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5. Diskussion

5.1 Kritik der Methode

5.1.1 Auswahl des Modells

Das Schwein ist in Bezug auf die Anatomie, Morphologie und Physiologie des GIT dem Menschen sehr ähnlich und eignet sich daher für die Bearbeitung von ernährungsphysiologischen Fragestellungen als Modelltier für den Menschen (MOUGHAN et al. 1994; MILLER u. ULLREY 1987). Jedoch sind beim Einsatz des Schweines als Modelltier einige anatomische Unterschiede zu beachten: So beträgt die Länge des Dünndarms beim Menschen 5-6 Meter. Dabei entfallen ca. 30 cm auf das Duodenum, was 6% der Gesamtdünndarmlänge entspricht. Die Grenze zwischen Jejunum und Ileum ist beim Menschen nicht klar zu ziehen, daher werden die oralen 2/5 des Jejunoileums als Jejunum (in etwa 1,88 Meter, entsprechen 40% der Gesamtdünndarmlänge) und die aboralen 3/5 (ca. 2,82 Meter und damit 54% der Gesamtdünndarmlänge) als Ileum definiert (LIPPERT 2011). Beim Schwein beträgt die Länge des Duodenums 70 bis 90 cm (ca. 4,3% der Gesamtdünndarmlänge), die des Jejunums 14-19 Meter (ca. 91% der Gesamtlänge) und die des Ileums 0,7-1 Meter (ca. 4,7% der Gesamtdünndarmlänge). Im Unterschied zum Schwein ist beim Menschen somit das Ileum der längste Dünndarmabschnitt. Ebenso ist der relative Anteil des Dickdarms an der KM beim Schwein im Vergleich zum Menschen wesentlich größer (MOUGHAN et al. 1994). Trotz der genannten Unterschiede hat sich das pankreasgangligierte Schwein in Studien als Modelltier für die Untersuchung der vielfältigen Auswirkungen der PEI bei Menschen bewährt (IMONDI et al. 1972;

ABELLO et al. 1989; TABELING et al. 1998; SCHWARZMAIER 2012; MÖSSELER 2016, GREGORY et al. 2016). Trotz der bestehenden Unterschiede in Anatomie und Verdauungsphysiologie gilt das Schweinen als ideales Modelltier, insbesondere wenn die Durchführung von Forschungsvorhaben am Menschen aus ethischen oder praktischen Gründen nicht in Frage kommt (MOUGHAN et al. 1994).

89 5.1.2 Anzahl der im Versuch genutzten Tiere

Die Zahl der im ersten Teil in den einzelnen Gruppen eingesetzten Tiere betrug für die Kontrollgruppe n=4, für die Tiere der anderen 3 Gruppen (PL7, PL7 VIT, PL16) jeweils n=5. Die Anzahl der Tiere im zweiten Teil betrug für die Kontrollgruppe n=3, und für die PL16 Gruppe n=5. Es wurde demnach in beiden Teilen dieser Arbeit eine vergleichsweise geringe Anzahl von Tieren verwendet. Der Grund hierfür ist die aufwendige OP-Technik zur Induktion der PEI und der erhebliche Betreuungsaufwand für die erfolgreich operierten Tiere. Zu beachten ist, dass auf Grund der geringen Anzahl an Tieren ein großer Effekt einzelner Individuen auf den Mittelwert einer Gruppe besteht, bzw. die mögliche statistische Absicherung erschwert ist. Um Einflüsse des Individuums (Wachstumspotential) zu minimieren und möglichst vergleichbare Ausgangsbedingungen zu schaffen, wurden jeweils zu Versuchsbeginn die Tiere anhand ihrer KM vor der OP auf die verschiedenen Gruppen aufgeteilt. Im zweiten Teil wurden die Tiere zu zweit gehalten, wobei stets ein Kontrolltier mit einem PL16 Tier zusammen in einer Buchtgehalten wurde, sodass das PL16 Tier von dem Kontrolltier zum Fressen animiert wurde. Bedingt durch die ungleiche Anzahl an Tieren in beiden Gruppen (Kontrolle: n=3, PL16: n=5), stand für die Tiere 83 und 84 kein Kontrolltier als Partner zu Verfügung. Diese ungleiche Anzahl wurde jedoch bewusst so gewählt, da auf Grund möglicher anatomischer Besonderheiten (z.B. Vorkommen des zweiten Ausführungsganges) die Gefahr bestand, dass trotz etablierter OP-Technik und routiniertem Personal durch die Pankreasgangligatur bei einem oder mehreren PL-Tieren keine PEI induziert werden konnte. Durch die chirurgische Pankreasgangligatur bei 5 der 8 Tiere sollte sichergestellt werden, dass eine ausreichende Anzahl an Tieren mit PEI verfügbar war. Die geringe Anzahl an Kontrolltieren (im Falle der erfolgreichen Induktion der PEI bei allen PL-Tieren) wurde bewusst in Kauf genommen, da in der Literatur Daten zur Morphologie des GIT gesunder Tiere verfügbar sind (NICKEL et al. 2004).

