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TEIL 1: DIE 1860ER BIS 1950ER JAHRE: DIE UNTERSTÜTZUNG VON BEDÜRFTIGEN

2.2. Die Anstalten

Das Armengesetz von 1869 machte die Armenhäuser zur zentralen Organisation in der Umsetzung des auf Unterstützung ausgerichteten Teils des staatlichen Armenwesens. Nachdem der Landtag den von Fürst und Regierung geplanten Bau eines Landesarmenhauses zu Fall gebracht hatte, war es nun an den Gemeinden, für die Einrichtung und den Betrieb einer solchen Infrastruktur zu sor-gen. Eine gesetzliche Verpflichtung dazu bestand indessen auch nach dem Armengesetz keine. Es war, angesichts der bisherigen Diskussionen in der Angelegenheit wenig erstaunlich, die Gemeinde Schaan, in der kurz nach der Verabschiedung des Gesetzes mit dem Bau eines Armenhauses begon-nen wurde. Der Prozess der Einrichtung von Armenhäusern zog sich in Liechtenstein in der Folge über mehr als dreissig Jahre bis ins frühe 20. Jahrhundert hin. An seinem Ende verfügten fünf der elf Gemeinden über ein Armenhaus. Bis in die 1920er Jahre sollten sich dann noch die letzten er-folglosen Versuche der Gemeinde Balzers hinziehen, ebenfalls eine entsprechende Einrichtung zu eröffnen.89

Die Schaffung eines Armenhauswesens erfolgte in einer Zeit, in der sich in anderen ländli-chen Gebieten des deutschsprachigen Raumes sowohl die privaten als auch die kommunalen Ar-menhäuser in einer Krise befanden. Diese hatte bisweilen schon in der ersten Hälfte des 19. Jahr-hunderts eingesetzt und sich in diversen Gebieten bereits zu einem Auflösungsprozess zugespitzt.90 Unter diesem Aspekt ist die liechtensteinische Entwicklung in diesem Bereich fürsorgerischer Inf-rastruktur klar als eine nachholende zu beschreiben. Ins grössere Bild gehört indessen auch der Umstand, dass in den 1860er und 1870er Jahren im benachbarten Vorarlberg eine ganze Reihe von Neugründungen von Armenhäusern erfolgte.91

Zwar hatte sich der Fürst ab der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wiederholt aktiv für die Errichtung eines Armenhauses in seinem Land eingesetzt und bereit gezeigt, den Bau einer solchen Einrichtung auch durch ein Darlehen und die Zurverfügungstellung eines Grundstücks zu ermögli-chen. Angesichts der allgemeinen Strukturschwäche des Territoriums und der damit zusammen-hängenden mangelnden politischen Bereitschaft in den Gemeinden, ein derartiges Projekt mitzu-tragen, entschied sich die Fürstenfamilie aber nie dafür, den Weg einzuschlagen, den zahlreiche Adelshäuser in Europa seit dem 16. Jahrhundert im ländlichen Europa gegangen waren, und Ar-menhäuser über eigene Stiftungen einrichten und betreiben zu lassen.92

86 Ebd. §§ 23–25.

87 Ebd., § 26.

88 Ebd., §§ 30–35.

89 Für eine zusammenfassende Darstellung der verschiedenen gescheiterten Versuche der Gemeinde Balzers zur Er-richtung eines Armenhauses vgl. Nipp, 2018.

90 Vgl. Bernhardt, 2008.

91 Egger, 1990, S. 51–52.

92 Vgl. Bernhardt, 2012; Goujon, 2008.

Stephan Scheuzger

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Der Bau der ersten drei Armenhäuser

