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Auswertungsmethode: Die Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring

4 Durchführung der Untersuchung

4.4 Auswertungsmethode: Die Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring

Mayring (2016) formuliert den Grundgedanken der qualitativen Inhaltsanalyse als eine kommunikationswissenschaftliche Technik, die Texte systematisch analysieren will, „indem sie das Material schrittweise mit theoriegeleitet am Material entwickelten Kategoriensystemen bearbeitet“ (Mayring 2016, 114). Die qualitative Inhaltsanalyse wurde vor mehr als 30 Jahren von Philip Mayring entwickelt und hatte vorrangig zum Ziel, die in der bis dahin vorwiegend angewandten quantitativen Inhaltsanalyse unberücksichtigten Aspekte in den Vordergrund zu rücken. Es sind dies der „Kontext von Textbestandteilen, latente Sinnstrukturen, markante Einzelfälle und das, was im Text nicht vorkommt“ (ebd.). Die qualitative Inhaltsanalyse unterscheidet sich insofern von der interpretativen, hermeneutischen Textbearbeitung, als dass ein am Material entwickeltes, theoriegeleitetes Kategoriensystem als zentrales Element dient, mithilfe dessen die herauszufilternden Aspekte definiert werden. Bei der qualitativen Inhaltsanalyse wird das Material in seine Einheiten zerlegt und nacheinander verwertet. Dieser Prozess läuft methodisch kontrolliert ab, und das Material wird Schritt für Schritt analysiert. Ein wesentliches Merkmal dieser Methode ist, dass die Zuordnung der Textstellen zu den Kategorien nach festgelegten inhaltsanalytischen Regeln erfolgt und die Auswertung ebenfalls nach vorab definierten Analyseregeln in einzelnen Interpretationsschritten durchgeführt wird. Die qualitative Inhaltsanalyse stellt ein Interpretationsverfahren dar, welches auf folgenden vier Kriterien basiert (Mayring/Gläser-Zikuda 2008, 10):

1) Einordnung in ein Kommunikationsmodell: Die Interpretation des Textes erfolgt innerhalb seines Kontextes hinsichtlich seiner Entstehung und Wirkung

2) Regelgeleitetheit: Zerlegung des Materials in Analyseeinheiten und schrittweise Bearbeitung nach einem bestimmten Ablaufmodell

3) Arbeiten mit Kategorien: Aspekte werden begründet, in Kategorien eingeteilt und im Zuge der Auswertung überarbeitet

4) Gütekriterien: Das Verfahren soll nachvollziehbar, intersubjektiv überprüfbar, reliabel und die Ergebnisse sollen mit anderen Studien vergleichbar sein

Mayring unterscheidet drei Grundformen qualitativer Inhaltsanalyse: die Zusammenfassung, die Explikation und die Strukturierung (Mayring 2016, 115). Ziel der Zusammenfassung ist eine Reduktion des Materials auf wesentliche Inhalte, welche das Grundmaterial abbilden sollen. Die Explikation soll das Verständnis des Grundmaterials erweitern, indem zusätzliches Material zu unklaren Textstellen beschafft wird, das zu deren Erläuterung oder Deutung dienen soll. Die

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Strukturierung dient dazu, bestimmte Aspekte aus der Datenbasis herauszufiltern und anhand vorab festgelegter Kategorien und Kriterien Einschätzungen abzuleiten. Das Zentrum dieser Technik bildet das Kategoriensystem, welches so zu definieren ist, dass die Textstellen eindeutig zugeordnet werden können. In vorliegender Untersuchung bilden vorab definierte Themenfelder die Grundlage der Kategorien. Diese werden dann im Zuge der Datenanalyse mit induktiv gewonnenen Kategorien ergänzt. Folgt man den Ausführungen Mayrings (2016), so erfolgt die Vorgehensweise der strukturierenden Inhaltsanalyse in drei Schritten: Zuerst wird explizit definiert, welche Textteile unter eine bestimmte Kategorie fallen. In einem zweiten Schritt werden Ankerbeispiele angeführt, die prototypisch für eine Kategorie angeführt werden. Der dritte Schritt besteht in einer Formulierung von Kodierregeln, um einerseits eine eindeutige Zuordnung der Textstellen zu ermöglichen und andererseits Abgrenzungsproblemen zwischen den Kategorien entgegenzuwirken. In einem Kodierleitfaden werden Ankerbeispiele notiert, wobei die Kodierungen im Zuge der Analyse bei Bedarf neu formuliert werden (Mayring 2016, 119). Die Materialsichtung besteht aus zwei Arbeitsschritten: In einem ersten Durchlauf werden die deduktiv formulierten Kategorien und der Kodierleitfaden getestet und überarbeitet. Hierfür werden die für die jeweilige Kategorie relevanten Textstellen markiert. Diese sogenannten

„Fundstellen“ (Mayring 2016, 120) können entweder mittels Farbsystem oder Notierung der Kategoriennummern am Textrand gekennzeichnet werden. In einem zweiten Arbeitsschritt werden die markierten Textstellen gefiltert und zusammengefasst. Abschließend werden die Ergebnisse mit der Fragestellung in Bezug gesetzt und interpretiert. Aus den einzelnen definierten Arbeitsschritten setzt sich das Ablaufmodell der qualitativen Inhaltsanalyse zusammen (Mayring 2016, 120), wobei die Entwicklung eines Kategoriensystems zur Ermöglichung der Zuordnung des Datenmaterials zu bestimmten Klassifikationen im Zentrum steht. Die Kodiereinheit stellt dabei den kleinsten Materialbestandteil dar (das Wort), die Kontexteinheit den größen Textbestandteil (das ganze Material). Die Auswertungseinheit (das Interview) legt fest, welche Textteile schrittweise bearbeitet werden.

