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Auswertung der Balsam-Bestandteile und deren Eigenschaften

und Recherche regenerierter Gemälde

2 Regeneriersubstanzen – Materialkunde von Copaivabalsam und Einblick in genutzte alternative Regeneriersubstanzen

2.2 Durchgeführte Materialprüfung von Copaivabalsam

2.2.1 Auswertung der Balsam-Bestandteile und deren Eigenschaften

Beide natürlich enthaltenen Komponenten des Balsams, das nicht flüchtige Harz und das flüchtige Öl, werden getrennt vorgestellt. Eine historisch vermutete chemische Reaktion mit gealterter Ölsubstanz (Azelainsäure) betrifft den Harzanteil und wurde eigens geprüft. Der schwer flüchtige Anteil, das Copaivaöl, wird in mehrfacher Hinsicht erörtert. Aus zwei verwendeten Balsamen wurden durch die Analyseergebnisse zehn Molekülfraktionen des ätherischen Öls bekannt. Zur Gewinnung einer für praktische Versuche ausreichenden Menge Copaivaöls erfolgte eine Destillation des dritten Balsams S in zwei Arten, um erstmals die historische mit der laborreinen Qualität zu vergleichen. Um sich die Wirkung des Copaivaöls zu verdeutlichen, werden nachfolgend von mehreren enthaltenen Ölkomponenten Siedepunkte und Molekülstruktur erörtert. Mithilfe weiterer Messungen ermittelte Stefan Zumbühl490 den Lösemittelparameter der laborreinern Fraktion.

2.2.1.1 Harzbestandteile in Balsamen aus Handel und Museen

Van der Werf hat 28 Proben von flüssigen Balsamen aus dem Handel und aus Museumsbeständen analysiert. Dabei ergaben sich zwei Gruppen mit ähnlicher Zusammensetzung, wobei jede Gruppe einer botanischen Unterart entsprach. Bis auf die genannten Balsame 1 und 2 waren alle flüssigen Handelsproben verschnitten / verdünnt. Diese zwei für die Experimente hinreichend reinen Balsame gehörten je einer botanischen Gruppe an,

so entsprach

- Balsam der Fa. Bizarri (künftig abgekürzt als Balsam 1) dem Typ A: C. multijuga Hayne - Balsam der Fa. Schachinger (künftig abgekürzt als Balsam 2) dem Typ B: C. langsdorfii L.

Die wesentlichen Grundbausteine der untersuchten Balsame sind polyzyklische Diterpenharzsäuren der Labdane, Klerodane und Kaurane491, bei Copaivaöl Sesquiterpene – die Anfangsbuchstaben bilden zusammen mit einer laufenden Ziffer die künftig verwendeten Abkürzungen der nachgewiesenen Sesquiterpenarten.

Die Nachweisbarkeit von Copaivabalsam in Gemälden beschränkt sich auf den harzigen Anteil des Balsams (Diterpenkomponenten) bzw. dessen Alterungsprodukte.

In Tabelle 2.2.1.1werden die Marker / Ester der Harzsäuren angeführt, die im flüssigen Versuchsmaterial und in Gemälden nachgewiesen werden konnten.

Abb. 2_2 und 2_3 zeigen von den Balsamen 1 und 2 jeweils oben die ungealterten Markersubstanzen (a) und darunter die gealterten (b). Durch den Vergleich der Höhe

490 Prof. an der Hochschule für Gestaltung in Bern, Schweiz.

491 WERF/SCHMITT 2000, S. 10.

der Ausschläge (engl. peak) ist leicht ablesbar, welche Marker stabil blieben und welche reduziert oder getilgt wurden.

Abb. 2_2 TIC-Chromatogramme der GCMS-Analysen [Van der WERF/SCHMITT 2000, S. 8]

Diterpenfraktion vom Typ A, ungealtert (a) und nach drei Jahren natürlicher Alterung (b) ≈ Balsam 1, Fa. Bizarri

Abb. 2_3 TIC-Chromatogramme der GCMS-Analysen [Van der WERF/SCHMITT 2000, S. 8].Diterpenfraktion vom Typ B, ungealtert (a) und nach drei Jahren natürlicher Alterung (b); ≈ Balsam 2, Fa. Schachinger

In der Mehrzahl der Messungen zeigten sich folgende acht Marker als verlässliche Anzeichen von gealtertem Copaivabalsam / Harzanteil (Tabelle 2.2.2):