So wandte sich der Gemeindevorstand von Schaan unter dem Vorsitz von Johann Baptist Quaderer gut ein Jahr nach der Absage des Landtages an ein landschaftliches Armenhaus – und gut ein Jahr vor der Verabschiedung des Armengesetzes – an die Regierung mit der Ankündigung, nun selbst mit einer solchen Einrichtung für die eigenen Armen und Kranken zu sorgen. Der Standort sollte der bleiben, der für das landschaftliche Armenhaus vorgesehen gewesen war. Das Wohngebäude sollte zwanzig bis dreissig Personen Platz bieten und über zwei Krankenzimmer sowie «ein Lokal, in welchem widersetzliche oder geisteskranke Personen wenigstens momentan untergebracht werden können», verfügen.93 Zudem war ein Ökonomiegebäude als Teil der Einrichtung vorgese-hen. Beide Gebäude wurden derart zu bauen vorgesehen, dass eine künftige Erweiterung möglich war. Mit der Leitung der Einrichtung gedachte die Gemeinde «barmherzige Schwestern», also die Kongregation der Barmherzigen Schwestern des heiligen Vinzenz von Paul in Zams in Tirol, zu be-trauen. Finanziert werden sollte das Armenhaus aus Gemeindemitteln. Im Gegenzug wollte Schaan seine finanziellen Beiträge an den landschaftlichen Armenfonds künftig für die Einrichtung einbe-halten.94 Unter Berufung auf den Entscheid des Landtages vom Mai 1867 verweigerte der Landes-verweser dem Ortsvorstand die Erteilung der Baubewilligung.95 Dass es dabei um die von der Ge-meinde formulierten finanziellen Bedingungen ging und nicht um einen Einwand grundsätzlicher Art gegen ein Gemeindearmenhaus, belegt der Umstand, dass sich von Hausen kurz nach dem Ein-treffen der Anfrage aus Schaan mit Vertretern der Gemeinden Gamprin, Eschen und Mauren getrof-fen hatte, um die Frage der Errichtung eines gemeinschaftlichen Armenhauses für die drei Gemein-den zu erörtern.96 Auch noch im Frühjahr 1869 setzte der Gemeindevorstand von Balzers den Lan-desverweser davon in Kenntnis, dass die Gemeinde «unter Umständen» noch im selben Jahr ein Gemeindearmenhaus erstellen werde.97

Bald nach der Verabschiedung des Armengesetzes nahmen auf der neuen rechtlichen Grund-lage die Bemühungen um lokale Lösungen in der Armenhausfrage wieder Fahrt auf. Die Angelegen-heit erschien von Hausen ebenso wie einigen Gemeinden offenkundig dringlich. Noch Anfang De-zember traf sich der Landesverweser mit dem Gemeinderat von Schaan, unter anderem um über das Bauprojekt eines Armenhauses zu sprechen.98 Noch an demselben Tag fasste der verstärkte Schaaner Gemeinderat den Beschluss, dass «ungesäumt zur Erbauung eines Gemeindearmenhau-ses geschritten» werden solle. Die Finanzierungsfrage wurde vorerst offen gelassen.99 Knapp zwei Monate später erteilte die Regierung den Schaanern dann die Bewilligung zur Ausführung des Baus.100 Die architektonische Grundlage bildete ein vom Landestechniker erarbeiteter Bauplan.101 Die Verhältnisse in dem Neubau lassen sich vor dem Hintergrund zeitgenössischer Diskussionen über die Unterbringung in Armenhäusern als beengend bezeichnen. In den beiden überirdischen Geschossen des Hauses waren gemäss dem Plan in zwei grösseren Zimmern jeweils bis zu sieben Insassinnen und Insassen unterzubringen, vier deutlich kleinere Zimmer waren noch einmal für je

93 LI LA RE 1868/767: Johann Baptist Quaderer: Hochlöbliche Fürstl. Regierung, Schaan, 10. September 1868.

94 Ebd.

95 LI LA RE 1868/767: Karl Haus von Hausen: Dekret Ortsvorstand Schaan, Vaduz, 22. Januar 1869.

96 LI LA RE 1868/786: Karl Haus von Hausen: Dekret: Ortsvorstand Gamprin, Eschen, Mauren, Vaduz, 23. September 1868.

97 LI LA RE 1869/308: A. Wolfinger: An die Hochfürstliche Regierung, Balzers, 29. März 1869.

98 LI LA RE 1869/954: Karl Haus von Hausen: Dekret Ortsvorstand Schaan: Bischöfl. Ordinariat Chur pto Schaaner Kirchenbaupflicht, Vaduz, 4. Dezember 1869.

