• Keine Ergebnisse gefunden

Auf die eigenen Stärken besinnen

Im Dokument Unternehmerin Kommune: (Seite 66-69)

Interview mit den Bürgermeistern von Bad Muskau, Kodersdorf und Leutersdorf

Auch im Einzelhandel haben wir eine Ballung der Angebote in der Stadtmitte erreicht. So können die Bürger mit kurzen Wegen vielfältige Dienstleistungen bei Kultur, Handel, Gesund-heit und Verwaltung erreichen. Das sind die Kernstrategien, mit denen sich Bad Muskau an den demografischen Wandel angepasst hat und die wir durchaus zur Nachahmung empfehlen können. Die kommunalen Finanzen sind auch in Bad Muskau recht angespannt, steigende Einnahmen kaum zu erwarten. Wir werden die freiwilligen Leistungen auf ein Mindestmaß reduzieren müssen. Die Gewerbesteuereinnah-men sind auf niedrigem Niveau stabil. Durch

eine strenge Haushaltskonsolidierung können wir seit 2009 wieder einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen.

Rene Schöne – Kodersdorf:

Wir haben unsere Potentiale sehr früh analysiert und, darauf aufbauend, Strategien entwickelt, die wir konsequent umgesetzt haben. Das touris-tische Potential unserer Gemeinde ist nicht son-derlich groß. Allerdings konnten wir erheblich von der Verlängerung der A4 nach Görlitz pro-fitieren und haben deshalb auf die Ansiedlung von Gewerbe gesetzt. Ziel war es, den Standort so auszubauen, dass Investoren hier geeignete Bedingungen vorfinden, um sich langfristig zu engagieren. Kurz gefasst, heißt unser Ratschlag für Ost, West, Nord und Süd: Besinne Dich auf Deine Stärken, bau sie aus und setze Strategien konsequent um.

Bruno Scholze – Leutersdorf:

Die demografische Entwicklung erfordert die Bündelung von Angeboten. Wir haben schon sehr früh eine Eingemeindung vorgenommen und konnten so die Infrastruktur zwischen bei-den Orten konzentrieren. Auch die Verwaltung konnte nun effizienter genutzt werden. Kinder-hort und Feuerwehren wurden zusammenge-legt. Derzeit haben wir 4.000 Einwohner in der Gemeinde. Das ist ein Minus von 600 gegen-über dem Jahr 1990. Die Schrumpfung wird sich trotz guter Angebote mit neuem Kinder-garten, Kinderhort und neuer Schule fortsetzen.

Unsere Aufgabe ist es, das bisherige Niveau der Daseinsvorsorge zu halten. Bei den freiwilligen Leistungen müssen wir uns auf die absoluten Notwendigkeiten konzentrieren.

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Die Ergebnisse der Analyse haben gezeigt, dass Bad Muskau, Kodersdorf und Leuters-dorf in den vergangenen zwei Jahrzehnten eine Entwicklung genommen haben, wie sie typisch ist für kleinere Kommunen in ost-deutschen Regionen abseits der wenigen Oberzentren. Im Zuge sinkender Einwoh-nerzahlen, geringer werdender Erwerbsquote und steigendem Altersdurchschnitt nimmt die Nachfrage allgemein ab, verändert sich aber auch in ihrer Struktur. Mit welchen konkreten Entwicklungen in Ihrer Gemein-de lässt sich dieser Trend am anschaulichsten verdeutlichen?

Bänder:

Wir merken schon, dass sich einiges verschiebt.

Ein Sportgeschäft in der Innenstadt hat jüngst seine Pforten geschlossen. Andere Gewerbetrei-bende bleiben auch in schwierigen Zeiten dabei.

Wir versuchen, den Händlern seitens der Ver-waltung einen möglichst breiten Spielraum zu geben – das gilt insbesondere für die Öffnungs-zeiten. Beim ÖPNV wollen wir insgesamt eine höhere Frequenz erreichen, mindestens aber für eine bessere Abstimmung mit dem Schienenver-kehr im benachbarten Weißwasser sorgen.