5.1.3 Veränderungen des endokrinen Pankreasgewebes

Die Proben des Pankreasgewebes der Tiere aus dem ersten Teil dieser Arbeit wurden im Institut für Pathologie der Tierärztlichen Hochschule Hannover untersucht. Dort wurde bei einigen pankreasgangligierten Tieren das Vorkommen einer Nesidioblastose diagnostiziert. Als Nesidioblastose wird eine Inselzell-Hyperplasie

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bezeichnet, welche zu einer postprandialen hyperinsulinämischen Hypoglykämie führt (LAIDLAW 1938; RAFFEL et al. 2007). Neben erhöhten Insulinwerten im Serum zeigen sich auch erhöhte GLP-1 Serumwerte, welche wiederum die Sekretion von Insulin fördern (RITZ et al. 2016). Möglicherweise ist die Pankreasgangligatur ein Auslöser für die Entwicklung einer Nesidioblastose und hat damit Auswirkungen auf die GLP-1 Serumwerte. Jedoch konnten KOLLECK et al. (2011) keine erhöhten Insulinwerte bei PL-Tieren nachweisen. Bislang fehlen Hinweise auf eine gesteigerte endokrine Funktion des Pankreas in pankreasgangligierten Minipigs. Darüber hinaus gab es auch bei den Tieren aus dem zweiten Teil dieser Arbeit keine Hinweise auf eine Hyperplasie der Inselzellen. Es bedarf an dieser Stelle aber weiterer Untersuchungen.

5.1.4 Zuordnung von Gewebeproben aus dem Dünndarm (Teil 1)

Ziel der Untersuchung im ersten Teil war zum einen die anatomisch korrekte Zuordnung der Gewebeproben zum jeweiligen Darmabschnitt und zum anderen die Quantifizierung der Dicke der Darmwand mit ihren unterschiedlichen Schichten (vergleichende Untersuchung der verschiedenen Gruppen). Aufgrund der gewählten Probenentnahmemethode (Entnahme einer Gewebeprobe im Abstand von jeweils zwei Metern) war retrospektiv keine genaue Bestimmung der Darmlänge der einzelnen Abschnitte möglich. Vor allem die Abgrenzung zwischen Jejunum und Ileum ist ohne makroskopisch-anatomische Markierung (Plica ileocaecalis) nicht genau möglich.

NICKEL et al. (2004) geben zwar neben dem Vorhandensein von Peyer‘schen Platten auch eine „stärkere Tunica muscularis“ als Definition für das Ileum an, ohne sichere Vergleichswerte war auch anhand dieses Parameters keine sichere Differenzierung von Jejunum und Ileum möglich. So wurden gegebenenfalls Darmabschnitte, die eigentlich dem Ileum zuzuordnen wären aufgrund des Vorhandenseins von Peyer’schen Platten fälschlicherweise dem Jejunum zugeordnet. So handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit bei den in Abbildung 7 mit Peyer‘schen Platten gekennzeichneten Proben an den Lokalisationen 8 und 9 der Tiere 34 und 35 um Ileumgewebe. Die Peyer‘schen Platten gehören zu den lymphatischen Organen und kommen „vor allem im Ileum“ vor. Beim Schwein jedoch sind sie besonders zahlreich und werden auch im proximalen Dünndarm angetroffen (NICKEL et al. 2004), sodass eine Zuordnung von Darmgewebe allein anhand des histologischen Schnittbildes

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erschwert wird. Darüber hinaus kann es möglicherweise während der Probenentnahme zu Fehlern in der Zuordnung der Proben zu der jeweiligen Lokalisation gekommen sein, wodurch das Auffinden von Jejunumgewebe am aboralem Ende des Dünndarmes bei den Tieren 32 und 34 erklärt werden kann.