99 LI LA RE 1869/980: Der versammelte verstärkte Gemeinderath von Schaan: Protokoll aufgenommen im Schulhaus zu Schaan, 7. Dezember 1869. Eine an der Universität Wien entstandene Diplomarbeit hat sich mit der Geschichte des Schaaner Armenhauses befasst. Buj Reitze, 2016. Die vorliegende Darstellung lehnt sich indessen nur punktu-ell an diese Studie an, insbesondere da, wo sich Buj Reitze auf Unterlagen des Schaaner Gemeindearchivs gestützt hat, das von der Autorin und dem Autor der vorliegenden Darstellung noch nicht hat konsultiert werden können.

Umgekehrt hat Buj Reitze eine Reihe von Dokumenten zum Thema, die im Landesarchiv zugänglich sind, aus nicht genannten Gründen nicht für seine Arbeit verwendet.

100 LI LA RE 1869/980: Regierung des Fürstentums Liechtenstein: Dekret Ortsvorstand Schaan, Vaduz, 4. Februar 1870.

101 Vgl. LI LA V 25/571: [Planskizzen Armenhaus in Schaan], 21. März 1884.

drei Personen vorgesehen. Sechs noch kleinere Zimmer sollten einer oder zwei Personen zur Ver-fügung stehen und dürften vor allem für die Einquartierung von Kranken, einschliesslich psychisch Kranker, gedacht gewesen sein. Kinder wurden in der Einrichtung ebenfalls untergebracht.102 Im Untergeschoss befanden sich neben dem Keller, der Waschküche, der Küche und der Speisekammer auch das Badezimmer und die Leichenkammer. Das Personal wohnte im selben Haus unter um ei-niges grosszügigeren Bedingungen. Die Wohnverhältnisse im Schaaner Armenhaus kontrastierten beispielsweise mit den Bedingungen, die in Preussen im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts dazu geführt hatten, dass private Armenhäuser auf dem Land ihre Pfründner- und Pfründnerinnenplätze teilweise nicht mehr ausreichend zu belegen vermochten. Das Zusammenleben mit anderen Perso-nen in kleiPerso-nen, geteilten Zimmern wurde von vielen BewohnerinPerso-nen und Bewohnern als belastend und nicht mehr zeitgemäss betrachtet und, wenn sich die Möglichkeit dazu bot, vermieden.103 So macht nicht nur der Umstand, dass erst in den 1870er Jahren die ersten Armenhäuser eingerichtet wurden, deutlich, dass die Entwicklung des Anstalts- beziehungsweise Heimwesens in Liechten-stein klar zeitversetzt zu derjenigen anderswo in West- und Mitteleuropa einsetzte. Auch die Art, in der die neuen Armenhäuser gebaut wurden, unterstreicht dies. Allerdings war die Armenhaus-architektur gemessen an den Wohnverhältnissen der grossen Bevölkerungsmehrheit im Land – wo immer noch verhältnismässig viele Menschen in einem Haushalt zusammenlebten, in der Nacht auf Laubsäcken schliefen oder die Betten mit anderen Personen gleichzeitig benutzten104 – keineswegs rückwärtsgewandt.

