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Teil II Fallstudie

5.5 Alternativengestaltung

5.5.3 Auswertung und Diskussion

Da Alternativen in der MCDA sich gegenseitig ausschließen müssen, um eine Bewer-tung zu ermöglichen, müssen Alternativen gestaltet werden und können nicht einfach aus Projektzielen übernommen werden. Die Gestaltung der Alternativen ist aber stark abhängig von dem Gesamtprozess und ist hier eingebunden, diese Beobach-tungen von Scholz können durch die Fallstudie bestätigt werden [Sch11b]. Insbeson-dere die bereits in Unterkapitel 5.2 dargelegteAuswahl der Anwendungsebene für die MCDA-Anwendung hat einen enormen Einfluss auf den Gestal-tungsprozess der Alternativen: Wird die abstrakte Ebene gewählt, dann können allgemein gültige Technologien und theoretische Potenziale genutzt werden, bei der konkreten Projektebene jedoch sollten die Technologien und Projekte bewertet wer-den, die auch tatsächlich zur Auswahl stehen sowie die dazugehörigen tatsächlich verfügbaren Potenziale. Auf diese Weise werden die Informationen der lokalen An-wendung berücksichtigt und die Bewertung hat eine stärkere Relevanz für die Praxis.

In der Fallstudie wurde daher die konkrete Projektebene gewählt. Dies hatte aber auch zur Folge, dass das Projekt dem Umsetzungszeitdruck unterworfen war und der MCDA-Prozess eng mit dem Prozess verwoben war. So haben z.B. Informationen für die Datenerhebung der AK zu Investitionsentscheidungen des Unternehmers ge-führt, der eine AK aufgebaut hat. Hier besteht wiederum die Herausforderung, die eigene Rolle zu reflektieren wie bereits in Unterkapitel 5.1 beschrieben.

Wie die Fallstudie gezeigt hat, sind die Alternativen im Energiebereich häu-fig abhängig von den verfügbaren Potenzialen der einzelnen Energieträger.

Wenn es das tatsächlich verfübare Potenzial betreffen soll, hat dieses auch immer eine zeitliche Dimension. Insbesondere bei der Bioenergie ist die Kooperationsbe-reitschaft der landwirtschaftlichen Unternehmen notwendig, um dieses Potenzial zu

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bestimmen. Ähnlich verhält es sich bei der Flächenbereitstellung für Photovoltaik und Wind. Bei der Bestimmung von theoretischen und wirtschaftlichen Potenzia-len können die Berechnungen einfacher durchgeführt werden, diese haben aber auch weniger Aussagekraft für die Entwicklung von praxisrelevanten Projekten.

Weiterhin wurde in der Fallstudie festgestellt, dass die Herausforderung einer dynamischen Alternativengestaltung besteht, wenn die MCDA an die Praxis-bedingungen angepasst werden soll. Auch wenn es in dem klassischen MCDA-Prozess in der Literatur durchaus vorgesehen ist, dass der Prozess zyklisch durchlaufen wer-den kann, d.h. dass Indikatoren, Alternativen, Gewichtungen nach einem ersten Durchlaufen angepasst werden können (vgl. Unterkapitel 2.2.1), müssen nach den Erfahrungen der Fallstudie die Alternativen rechtzeitig festgelegt werden, damit die umfangreiche Datenerhebung erfolgen kann. Insbesondere unter Praxisbedingungen können sich die Alternativen während des MCDA-Prozesses noch mal wieder ändern, wie es in der Fallstudie durch das Ausscheiden eines Landwirtes auftrat. Die MCDA muss in der Lage sein, darauf zu reagieren. Kleine Änderungen der Alternativen wa-ren mögliche, eine größere Änderung z.B. die Ergänzung von Windkraft wäre wegen der Datenerhebung nicht möglich gewesen.

