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5.3 Qualitative Ziele

5.3.1 Schüler/innen

5.3.1.1 Abbruch der Ausbildung und Fehlzeiten (prozessproduzierte Daten)

5.3.1.1.1 Austrittsrate

Auf die theoretischen Zusammenhänge, die für die einzelnen Variablen in ihrer Wirkung auf die Austrittsrate aus einer Berufsausbildung diskutiert werden, kann an dieser Stelle

nicht ausführlich eingegangen werden. Einige Andeutungen sollen genügen: Mit dem Le-bensalter nehmen bei der untersuchten Schülerschaft die Entscheidungsmöglichkeiten zu (z.B. Volljährigkeit oder erweitere Netzwerke), was einen positiven Effekt auf die Aus-trittsrate erwarten lässt. Mit steigendem Lebensalter entwickelt sich auch die Persönlich-keit der Jugendlichen, Lebensziele werden deutlicher und die Wege zur Verwirklichung der Ziele erscheinen ebenfalls klarer. Hieraus würde ein negativer Effekt des Alters auf die Austrittsrate abzuleiten sein. Im statistischen Modell wird auch ein quadratischer Term be-rücksichtigt, mit dem ein möglicherweise nicht linearer Effekt36 auf die Austrittswahr-scheinlichkeit abgebildet werden kann. Folgt man Überlegungen der ökonomischen Theo-rie zu geschlechtsspezifischem Arbeitsmarktverhalten, dann würde eine erhöhte Abbruch-neigung für Frauen zu erwarten sein. Diesbezüglich ist jedoch auch ein anders begründeter Zusammenhang denkbar. So könnten Schülerinnen, weil sie in geringerem Ausmaß als Jungen zu abweichendem Verhalten neigen, eine niedrigere Austrittswahrscheinlichkeit aufweisen. Außerdem wird die Nationalität als Einflussgröße untersucht, wobei sechs Ka-tegorien unterschieden werden: Südeuropa (EG), Türkei, ehemaliges Jugoslawien, ehema-liger Ostblock, sonstiges Ausland und als Referenzkategorie die Angehörigen deutscher Nationalität. Unterschiede in der Austrittsrate nach Nationalität sind vor allem dann zu er-warten, wenn Nationalität ein Kriterium für Diskriminierung am Arbeitsmarkt darstellt oder sich die Lebenssituation für Angehörige bestimmter Nationalitäten allgemein anders darstellt als für die deutsche Bevölkerung. Zu denken ist hier beispielsweise an Asylbe-werber/innen. Schließlich könnten auch ethnische Subkulturen von Bedeutung sein.

Die Einbeziehung der Vorbildung rechtfertigt sich daraus, dass bereits erzielte Bildungsab-schlüsse eine erfolgreiche Selbst- und Fremddisziplinierung belegen. Man erwartet bei Schüler/innen ohne nachgewiesenen Schulabschluss eine erhöhte Abbruchneigung. Mit der Schülerkartei kann darüber hinaus identifiziert werden, welche Schule im letzten Jahr be-sucht wurde. Vier Typen werden hier unterschieden: keine Schule bzw. Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Maßnahme (wie dem BVJ), Berufsschule, Fachoberschule (FOS) und allgemeinbildende Schule (als Referenzkategorie). Schüler/innen, die vor Ausbildung kei-ne Schule besucht bzw. an eikei-ner ausbildungsvorbereitenden Maßnahmen teilgenommen haben, stellen eine Selektion von Personen dar, die keinen bruchlosen Weg in die Be-rufsausbildung gefunden haben. Ihre Austrittswahrscheinlichkeiten aus der aktuellen Aus-bildung sollten möglicherweise erhöht sein. Gleiches trifft auf Schülerinnen zu, die – ob-wohl sie die 10. Klasse (das erste Ausbildungsjahr) durchlaufen – auch im Vorjahr an einer

36 Etwa: bis zu einem bestimmten Lebensalter steigt die Austrittsrate, bei Schüler/innen mit noch höherem Alter sinkt die Austrittsrate.

Berufsschule eingeschult waren. Es dürfte sich bei diesen Personen überwiegend um Aus-bildungsabbrecher handeln, bei denen auch ein erneuter Abbruch wahrscheinlicher wird.

Allerdings könnte man beim zweiten Ausbildungsversuch eine bessere Übereinstimmung zwischen den Erwartungen der Betriebe und der Auszubildenden erwarten.