5.1.5 Messung der Schichtdicken im Jejunumgewebe (Teil 1)

Aufgrund der Vermutung, dass die Elongation hauptsächlich das Jejunum betrifft und dieses ohnehin der größenmäßig dominierende Abschnitt des Dünndarmes ist, wurde der Fokus im ersten Teil dieser Arbeit auf die Untersuchung des Jejunums gelegt. Wie im Abschnitt 3.2.3.4 erwähnt, wurden die Messungen der Schichtdicken nur an Gewebeschnitten, deren Schichten vollständig vorhanden waren und möglichst einen Anschnitt im Winkel von 90° vorwiesen, durchgeführt. Da dies jedoch nicht für jeden Gewebeschnitt erreicht wurde, konnten die Messungen nicht für jedes Tier an der gleichen Probenlokalisation (d.h. im gleichen Abstand zum oralen Ende des Dünndarmes) durchgeführt werden, sondern die Probenlokalisation variierte um ±4 Meter, d.h. es wurde auf eine Gewebeprobe einer oral bzw. aboral gelegenen Lokalisation ausgewichen. Es wurden immer vergleichbare Lokalisationen (absolute Länge) unabhängig von der individuellen Gesamtlänge des Dünndarmes untersucht.

So kommt es zu Unterschieden in der relativen Lokalisation der jeweiligen Gewebeproben in Abhängigkeit von der individuell unterschiedlichen Dünndarmlänge.

Aufgrund der extrem kurzen Dünndarmlängen der Tiere 34 (16,2 m) und 35 (14,7 m) und der dadurch bedingten geringen Anzahl an Proben (bei Einhaltung der beschriebenen Probenauswahl) wurden bei diesen Tieren, abweichend vom geplanten Schema, Proben von den Lokalisationen 4 und 7 genutzt. Bei zwei Tieren der Kontrollgruppe musste ebenfalls aufgrund der deutlich kürzeren Darmlänge auf die Probenlokalisation 8 als letzte Jejunumprobe zurückgegriffen werden. Darüber hinaus kann eine Differenz im Anschnittwinkel des Gewebes nicht ausgeschlossen werden, da es sich dabei um ein 3-dimensionales Gewebe handelt, wodurch die Genauigkeit der Messungen ebenfalls zu einem gewissen Grad beeinflusst wurde.

Als Parameter zur näheren Charakterisierung der Darmwand wurden die Schichtdicke der Tunica mucosa, eingeteilt in Villuslänge und Kryptentiefe, die Schichtdicke der Tunica muscularis, sowie der Anteil an PCNA-positiven Zellkernen zur

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Gesamtzellkernzahl in den Krypten der Tunica mucosa und die Anzahl PCNA-positiver Zellkerne pro Gesichtsfeld in der Tunica muscularis gewählt. Mit der differenzierten Untersuchung der Tunica muscularis sollte insbesondere die Frage geklärt werden, ob die Elongation des Dünndarmes lediglich eine „Streckung“ (verbunden mit einer Ausdünnung) der Tunica muscularis darstellt oder ob es zu einer Hypertrophie oder Hyperplasie (Erhöhung der Anzahl der Zellen bzw. des Volumens der Zelle) der Muskulatur kommt. Da die Beantwortung dieser Frage mit den Proben aus dem ersten Teil leider nicht zweifelsfrei möglich war (eventuelle Auflockerung der Muskelfasern der Tunica muscularis durch eine zu lange Fixierdauer), wurden deshalb im zweiten Teil neue Gewebeproben entnommen. Vor diesem Hintergrund wurde auch eine spezielle Kunststoffeinbettung genutzt, da diese eine wesentlich dünnere Schnittdicke ermöglicht als eine Paraffin-Einbettung und somit eine bessere Darstellung der Muskelzellen und ihrer Kerne möglich war.