Schöne:

Wir hatten nach der Wende einen enormen Rückgang an sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen zu verzeichnen. Waren es 1990 noch 1.200 ist diese Zahl bis 2004 auf 390 zurückgegangen. Dank einiger Ansiedlungen in unserem Gewerbegebiet haben wir den Trend umkehren können und erreichen nun wieder 710 vollwertige Stellen am Ort. Nach wie vor beklagen wir aber den Wegzug junger Leute aus der Gemeinde und aus der Region. Wir wollen deshalb ein möglichst umfangreiches Paket an Infrastrukturleistungen anbieten, um die Region Die Stadt Bad Muskau und die Gemeinden

Kodersdorf und Leutersdorf bilden einen ge-eigneten Querschnitt durch die Potentiale und Herausforderungen im eher ländlich geprägten Landkreis Görlitz. Zwar zeichnet sich der äußerste Osten Deutschlands durch sehr heterogene Strukturen zwischen den ehemaligen Tagebaugebieten im Norden und den Tourismusstandorten im Zittauer Gebirge aus, die Herausforderungen des demografischen Wandels stellen sich in der einen oder anderen Form jedoch für alle Kommunen im 2008 neu gefassten Land-kreis. Dies war auch der Grund, warum sich die drei Bürgermeister der eingangs genannten Kommunen an der Potential-analyse im Auftrag der Sparkasse Oberlau-sitz-Niederschlesien und des Ostdeutschen Sparkassenverbandes beteiligten. Lesen Sie im Folgenden ein Dreifach-Interview zu den vielfältigen Herausforderungen und Chancen, denen die Bürgermeister von Bad Muskau, Kodersdorf und Leutersdorf gegenüberstehen.

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Hinsichtlich der demografischen Entwick-lung stellten und stellen sich für die Bür-germeister in den Neuen Bundesländern komplexe Problemstellungen. In Zukunft werden sich auch viele Ihrer Kollegen aus dem Alt-Bundesgebiet deutlich intensiver mit dem Themenkreis Demografie auseinander-setzen müssen. Welche grundlegenden Stra-tegien können Sie vor diesem Hintergrund empfehlen?

Andreas Bänder – Bad Muskau:

Ein wichtiges Pfund, mit dem die Stadt wuchern kann, ist der Status des Fürst-Pückler-Parks als UNESCO-Weltkulturerbe. Auch aufgrund der vielfältigen kulturellen Angebote freuen wir uns über Zuzüge älterer Menschen und haben des-halb versucht, Gehwege möglichst barrierefrei zu gestalten. Bei den Sanierungsmaßnahmen, die sich für öffentliche Gebäude in den ver-gangenen 20 Jahren ergaben, haben wir schon frühzeitig auf einen seniorengerechten Ausbau geachtet. Generell bildet die Infrastruktur bei Gesundheit und Pflege ein großes Plus für unser Ansiedlungsmarketing. Altenheime, betreutes Wohnen und medizinische Einrichtungen sind bei uns konzentriert in innenstädtischer Lage anzufinden.

Andreas Bänder

67 UNTERNEHMERIN KOMMUNE • AUSGABE 02 / JUNI 2012

FORUM NEUE LÄNDER

weiter attraktiv zu halten. Die Kita-Versorgung ist nahezu flächendeckend. Es gibt eine Mittel-schule, Arztpraxen, Physiotherapie, nahezu alle Dienstleistungen des regelmäßigen Bedarfs. Seit dem Jahre 2008 haben wir deshalb keinen rea-len Einwohnerverlust mehr hinnehmen müssen.

Und hinsichtlich der Geburtenzahl liegen wir im Landesdurchschnitt recht weit vorn.

Scholze:

In Leutersdorf hatten wir früher sehr viel Landwirtschaft. Nun legen wir verstärkt Wert auf eine industrielle Ansiedlung. Durch neu gelegte Netzstrukturen mussten wir dafür nach der Wende erst die Grundlagen herstellen. Bis heute wurden bei uns in der Gemeinde etwa 450 Industriearbeitsplätze geschaffen. Die Ver-einbarkeit von Familie und Beruf mit möglichst kurzen Wegen ist die Voraussetzung, um auch bei schwierigen Entwicklungen gegensteuern zu können. Wir haben Wohnungen gebaut, haben eine Krippe, Kindergarten und eine Grundschule mit Hort bei uns im Ort. Auch die Gesundheitsinfrastruktur ist mit verschie-denen Fachärzten, einer Apotheke und einem modernen Pflegeheim überdurchschnittlich ausgeprägt. Besonders optimistisch stimmt uns die aktuell rege Bautätigkeit junger Familien.

Zuverlässiger Partner in der Region

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Ostsachsen hat sich in mehr als 20 Jahren nach Vereinigung der beiden deutschen Staa-ten zu einem wichtigen TourismusmagneStaa-ten entwickelt – die verkehrsliche Infrastruktur

wurde erneuert, Kulturstätten gepflegt und Traditionen wiederbelebt. Wie lassen sich diese Potentiale im Sinne eines nachhaltigen Standortmarketings für den ländlichen Raum in Zukunft noch besser nutzen?

Bänder:

Wir müssen unsere Kräfte stärker bündeln.

