nicht abklingende psychische Erregung ruft schließlich „den Übergang in die pathologische Reaktion“ (ebd., S. 57) hervor und findet ihren stellvertretenden Ausdruck in „Ersatzvorgängen“ (ebd., S. 102) und Körpersymptomen.

Vor diesem Hintergrund ist für Mitscherlich eindeutig „die erregende Erfahrung, die dem Sub-jekt widerfährt und der es sich nicht gewachsen zeigt, die leitende Krankheitsmotivation“

(ebd., S. 56), „und nicht eine biochemisch anonyme Fehlschaltung im erbgenetisch program-mierten Krankheitsverlauf“ (ebd.). Dem kann nur entgegengewirkt werden, wenn es gelingt,

„gefühlshaft Motiviertes in der Ebene der Reflexion des Ich aufzufangen und, von ihm bejaht zu verwirklichen“ (ebd., S. 115 f.); einen Konflikt, eine Neigung, eine Angst bewusst zu erfah-ren und einzugestehen; Dinge, denen man ausweicht, ins Bewusstsein zu holen und bei klaerfah-ren Sinnen zu entscheiden etc. und dadurch die Erregungsspannung zum Abklingen zu bringen (vgl.

ebd., S. 114 ff.).

Eine solche bewusste Erlebnisverarbeitung, die notwendig ist, damit Erregungsspannung immer wieder abklingen kann, stößt aber aus verschiedenen Gründen an ihre Grenzen. Im Allgemeinen haben selbst Menschen, die normalerweise zum spontanen Gefühlsausdruck fähig sind,

Schwierigkeiten, ihre Gefühle auch in Frustrationen und Notlagen zu äußern. Für Menschen mit einer Neigung zu psychosomatischen Erkrankungen wird zudem angenommen, dass sie besondere Schwierigkeiten haben, Gefühle zutreffend zu beschreiben. Zum Beispiel vermutet man, dass sie „oft weniger Spielraum für Äußerungen negativer Affekte, aber auch reifer Lie-besaffekte (haben)“ (Wilke u. Hautzinger, S. 446) als psychisch Gesunde.91 Schließlich ist zu beachten, dass eine bewusste Erlebnisverarbeitung auch an die Grenzen der sprachlichen Aus-drucksfähigkeit eines Menschen stößt (vgl. Mitscherlich, S. 72 f.) und dass es in unserer Kul-tur vielfach positiv bewertet wird, wenig Gefühle zu zeigen und sich auf glatte, oberflächliche Kontakte zu beschränken (vgl. Kholmogorova u. Garanjan, 2001).

Vor diesem Hintergrund ist umstritten, ob die „Alexithymie“ – die Unfähigkeit, Gefühle zu äußern – tatsächlich als Spezifikum bestimmter Krankheits- oder Patientengruppen betrachtet werden kann (vgl. Franz u.a., 1999; vgl. für einen Überblick: Krause, 1990, S. 654 ff.)92. Da die Menschen der modernen Gesellschaft im Allgemeinen nur selten in der leib-seelischen Einheit zu Hause sind, stellen „´Seelenblindheit`“ (Wilke u. Hautzinger, 2000, S. 445), Entfremdung vom eigenen Körper und eingeschränkte Affektwahrnehmung viel mehr die Regel als die Aus-nahme dar und sind kaum auf psychisch oder psychosomatisch erkrankte Menschen zu be-grenzende Phänomene. Wer erfährt schon das sogenannten Seelische, die Stimmungen und Ge-fühle wirklich bewusst im eigenen Leibe? Naturwissenschaftliches Körperverständnis und eine vorwiegend biologisch-somatisch ausgerichtete Medizin haben dazu beigetragen, dass der Kör-per für viele Menschen nur noch das entfremdete KörKör-perding ist, in dem sie sich nicht mehr auskennen, die Maschine, die – undurchschaut – einfach nur funktionieren soll. Ein Mensch aber, der sich in leiblichen Regungen seines eigenen Körpers nicht mehr zurechtfindet, kann genau genommen auch kaum etwas über seine Seele und deren Bedürfnisse und Nöte wissen (vgl. Böhme, 1985).

Nicht zuletzt muss die Möglichkeit zur bewussten Erlebnisverarbeitung auch im Kontext einer Gesellschaft gesehen werden, die wichtige Möglichkeiten der Emotionsäußerung verbaut und

91 So sollen Menschen mit einer Neigung zu psychosomatischen Erkrankungen „u.a. deshalb zu körperlichen Reaktionen (neigen), weil sie sich nur unzureichend aus ihren körperlichen Erinnerungsspuren gelöst haben, sie nicht zu psychischen, symbolisch und sprachlich ausgeformten Repräsentanzen entwickeln konnten“

(Wilke u. Hautzinger, 2000, S. 446) und ihre Affekte deshalb „stark an Körperreaktionen gebunden (bleiben)“

(ebd.).

92 Hier soll der Hinweis auf eine Darstellung von Krause (1990, S. 654 ff.) genügen, der verschiedene ´Formen`

der Alexithymie beleuchtet. Seine Erklärungen sind auch deshalb interessant, weil sie sich auf die verschie-denen Emotionskomponenten und diesbezügliche Defizite beziehen. Erwähnenswert ist darüber hinaus auch eine – in der Zeitschrift „Der Spiegel“ dargestellte –- Theorie des Hirnforschers Damasio, die einen hilfrei-chen Erklärungsansatz zum Verständnis der Alexithymie bietet. Demnach können alexithyme (gefühlsarme) Menschen ihre körperliche Impulse möglicherweise deshalb nicht in Gefühle übersetzen, weil die emotionale Verarbeitung in einem sehr frühen Stadium abgeblockt wird. Wie an speziellen Tomographie-Aufnahmen deutlich wird, wird bei ihnen in emotionalen Situationen eine Region im Stirnlappen aktiv, die vermutlich den Ablauf der Gefühlsbildung blockiert und verhindert, dass die Informationen aus dem Körper bis ins lim-bische System gelangen und zu bewussten Gefühlsinformationen werden können (vgl. zum Ablauf dieses Reaktionsprozesses auch die Fußnote 57 zur „Gefühlstheorie“ Damasios). Man vermutet, dass die Gefühls-blindheit eine Art Schutzpanzer darstellt, der den Betroffenen vor der Konfrontation mit schlechten Erfahrun-gen in der Kindheit oder in traumatischen Situationen schützt, wobei allerdings auch Erfahrun-genetische Faktoren nicht ausgeschlossen werden (vgl. Hackenbroch, 2003).

es dem Einzelnen in vieler Hinsicht schwer macht, seine Emotionen zu leben (vgl. Mitscher-lich, S. 122 f.). Dabei sind sowohl all die Verhaltensformen der Gesellschaft in Erwägung zu ziehen, die den Einzelnen zu sehr sich selber überlassen, als auch solche, die zur Unterdrü-ckung von Gefühlsregungen führen und „den affektiven Spannungen keine ausreichenden ...

Entspannungsmöglichkeiten gewähr(en)“ (ebd., S. 30). Auch diese Beschränkungen und Gren-zen gilt es zu berücksichtigen, wenn es darum geht, dem Menschen „einen gelungeneren Um-gang ... mit sich und seiner Welt“ (ebd., S. 34) zu vermitteln und mit ihm Möglichkeiten und Wege gelingender Erregungssteuerung und Erlebnisverarbeitung zu entdecken.