5.1.6 Fütterung (Teil 2)

Die geplante ad libitum Fütterung war nicht umsetzbar, da es zu extrem hohen Futterverlusten kam, sodass den Tieren nur so viel Futter zur Verfügung gestellt wurde, wie sie an einem Tag aufnahmen. Dabei war in zwei Buchten ein deutlich höherer Futterverbrauch auffällig. Dies spiegelt sich jedoch nicht in den Körpermassen der Tiere der betreffenden Buchten zum Zeitpunkt der Sektion wider. Es muss deshalb davon ausgegangen werden, dass es sich dabei nicht um eine höhere Futteraufnahme handelte, sondern vermutlich in diesen Gruppen die Futterverluste höher waren. Die Angaben zum wöchentlichen Futterverbrauch können nicht als die tatsächlich durch die Tiere aufgenommen Futtermenge gewertet werden, da es trotz Limitierung der eingesetzten Futtermenge, aufgrund der tierartspezifischen Futteraufnahme und der verfügbaren Tröge, weiterhin zu Futterverlusten kam, die aufgrund des rauen Bodens nicht zurückgewogen werden konnten. Bedingt durch die gewählte Haltungsform und Fütterungstechnik kann zudem keine Aussage über die individuelle Futteraufnahme der Tiere getroffen werden, aber es werden positive Effekte der Haltung in 2er-Gruppen auf die Futteraufnahme der PL-Tiere vermutet. Das Vorgehen ist jedoch als akzeptabel zu bewerten, da der Fokus dieser Arbeit nicht auf Seiten der Futterverwertung lag (diesbezüglich wird auf die Daten von SCHWARZMAIER 2012 und von MÖSSELER et al. 2014 verwiesen), sondern auf der

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histologischen Untersuchung des Darmgewebes nach experimenteller Auslösung einer exokrinen Pankreasinsuffizienz.

5.1.7 Sektionszeitpunkt (Teil 2)

Es konnten aus personellen und organisatorischen Gründen nicht alle Tiere an einem Tag und zum gleichen Zeitpunkt, d.h. mit gleichem Abstand zur letzten Futtervorlage, getötet und seziert werden. Wenngleich den Tieren bis zum Sektionszeitpunkt das Futter zu freien Verfügung angeboten wurde, ist davon auszugehen, dass die Tiere im Futteraufnahme- und Kotabsatzverhalten einer gewissen Tag-Nacht-Rhythmik folgten und insbesondere zu Beginn der Lichtphase ihr Futter aufnahmen. Die in den einzelnen Abschnitten des GIT vorhandene Chymusmenge sowie evtl. auch andere Chymusparameter könnten daher vom Zeitpunkt der Euthanasie und dem daraus resultierenden Abstand zur letzten Futteraufnahme, beeinflusst sein. Die zum Sektionszeitpunkt im Magen befindliche Digesta-Masse variierte jedoch nicht zwischen den Tieren die morgens (9:00 Uhr) euthanasiert wurden (1982 ± 924 g uS) und denen, die mittags (12:00 Uhr) euthanasiert wurden (2106 ± 1062 g uS). Um Auswirkungen der Tageszeit auf die Sektionsergebnisse zu minimieren, und um den ersten Tieren des jeweiligen Sektionstages eine ausreichend lange Zeit zur Futteraufnahme zu gewähren, erfolgte die Futterzuteilung an die Tiere früh morgens (6:00 Uhr) und die Aufteilung der Tiere aus den beiden Gruppen auf die Sektionszeitpunkte alternierend (siehe Übersicht 1). Aus organisatorischen Gründen wurde nach zwei unmittelbar aufeinanderfolgenden Sektionstagen ein Tag lang pausiert, auf den anschließend wieder zwei unmittelbar aufeinanderfolgende Sektionstage folgten. Die Unterschiede im Alter der Tiere am Sektionstag waren gering, sodass davon auszugehen ist, dass das Alter der Tiere keinen Einfluss auf die Sektionsergebnisse hatte. Bei der Bestimmung der Darmlängen nach Exenteration ist zu beachten, dass die gemessenen Längen nicht vorbehaltslos auf das lebende Tier übertragen werden können, da es nach dem Tod zu einer Relaxation der Muskulatur (vor allem der Längsmuskulatur) des Darmes kommt, wodurch post mortem höhere Werte gemessen werden können, als in vivo vorliegen (LIPPERT 2011). Da aber die Zeit zwischen dem Eintritt des Todes und der Längenmessungen relativ kurz war und diese sich auch zwischen den einzelnen Tieren nicht unterschied, ist ein relevanter Einfluss auf die Messungen der Darmlängen post mortem nicht zu erwarten.

