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Analyse von Nutzergruppen und Anwendungssituationen

2.1 Nutzergruppenanalyse

Die Nutzergruppenanalyse zielt darauf ab, zu erkennen, wer welche Art von Insekti-ziden, Repellentien oder Lockmitteln mit welchem Ausbildungshintergrund zu wel-chem Zweck einsetzt. Diese Informationen dienen dazu, typische sowie potenziell kritische Anwendungssituationen zu erkennen.

Wie in Kap. 3 erläutert werden wird, wurden zur Produktart 16 (Molluskizide) keine Anwendungen in Deutschland identifiziert. Die nachfolgende Analyse bezieht sich folglich auf berufliche Anwendungen der Produktarten 18 und 19.

Produktart 18

Gruppe 1: Spezialisierte professionelle Anwender: Schädlingsbekämpfer und Ge-bäudereiniger mit Zusatzausbildung

Die wichtigste Anwendergruppe ist in den professionellen Schädlingsbekämpfern zu sehen. Es gibt in Deutschland nach Auskunft des Deutschen Schädlingsbekämpfer-verbandes (DSV) ca. 1 000 Betriebe.

Andere Berufsgruppen, die derartige Dienstleistungen anbieten, sind die Gebäude-reiniger. Unter der Bezeichnung „Facility manager“ bieten Firmen eine Palette von Dienstleistungen zur Gebäudepflege (Hausmeisterdienste, Gebäudereinigung, Schlüsseldienst), teilweise einschließlich von Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen an.

Seit 2004 existiert die Möglichkeit, Schädlingsbekämpfung als Ausbildungsberuf zu erlernen. Die Inhalte der dreijährigen Ausbildung sind in der „Verordnung über die Berufsausbildung zum Schädlingsbekämpfer/zur Schädlingsbekämpferin“ vom 15.

Juli 2004 (BGBl. I, S. 1638) sowie im dazu gehörigen Rahmenlehrplan näher aus-geführt. Personen, die diese Ausbildung erfolgreich abschließen, haben automatisch Sachkunde nach Anhang III Nr. 4 Gefahrstoffverordnung. Ferner können Personen mit einem Berufsabschluss bzw. mehrjähriger Berufspraxis über eine Umschulung in einem Ausbildungsbetrieb Schädlingsbekämpfer werden (s. „Verordnung über die berufliche Umschulung zum Geprüften Schädlingsbekämpfer/zur Geprüften Schäd-lingsbekämpferin“ vom 18. Februar 1997 (BGBl. I, S. 275). In beiden Fällen erfolgt die Abschlussprüfung durch die IHK.

Auch die Gebäudereinigung stellt einen Ausbildungsberuf dar (s. „Verordnung über die Berufsausbildung zum Gebäudereiniger/zur Gebäudereinigerin“ vom 21. April 1999, BGBl. I, S. 797). Die Ausbildung dauert ebenfalls drei Jahre und beinhaltet – neben zahlreichen anderen Aspekten – inzwischen auch die Schädlingsbekämpfung.

Nach Abschluss dieser Ausbildung dürfen Gesellen einfache (biologische) Schäd-lingsbekämpfungsmaßnahmen durchführen und können mit relativ geringem Auf-wand Sachkunde bzw. Teilsachkunde erwerben. Gebäudereinigermeister, die noch keine Schädlingsbekämpfung in der Ausbildung hatten, können nur mit mehr Auf-wand Sachkunde oder Teilsachkunde erwerben.

Sachkundige dürfen Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen in den in der TRGS 523 genannten Bereichen (z. B. Gesundheits- und Vorratschutz) durchführen, Teilsach-kundige nur in den Bereichen, für die sie Sachkunde erworben haben. Für Begasun-gen fordert die TRGS 512 die Ablegung eines Lehrgangs zum Erwerb der entspre-chenden Sachkunde, ausreichende Erfahrung und stellt zudem weitere Anforderun-gen fest (z. B. sowie ein behördliches Führungszeugnis und besondere ärztliche Un-tersuchungen einschließlich Beurteilung der Geruchswahrnehmung) fest.

Gruppe 2: Nicht spezialisierte berufliche Anwender

Weitere potenzielle Anwender von Produkten der PA 18 sind

Beschäftigte in öffentlichen Einrichtungen (Angestellte von Kommunen und kommunalen Einrichtungen)

Beschäftigte in Lebensmittelbetrieben

Hausmeister (privater Einrichtungen und Gebäude) und ähnliche Berufe, die ge-legentlich aufgefordert sein können, Bekämpfungsmaßnahmen durchzuführen Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen mit Stoffen und Zubereitungen, die nach Ge-fahrstoffverordnung als sehr giftig, giftig oder gesundheitsschädlich eingestuft sind, unterliegen den Vorschriften des Anhangs III, Nr. 4 der Gefahrstoffverordnung. Da-nach ist für die Durchführung von Maßnahmen mit entsprechenden Produkten in Le-bensmittelbetrieben oder öffentlichen Einrichtungen wie Schulen, Kliniken etc. der Nachweis der Sachkunde erforderlich. Die Durchführung der Maßnahmen ist melde-pflichtig.