Dafür sind Kontinuität und Verlässlichkeit notwendige Voraussetzungen. Für das Land und den Landkreis wünsche ich mir mehr Willen zur Kooperation. Gerade für den Tourismus müssen wir verlässliche Strategien entwickeln, wie die Menschen kompetente Ansprechpartner finden und wie wir unse-re Angebote in Bad Muskau mit andeunse-ren regionalen Highlights verknüpfen können.

Leider gehen unsere gut ausgebildeten, mul-tilingualen Mitarbeiter oft genug weg nach Berlin oder nach Dresden. 2004 bekamen wir den Status eines UNESCO-Weltkultur-erbes zugesprochen. Die zur Wende noch desolate Bausubstanz wurde sukzessive wie-der instandgesetzt. Das Schloss wie-der Stadt ist fast fertiggestellt. Für die Zukunft wollen wir die gastronomische Infrastruktur stärken und die Zusammenarbeit mit anderen Tourismus-standortorten intensivieren.

Sparkassen

Bruno Scholze

Sparkassen. Gut für Deutschland.

Sparkassen-Finanzgruppe Hessen-Thüringen

Wann ist ein Geldinstitut gut für Deutschland?

Wenn es Themen von globaler Bedeutung auch auf kommunaler Ebene anpackt.

Sparkassen sind ein Motor der Energiewende. Mit ihren Finanzierungs- und Beratungsangeboten für private Kunden, Unternehmen und Kommunen leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Steigerung der Energieeffizienz und bei der Erzeugung Erneuerbarer Energien. Das ist gut für die kommunale Gemeinschaft und gut für die Umwelt. www.gut-fuer-deutschland.de

Schöne:

Der Tourismus ist eines der wichtigsten Geschäftsfelder in der Region. Um diese Poten-tiale angemessen nutzen zu können, müssen wir eine gemeinsame Sprache entwickeln. Insgesamt steigen die Übernachtungszahlen im Landkreis Görlitz an. Der Freistaat Sachsen hat hier mit seinem Tourismuskonzept wichtige Impulse gegeben.

Scholze:

Wir liegen als Gemeinde noch im Vorland des Zittauer Gebirges und haben dement-sprechend nicht allzu großes touristisches Potential. Dennoch gibt es ein sehr gutes Wan-derwegenetz am Ort, wir haben Zufahrtsstra-ßen zu unseren Gaststätten gebaut und unsere Kirchen restauriert. Es gibt auch ein kleines Hotel, doch insgesamt lag der Schwerpunkt nach der Wende eher auf Industrieansiedlung als auf Tourismus.

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Die Antwort auf die demografische Ent-wicklung kann nur in der Bündelung und Abstimmung verschiedener Angebote und der klaren Bereitschaft zur interkommuna-len Kooperation liegen. Inwiefern können öffentliche Unternehmen dazu beitragen, diese Prozesse zu befördern und gleichzeitig sozial verträglich zu gestalten? Wie beurtei-len Sie insgesamt den Stelbeurtei-lenwert der öffent-lichen Wirtschaft in Ihrer Kommune und im gesamten Landkreis Görlitz?

Bänder:

Der nördliche Teil unseres Landkreises ist geprägt von Kohlegruben und der Glasindus-trie. In den 90er Jahren hatten wir 1.400 industrielle Arbeitsplätze. Heute sind es nur

UNSERE GESPRÄCHSPARTNER Andreas Bänder wurde 1952 in Muskau geboren. Er absolvierte eine Ausbildung zum Brauer und Mälzer und erwarb in diesem Hand-werk auch seinen Meisterbrief. Nach der Wen-de eröffnete er in Bad Muskau ein Geschäft für Schreibwaren und Bürobedarf. 2001 wurde er erstmals zum Bürgermeister von Bad Muskau ge-wählt. Aktuell ist er in seiner zweiten Amtsperiode.

Rene Schönewurde 1962 in Görlitz geboren.

Er absolvierte eine Ausbildung zum Maler und mach-te hier zwischen 1989 und 1991 seinen Meismach-terbrief.

Später arbeitete er als staatlich geprüfter Polier im Hochbau. 2003 beendete er ein Fernstudium zum Verwaltungsfachangestellten an der Verwaltungshoch-schule in Mannheim. 1990 wurde Schöne zum eh-renamtlichen Bürgermeister einer Nachbargemeinde gewählt, die drei Jahre später mit Kodersdorf fusionier-te. Seitdem ist er Bürgermeister der Gesamtgemeinde und als solcher in seiner dritten Amtsperiode.

Bruno Scholze wurde 1944 in Leutersdorf geboren. Er arbeitete 20 Jahre lang als Schulleiter einer Betriebshochschule für Baufacharbeiter. Am 1.