Je nachdem wie stark explorativ und partizipativ die Phase der Alternativengestal-tung für den Gesamtprozess genutzt werden soll, gibt es verschiedene Möglichkeiten der Gestaltung:

Der Einsatz der explorativenSzenariotechnik in der Fallstudie war auf zwei Ein-flussgrößen beschränkt und somit einfach umsetzbar. Madlener et al. beschreiben in ihrer Fallstudie, dass sie für die gesamte Szenariotechnik (Exploration und Pro-jektion) ein ganzes Jahr benötigt haben und dass der Prozess sehr aufwendig war [MKS07]. Das lag auch hauptsächlich an der starken Einbeziehung der Akteure, die z.B. die vom Projektteam vorgeschlagenen Einflussgrößen fast vollständig geändert haben. Auf der anderen Seite beschreiben sie die Szenariotechnik als partizipatives Werkzeug, um Entscheidungsträgern zu ermöglichen, Szenarien in robuster, trans-parenter und demokratischer Weise zu entwickeln, das außerdem das soziale Lernen fördert [MKS07].

Das Kriterium von Omann für eine Nachhaltigkeitsbewertung, dass der gewählte Zeitraum lang genug sein sollte, wurde in der Fallstudie nicht berücksichtigt, da die Projektionsphase der Szenariotechnik nicht angewandt wurde. Es wurde somit nur eine Zeitpunktbetrachtung und keine Projektion durchgeführt. Die Projektions-phase hätte aber noch mal Zeit und Ressourcen bedurft, die für das Projekt nicht vorgesehen waren.

142 Kapitel 5 Diskussion der Erfolgskriterien

Weiterhin wurde in der Fallstudie festgestellt, dass die partizipative Entwick-lung der Alternativenmit Akteuren eine grundsätzliche Herausforderung in sich birgt: Die Workshops zur Alternativengestaltung und zur Vorstellung der Ergebnis-se werden durch die Datenerhebung zeitlich weit auErgebnis-seinander getrieben, weil zwi-schen diesen Workshops die Datenerhebungsphase liegt (vgl. Unterkapitel 5.4). Es ist schwierig, die Akteure so lange im Prozess zu halten, ohne dass das Interesse an einer Mitarbeit sinkt, auch kann sich die Entscheidungssituation in der Zwischenzeit komplett ändern. Bei einer gemeinsamen Alternativengestaltung mit Akteuren hat man nicht so leicht die Möglichkeit, noch Anpassungen an den Alternativen vor-zunehmen, um sich an die aktuelle Entwicklung des Kontextes anzunähern. Daher wurde sich in der Fallstudie entschieden, die Alternativengestaltung nicht partizipa-tiv vorzunehmen.

Laut Scholz werden in den Anwendungen häufig die Alternativen durch bereits existierende Möglichkeitenwie z.B. verschiedene Technologien zusammengestellt und nicht mit Akteuren gestaltet [Sch11b]. Hierbei wird auf die explorativen und partizipativen Möglichkeiten der Alternativengestaltung verzichtet. Wenn in einer Praxisanwendung partizipative und kommunikative Ziele verfolgt werden, ist diese Vorgehensweise weniger geeignet. In der Fallstudie wurde die Beiträge aus Gesprä-chen und der Bürgerversammlung genutzt, um die Bedürfnisse der Akteure bei der Alternativengestaltung zu berücksichtigen. Die Möglichkeiten einer gemeinsamen Exploration der Optionen in einer partizipativen Entwicklung wurden jedoch nicht genutzt.

Der durchgeführte MCDA-Prozess in der Fallstudie hat durch die fachlichen Infor-mationen eher das analytische Denken der Akteure adressiert. Um die intuitive Art des Denkens der Akteure in dem Prozess zu berücksichtigen, kann die Szenariotech-nik noch mit einem Visionsprozess gekoppelt werden [TSS11]. Dies wurde jedoch aus Zeitgründen nicht umgesetzt.

Das aus der Theorie hergeleitete Ursprüngliche Erfolgskriterium

Die MCDA ist für die Entscheidungsunterstützung im Bereich nachhaltige Energie-versorgung geeignet, wenn bei der Alternativengestaltung alle Informationen von der Anwendung berücksichtigt werden und sich der Prozess an die Rückmeldungen der Akteure anpassen kann.

wird durch die Fallstudie wie folgt erweitert: