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6 Entwicklung eines methodischen Bewertungsvorgehens

6.2 Entwicklung der konzeptbezogenen Bewertung

6.2.2 Auftragsbezug

BBPT ALT: Umsetzbarkeit des verbindlichen Abrufs mit Frozen Zone (Variante 2)

Die Liefertreue ist sehr gut, sodass gute Voraussetzungen für eine Prozessumstellung bestehen.

Allerdings weisen die Bruttobedarfe nicht die erforderliche Stabilität auf, um hieraus einen verbindlichen Pull-Abruf bilden zu können. Als gestufte Konzeptvariante kann eine logistische Frozen-Zone mit Entkopplung über ein werksnahes Lager eingeführt werden. Diese bietet die Möglichkeit, den Abruf im Bereich der Inbound-Logistik, trotz fehlender planbarer Voraussetzung der Produktion, hinreichend verbindlich auszugestalten.

Die „Frozen-Zone“ ist generell ein zwischen dem Fahrzeughersteller und dem Lieferanten vereinbarter Zeitraum, in dem die Mengen und Termine der Bestellung nicht mehr geändert werden (vgl. Barthel 2006, S. 79).68 Durch die Entkopplung mittels eines Lagers kann die Anforderungsuntererfüllung durch selbstständige Maßnahmen der Logistik ausgeglichen werden.69 Es ist hierfür zu prüfen, ob die Vorhaltung der Schwankungsmenge im Lager operativ möglich und wirtschaftlich angemessen umgesetzt werden kann.

BBPT BLT: Nicht empfohlene, sehr eingeschränkte Umsetzbarkeit

Sowohl die Voraussetzung der Planbarkeit als auch die relativ schlechte Liefertreue bergen zu viele Unwägbarkeiten für eine Umsetzung aus Logistiksicht. Prinzipiell könnten jedoch durch eine Entkopplung mittels eines werksnahen Lagers sowohl die Unregelmäßigkeit der Produktionsbedarfe als auch der Lieferqualität aufgefangen und ein verbindlicher Abruf könnte umgesetzt werden. In Summe ergibt sich hierdurch jedoch keine Konzeptvariante im Sinne der Lean Logistics.

Die Verbindlichkeit des Abrufs ist zudem die Voraussetzung dafür, dass es keine Abruf-Änderungen mehr während des physischen Inbound-Prozesses gibt. Sollte die Verbindlichkeit in Frage stehen, ergibt der Auftragsbezug einer Lieferung zu einem Bedarfsort und -zeitpunkt keinen Sinn, wenn dieser sich noch ändert. Als Konsequenz hieraus muss daher zuerst die Bewertung zur Einführbarkeit des Konzepts des verbindlichen Pull-Abrufs vorgenommen (6.2.1) oder diese muss gemeinsam mit der Bewertung zum Auftragsbezug durchgeführt werden.

Neben dem verbindlichen Pull-Abruf führt der Abschnitt 4.3.2 eine weitere Konzeptabhängigkeit auf.

Diese entspricht einer Soll-Anforderung und ist daher nicht zwingend notwendig. Die Abhängigkeit besteht zum Konzept der Routen & Fahrplantaktung. So können die Routen und Zwischenzeiten im Auftragsbezug berücksichtigt und auf den Labeln angegeben werden. Hierdurch werden eine höhere Verbindlichkeit und Überprüfbarkeit während des Prozesses geschaffen. Die Bewertung des Konzepts der festen Routen & Fahrplantaktung (6.2.5) kann durch den Soll-Bezug auch nach der Bewertung des Auftragsbezugs durchgeführt werden und die Ergebnisse können anschließend zusammengeführt werden.

Zuordnung der Kenngrößen

Die Kenngröße der „Liefertreue“ 5.3.2) kann zur Bewertung der Umsetzbarkeit des Konzepts herangezogen werden. Eine sehr gute Liefertreue stellt eine Soll-Anforderung dar. Weitere Anforderungen bestehen nicht. Die Liefertreue 𝐿𝑇 wird gemäß Formel 24 auf dem Aggregationsniveau des Lieferanten 𝐿 gebildet.

Prüfung der Soll-Anforderung

Wie im vorangegangenen Konzept des verbindlichen Pull-Abrufs (6.2.1) bewertet die Soll-Anforderung die vorliegende Prozess- und Arbeitsqualität als Voraussetzung für eine Konzeptumsetzung. Der Auftragsbezug erhöht die Anforderung an eine akkurate Arbeitsweise der Prozesspartner, da die Prozessschritte genau vorgegeben werden und kaum Flexibilität für eine eigenständige Prozessausgestaltung vorliegt. So sind im Idealfall für die einzelnen Behälter bis zum Bedarfsort die Zwischenzeiten und Orte festgelegt. Abweichungen fallen hierdurch schneller auf, um die Wahrscheinlichkeit und somit das Risiko für einen durchlaufenden Fehler zu senken.

Um zu bewerten, ob die Prozesspartner die durch das Konzept weiter gestiegene Qualitätsanforderung umsetzen können, wird die zu dem Zeitpunkt der Bewertung vorliegende Arbeitsqualität mittels der Liefertreue bewertet. Nur wenn hier bereits sehr gute Ergebnisse vorliegen, ist es den Prozesspartnern zuzutrauen, erhöhte Prozessanforderungen zu erfüllen. Zur Bewertung kann die gleiche Abgrenzung wie bei der Bewertung zum verbindlichen Pull-Abruf genutzt werden.

Formel 40 definiert mit der Menge 𝐴𝐿𝑇 einen Annahme- und mit der Komplementärmenge 𝐵𝐿𝑇 einen Ablehnungsbereich.

Beschreibung der konzeptbezogenen Bewertung

Da das Konzept des Auftragsbezugs nur zusammen mit dem Konzept des verbindlichen Pull-Abrufs umgesetzt werden kann, wird vorgeschlagen, die Bewertung in die bereits konzipierte Visualisierung des Pull-Abrufs aus 6.2.1 zu integrieren. So muss die Visualisierung nur einmal erstellt werden. Die

Bewertung findet dann nachgelagert oder zusammen mit der Bewertung des Konzepts des verbindlichen Pull-Abrufs statt. Das Bewertungsschema für den Auftragsbezug wird nachfolgend in Abbildung 37 dargestellt.

Abbildung 37: Bewertungsschema für das Konzept des Auftragsbezugs (eigene Darstellung) Generell gilt durch die bestehende Konzeptabhängigkeit zur Umsetzung der Routen &

Fahrplansystematik, dass Zwischenzeiten nur berücksichtigt werden können, wenn auch die Fahrplantaktung (6.2.5) umgesetzt wird. Eine Entscheidung hierzu kann durch den Soll-Bezug auch nachträglich getroffen werden.

ABPT ALT: Umsetzbarkeit des Auftragsbezugs (Idealkonzept)

Als Voraussetzung für den Auftragsbezug besteht die Umsetzbarkeit des verbindlichen Pull-Abrufs (Bewertung unter 6.2.1). Da die Liefertreue ebenfalls die Anforderungen erfüllt, bestehen die Voraussetzungen, um den Auftragsbezug in idealer Form umzusetzen.

ABPT BLT: Teilweise Auftragsbezugs bis Bedarfsort (Konzeptvariante 1)

Da die Planbarkeit die Umsetzung eines verbindlichen Pull-Abrufs zulässt, besteht die Voraussetzung, den Auftragsbezug bis zum Bedarfs- und Verbauort umzusetzen. Es sollte jedoch ein genauer Blick auf die Liefertreue geworfen und die Verteilung und Ursache der geringen Ausprägung analysiert werden.

Zum Ausgleich der geringen Liefertreue kann für den betreffenden Anteil der Teile ein Sicherheitsbestand im Fahrzeugwerk aufgebaut werden. Dies sieht auch die Bewertung für den verbindlichen Pull-Abruf unter 6.2.1 vor. Hierdurch wird der Auftragsbezug unterbrochen und nur bis zum Sicherheitsbestand als neuem Bedarfsort aufgebaut. Die Konzeptvariante bietet den Vorteil, dass sich durch Verbesserung der Lieferqualität dem Idealkonzept genähert werden kann, indem der Auftragsbezug der Teile sukzessive auf den Verbauort und -zeitpunkt ausgeweitet wird.

Die Konzeptvariante sollte dennoch nur umgesetzt werden, wenn der Auftragsbezug bei einem hinreichend großen Anteil der Lieferungen nicht unterbrochen wird. Liegt die Verteilung der Liefertreue so, dass ein Großteil der Teile eines Sicherheitsbestandes bedarf, ist Konzeptvariante 2 mit einer generellen Entkoppelung durch ein Lager vorzuziehen.

BBPT ALT: Auftragsbezugs bis Lager (Konzeptvariante 2)

Konzeptvariante 2 schlägt eine generelle Abstufung des Auftragsbezugs vor. Dies ist der Fall, wenn der verbindliche Pull-Abruf mittels Entkopplung durch ein Lager umgesetzt wird (siehe 6.2.1) oder wenn eine geringe Liefertreue für den überwiegenden Anteil aller Teile einen Sicherheitsbestand erfordert. Der Auftragsbezug würde in diesem Fall nur bis zum Lager des Fahrzeugwerks umgesetzt werden und nicht, wie im Idealkonzept, bis zum Verbauort. Hierdurch besteht eine einheitliche Systematik für alle Teilelieferungen aus dem Logistiknetzwerk.

Durch die Entkopplung über ein werksnahes Lager ist die Umsetzungsvariante sehr gut geeignet, um als Vorstufe zum Idealkonzept zu dienen. Der Prozess des Auftragsbezugs kann erlernt werden, ohne die Produktion im Fahrzeugwerk zu gefährden. Bei einer Verbesserung der Liefertreue kann nahtlos auf die Konzeptvariante 1 umgestellt werden.

BBPT BLT: Nicht umsetzbar, wenn keine Umsetzung des Pull-Abrufs vorgenommen wird Sollte sich ergeben, dass die Randbedingungen zur Umsetzung des verbindlichen Pull-Abrufs nicht bestehen (siehe 6.2.1), kann auch das Konzept des Auftragsbezugs nicht umgesetzt werden.