Tabelle 2.2.1.1 Stabile Molekülfraktionen von Copaivaharz (Ester der Copaivaharzsäuren) Angaben nach WERF/SCHMITT 2000, S. 9

Marker Bezeichnung

L1 Methylester der Eperuinsäure L3 Methylester der Kativosäure

L4 Methylester der unidentifiziertes Labdan L5 Methylester der Kopalsäure

L6 Methylester der Polyaltinsäure L8 Dimethylester der Pinifolsäure

K2 Methylester der Kaur-16-en19-oin-säure K3 Methylester der 16β- Kauran19-oin-säure C1 Methylester der Hardwickisäure

Verteilung der Marker für Copaivaharz in den Balsamen 1 und 2 (vgl. Abb.2_2 und 2_3, K= Klerodan / engl. C = clerodane).

(Balsam 1, Fa. Bizarri)

Typ A: C. multijuga Hayne L1, L3, L5, L8, L9, L10, L11, C1, C2, C3

(Balsam 2, Fa. Schachinger)

Typ B: C. langsdorfii L. L1, L2, L3, L5, L8, L9, L10, L11, K1, K2, K3

2.2.1.2 Chemische Reaktion von Copaivabalsam

Frank Hooghland492 ging der Hypothese nach, dass Copaivabalsam das Ölnetzwerk aktiv schädigen kann, eine Theorie, die auf Eibner zurückgeht493. Die Hypothese war, dass im Alterungsprozess die Harzsäuren auf die Abbauprodukte des Öls auflösend wirken. Als Endprodukt eines stark gealterten Öls kennen die Chemiker die Disäuren, insbesondere die Azelainsäure (abgekürzte Schreibweise 2C9). Sie ist in gealterter Malschicht so regelmäßig vorhanden, dass sie bei der chemischen Analyse als Marker für gealtertes Ölbindemittel dient. Hooghland hat daher Bleiseifen der Azelainsäure als Reaktionspartner von Copaivabalsam mikroskopisch mit UV und FTIR untersucht494. Diese ‚jungen’ Bleiseifen wurden von Copaivabalsam nicht angegriffen. Die geplante Fortsetzung dieser Versuche unter Alkoholbedampfung steht noch aus. Dem liegt die Hypothese der Verfasserin zugrunde, dass längere Einwirkung von Alkoholdämpfen die Bleiseifen hydrolisiert und einen Austausch der Ionenbindungen ermöglicht.

Denkbar ist auch, dass im Copaivaöl die Hydroxylgruppen der Sequiterpenalkohole zum Effekt beitragen und diese natürlich oder gealtert in relevant größeren Gehalten vorkommen.

2.2.1.3 Destillation des Copaivabalsams von Prof. Souza

Der Copaivabalsam von Prof. Souza, künftig als Souza-Balsam bezeichnet, ist im Artikel WERF/SCHMITT 2000 nicht berücksichtigt, weil das Material erst nach Manuskriptabgabe eintraf. Nach Auskunft von Souza kommt dieser Balsam aus dem Norden Brasiliens, nur dieser enthielt ausreichend Öl für eine Destillation. Bei der Ankunft in Deutschland war er rotbräunlich, im Aufstrich hell, dünnflüssig bis ölig und roch holzartig; nach 28 Std. war er noch flüssig. Dr. Uwe Hener495 destillierte aus dem Souza-Balsam zwei Qualitäten, eine mit Wasserdampf nach dem Deutschen Apothekerbuch, eine andere mit Spezialverfahren (Vorgehen siehe Anhang 7.2.3) und ermittelte einen Ölgehalt von 25%.Pettenkofer stand die Wasserdampfdestillation zur Verfügung, ein so erzieltes Destillat entspricht annähernd der historischen Qualität und wird künftig als DAB-Auszug bezeichnet496. Dieser roch angenehm schwach nach

492 Chemiker im Molart-Projekt.

493 JANTSCH 1939 (Nr. 21), S. 163-166, 171-173.

494 “No changes were observed (visible, UV and FTIR) at the lead soap / copaiva interface of the x-sections. Suggesting that the lead soaps are not affected by the copaivabalsam.”

Schriftliche Nachricht von Frank Hooghland vom 13.6.2006, Mitglied der Forschungsgruppe AMOLF am FOM-Institut, Amsterdam.