Mit der Erteilung der Baubewilligung signalisierte die liechtensteinische Regierung auch ihr Einverständnis mit der Übertragung der Leitung des Armen- und Krankenhauses an die Zamser Schwestern, die bereits seit der Mitte des Jahrhunderts in verschiedenen Gemeinden, darunter auch in Schaan, in den Volksschulen tätig waren.105 Und die Regierung verwies den Schaaner Ortsvor-stand auf die Möglichkeit, auf der Grundlage des Paragraphen 32 des neuen Armengesetzes ausser-ordentliche Unterstützungsbeiträge aus dem landschaftlichen Armenfonds für den Armenhausbau zu beantragen.106 Die Finanzierungsfrage des Armenhauses liess sich lösen, mit Beiträgen aus der Gemeinde und aus dem landschaftlichen Armenfonds.107 Ein Parzellentausch zwischen der Ge-meinde und dem bischöflichen Ordinariat in Chur, der nötig war, um in der Resch, oberhalb der Pfarrkirche, neben dem vom Fürsten unentgeltlich überlassenen Baugrund das für den Betrieb des Armenhauses erforderliche Land zur Verfügung zu haben, wurde unter der Ägide der Regierung erfolgreich abgewickelt.108 Im April 1871 setzte dann der Schaaner Ortsvorstand die Regierung vom Abschluss des Armenhausbaus im Juli in Kenntnis. Gleichzeitig gelangte er auch an die Regie-rung, damit diese mit den Barmherzigen Schwestern von Zams in Verhandlungen über die Über-nahme der Leitung des Armenhauses trat.109 Dies lag nicht in der Kompetenz der Gemeinde. Von Hausen beantwortete das Ersuchen mit der Auflage, dass die Regierung den Vorgaben des Armen-gesetzes entsprechend zunächst die Hausordnung der Anstalt vorgelegt erhalten und bewilligen müsse, bevor sie in Verhandlung mit der Kongregation trete.110 Eine Hausordnung für das Armen-haus lag erst Anfang des folgenden Jahres vor.111 So nahm das Schaaner Armenhaus im Frühjahr 1872 als erstes im Land endlich den Betrieb auf. Es tat dies unter der Leitung der Barmherzigen

102 Vgl. Gemeinderatsprotokoll, Schaan, 16. Oktober 1869, zitiert nach: Buj Reitze, 2016, S. 47.

103 Bernhardt, 2012, S. 210–214.

104 Vgl. Frick/Frommelt, 2011a.

105 Vgl. Näscher, 2011a.

106 LI LA RE 1869/980: Regierung des Fürstentums Liechtenstein: Dekret Ortsvorstand Schaan, Vaduz, 4. Februar 1870.

107 LI LA RE 1871/62: Auszug aus dem Gemeinderaths-Protokoll, Schaan, 20. Januar 1871; LI LA RE 1871/237: Regie-rung des Fürstentums Liechtenstein: Dekret Ortsvorstand Schaan, Vaduz, 1. April 1871.

108 LI LA RE 1870/199: Regierung des Fürstentums Liechtenstein: Schreiben an das hochwürdigste bischöfl. Ordina-riat Chur, Vaduz, 2. März 1870; LI LA RE 1870/274: OrdinaOrdina-riat Chur returniert die bestätigte Tauschurkunde der Hofkaplanei Schaan und der Ortsvorstehung, Vaduz, 23. März 1870.

109 LI LA RE 1871/281: Ferdinand Walser: An die Hochlöbliche Regierung, Schaan, 6. April 1871.

110 LI LA RE 1871/281: Karl Haus von Hausen: Dekret Ortvorstand Schaan, Vaduz, 15. April 1871.

111 LI LA RE 1906/1493: Hausordnung für die Armenanstalt der Gemeinde Schaan, 8. Februar 1872.

Stephan Scheuzger

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Schwestern und eines Armenpflegers, der für den landwirtschaftlichen Betrieb des Armenhauses zuständig war und von der Gemeinde gewählt wurde. Der erste Armenpfleger in Schaan war der Landestierarzt Dr. Christoph Wanger.112

Die Schaaner Initiative, ein kommunales Armenhaus einzurichten, besass aufgrund ihrer Vorgeschichte einen gewissen Vorreitercharakter. Indessen folgten andere Gemeinden nach der Verabschiedung des Armengesetzes den Schaanern auf dem Fusse. Der Ortsvorstand von Triesen stand 1871 mit der Regierung ebenfalls in Verhandlungen über die Finanzierung eines Armenhau-ses.113 Im Spätherbst des folgenden Jahres, also nur wenige Monate nach Schaan, nahm das Armen-haus hier seinen Betrieb auf. Beide Einrichtungen wurden von Beginn weg vom Staat aus den Zin-sen des Landesarmenfonds mitfinanziert.114