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5.1.8 Verdaulichkeit von Futterinhaltsstoffen (Teil 2)

Im Unterschied zu der bei SCHWARZMAIER (2012) bestimmten scheinbaren praecaecalen Rohproteinverdaulichkeit von 46,9% bei den Kontrolltieren, war diese bei den Kontrolltieren dieser Studie mit 25,8% deutlich geringer. Dieser niedrige Wert ist vermutlich auf Blut- und Mukusbeimengungen im Chymus zurückzuführen.

Aufgrund makroskopisch-anatomischer Untersuchung und dem primären Interesse an der schnellen Konservierung der Gewebeproben erfolgte die Gewinnung des Darminhaltes mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung gegenüber dem Sektionsablauf im Projekt SCHWARZMAIER (2012), daher ist auch eine Abschilferung größerer Mengen an Darmepithel in den Chymus denkbar. Darüber hinaus stand für die Analysen im Ileumchymus z.T. nicht ausreichend Material zur Verfügung. Dies ist vor allem dadurch begründet, dass das Ileum in dieser Untersuchung anhand anatomischer Grenzen und nicht, wie in ähnlichen Studien üblich, als „letztes Drittel“

des Dünndarmes definiert worden war. Deshalb musste oft auf Chymus aus weiter oral liegenden Dünndarmabschnitten zurückgegriffen werden. Dies erklärt gegebenenfalls die geringere scheinbare Verdaulichkeit, da in weiter oral gelegenen Dünndarmabschnitten die Absorption noch nicht vollständig abgeschlossen ist. Die extrem geringe scheinbare praecaecale Verdaulichkeit von Rohprotein in der PL16 Gruppe ist zum einen durch das Krankheitsbild der PEI bedingt zum anderen auch durch die oben genannten Einflüsse und liegt damit unterhalb den in vergleichbaren Studien errechneten Werten (SCHWARZMAIER 2012; MÖSSELER et al. 2015a). Die Werte für die scheinbare Verdaulichkeit von Rohprotein über den gesamten Verdauungstrakt stimmen hingegen sehr gut mit den Werten aus SCHWARZMAIER (2012) und MÖSSELER et al. (2015a) überein.

5.1.9 Auswirkungen der PEI auf die Körpermasse, Körpermaße sowie die Längen und Massen der einzelnen Darmabschnitte

Aufgrund der gewählten Haltungs- und Fütterungsform kann keine Aussage über die individuelle Futteraufnahme getroffen werden. Jedoch lässt sich aus den Ergebnissen der Sektion erkennen, dass es keine Unterschiede in der Magenfüllung zwischen den Tieren der beiden Gruppen gibt, sodass davon ausgegangen werden kann, dass die PL16 Tiere am Tag der Sektion eine ähnlich hohe Futteraufnahme wie die Kontrolltiere zeigten. Die Einbußen der Verdaulichkeit belegen, dass den PL16 Tieren weniger

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verdauliche Energie und Nährstoffe zur Verfügung standen, was zu entsprechenden Konsequenzen auch auf das „Wachstum“ dieser Tiere führte. Dies zeigte sich unter anderem in niedrigeren täglichen Zunahmen der PL-Tiere, und den damit einhergehenden signifikant niedrigeren KM am Ende des Versuches. Auch in den gewählten Parametern zur Bestimmung der Körpermaße zeigten die PL16 Tiere tendenziell niedrigere Werte, auch wenn sich nur die Werte für Brust- und Röhrbeinumfang signifikant zur Kontrollgruppe unterschieden. Im Vergleich zu den Ergebnissen von SCHWARZMAIER (2012) konnte kein signifikanter Unterschied im Bauchumfang zwischen PL16 Tieren und Kontrolltieren festgestellt werden, was möglicherweise dem unterschiedlichen Alter zum Zeitpunkt der OP geschuldet war.

