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Die Pharmakokinetik ist neben der Pharmakodynamik ein Teilgebiet der Pharmakologie und befasst sich mit den Einflüssen des Organismus auf das Pharmakon (FICHTL et al., 1996).

Als Begriffe im Zusammenhang mit der Pharmakokinetik sind die Liberation, Absorption (Resorption), Distribution (Verteilung), Metabolisierung (Biotransformation) sowie Elimination (Ausscheidung) zu nennen (KAMERLING et al., 1994). Dabei umfasst die Invasion eines Wirkstoffes die Liberation, Absorption und Distribution, während Metabolisierung und Elimination Bestandteile der Evasion sind. Die einzelnen Vorgänge können anhand des Zeitverlaufes der Konzentration eines Wirkstoffes besonders in Blut oder Urin untersucht werden, da diese Flüssigkeitsräume einfach zugänglich sind (GLADTKE u.

VON HATTINGBERG, 1977; DERENDORF et al., 2002).

Der zeitliche Verlauf der Konzentration eines Wirkstoffes in Blut, Plasma oder Exkreten lässt sich unter vereinfachender Annahme mit Hilfe sogenannter Kompartimentmodelle analysieren (FICHTL et al., 1996). Als Kompartimente bezeichnet man Räume, die kinetisch als

einheitlich aufgefasst werden können wie beispielsweise den Gastrointestinaltrakt, das Blut oder Plasma oder bestimmte Gewebe (DOST, 1968). In diesen Räumen kann mit einer gleichmäßigen Verteilung der Substanz gerechnet werden.

Der Stofftransport zwischen den Kompartimenten kann unterschiedlich verlaufen. Erfolgt der Transport von einem Kompartiment in ein anderes konzentrationsabhängig, wird pro Zeit ein konstanter prozentualer Anteil der Stoffmenge transportiert (KIETZMANN, 1983). Ein solcher Verlauf der Konzentrationskurve entspricht einer Kinetik 1.Ordnung (GLADTKE u.

VON HATTINGBERG, 1977). Dabei bleibt die Zeit, in der die Konzentration um die Hälfte abnimmt gleich und wird als Halbwertszeit (HWZ) bezeichnet. In halblogarithmischer Darstellung zeigt sich die exponentielle Abnahme der Wirkstoffkonzentration (dc) zu einem bestimmten Zeitpunkt (dt) linear und ist mit Hilfe des Quotienten dc/dt zu beschreiben. Die Steigung der Geraden entspricht der Geschwindigkeitskonstante der Elimination, über die die Plasmahalbwertszeit berechnet werden kann. Abbildung 1 zeigt die eben beschriebenen Verhältnisse im Diagramm in linearer und halblogarithmischer Darstellung:

Abb. 1: Schematische Darstellung des Konzentrationsverlaufs einer Kinetik 1. Ordnung folgend in linearer (linker Graph) sowie halblogarithmischer Darstellung (rechter Graph)

Demgegenüber steht die Kinetik 0. Ordnung, nach der pro Zeiteinheit ein konstanter Teil der Stoffmenge vom einen zum anderen Kompartiment transportiert wird (FORTH et al., 1996).

Die Änderung der Konzentration stellt sich dabei bereits in linearer Darstellung als Gerade dar.

Ein einfaches pharmakokinetisches Modell beschreibt das Einkompartimentmodell (DERENDORF et al., 2002). In diesem Modell erfolgt die Verteilung des Wirkstoffes in einer vernachlässigbaren Zeit und die Ausscheidung folgt einer Kinetik 1. Ordnung.

Der Zeitverlauf der Konzentration eines Wirkstoffes C zu einer bestimmten Zeit t (Ct) kann dann durch folgende Gleichung beschrieben werden:

t

Ct, C0 = Plasmakonzentration zum Zeitpunkt t beziehungsweise Ausgangskonzentration kel = Geschwindigkeitskonstante der Elimination

C1,C2 = zwei Messwerte der Plasmakonzentration

Bei Reaktionen erster Ordnung lässt sich die Eliminationsgeschwindigkeitskonstante kel auch über die Halbwertszeit (t1/2) ausdrücken:

/ kel

t ln2

2

1 =

[h]

Die Halbwertszeit ist für jeden Wirkstoff charakteristisch und wie die Formel zeigt unabhängig von der Ausgangskonzentration, das heißt der Dosis.

Zur Darstellung der Vorgänge im Körper ist für viele Wirkstoffe die Annahme von mindestens 2 Verteilungsräumen unterschiedlicher Größe und Zugänglichkeit erforderlich.

Dazu können die Mehrkompartimentmodelle verwendet werden. Trotzdem stellen diese Modelle noch immer eine erhebliche Vereinfachung der tatsächlich ablaufenden Verteilungs-

und Ausscheidungsvorgänge dar und haben keine direkte physiologische Entsprechung (FICHTL et al., 1996). Sie ermöglichen allerdings, den zeitlichen Verlauf der Konzentration eines Wirkstoffes in Plasma, Blut oder Exkreten mathematisch zu beschreiben.