Da das Ziel vorliegender Untersuchung die Ermittlung von individuellen Erfahrungen der Frühförderinnen zum digitalen Medienkonsum darstellt, wird die inhaltliche Strukturierung als die geeignete Analyseform erachtet. Die Kategorien werden angelehnt an die Theorie zum Forschungsgegenstand definiert, um die theoretische Auseinandersetzung mit dem Thema in den Auswertungsprozess mit einbeziehen zu können. Diese theoriegeleiteten Kategorien werden im Zuge der Auseinandersetzung mit dem Material noch modifiziert und deduktiv erweitert. Zur Veranschaulichung der Arbeitsschritte wird nachstehend das Ablaufmodell der strukturierenden Inhaltsanalyse (Abb. 1) abgebildet:

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Abb. 1: Ablaufmodell strukturierender qualitativer Inhaltsanalyse (Mayring 2016, 120)

Zur Auswertung der transkribierten Interviews wurde für vorliegende Master Thesis ein Kategorienschema21 mit Kategoriendefinitionen, Interviewaussagen und Kodierregeln enwickelt, welches im Anhang zu finden ist. Die Kategorien (K) resultieren aus der Auseinandersetzung mit der Theorie und wurden somit theoriegeleitet entworfen. Diese lauten Erleben, Mentalisieren und Deuten, Professionelles Selbstbild und Handlungsstrategien. Die Subkategorien (SK) wurden ebenfalls theoriegeleitet erstellt, jedoch durch die Auseinandersetzung mit dem Material modifiziert und induktiv erweitert. Daraus ergab sich ein Schema von vier Hauptkategorien mit jeweils drei bis vier Unterkategorien. Jede Kategorie wurde exakt operationalisiert, um ihre Gültigkeit in Bezug auf die Theorie und ihre Reliabilität durch die systematische Erfassung der Analyseeinheiten zu gewährleisten. Im ersten Schritt wurde das Kategoriensystem am Material

21 Siehe Anhang 7.6

Bestimmung der

Strukturierungsdimensionen und Ausprägungen (theoriegeleitet),

Zusammenstellung des Kategoriensystems

Formulierung von Definitionen, Ankerbeispielen und Kodierregeln zu

den einzelnen Kategorien

Materialdurchlauf:

Fundstellenbezeichnung

Materialdurchlauf: Bearbeitung und Extraktion der Fundstellen

Ergebnisaufbereitung

Überarbeitung, gegebenenfalls Revision

von Kategoriensystem und Kategoriendefinition

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ausschnittsweise dahingehend überprüft, ob eine eindeutige Zuordnung der Fundstellen möglich ist. Dabei wurden einzelne Textteile mit einem Farbsystem markiert, den jeweiligen Kategorien zugeordnet und die markierten Stellen zusammengefasst und aufgearbeitet (Mayring 2016, 120).

Eine Tabelle mit Kategoriedefinitionen und Kodierregeln, in die alle Interviewaussagen zur jeweiligen Kategorie untereinander zusammengefasst wurden, bildete die Arbeitsgrundlage für die anschließende Darstellung der Ergebnisse. Obwohl auf die Trennschärfe zwischen den Subkategorien geachtet wurde, war eine eindeutige Zuordnung der Textinhalte oft nur nach einer weiteren Nuancierung der Kodierregeln möglich. Nach dem Probedurchlauf wurde das Kategoriensystem überarbeitet, indem Subkategorien mangels Fundstellen gestrichen, aufgrund inhaltlicher Umorientierung neu zugeordnet oder wegen bislang unberücksichtigter Erkenntnisse neu erstellt wurden. Eine detaillierte Darstellung der Überlegungen zu den Auswertungskategorien vorliegender Untersuchung findet sich in Kapitel 4.5. Der Hauptdurchgang wurde ebenfalls in Form von zwei Arbeitsschritten – der Fundstellenbezeichnung und der Bearbeitung und Extraktion der Fundstellen – ausgeführt.

Anschließend wurden die zugeordneten Textteile im Sinne der inhaltlichen Strukturierung paraphrasiert und gebündelt. Dies bedeutet, dass die Inhalte knapp und auf das Wesentliche beschränkt beschrieben werden und Textteile gleichen oder ähnlichen Inhalts gebündelt werden.

Da das problemzentrierte Interview als Erhebungsmethode sowie die offene Haltung der qualitativen Forschung die subjektiven Erfahrungen und Sichtweisen der Interviewpartnerinnen in den Fokus rücken, erfolgte die Auswertung der Interviews in einem ersten Durchgang einzeln.

Im Anschluss daran wurden alle Interviews je Kategorie einer generalisierenden Analyse unterzogen. Die Durchführung der generalisierenden Analyse erfolgte ebenfalls in zwei Arbeitsschritten. Im ersten Schritt wurden Gemeinsamkeiten gesucht, die in allen oder zumindest zwei Interviews vorkommen. Der zweite Arbeitsschritt diente der Herausarbeitung von inhaltlichen Unterschieden zwischen den Interviews (Kuckartz 2014, 36). Die Ergebnisse – sowohl der Einzelanalysen als auch der generalisierenden Analyse – werden im folgenden Kapitel deskribiert.

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