495 Uwe Hener ist wissenschaftlicher Assistent am Institut für Lebensmittelchemie der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main.

496 DAB = Deutsches Apothekerbuch.

Zitrone und war transparent wie Wasser. Seine leicht gelbliche Färbung bestätigt die Beschreibung „flachsblond“ von Nebel aus dem Jahr 1710. Der Destillationsrückstand war aufgrund des höheren Harzgehaltes viskoser als der Balsam. Das SDE-Öl hat Hener nach simultaner Destillationsextraktion (SDE Standard) hergestellt und dient hier der Namensgebung497. Dieses war farblos klar und erinnerte im Geruch an Petrolether.

Im Dunkeln bei 9°C aufbewahrt blieb es 10 Jahre lang wasserklar. Die Einschränkung auf das SDE-Destillat war mit Rücksicht auf die analytische Auswertbarkeit zwingend, erlaubt jedoch nicht, die Wirkung eines Wasserdampfdestillates kennenzulernen, wie es Pettenkofer verwendet hat.

2.2.1.4 Belichtung von Souza-Balsam und seinen Fraktionen

Abb. 2_4 zeigt das Aussehen von Souza-Balsam und seinen Fraktionen.

Souza- Balsam Souza- Balsam, Destillationsrückstand

Souza- Balsamöl, DAB – Auszug Souza- Balsamöl, SDE- Auszug

im Durchlicht 5 Tropfen im Glas im Durchlicht in Pipette im Durchlicht 5 Tropfen im Glas

Abb. 2_4 Abbildung der Souza-Balsam und seinen Fraktionen nach der Destillation im Jahr 2000, jeweils im Durchlicht besehen: in Pipette links 5 Tropfen im Glas rechts daneben

497 Versuche mit dem Wasserdampfdestillat und verschiedenen Ölkonzentrationen im Balsam stehen noch aus.

Es überrascht, dass nachweislich reiner und relativ frischer Balsam eine so rötliche Farbe hat. Diese natürliche Färbung beruht auf einem roten Farbstoff des Holzes. Die Färbung im harzigen Rückstand erscheint nicht rötlich, sondern eher gelb, ggf. wird bei der Destillation der Holzfarbstoff abgebaut. Entsprechend zeigen beide Destillate eine nur gelbliche Färbung, bei den Destillaten, DAB-Auszug und SDE-Öl ist sie minimal.

Im Hinblick auf die historische Kritik, dass Copaivabalsam übermäßig gilbe und nachdunkle, wurden der Balsam und seine Fraktionen sowohl frisch als auch nach neunmonatiger Belichtung fotografisch dokumentiert. Für diesen Vergleich wurde das flüssige Material verwendet, das seit der Destillation elf Jahre gekühlt im Dunkeln gelagert498 hatte: Die Mulde eines Objektträgers wurde jeweils mit drei Tropfen Material gefüllt (dicker Film) und ein weiterer Tropfen separat oberhalb auf den Objektträger aufgesetzt (dünner Film). In dieser Art wurde je ein Satz Objektträger angefertigt:

Der Satz belichtete Proben wurde neun Monate dem natürlichen Tageslicht ausgesetzt499. Da die Substanzen vor der Belichtung dieselben feinen Farbtonunterschiede wie direkt nach der Destillation zeigten (vgl. Abb.2_4), wurden die lichtgeschützten Substanzen zum Vergleich erst nach der Belichtungsdauer aufgetropft und gleichzeitig mit den belichteten Objektträgern aufgenommen (Abb. 2_5).

SDE-Destillat DAB- Destillat Souza-Balsam Destillations-

Rückstand Abb. 2_5 Flüssige Komponenten von Copaivabalsam ohne und mit Belichtung,

die gefüllte Mulde im Objektträger (dicke Lage) liegt jeweils rechts.

obere Zeile: Substanz, neun Monate lang unbelichtet, Januar 2012 untere Zeile: Substanz, neun Monate lang belichtet, Januar 2012

Die Veränderungen durch neun Monate Belichtung zeigten sich wie folgt:

Die Proben blieben paarweise ähnlich.

Der Rückstand und Balsam verbräunten und blieben transparent, sie wurden in neun Monaten augenfällig dunkler, sogar der dünne Film.