Danach ist davon auszugehen, dass Bekämpfungsmaßnahmen in öffentlichen Ein-richtungen sowie in Lebensmittelbetrieben überwiegend von professionellen Anwen-dern (Schädlingsbekämpfer) durchgeführt wird. Dies wurde durch Recherchen bei kommunalen Stellen im Raum Freiburg bestätigt (siehe Kap. 4.6).

Bezüglich der potenziellen Anwendung von Bekämpfungsmitteln durch Hausmeister und ähnliche nicht speziell ausgebildete Berufsgruppen ist die Informationslage spär-lich. Es ist wahrscheinlich, dass Maßnahmen wenigstens gelegentlich durchgeführt werden (siehe Kap. 4.4). Es wird davon ausgegangen, dass dabei frei verkäufliche Produkte, die nicht dem Selbstbedienungsverbot unterliegen, zum Einsatz kommen:

Gemäß der Chemikalien-Verbotsverordnung vom 13. Juni 2003 (ChemVerbotsV) müssen Gewerbetreibende oder Selbständige, die giftige (T) oder sehr giftige (T+) Stoffe oder Zubereitungen in den Verkehr bringen sachkundig sein. Zudem gilt für diese Produkte das Selbstbedienungsverbot und eine Einschränkung des Versand-handels an Wiederverkäufer, berufsmäßige Verwender oder öffentliche Forschungs-, Untersuchungs- oder Lehranstalten.

Gruppe 3: Landwirte

Landwirte erwerben häufig im Rahmen entsprechender Ausbildungen (Diplom-Land-wirt, Agraringenieur, Landwirtschaftsmeister) oder von Weiterbildungen den Sach-kundenachweis für den Pflanzenschutz. Eine Trennung von Produkten in Pflanzen-schutzmittel und Biozid-Produkte wird von ihnen nicht wahrgenommen. Entspre-chend ist eine Anwendung von Biozid-Produkten im landwirtschaftlichen Umfeld in Eigenregie durch die Landwirte als Regelfall anzunehmen. Das Bewusstsein für die Toxizität der Mittel und die Sachkenntnis dürften dabei individuell stark variieren.

Gruppe 4: Industrieller Umgang mit Schädlingsbekämpfungsmitteln

Schädlingsbekämpfungsmittel werden auch in der industriellen Produktion einge-setzt, z. B. bei der insektiziden Ausrüstung von Produkten wie Moskitonetzen oder von Farben und Lacken. Der Umfang derartiger Anwendungen (außerhalb des Holz-schutzes) war bisher unklar. Im Laufe des Projektes wurden daher Informationen durch Gespräche mit Wirkstoff-Herstellern und industriellen Anwendern eingeholt.

Gruppe 5: Spezielle Anwendungen

Es wurden einzelne Anwendungen identifiziert, die nicht dem typischen Anwen-dungsmuster von Schädlingsbekämpfungsmitteln entsprechen. Beispiele hierfür sind

− die Anwendung von Neem zur Bekämpfung von Eichenprozessionsspinnern auf Eichenbäumen; als Anwender ist hierbei das Personal von Straßenbaumeis-tereien vorgesehen (da diese Maßnahme auf die Verhinderung von Allergien durch die Haare der Raupe abzielt, handelt es sich nicht um eine Pflanzen-schutzmaßnahme);

− die Bekämpfung von Mückenplagen in Feuchtgebieten mit einem Protein von Bacillus thuringiensis.

PA 19: Repellentien und Lockstoffe

Gruppe 1: Spezialisierte professionelle Anwender: Schädlingsbekämpfer und Ge-bäudereiniger mit Zusatzausbildung

Diese Anwendergruppe entspricht der oben unter PA 18 genannten. Beispielhafte Anwendungsgebiete sind Lockstoffe in Fallen oder Mittel zum Austreiben versteckt lebender Schädlinge zur Bestandserfassung. Anwendung von Repellentien gegen Insekten (enthalten häufig auch Wirkstoffe mit gleichzeitiger insektizider Wirkung wie Pyrethroide), und Produkte zur Vergrämung von Wirbeltieren (Marder, Tauben).

