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2.5. Die Bedeutung des Wunderlandes

3.1.4. Analogien zwischen Literatur und Film

Die technologische Entwicklung der unterschiedlichen digitalen Medien hat Auswirkungen auf den Status von Literaturverfilmungen. Solche technologische Fortschritte sind z. B. „portable“ Videos (Filme). Das Anschauen dieser verweist am Vorgang Lesen und ihre Optik verleitet an das Medium Buch. 61

Narrativität ist ein gemeinsames Element von Film und Literatur. 62 Im Film wird anhand der Kamera, einer Instanz, die dem Erzähler in literarischen Texten gleicht, das Geschehene vermittelt. Ebenso wichtig für die mediale Umwandlung eines Textes ist die

58 vgl. Stam/ Raengo, 2005: 25

59 vgl. Hans/ Zimmer, 1980: 485 in Brauneck, Manfred (1980): Film und Fernsehen. Materialien zur Theorie, Soziologie und Analyse der audiovisuellen Massenmedien, Bamberg: Buchner

60 vgl. Stam/ Raengo, 2005: 3

61 ebd.: 11

62 Unter dem Wort Literatur sollen hier vorwiegend narrative und dramatische Texte verstanden werden.

Lyrik wird von dem Begriff ausgeschlossen.

28 literarische Gattung, die er angehört. Denn die Umgestaltung von Briefromanen, weist andere Schwierigkeiten, als die von Dramen, oder historischen Romanen auf. Aus diesem Grunde entstehen auch etliche Kategorien von Literaturverfilmungen. Zugleich sind Unterschiede bei Adaptionen für die Leinwand oder das Fernsehen vorhanden. Diese reichen von der Abbildungstechnik her bis zur Rezeption vom Zuschauer hin. Ein Rückblick in die Geschichte der Literaturverfilmung zeigt die unterschiedlichsten filmischen Adaptionen, die am jeweiligen technologischen Fortschritt verbunden sind (Digitaltechnik vs. Stummfilm bzw. Pantomime). Daran soll deutlich werden, dass die Grenzen von Literatur und Film nicht immer klar zu begrenzen sind und dadurch soll ebenso der hybride Zustand von Literaturverfilmungen erneut zum Vorschein kommen.63

Die Instrumentarien, mit denen Film und Literatur arbeiten, obwohl in beiden Fällen Zeichen (sprachliche und bildliche) vorhanden sind, heben sich voneinander ab. An erster Stelle liefert ein literarischer Text nicht immer eine konkrete Vorstellung; er beschreibt nicht detailliert das Geschehene. So kann beispielsweise der Satz „ein großes Haus“

mehrfach von einem Leser interpretiert und rezipiert werden.64 „The words of a novel have a virtual, symbolic; we as readers fill in their paradigmatic indeterminances […] in our own imagination.“65 Doch bei der Umsetzung für einen Film muss eine bestimmte Entscheidung getroffen werden und im genannten Beispiel, wie dieses Haus aussehen wird.66 Die Herausforderung einer solchen medialen Umwandlung gehört zur Debatte des Verlustes in Bezug auf Literaturverfilmungen. Virginia Woolf beispielsweise missbilligte diejenigen filmischen Adaptionen „that reduced a novelʼs complexly nuanced idea of ʼloveʻ to ʼa kiss,ʻ or rendered ʻdeath,ʼ literal-mindedly, as a ʻhearseʼ“67.

So wie die Kulissen ausgesucht, so müssen auch die Darsteller ausgesucht werden.

Anhand des Aussehens der erwählten Personen werden die Protagonisten des Textes konkretisiert und oftmals verbinden sich die fiktiven Charaktere mit den Schauspielern

63 vgl. Bohnenkamp, 2004: 28ff.

64 vgl. ebd.: 31

65 Stam/ Raengo, 2005: 14

66 vgl. Bohnenkamp, 2004:31f.