Die Tiere aus der Studie von SCHWARZMAIER (2012) waren zum Zeitpunkt der Operation erst 7 Wochen alt, wohingegen die Operation der Tiere in dieser Studie erst in der 16. Lebenswoche vorgenommen wurde. Daher waren die PL16 Tiere zum Zeitpunkt der OP weiter entwickelt als die Tiere von SCHWARZMAIER (2012; Nasen-Steiß-Länge: PL16 Tiere 56,0 cm, Kontrolltiere 52,0 cm) und unterschieden sich in ihrer Nasen-Steiß-Länge zum Zeitpunkt der Sektion nicht sehr deutlich von den Kontrolltieren (Nasen-Steiß-Länge: PL16 Tiere 150 cm, Kontrolltiere 160 cm). Des Weiteren spiegelt sich die niedrige praecaecale Verdaulichkeit der PL16 Gruppe in höheren Massen an Digesta, vor allem im aboralen Teil des Darmes (Jejunum, Ileum und Colon), wider. Die tendenziell höheren Werte an absoluter TS-Menge in den einzelnen Darmabschnitten (signifikant für Jejunum, Ileum und Colon) zeigen, dass die höheren Digesta-Massen der PL16 Gruppe nicht durch eine Verflüssigung, d.h. einem höheren Gehalt an Wasser, im Chymus entstehen.

Das damit verbundene erhöhte Vorkommen an Nährstoffen in diesem Bereich ist womöglich eine Erklärung für die in früheren Studien beobachteten (MÖSSELER et al.

2015b) höheren Serumwerte von GLP-2 sowie die aus der Fermentation malabsorbierter Kohlenhydrate und nicht verdauter Strukturkohlenhydrate entstehenden FFS, insbesondere die aus der Fermentation entstandene Buttersäure (BURRIN et al. 2001; TAPPENDEN et al. 2003). Es konnte eine deutliche Verschiebung der Anteile der einzelnen flüchtigen Fettsäuren an der Gesamtkonzentration gezeigt werden, wobei bei den PL16 Tieren ein signifikant geringerer Anteil an Essigsäure bei parallel signifikant höherem Anteil an Propion- und Buttersäure beobachtet wurde (s. Abb. 24).

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Abbildung 24: Anteil (%) der einzelnen flüchtigen Fettsäuren an der Gesamtkonzentration freier Fettsäuren im Caecum (MW ± STABW)

Fazit: Die Pankreasgangligatur führt zu schlechteren scheinbaren Verdaulichkeiten (praecaecale/Verdaulichkeit über den gesamten Verdauungstrakt) von Rohprotein und Rohfett, woraus ein vermindertes Wachstum der PL-Tiere resultiert. Außerdem verursacht die schlechtere scheinbare praecaecale Verdaulichkeit eine erhöhte Anflutung von Nährstoffen im Lumen des aboralen Dünndarmes (Jejunum, Ileum) sowie eine höhere Konzentration an Buttersäure im Caecum. Dies ist eine mögliche Erklärung der in vorangegangenen Studien beobachteten höheren Serumspiegel an GLP-2.

5.1.10 Welcher Darmabschnitt reagiert bei Vorliegen einer PEI mit einer Verlängerung?

Die Kernfrage, welcher Abschnitt des Dünndarms mit einer Elongation reagiert, konnte nicht an den vorliegenden Proben aus dem ersten Teil, sondern erst anhand der Untersuchungen im zweiten Teil abschließend geklärt werden. Es stellte sich heraus, dass die Elongation des Dünndarmes fast ausschließlich auf der Verlängerung des Jejunums basiert. Somit bestätigte sich die schon bereits anhand der Ergebnisse aus dem ersten Teil abgeleitete Vermutung. Es zeigten sich zwar im Mittel auch bezüglich des Duodenums und Ileums eine Längenzunahme von wenigen Zentimetern in der