Die ursprüngliche Idee eines gemeinschaftlichen Armenhauses für die Gemeinden Gamprin, Eschen und Mauren zerschlug sich hingegen. Im Sommer 1871 unterbreitete Pfarrer Anton Frick der Landesregierung einen Vorschlag für ein mögliches Grundstück für den Bau eines Armenhauses nur für Eschen.115 1872 beriet der Gemeinderat von Mauren mit der Landesregierung über den Bau eines Armenhauses für seine Gemeinde.116 Während die Pläne in Eschen vorerst zu keinem Ergeb-nis führten und man in der Gemeinde noch über drei Jahrzehnte auf ein Armenhaus warten musste, erteilte die Regierung dem Bauvorhaben in Mauren im Frühjahr 1873 ihre Bewilligung.117 Knapp zwei Jahre später war das Armenhaus allerdings noch immer nicht fertiggestellt, was den Landes-verweser zur Intervention veranlasste. Mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit einer solchen An-stalt angesichts der Probleme in der örtlichen Armenversorgung und auf die Vorgaben des Armen-gesetzes forderte von Hausen den Ortsvorstand zur Stellungnahme auf.118 Dessen Antwort warf ein Licht auf einen Anstaltsbau, der ganz anders als derjenige in Schaan oder Triesen verlief. Ortsvor-steher Michael Kaiser teilte von Hausen mit, der Gemeinderat habe beschlossen, dass im laufenden Jahr nun die Böden, Stiegen, Feuermauern und Türen gemacht werden sollten. Für das folgende Jahr wurden die Fenster und Öfen in Aussicht gestellt.119 Die Reaktion des Landesverwesers fiel entsprechend dezidiert aus: Unter dem Eindruck, dass der Gemeinderat von Mauren die Fertigstel-lung des Armenhauses offenbar immer weiter hinauszuschieben gewillt sei, machte er geltend, dass Ortsarme, die «nach ihrem Alter oder nach ihrem körperlichen Gebrechen» Verpflegung und Be-herbergung beanspruchen könnten, so lange auf Kosten der Gemeinde im Armenhaus von Schaan untergebracht würden, bis das Armenhaus in Mauren Hilfsbedürftige aufnehmen könne.120 Der Landesverweser hakte in den Folgemonaten noch mehrfach nach und verlangte von der Gemeinde Mauren Bestätigungen für die Vergabe der zu erledigenden Arbeiten.121 Nachdem die Initiative zur Errichtung eines landschaftlichen Armenhauses wiederholt aus den Gemeinden zu Fall gebracht worden war, zeigte sich von Hausen gewillt, die der Regierung vom Armengesetz zugeschriebene Oberaufsicht über das Armenwesen gerade auch in diesem zentralen Bereich wahrzunehmen. Ein neuer Ortsvorstand, Mathias Frick, berichtete Ende November 1876 dann von der Abnahme des Bauwerkes – die allerdings immer noch namhafte Mängel der Maurerarbeiten aufgedeckt hatte.

112 LI LA RE 1872/78: Ferdinand Walser: Hohe fürstliche Regierung, Schaan, 16. Januar 1872. Wanger blieb allerdings nur bis 1873 im Amt. Eine vollständige Auflistung der Armenpfleger findet sich bei Buj Reitze, 2016, S. 69. Zu Wan-ger vgl. Büchel/Stahl, 2011.

113 LI LA RE 1871/434: M[aximilian] Kindle: Löbliche fürstl. Regierung, Triesen, 14. Juni 1871; Regierung des Fürs-tentums Liechtenstein: Dekret, Vaduz, 23. Juni 1871.

114 LI LA RE 1872/563: Karl Haus von Hausen: Schreiben an den löblichen Landtag, Vaduz, 5. Juni 1872.

115 LI LA RE 1871/68: Anton Frick: An die hohe Regierung, Eschen, 28. Juni 1871. Zu Frick vgl. Näscher, 2011b.

116 LI LA RE 1872/900: Vorsteher: Hochwohllöbliche fürstliche Regierung, Mauren, 17. September 1872, Fürstliche Landesregierung: Zurück, Vaduz, 21. September 1872.