Beide Destillate wurden gelb (und trübten teilweise ein). Das SDE-Destillat war zuvor in beiden Stärken farblos; an beiden belichteten Destillaten steigerte sich der Grad der

498 Braune Flaschen und Objektträger mit Aluminiumfolie ummantelt, im Kühlschrank bei 8ºC.

499 Ende März 2011 bis Anfang Januar 2012 hinter Fensterglas im direkten Sonnenlicht Südseite.

Färbung entsprechend der Auftragsstärke. Überraschenderweise waren beide Destillate nicht vollständig flüchtig: Unabhängig von Filmdicken und Art / Reinheit der Destillate trat Filmbildung und teilweise Trübung auf: am belichteten DAB-Destillat trübte sich der dünne Film stärker als der dicke und damit entgegen der Stärke500. Als wesentlichen Fortschritt gegenüber 1865 fand Van der Werf unter den nachgewiesenen Bestandteilen zwei Sesquiterpene, die zur Polymerisation neigen und wertete diese als in Ethanol unlöslich501.

- Trans-Caryophyllein (Marker S6) und einige

- Cadinene (Marker S9, S12) enthalten Doppelbindungen in den Molekülabschnitten außerhalb ihrer Ringbindungen.

Bei all jenen historischen Behandlungen, bei denen lang gelagerte Copaivabalsame bzw. -Öle verwendet worden sind, trat möglicherweise eine solche Filmbildung auf und dann unbemerkt nach Anwendung / Belichtung. Eine Unlöslichkeit solcher dünnen Filme in Ethanol ist ein neuer Aspekt, der in der Diagnose regenerierter Gemälde zu berücksichtigen ist. Gleiches gilt bei der Auswertung der Experimente für Proben mit Balsam 2 (Lagerbestand) und Balsam1 nach fünfjähriger natürlicher Alterung.

2.2.1.5 Copaivaöl – Sesquiterpengehalte in Balsam 1 und 2 und ihre Struktur

Wie bereits erwähnt lassen sich Komponenten von frisch destilliertem Copaivaöl, die von historischen Maßnahmen (Regenerieren, Malmittel) herrühren, in Gemälden wegen ihrer Flüchtigkeit nicht mehr nachweisen, in flüssigen Produkten aus Handel und Museen können sie nachweisbar erhalten sein.

Zur Bewertung von Pettenkofers Kenntnisstand ist es hilfreich, die sukzessiven Erkenntnisse über Terpene zu rekapitulieren. Wallach erklärte als Erster zutreffend die Terpenstukturen. So setzt sich das Molekül des Terpentinöls aus zwei Isoprenbausteinen zusammen (Gerüst aus fünf C-Atomen). Da es einen Ring bildet, klassifiziert man es als Monoterpen, dieses Merkmal kennzeichnet Terpentinöl. Ein Terpen hat ein Grundgerüst aus zwei Isoprenen, also zehn C-Atomen. Die Zählung nach Terpenen ist historisch und datiert vor der Kenntnis der Isoprene. In Terpenen sind die Isoprene anders mit dem nächsten auf unterschiedliche Weise verbunden.

Dies bestimmt die Verzweigungsmöglichkeiten, Ringbildung und Eigenschaften.

Sesquiterpene kommen mit einem oder mehreren Ringen vor und werden

500 Da beide Destillate im Laufe der Lagerung versehentlich mit einer Folie in Berührung gerieten (gestörte Oberfläche), konnte die Trübung nicht näher ausgewertet oder analysiert werden.

501 Van der Werf, interner Bericht vom 22.3.1996, S. 6.

entsprechend zu den Monoterpenen oder den polyzyklischen Terpenen gezählt. Bei der chemischen Analyse der Copaivabalsame fand man bereits 1868 Sesquiterpene.

Jedoch kannte man zu der Zeit nur die Summenformel (C20H32). Heute kennt man das Grundgerüst aus 15 C-Atomen, also 1½ Terpenen.

Van der Werf502 hat die analysierten Sesquiterpene als S1 bis S10 angeführt. Je nach charakteristischem Muster (gemeinsamem Auftreten) von prominenten Fraktionen ließen sich biologische Typen zuordnen, ungesättigte Komponenten jeweils hervorgehoben (s. Abb. 2_6 und 2_7):

(Balsam 1, Fa. Bizarri) Typ A: C. multijuga Hayne S3, 6, 7, 8, 11 + 12 (Balsam 2, Fa. Schachinger) Typ B: C. langsdorfii L. S4, 7 + 11

Abb. 2_6 TIC-Chromatogramme der GCMS-Analysen [REPRO aus Van der WERF/SCHMITT 2000, S. 7]

Sesquiterpenfraktion der Probe A (a) ≈ Balsam 1 und Probe B (b) ≈ Balsam 2.

