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Anamnese, subjektive Kniefunktionseinschätzung und Scores

2 Material und Methoden

2.4 Anamnese, subjektive Kniefunktionseinschätzung und Scores

Vor Beginn der Untersuchungen wurde nach ausführlicher mündlicher und schriftlicher Aufklärung von allen Patienten bzw. Probanden eine Einverständniserklärung unterzeichnet, in der sie bestätigten, dass sie sich den Untersuchungen freiwillig unterziehen und ihnen versichert wurde, dass ihre Daten anonym ausgewertet und veröffentlicht werden dürfen.

Fragebogen

Anamnestische Daten der Patienten wurden mit einem für diese Studie erstellten Fragebogen (Anhang B.1) erfasst. Damit konnten ergänzende Angaben aufgenommen werden, die nicht über die Scores ermittelt wurden. Der Fragebogen enthielt Daten zu folgenden Komplexen, die als offene Fragen bzw. ordinalskalierte Fragen formuliert waren:

persönliche Angaben (anthropometrische Daten, Geburtsdatum)

präoperative Patientendaten und Angaben zur Verletzung (Sportaktivität vor der Verletzung, Verletzungsdatum und -ort, Unfallhergang)

Angaben zur Operation (Datum, Technik, Beratung hinsichtlich OP-Technik, Grund für OP)

Angaben zum postoperativen Verlauf (Rehabilitationsmaßnahmen, erneute Verletzungen, Operationen oder therapeutische Behandlungen, Fähigkeit zum schmerzfreien Gehen oder Laufen, Wiederaufnahme des sportlichen Trainings postoperativ [Wann?, In welcher Sportart?, Mit welchem Umfang und welcher Intensität?], derzeitige Trainingsanamnese, Nutzung orthopädietechnischer Hilfsmittel).

Mit den erhobenen Daten zur Sportaktivität wurde in der Auswertung u.a. eine Klassifikation der Sportarten vorgenommen. Dazu wurde als Grundlage die

„Innsbrucker Knie-Sportfähigkeitsklassifikation“ (Fink et al. [63]) genutzt. Dieses Klassifikationsschema ordnet alle Sportarten hinsichtlich der Gefährdung der Kniestabilität in drei Sportartengruppen ein und zwar in:

High-Risk-Pivoting-Sportarten14,

Low-Risk-Pivoting-Sportarten15 und

Non-Risk-Pivoting-Sportarten16.

Diese Klassifikation wurde in dieser Studie leicht modifiziert, im Speziellen wurde der alpine Skisport als High-Risk-Pivoting-Sportart eingeordnet.

14 High-Risk-Pivoting-Sportarten: Sportarten, die durch einen hohen Anteil plötzlicher Stopps, schneller Drehungen, unkontrollierten Sprungbewegungen und hoher mechanischer Belastungen für das Kniegelenk charakterisiert sind, z.B. Fußball [modifiziert, 63].

15 Low-Risk-Pivoting-Sportarten: Sportarten, in denen Drehbewegungen vorkommen können, aber nicht von vornherein charakteristisch für diese Sportart sind, z.B. Joggen [63].

16 Non-Risk-Pivoting-Sportarten: Sportarten, die durch kontrollierte Bewegungen unter nur teilweiser Belastung des Körpergewichtes gekennzeichnet sind, z.B. Schwimmen [63].

Tab. 3: Klassifikation der Sportarten nach „Innsbrucker Knie-Sportfähigkeitsklassifikation“

(modifiziert, Fink et al. [63])

Sportartengruppe Zugehörige Sportarten

High-Risk-Pivoting Fußball, Handball, Basketball, Volleyball, Tennis, Squash, Ski alpin Low-Risk-Pivoting Laufen, Aerobic, Klettern, Bergwandern, Skilanglauf

Non-Risk-Pivoting Schwimmen, Rad fahren, Spazieren

Scores

Scores sind Bewertungsskalen, die in wissenschaftlichen Studien zur Beurteilung von Behandlungsverfahren herangezogen werden. Sie beinhalten hauptsächlich Angaben der Patienten zu verbliebenen Symptomen und Einschränkungen. Die subjektive Zufriedenheit eines Patienten, z.B. mit der Funktionsfähigkeit des Kniegelenkes, wird mittels eines numerischen Bewertungssystems eingeschätzt, wobei die Angaben in der Regel vom Patienten selbst zu machen sind. Damit liegt für die Scores Untersucherunabhängigkeit vor. Für die Evaluation von Knieinstabilitäten wurden zahlreiche Scores entwickelt, die eine Beurteilung der Auswirkungen der vorhandenen Kniebandinstabilität bzw. des postoperativen Behandlungsergebnisses nach Bandruptur ermöglichen. In der vorliegenden Studie wurden häufig angewandte Knie-Scores eingesetzt. Die hier verwendeten Knie-Scores nach Lysholm und Gillquist [128], das Tegner-Aktivitätsscore [187] und das OAK-Score17 [140] gelten als etabliert.