Gruppe 2: Landwirte

Repellentien haben in der Landwirtschaft vermutlich eher geringe Bedeutung. Auf dem Markt sind z. B. Mittel zur Abwehr von Insekten (Bremsen) bei Nutzvieh. Als

„Repellentien“ für die Behandlung von Viehtransportfahrzeugen zur Eindämmung der Blauzungenkrankheit (gemäß der Entscheidung der Kommission vom 23. Mai 2005 zur „Abgrenzung von Schutz- und Überwachungszonen in Bezug auf die Blauzun-genkrankheit und zur Regelung der Verbringung von Tieren innerhalb der und aus diesen Zonen“ und der „Verordnung zum Schutz vor der Verschleppung der Blauzun-genkrankheit“ vom 31. August 2006) wird eine Liste von 3-4 Produkten empfohlen, deren Wirkstoffe (Deltamethrin sowie weitere Pyrethroide) nicht allein über eine re-pellierende, sondern zudem auch über eine insektizide Wirkung verfügen.

In der Landwirtschaft werden auch Mittel in der Schweine- und Hühnerhaltung einge-setzt, um den Verbiss der Tiere untereinander zu vermeiden. Zum Beispiel Odokan®

Kannnibal-Spray, Antikannibal. Nach Einschätzung der Hersteller stellen diese Pro-dukte keine Biozid-ProPro-dukte dar. Da Mittel der PA 19 auf die Abwehr schädlicher Or-ganismen gerichtet sind („Products used to control harmful organisms“) und Nutztiere nicht als solche anzusehen sind, wird diese Einschätzung hier übernommen.

Gruppe 3: Anwender von Insektenrepellentien im beruflichen Umfeld

Förster, Waldarbeiter und andere Berufsgruppen mit langer Aufenthaltszeit in Berei-chen mit Zeckenbefall verwenden zum Schutz Insektenrepellentien, die auf die Haut aufgetragen werden. Die Produkte sowie die Art der Anwendung entsprechen der Si-tuation beim privaten Anwender. Das Expositionsszenario unterscheidet sich folglich lediglich in der Häufigkeit und Dauer der Anwendung und kann analog abgeleitet werden.

Eine gesonderte Betrachtung dieser Anwendungen von Repellentien erfolgt deshalb im Rahmen dieses Berichtes nicht.

2.2 Kriterien zur Auswahl von Produkten/Anwendungen zur Er-stellung von Verwendungsmustern

Die Marktrecherche weist auf das Vorhandensein von mehreren Hundert relevanten Produkten hin, wobei die überwiegende Zahl der PA 18 zuzuordnen ist. Um eine sys-tematische Auswahl von Produkten zu gewährleisten, wurden Kriterien entwickelt.

Die Kriterien werden in Eingangskriterien (müssen erfüllt sein) und Gewichtungs-kriterien (zur Priorisierung) unterteilt.

Eingangskriterien:

1. Für die enthaltenen Wirkstoffe wurden Dossiers eingereicht/die Wirkstoffe wer-den verteidigt (d.h. sie sind im Review-Programm enthalten, Stand: Septem-ber 2006)

2. Das Produkt ist nach Biozid-Meldeverordnung gemeldet und hat eine N-Num-mer

3. Das Produkt wird wahrscheinlich im beruflichem Umfeld eingesetzt

Eine eindeutige Festlegung dazu ist schwierig und nicht in allen Fällen mög-lich. Folgende Quellen werden als Information/Hinweis herangezogen:

− BVL-Liste der anerkannten Mittel und Verfahren zur Schädlingsbe-kämpfung

− Informationen der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften (für Anwendungen in der Landwirtschaft),

− Angaben vom DSV und von Anwenderfirmen,

− Informationen von Herstellern, Zwischenhändlern und Profi-Vertrieben im Rahmen der Marktrecherche.

Als weiteres wichtiges Kriterium kristallisierte sich im Projektverlauf die Verfügbarkeit detaillierter Informationen im Rahmen einer Begehung heraus.

Gewichtungskriterien:

1. Häufigkeit der Verwendung eines Wirkstoffs in verschiedenen Produkten 2. Repräsentanz der Nutzergruppen und Nutzungsarten

3. Bandbreite der Ausbringungsarten (Sprayen, Vernebeln, etc.) und Expositi-onspfade (inhalativ, dermal)

4. Expositionsintensität

5. Repräsentanz der enthaltenen Wirkstoffe für Wirkstoffgruppen (wie z. B. Py-rethroide, Organophosphate)

6. (Marktanteil: Menge und Häufigkeit des Einsatzes): Hierzu liegen in der Regel keine Angaben vor.

Diese Kriterien wurden, auf Basis der Ergebnisse der Marktrecherche, angewendet, um Produkte zur detaillierten Beschreibung der Verwendungsmuster auszuwählen.