Juni 1990 wurde er zum Bürgermeister gewählt. Seit 2008 übt er dieses Mandat im Ehrenamt aus. Er ist aktuell in seiner vierten Amtszeit und hat den Ehrgeiz seinen Urgroßvater zu übertreffen, der insgesamt 24 Jahre als Leutersdorfer Bürgermeister wirkte.

noch 200. Bad Muskau hat eine Entwicklung genommen, wie sie viele Industriestandorte in den Neuen Ländern durchlaufen mussten. Die finanzielle Situation gestaltet sich von Jahr zu Jahr schwieriger.

Die Kosten steigen und die Zuweisungen sinken. Wir waren deshalb gezwungen, Stellen sozialverträglich abzubauen. Unsere kommuna-len Unternehmen können zwar ausreichend am Markt agieren, aber kaum neue Anreize setzen.

Die Kommunen werden nicht umhin kom-men, stärker zu kooperieren und Synergien zu organisieren.

Schöne:

Die Entwicklung in der Region kann nur vorankommen, wenn die Kommunen koope-rieren. Nachhaltig tragfähige Angebote lassen sich nur in der Gemeinschaft kreieren. Die Gemeinden müssen ihre Potentiale gemein-sam vermarkten. Das ist die Voraussetzung, um die Stärken zu bündeln. Kodersdorf allein mit seinen 2.500 Einwohnern kann nur wenig erreichen. Doch immerhin ist unsere Aus-gangsposition recht günstig. Nach Görlitz bestehen täglich elf Busverbindungen und auch mit dem Zug sind wir zu erreichen. Die Gemeinde liegt unmittelbar an der A4. Wir haben die Infrastruktur nach und nach verbes-sert. Das betrifft Breitband, Wasser, Energie, Kindergartenversorgung, Gesundheitsleistun-gen, Einkaufsmöglichkeiten und das Vereins-leben. Unsere guten Angebote haben bewirkt, dass es mittlerweile kaum noch Leerstand in der Gemeinde gibt.

Scholze:

Die Gemeinden im Süden des Landkreises Gör-litz haben sich auf vielfältige Weise zusammen-geschlossen. In einem gemeinsamen Marketing haben wir dafür gesorgt, dass sich Gewerbebetriebe in der Region angesiedelt haben. Weitere Beispiele der Kooperation sind der Abwasserzweckverband, der Naturpark Zittauer Gebirge oder die gemein-same Forstwirtschaft in der Region.

UNTERNEHMERIN KOMMUNE:

Der Ostdeutsche Sparkassenverband widmet sich in seinem Verbandsgebiet mit vielfälti-gen Projekten dem Thema Demografie. Wie beurteilen Sie dieses Engagement konkret und welchen Stellenwert ordnen Sie den Spar-kassen allgemein in der ostdeutschen Wirt-schaftsstruktur zu?

Bänder:

Unsere Stadt arbeitet sehr eng mit der Sparkasse Oberlausitz-Niederschlesien zusammen. Die Ost-deutsche Sparkassenstiftung unterstützt den

Tou-rismus in der Region und auch die Vereinsarbeit.

i infos

Wir machen sehr gerne Werbung für „unsere“

Sparkasse. Und umgekehrt stoßen wir immer auf offene Ohren, wenn wir Anfragen zum Sponso-ring haben. Sehr wichtig ist für uns, noch immer eine Sparkassen-Filiale in der Stadt zu haben.

Schöne:

Unsere Sparkasse ist fest mit dem Landkreis ver-bunden. Wir sind dankbar, für die Studie aus-gewählt worden zu sein. Die Ergebnisse haben uns auf unserem Weg bestätigt. Von besonderer Wichtigkeit ist es auch, eine Außenstelle bei uns in der Gemeinde zu haben. Zudem unterstützt uns die Sparkasse bei der Vermarktung von Grundstücken. Unsere Kooperation ist sehr eng, vertrauensvoll und erfolgreich.

Scholze:

Die Sparkasse Oberlausitz-Niederschlesien hat uns immer begleitet. Sie hat unsere Handwerker und die kleinen Unternehmen stets zuverlässig mit Krediten und mit Beratung versorgt. Ohne diese Unterstützung hätte sich bei uns am Ort niemals eine tragfähige Infrastruktur entwickeln können. Zudem ist die Sparkasse ein zuverlässi-ger Partner wenn es darum geht, leer stehende Häuser wieder zu verkaufen. n

www.osv-online.de www.sparkasse-oberlausitz-niederschlesien.de

Rene Schöne

Im Dokument Unternehmerin Kommune: (Seite 66-69)