117 LI LA RE 1873/287: Karl Haus von Hausen: Dekret Ortsvorstand Mauren, Vaduz, 22. März 1873.

118 LI LA RE 1875/309: Karl Haus von Hausen: Dekret Ortsvorstand Mauren, Vaduz, 20. Februar 1875.

119 LI LA RE 1875/396: Michael Kaiser: Hochlöbliche Fürstliche Regierung Vaduz, Mauren, 26. Februar 1875. Die An-gabe im Beitrag zu den Armenhäusern im Historischen Lexikon des Fürstentums Liechtenstein, dass das Armen-haus 1873 fertiggestellt worden sei, ist unzutreffend. Frick, 2011b.

120 LI LA RE 1875/396: Karl Haus von Hausen: Dekret zurück, Vaduz, 27. Februar 1875.

121 LI LA RE 1875/750: Karl Haus von Hausen: Aufforderung an den Ortsvorstand Mauren, Vaduz, 17. Juni 1875; LI LA RE 1875/770: Karl Haus von Hausen: zurück, 20. Juni 1875.

Diese würden behoben. Zudem waren auch die Schreiner- und Schlosserarbeiten nach wie vor nicht abgeschlossen.122 Dennoch wies der Ortsvorstand kurze Zeit später dem Armenhaus bereits Kranke und Kinder zur Pflege zu, ohne dass dort auch nur die rudimentärste Inneneinrichtung vor-handen gewesen wäre. Es fehlten, wie die Regierung Ende Januar 1877 anmahnte, Betten, Stühle, Tische oder Küchengerät. Es wurde erneut die sofortige Beseitigung der Missstände gefordert, an-sonsten die «hilflosen Armen» wieder nach Schaan zugewiesen würden.123

Mit der Aufnahme des Betriebs im Armenhaus in Mauren, rund viereinhalb Jahre nach der Erteilung der Baubewilligung, war die Armenanstaltsinfrastruktur in Liechtenstein bis auf weiteres etabliert – geographisch einigermassen gleichmässig über das Landesterritorium verteilt.

Die Anstaltspopulationen

Als der Nachfolger von Karl Haus von Hausen im Amt des Landesverwesers, Carl von In der Maur, 1890 der Hofkanzlei in Wien und Fürst Johann II. einen Rechenschaftsbericht über die letzten sechs Jahre Regierungstätigkeit vorlegte, bildeten immer noch die Armenhäuser in den Gemeinden Schaan, Triesen und Mauren das organisatorische Rückgrat der Armenpflege. Das bedeutete, wie es der Landesverweser auch nach Wien erklärte, dass die Gemeinden, welche über keine eigene Armenanstalt verfügten, mit den drei Gemeinden mit Armenhäusern Verträge abschliessen muss-ten, um dort auch ihre Armen unterbringen zu können. Taten sie das nicht, schnitten sie sich von der Möglichkeit ab, Mittel aus dem Landesarmenfonds zugesprochen zu erhalten. Wenigstens konnte von In der Maur auch noch von der Entstehung einer vierten derartigen Einrichtung in Vaduz berichten.124

Vaduz hatte mit Schaan schon 1877 – über die Landesregierung – diesbezügliche Verhand-lungen aufgenommen und war zu einem Abschluss gekommen. Planken sandte seine Armen eben-falls seit den späten 1870er Jahren ins Schaaner Armenhaus.125 Die Gemeinden Mauren und Schel-lenberg schlossen 1878 einen Vertrag ab zur Übernahme von Armen aus SchelSchel-lenberg im Armen-haus von Mauren. Die dabei anfallenden Kosten für die Verpflegung sollten von Fall zu Fall festge-legt werden, und bei Meinungsverschiedenheiten sollte die Landesregierung als Schiedsrichterin amten. Zudem sah die Abmachung vor, dass Mauren die Beiträge für Schellenberg aus dem Landes-armenfonds erhalten und für die Schellenberger Armen in der Anstalt einsetzen sollte. Nicht ver-wendete Gelder sollten nach einem Jahr an die Gemeinde Schellenberg zurückfliessen. Mit dem Ver-trag verpflichtete sich die Gemeinde Schellenberg schliesslich auch noch, ein Grundstück, den Ha-berwald, an die Gemeinde Mauren abzutreten, gegen eine Entschädigung von 1’300 Gulden.126