Andere, weniger bekannte, Fragebögen wurden in dieser Studie ergänzend eingesetzt, um ihre Eignung gegenüber bisher gebräuchlichen Scores zu überprüfen. Dazu zählen die „Knee Outcome Survey - ADL18 Scale“ (im Weiteren als „KOS-Score ADL“

bezeichnet) und die „Knee Outcome Survey – Sports Activity Scale“ (nachfolgend als

„KOS-Score Sport“ benannt), die eine skalierte Bewertung einzelner Einschränkungen und Symptome vorsehen und somit eine differenziertere Aussage erlauben [99]. Der Aussagewert dieser neueren Scores sollte im Vergleich zu den etablierten (Lysholm, Tegner, OAK) untersucht werden.

17 OAK-Score = Score der orthopädischen Arbeitsgruppe Knie (OAK) der Schweizer Gesellschaft für Orthopädie.

18 ADL = Activities of Daily Living (Alltagsaktivitäten)

Folgende Scores wurden in der Studie verwendet:

Score nach Lysholm und Gillquist

Dieses Score wurde 1982 erstmals von den Autoren Lysholm und Gillquist [128]

beschrieben. Das Score setzt sich aus 95 % subjektiven und 5 % objektiven Angaben zusammen. Inhaltlich werden Angaben zu Beeinträchtigungen beim Gehen, Treppensteigen und Hackensitz/ Hinhocken, zur Instabilität, zu Schmerzen, Schwellung und Blockaden sowie zur Umfangsdifferenz des Oberschenkels erfasst.

Es sind maximal 100 Punkte erreichbar. Für die Ergebnisbeurteilung liegt folgendes Bewertungsschema vor:

95 bis 100 Punkte sehr gut

84 bis 94 Punkte gut

65 bis 83 Punkte befriedigend

< 65 Punkte schlecht

Aktivitätsscore nach Tegner und Lysholm

Tegner und Lysholm [187] beschrieben 1985 das 11-stufige Aktivitätsscore.

Anhand der beruflichen und sportlichen Aktivitäten des Patienten wird das Aktivitätslevel nach Kniebandinstabilitäten zwischen einem Level von 0 bis 10 bestimmt. Dabei bedeutet „0“ - Keine Aktivität (Berufsunfähigkeit) auf Grund von Knieproblemen, „10“ - Fußball als Wettkampfsport auf höchstem nationalen und internationalen Niveau.

Durch Erfassung von Patientenangaben zur körperlichen Aktivität zum Untersuchungszeitpunkt und vor der Verletzung, kann neben dem aktuellen Level der Sportaktivität auch retrospektiv das Aktivitätsniveau vor der Verletzung erhoben werden. In dieser Arbeit wurde der von Wülker et al. [207] auf deutsche Verhältnisse übertragene Aktivitätsscore verwendet.

Score der orthopädischen Arbeitsgruppe Knie (OAK) der Schweizer Gesellschaft für Orthopädie

Das Score wurde 1988 erstmals von der Arbeitsgruppe um Müller [140]

beschrieben. Der Fragebogen enthält neben anamnestischen Fragen (Schmerzen, Schwellung, Giving-way, Arbeit und Sport) zuzüglich wesentliche Punkte einer Knieuntersuchung (allgemeine Untersuchungsbefunde, Stabilität, funktionelle Tests). Insgesamt können 100 Punkte erreicht werden, wobei sich die Bewertung

aus 25 % subjektiven und 75 % objektiven Daten aus der Kniegelenksuntersuchung zusammensetzt.

Die Beurteilung erfolgt nach folgendem Auswertungsschema:

91 bis 100 Punkte sehr gut

81 bis 90 Punkte gut

71 bis 80 Punkte befriedigend

< 70 Punkte schlecht

KOS (Knee Outcome Survey)-Score ADL nach Irrgang (Anhang B.2)

Der von Irrgang [99] 1998 veröffentlichte Knee Outcome Survey-Fragebogen ADL enthält 16 skalierte Fragen zur Kniefunktion. Diese beziehen sich auf Symptome und Einschränkungen bei Alltagstätigkeiten. Jede einzelne Frage muss dabei in einer abgestuften Skala von 0 (= totale Behinderung/ Einschränkung) bis 5 (= überhaupt keine Behinderung/ Einschränkung) subjektiv vom Patienten bewertet werden. Es kann eine maximale Punktzahl von 80 erreicht werden. Der Autor empfiehlt dieses „rohe Score“ auf 100 % hochzurechnen (80 Punkte = 100 %).

Vom Autor ist kein Bewertungsmaßstab vorgegeben. In Anlehnung an andere Auswertungsschemen von Scores wird in der vorliegenden Studie folgendes Bewertungssystem für die weitere Beurteilung der Ergebnisse genutzt:

91 bis 100 % sehr gut

81 bis 90 % gut

71 bis 80 % befriedigend

< 70 % schlecht

KOS (Knee Outcome Survey)-Score Sport nach Irrgang (Anhang B.3)

Beim KOS-Score Sport wird mit 11 Fragen nach Symptomen und Einschränkungen bei üblichen sportlichen Aktivitäten gefragt. Wie im KOS-Score ADL ist für jede Frage eine Einschätzung der Kniefunktion auf der 6-stufigen Skala (0 bis 5) vorzunehmen. Die maximal erreichbare Punktzahl beträgt hier im „rohen“ Score 55 Punkte. Auch hier ist das erreichte Ergebnis prozentual zu berechnen, wobei die maximale Punktzahl von 55 Punkten auf 100 % gesetzt wird.

Die Beurteilung der Ergebnisse erfolgt wie beim KOS-Score ADL.