67 Stam/ Raengo, 2005: 3f.

29 im Kopf der Zuschauer. Das visuelle Element und der Vorgang der Visualisierung selbst, spielen also eine gravierende Rolle im filmischen Geschehen, konkretisieren und fixieren es an Handlung und sein Äußeres. Daneben spielen Ton, Sprache bzw. Dialog, Musik und sogar Geräusche eine wichtige Rolle. Spezifische Feinheiten sind das Agieren bzw.

die Interaktion der Schauspieler, wie wenn Gesten benutzt werden und letztendlich die technische Arbeit mit und hinter der Kamera.68

Die genannten auditiven Elemente begleiten die bildlichen Zeichen und messen ihnen eine konkrete Bedeutung zu ob Ironie oder Dramatik u. a.; sie rufen diverse Gefühle hervor.69 Sie erfüllen

„eine Vielfalt von Funktionen: untermalen und akzentuieren, Stimmung herstellen, Geräusche imitieren, Bewegungen illustrieren, Emotionen suggerieren, Spannung schaffen, Affekte steigern, Bilder integrieren, Sequenzen verknüpfen, Form strukturieren, Kontexte (soziale) vermitteln, Historisches evozieren, kommentieren, karikieren, Figuren mehr Dimensionen verschaffen, psychologisieren Raum- und Zeitgefühl herstellen oder relativieren bzw. aufheben.“70

Von ebenso großer Wichtigkeit sind die genannten spezifischen Feinheiten, die letztendlich einen Film interessant oder geradezu uninteressant gestalten. Der Spannungsaufbau und die Thematik-Vermittlung entstehen in Filmen vom Zusammenspiel der erwähnten Faktoren (Ton, Bild, Agieren) und nicht oberflächlich von einzelnen Elementen wie Handlung oder Dialogen. Die zeitlichen Abstände, in denen sich etwas abspielt tragen ebenfalls eine Rolle, denn der Zuschauer begreift daraus das Geschehene.71 Filme benötigen Zuschauer, weil sie an sich selbst, nicht die gleiche Aussagekraft besitzen. Die Botschaft eines Filmes an einem Zuschauer gerichtet, erhält in

68 vgl. Bohnenkamp, 2004: 32f.

69 vgl. Korte, Helmut (2004): Einführung in die Systematische Filmanalyse, Berlin: Erich Schmidt, S. 15

70 Maas in Beicken, 2004: 54f.

71 s. dazu Kapitel 3.2.5. Ordnung, Dauer und Frequenz

30 seinem Verstand Bedeutung, abgesehen davon, ob sie längst als Information im Film vorhanden ist.72

Aufgrund der unterschiedlichsten Faktoren, die beim Drehen bzw. bei der Entstehung eines Filmes berücksichtigt werden müssen, versteht man wieso die meisten Adaptionen dem Original nicht „treu“ sind. Spielfilmlänge und Budgetkosten sind häufig der Grund dafür. Im Gegensatz dazu benötigt ein Schriftsteller nur Stift und Papier, um einen Roman zu schreiben.73 Ein anderer Unterschied besteht in Bezug auf die Sprache von Filmen und Texten, eine These die Paech vertritt:

„Da[ss] der Film eine Sprache sei, ist fester Bestandteil der metaphorisierenden wie der umgangssprachlichen Rede über den Film. Im Zusammenhang mit der Beziehung des Films zur Literatur kann diese linguistische Definition außer Acht bleiben, denn eine ›Sprache‹ des Films wäre von der Sprache der Literatur zu sehr verschieden, so da[ss] sich auf dieser Ebene keine Beziehung herstellen ließe [.]“74

Es besteht ebenso die Meinung, dass Adaptionen nicht dem Prätext, sondern den spezifischen Bedingungen, die im ausgewählten Medium vorhanden sind, bei der Realisation treu sein sollen. Filme beispielsweise zeigen eine Vorliebe zu bestimmten ästhetischen Konzepten. Ein solches Konzept ist einen Film auf seine visuelle Dimension zu beschränken, dadurch wird die Wortebene vernachlässigt. Das wiederum ist nicht von selbst negativ. Auf Bildeinheit beschränkt, besteht die Möglichkeit Gesichtsausdrücke und Körperhaltung von Darstellern zu sehen, die für das Verständnis gravierend sind, obwohl Intonation und Aussprache der Dialoge die gleiche Wichtigkeit besitzen. Also nach dieser Ansicht benutzt ein Film verbale und nicht verbale und sogar extraverbale Elemente, ein Sachverhalt, der in der Literatur so nicht zutrifft, um die verschiedenen Ebenen des Mediums zu verdeutlichen. Demnach existiert die Meinung, dass Filme geradezu von Sprache „gesättigt“ werden vor und nach ihrer Produktion. Am Anfang

72 vgl. Korte, 2004: 15f.

73 vgl. Bohnenkamp, 2004: 33

74 Paech, Joachim (1997): Literatur und Film, Stuttgart/ Weimar: Metzler, S.: 173