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PL16 Gruppe, was aber bei weitem nicht so markant wie im Jejunum war (siehe auch Abbildung 22 und Tabelle 22). Das Jejunum stellt mit seinen langen Villi und damit großen Absorptionsfläche, den hochkonzentrierten Verdauungsenzymen und den vielen Transportproteinen den Hauptort für Nährstoffspaltung und Nährstoffabsorption dar (VANDERHOOF u. LANGNAS 1997), sodass eine Längenzunahme in diesem Darmabschnitt für das Tier unter dem Aspekt einer nötigen Kompensation und hoher Effizienz am sinnvollsten erscheint.

Fazit: Die bei einer PEI zu beobachtende Dünndarmelongation basiert fast ausschließlich auf einer Elongation des Jejunums.

5.1.11 Morphologie der bei PEI verlängerten Dünndarmabschnitte

5.1.11.1 Tunica mucosa

Die Untersuchungen im ersten Teil wurden auf das Jejunum fokussiert, weil das Jejunum den Hauptort für Nährstoffspaltung und Nährstoffabsorption darstellt (VANDERHOOF u. LANGNAS 1997) und vermutet wurde, dass sich hier Unterschiede in der Schichtdicke des Dünndarmgewebes am ehesten manifestieren dürften. Der Grund für die Auswahl der Schichtdicke der Tunica mucosa als entscheidende Prüfgröße war die Annahme, dass sich der Dünndarm bei Fehlen der Verdauungsenzyme des Pankreas in Form einer intestinalen Adaptation an die veränderten Milieubedingungen anpassen muss (BRISTOL u. WILLIAMSON 1988).

So wurde, wie schon in der Studie von PRYKHODKO et al. (2014) beschrieben, zunächst eine Reduzierung der Schichtdicke der Tunica mucosa bei PL-Tieren, durch den Wegfall von trophischen Faktoren aus dem Pankreassaft, erwartet. ALTMANN (1971) konnte bei laktierenden Ratten zeigen, dass eine Zunahme des Villuslänge im Dünndarmgewebe abhängig vom Abstand des betreffenden Gewebereiches zum Ausführungsgang des Pankreas ist. HANSON et al. (1977) folgerte daraus, dass die Zunahme der Länge sowie der Gesamtzellzahl in den Villi, im, nach vorgenommener Darmresektion, verbliebenen Darm durch die so hergestellte Nähe zum Ausführungsgang des Pankreas entsteht. Neben der von ALTMANN (1971) beschriebenen trophischen Wirkung des Pankreassaftes auf die Schleimhaut des Dünndarms konnten auch ADLER et al. (1987) eine signifikante Verringerung der

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Villushöhe, aber keine Änderung der Kryptentiefe im Darmepithel von Mäusen mit einer PEI zeigen. Darüber hinaus muss der trophische Einfluss von Nährstoffen auf die Schleimhaut des Dünndarms beachtet werden (TAPPENEDEN 2006). Trophisch wirksame Nährstoffe sind vor allem Fette, insbesondere flüchtige Fettsäuren und langkettige, mehrfachungesättigte Fettsäuren (TAPPENDEN 2006, GREY et al. 1984, KOLLMAN et al. 1999). Die trophischen Effekte von Pankreassaft und Nährstoffen betreffen nicht nur die zuvor angesprochenen Auswirkungen auf die Villi, sondern

Villushöhe, aber keine Änderung der Kryptentiefe im Darmepithel von Mäusen mit einer PEI zeigen. Darüber hinaus muss der trophische Einfluss von Nährstoffen auf die Schleimhaut des Dünndarms beachtet werden (TAPPENEDEN 2006). Trophisch wirksame Nährstoffe sind vor allem Fette, insbesondere flüchtige Fettsäuren und langkettige, mehrfachungesättigte Fettsäuren (TAPPENDEN 2006, GREY et al. 1984, KOLLMAN et al. 1999). Die trophischen Effekte von Pankreassaft und Nährstoffen betreffen nicht nur die zuvor angesprochenen Auswirkungen auf die Villi, sondern