Die Gemeinde Triesenberg wollte ihre Armen ab 1880 ebenfalls in Mauren unterbringen, was von Mauren jedoch abschlägig beantwortet wurde. Schaan zeigte sich bereit, stattdessen einzu-springen.127 1886 unterzeichnete Triesenberg dann einen Armenhausvertrag mit Triesen. Triesen verpflichtete sich dabei, vorläufig nur bis zu zehn Arme aus der Berggemeinde aufzunehmen. Die Gemeinde Triesenberg sollte ihrerseits ihre Armen möglichst nicht noch in anderen Anstalten un-terbringen, sondern nur nach Triesen schicken. Neben einer jährlichen Pauschale von 20 Gulden wurden die Entschädigungen für die einzelnen Insassen nach drei Gruppen gestuft festgelegt:

Kranke (täglich 70 Kreuzer), Kinder (täglich 30 Kreuzer) und alle übrigen Personen (täglich 45

122 LI LA RE 1876/1278; Mathias Frick: Hochlöbliche Fürstliche Regierung, Mauren, 29. November 1876. Zu Frick vgl.

Oehri, 2011.

123 LI LA RE 1877/108: Karl Haus von Hausen: Dekret Ortsvorstehung Mauren, Vaduz, 22. Januar 1877.

124 Vogt, 1990: Der Rechenschaftsbericht des Landesverwesers Carl von In der Maur über die Verwaltungsperiode 1884 bis 1890, S. 68. Zu In der Maur vgl. Burmeister, 2011a.

125 LI LA RE 1877/1128: Regierung des Fürstentums Liechtenstein: Dekret Nr 1128, Amtsvorstehung Schaan, Vaduz, 10. September 1877; LI LA RE 1880/56: Karl Freiherr Haus von Hausen: Dekret Ortsvorstand Mauren, Vaduz, 9. Ja-nuar 1880.

126 LI LA RE 1878/1297: Vertrag zwischen der Gemeinde Mauren und Schellenberg betreffend die Versorgung der Gemeindearmen von Schellenberg in die Armenanstalt zu Mauren, Mauren, 30. März 1878.

127 LI LA RE 1880/56: Karl Freiherr Haus von Hausen: Dekret Ortsvorstand Mauren, Vaduz, 9. Januar 1880; LI LA RE 1880/221: Josef Beck: [an die Regierung], Schaan, 3. Februar 1880.

Stephan Scheuzger

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Kreuzer).128 Noch im selben Jahr erneuerte die Gemeinde Triesen auf der Grundlage dieser Verein-barung auch ihren Vertrag mit Vaduz.129

Obwohl die Gemeinde Mauren noch zwei Jahre zuvor nicht bereit gewesen war, Triesenber-ger Arme in ihrem Armenhaus aufzunehmen, schloss sie 1882 mit Eschen einen diesbezüglichen Vertrag ab. Die Konditionen hatten sich gegenüber der Vereinbarung mit Schellenberg bereits ver-ändert. So sollten zwar die Verpflegungskosten auch hier – und anders als in der Regelung von

Obwohl die Gemeinde Mauren noch zwei Jahre zuvor nicht bereit gewesen war, Triesenber-ger Arme in ihrem Armenhaus aufzunehmen, schloss sie 1882 mit Eschen einen diesbezüglichen Vertrag ab. Die Konditionen hatten sich gegenüber der Vereinbarung mit Schellenberg bereits ver-ändert. So sollten zwar die Verpflegungskosten auch hier – und anders als in der Regelung von