502 WERF/SCHMITT 2000, S. 7.

Abb. 2_7 TIC-Chromatogramm der GCMS-Analysen vom SDE-Destillat Souza-Balsam [FOM-Institut].

Links: Detail vergrößert, die Oberkante der rötlichen Markierungen zeigt die Höhe der Ausschläge an503.

Im SDE-Öl wurden S4, S5 und S9 mit fraglichen, sehr geringen Ausschlägen gefunden, S7, S8, S11, S12, S13 als deutliche Ausschläge sowie dominant S6 (s.

Abb.2_7). Dies korrespondiert mit der Mitteilung von Hener, dass im SDE-Öl zu 70 % Caryophyllein enthalten ist. Es sind jene fünf Marker, die Typ A entsprechen. Das deutet auf die botanische Art C. Multijuga Hayne, gleicht dem Versuchsmaterial Balsam1 der Fa. Bizarri und bestätigt dessen Zuordnung als aktuelles Handelsprodukt.

Demnach enthalten Balsam 1 und das SDE-Öl polymerisierende Fraktionen.

503 Der starke Ausschlag (1400-1450cm-1) stammt vom internen Standard.

Die im reinen Balsam 2 enthaltenen Sesquiterpene S4, 7 und 11 werden mit dreidimensionalen Strukturmodellen vorgestellt (Tabelle 2.2.2.5a).

Tabelle 2.2.2.5a

Dreidimensionale Modelle der Molekülstruktur von stabilen Sesquiterpenen in Balsam 2

Ansicht a Ansicht b (90° gedreht) Name / Eigenschaften

S4 β-Element

monozyklisch löslich in Alkohol

S7 α-Bergamoten

monozyklisch löslich in Alkohol

S11 β-Bisabolen

monozyklisch

in Zitrone und Oregano löslich in Alkohol

Alle drei Sesquiterpene sind monozyklisch, die Seitenkette am β-Bisabolen ist gestreckt. In Ansicht b (90° in der senkrechten Achse gedreht) sind alle drei auffällig flach angeordnet.

Im Balsam 1 und im Balsam S herrschen S6, also polymerisierbares Trans-Caryophyllen vor. Dieses ist bizyklisch, ein Ring ist deutlich größer als der andere. Zu dieser Struktur gab es keine gleichwertige dreidimensionale Abbildung. Tabelle 2.2.2.5b zeigt daher die Isomere von Trans-Caryophyllen in α und β-Konstellationen.

Tabelle 2.2.2.5b Dreidimensionale Modelle der Molekülstruktur von stabilen Sesquiterpenen

Ansicht a Ansicht b (90° gedreht) Name / Eigenschaften

(–)-trans-Caryophyllene bicyclisch504

α-Caryophyllen (Humulen)

Monozyklisch;

in Gewürznelken und Basilikum-Arten enthalten; löslich in Alkohol

Anstelle S6 Trans-Caryophyllen ersatzweise: β-Caryophyllen

Bicyclisch;

in Basilikum, Rosmarin, Zimt, Oregano, Kümmel und Pfeffer enthalten;

Löslich in Alkohol und Propylenglykol Das Sesquiterpen α-Caryophyllen (Humulen) hat, wie die Sesquiterpene S4, S7 und S11 von 100% reinem Balsam 2, einen Ring und zählt daher wie diese zu den Monoterpenen. Bei Humulen ist dieser Ring sehr groß – drei cis-Konfigurationen bilden ihn. Das Isomer β-Caryophyllen ist wie S6 bizyklisch, entsprechend ist der Ring, wie bei S6, aus zwei cis-Konfigurationen doppelt so groß im Vergleich zu den Monozyklen des Balsams 2.

504 Siedepunkt 262-264°C und Strukturbild bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 27.4.2011

Zudem sind in Ansicht b alle Verzweigungen der Isomeren des Caryophylleins fast deckungsgleich angeordnet, sodass sich eine Art hülsenartig erstreckte Klammer zeigt.