Es wurden zwei Modelle berechnet, bei denen zunächst die Datenstruktur nach Schulen (und damit nach Ausbildungsberufen) unberücksichtigt blieb und anschließend in das Mo-dell aufgenommen wurde. Der MoMo-dellvergleich zeigt, inwieweit mögliche Effekte auf die Austrittswahrscheinlichkeit durch die Aufteilung von Schülerinnen und Schülern nach un-terschiedlichen Schulen zu Stande kommen. Die Koeffizienten werden an dieser Stelle nur in der Richtung interpretiert: positive Koeffizienten bei Variablen besagen, dass ein ent-sprechend verstärkender Effekt auf die Austrittswahrscheinlichkeit vorliegt. Bei einem ne-gativen Koeffizienten wird die Austrittswahrscheinlichkeit (bei Ansteigen der Werte der Variablen) geringer.

Tabelle A 1 hier

Die Ergebnisse der statistischen Modelle belegen einen Anstieg der Austrittswahrschein-lichkeit mit steigendem Alter der Schüler/innen.37 Wenn man die Koeffizienten zur Schät-zung von Austrittswahrscheinlichkeiten heran zieht, dann ergeben sich vor allem bei Schü-ler/innen zwischen 21 und 27 Jahren besonders hohe Austrittsraten. Dieses Ergebnis mag mit der besonderen Zusammensetzung älterer Schüler/innen zusammen hängen. Mit höhe-rem Alter werden möglicherweise eher alternative Ausbildungen wahrgenommen oder di-rekte Einstiege in die Erwerbstätigkeit gesucht.

Schülerinnen zeigen eine niedrigere Austrittswahrscheinlichkeit als Schüler. Allerdings hat dies ausschließlich mit der unterschiedlichen Austrittsrate in von Schülerinnen besuchten Schulen (und den damit zusammenhängenden Ausbildungsberufen) zu tun. Im zweiten Modell, in dem dieser Effekt der Zusammensetzung kontrolliert ist, unterscheiden sich Schülerinnen und Schüler nicht mehr in statistisch signifikanter Weise. Hinsichtlich des geschlechtsspezifischen Abbruchrisikos folgt daraus, dass eigens auf männliche Schüler zielende Maßnahmen nicht sinnvoll sind, sondern eher die Ausbildungsberufe mit beson-ders hoher Abbruchsquote in den Blick rücken müssen.

37 Eine genauere Betrachtung zeigt, dass die Austrittswahrscheinlichkeit unter 18 Jahren gering ist (8-9 Pro-zent), dann auf 12 Prozent ansteigt (18-21 Jahre), weiter auf etwa 17 Prozent wächst (22-27 Jahre) und da-nach wieder zurückgeht.

Bei der Nationalität als Einflussfaktor sind insbesondere bei Schüler/innen türkischer und sonstiger Nationalität erhöhte Austrittsraten im Vergleich zu deutschen Schüler/innen zu beobachten. Bei Berücksichtigung der Schulkontexte gehen die Effekte zwar sehr deutlich zurück, sie bleiben jedoch wesentlich stärker als der auf Zusammensetzung kontrollierte Geschlechtseffekt. Maßnahmen zur Verringerung des Abbruchrisikos müssen die Zusam-mensetzung der Schulen nach Nationalität und die unterschiedliche Situation von deut-schen und türkideut-schen Schüler/innen berücksichtigen. Auch die zahlenmäßig kleine Gruppe der Schüler/innen sonstiger Nationalität sollte nicht vernachlässigt werden. Hier könnten möglicherweise aufenthaltsrechtliche Entscheidungen mit den erhöhten Austrittsraten ver-knüpft sein. Schüler/innen aus dem ehemaligen Jugoslawien und dem ehemaligen Ostblock haben ähnliche Austrittsraten wie Angehörige deutscher Nationalität. Ausländer aus südeu-ropäischen EU-Staaten treten zumindest in der Tendenz weniger wahrscheinlich aus der Berufsschule aus.

Ein sehr deutlicher Effekt zeigt sich für die Variable „ohne Schulabschluss“. Hier erhöhen sich die Austrittswahrscheinlichkeit auch bei Kontrolle der Schule signifikant. Sozialpäda-gogische Konzepte zur Verringerung der Abbruchrate sollten demnach explizit diese auf-fällige Gruppe (etwa 6 Prozent der Schüler/innen) einbeziehen. Ebenso zeigt die schulische Situation im Vorjahr Wirkungen. Im Vergleich zum voran gegangenen Schulbesuch in all-gemeinbildenden Schulen weisen Schüler/innen, die im Vorjahr in keiner Schule oder in einer berufsvorbereitenden Maßnahme waren oder bereits eine andere Berufsschule be-sucht haben, eine erhöhte Abbruchrate auf.