In diesen beiden Merkmalen unterscheidet sich das Caryophyllein deutlich von den übrigen Sesquiterpenen des Copaivabalsams. Solche Strukturmerkmale spielen möglicherweise für die Wirkung des Copaivaöls eine entscheidende Rolle.

Nachdem die Sesquiterpene in den Versuchsmaterialien Balsam 1 und Balsam 2 bekannt sind, können die Siedebereiche im rechnerischen Mittel genauer angegeben und mit Terpentinöl verglichen werden. (Siehe Anhang 7.2.2, Tabelle 7.2.2a Sesquiterpene, Tabelle 7.2.2b Terpentinöl. Die herangezogenen Daten stammen aus einer Quelle505.) Für die Naturprodukte schwankender Zusammensetzung sind dies nur grobe Anhaltspunkte, als Größenordnung sind sie anschaulich.

Der relative Unterschied im Siedepunkt von beiden Balsamen wird hier als Differenz Δ zu Terpentinöl veranschaulicht, sie ist

Balsam 1 (Fa. Bizarri, 75% rein, 222,5°C) mit Δ 56,5 stark -

Balsam 2 (Fa. Schachinger, 100% rein, 194,5°C) mit Δ 28 vergleichsweise gering.

Ursache kann das Verschnittmittel in Balsam 2 sein, wenn es ähnlich wie Terpentinöl siedet.

Im Dampfdruck unterscheiden sich die beiden Balsame nicht, er liegt einheitlich bei ca.

0,025mm/Hg, bei Terpentinöl mit ca. 3mm/Hg. Diese Differenz zum Terpentinöl ist extrem, die Balsame verdampfen um den Faktor 120 langsamer. Aus diesem Grund werden beide Inhaltsstoffe der Copaivaöle in der Kosmetikindustrie genutzt, Zusätze davon halten flüchtige Duftstoffe länger auf der Haut.

2.2.1.6 Copaivaöl – Lösemittelparameter

Stefan Zumbühl hat vom Wasserdampfdestillat und vom SDE-Öl Lösemittel-Parameter ermittelt. Seine schriftliche Mitteilung liegt dem Anhang bei506. Beide Destillate zeigten Werte wie Benzine. Die Lösungsfähigkeit der Destillate entspricht etwa dem von Shellsol T, also einem reinen Aliphaten507. Der SSP-Wert des SDE-Destillates beträgt 0.527, der vom DAB-Destillat 0,552508. Der Siedebereich von Copaivaöl (255-265°C509)

505 http://www.thegoodscentscompany.com/data/rw1027221.html abgerufen 12.11.15.

506 Die grundlegenden Verfahrenstechniken beschrieb er in ZUMBÜHL 2011, Teil V.

507 Schriftliche Mitteilung von Zumbühl; der Et(30) Wert nach Reichardt liegt < 32 kcal mol-1, d.h.

er war aufgrund der geringen Polarität nicht zu ermitteln. Zum Vergleich werden die Werte von n-Hexan bei 31 kcal mol-1 und der von Toluol bei 33.9 kcal mol-1 angegeben.

508 SSP-Werte werden nach Catalan mit dem LSER-System (Linear Solvation Energy Relationship) ermittelt. Zum Vergleich wird der Wert von n-Hexan angegeben: SSP [-] 0.519.

vgl. ZUMBÜHL 2011, S. 207.

liegt, wie erwähnt, sehr viel höher als der für Shellsol T (um 180-190°C510). Zumbühl erklärte das mit der verhältnismäßig großen Masse der Sesquiterpene, die sie starr mache und ihre Fähigkeit zu intermolekularen Wechselwirkungen einschränke.

Copaivaöl ist seines Erachtens weniger Lösemittel und entspricht eher dem Funktionsprinzip der Weichmachungsmittel. Diese Aussagen gelten bisher für laborreines, frisch destilliertes Copaivaöl. Da bereits um 1900 Copaivaöl gehandelt, also fabrikmäßig abgefüllt wurde, ist von da an damit zu rechnen, dass auch Copaivaöle unerkannt verfälscht / gestreckt wurden, was die Löseeigenschaften auf komplexe Weise verändert haben wird.

Nachdem die Methodik und Ergebnis der Analyse von Balsamen dargelegt sind, interessieren nun die Nachweise dieses Konservierungsstoffes in Gemäldeproben, die mit dem neuen Verfahren von Van der Werf erfolgreich waren.