Den einfachsten Fall eines Mehrkompartimentmodells beschreibt das Zweikompartimentmodell (DERENDORF et al., 2002). Wird ein Wirkstoff mittels intravenöser Injektion direkt in das zentrale Kompartiment verbracht, kann er von hier aus in ein peripheres Kompartiment diffundieren und sich dort verteilen. Als periphere Räume gelten Organe wie zum Beispiel Muskulatur, Magen-Darm-Trakt und Fettgewebe, aus dem der Wirkstoff langsam wieder in das zentrale Kompartiment zur Elimination gelangt (SEINSCH, 1998). Neben der Diffusion in einen peripheren Raum, beginnt die Elimination aus dem zentralen Kompartiment über Urin, Faezes und andere Exkrete. Verfolgt man diese Vorgänge in der Konzentrationskurve, fällt in der Phase der Invasion die Konzentration schnell ab und geht nach Erreichen eines Gleichgewichtes in eine lineare Eliminationsphase über (DERENDORF et al., 2002). Dies zeigt sich bei halblogarithmischer Darstellung meist als

‚Knick’ im Anfangsteil des abfallenden Kurvenverlaufs (KIETZMANN, 1983). In die mathematische Beschreibung gehen zwei Eliminationskonstanten b1 und b2 ein, die auch als Hybridkonstanten und bezeichnet werden:

)

Mit Hilfe der Eliminationskonstanten b2 kann die Halbwertszeit des langsamsten Prozesses, die sogenannte terminale Halbwertszeit, berechnet werden (FICHTL et al., 1996). Diese hat eine große Bedeutung für die Bestimmung des Dosierungsintervalls eines Wirkstoffes (SEINSCH, 1998). Durch Verlängerung von b2 bis zur y-Achse erhält man die fiktive Konzentration B beim Erreichen eines Verteilungsgleichgewichtes. Eine lineare Beschreibung der Verteilungsphase erhält man durch Differenzbildung zwischen denjenigen Messwerten der schnellen Eliminationsphase (b1-Phase) und den Werten der extrapolierten b2-Geraden. Die resultierende Gerade verläuft steiler als der schnell abfallende Anfangsteil der Eliminationskurve. Ihr Schnittpunkt mit der y-Achse ist A und ihre Steigung wird mit Hilfe der Hybridkonstanten b1 beschrieben. Die initiale oder auch fiktive Anfangskonzentration (C0)

unmittelbar nach Ende der Injektion entspricht der Summe von A + B (DERENDORF et al., 2002). Abbildung 2 soll die eben beschriebenen Verhältnisse verdeutlichen:

Abb. 2: schematische Darstellung der Bestimmung der pharmakokinetischen Parameter A, B, und

Ein Parameter zur Beschreibung der Vorgänge im Organismus ist die Bioverfügbarkeit. Unter ihr versteht man den Anteil des Arzneimittels, der unverändert ins Blut, das heißt in den großen Kreislauf gelangt. Somit versteht man unter der Bioverfügbarkeit den Prozentsatz eines Wirkstoffes, der aus seiner Zubereitung in das Blut gelangt. Danach ist ein Wirkstoff nach intravenöser Applikation zu 100 % bioverfügbar. Demgegenüber beträgt die Bioverfügbarkeit nach extravasaler Applikation, wie beispielsweise nach oraler Aufnahme, weniger als 100% (FICHTL et al., 1996), da nach Passage von Darm und Leber dem Blut nur noch ein Teil der verabreichten Dosis zur Verfügung stehen. Zur Berechnung der Bioverfügbarkeit bedient man sich der Fläche unter der Plasmakonzentrationskurve (Area Under the Curve, AUC), deren Fläche proportional zur Menge des Arzneistoffes (M) ist, die ins Blut gelangt:

CL

AUC= M [ng/ml*h]

CL = totale Clearance

1 10 100 1000

0 50 100 150

Zeit (t)

Konzentration

B

A ß

Der Quotient beschreibt schließlich in Verbindung mit der maximal erreichbaren Konzentration und Zeit bis zum Erreichen der maximalen Konzentration die Bioverfügbarkeit.

Eine weitere in diesem Zusammenhang zu nennende Kenngröße ist das Verteilungsvolumen V, welches die Konzentration im Plasma mit der Arzneistoffmenge im Körper verbindet (DERENDORF et al., 2002). Das Verteilungsvolumen (V) ist eine fiktive Größe (GLADTKE u. VON HATTINGBERG, 1977). Für eine intravenöse Applikation des Wirkstoffes mit einer Kinetik 1.Ordnung gilt:

C0

D

Vc = [l/kg]

D = Dosis beziehungsweise Gesamtmenge; C0 = Anfangskonzentration

Wird eine bestimmte Dosis eines Wirkstoffes intravenös appliziert, befindet sich die gesamte Menge des Stoffes zunächst im Blut beziehungsweise Plasma, das heißt der Quotient aus Gesamtmenge (D) und der zunächst hohen Plasmakonzentration (C0) ist niedrig. Dies lässt sich auch als ein geringes initiales Verteilungsvolumen des zentralen Kompartiments (Vc) beschreiben. Im weiteren Verlauf verteilt sich der Wirkstoff vom Blut oder Plasma in die Gewebe und erst nach Abschluss der Verteilungsphase wird ein konstantes Verhältnis zwischen Gesamtmenge und Plasmakonzentration erreicht. Das erreichte Gleichgewicht bezeichnet man als Verteilungsvolumen im Steady State (Vss). Da sich nur noch ein Teil der Gesamtmenge des Wirkstoffes im Plasma befindet, ist das Verteilungsvolumen der Verteilungsphase höher als in der Initialphase (FICHTL et al., 1996).

Zur Berechnung des Verteilungsvolumens im Steady State (Vss) bedient man sich

kcp, kpc = Transferkonstanten zwischen zentralem und peripheren Kompartiment

Durch die Elimination des Wirkstoffes aus dem zentralen Kompartiment, kommt es hier zu einer Abnahme der Konzentration (DERENDORF et al., 2002). Der entstandene Konzentrationsgradient zwischen dem peripheren und zentralen Kompartiment führt dazu, dass der Wirkstoff aus dem peripheren in den zentralen Raum diffundiert. Dieser Zustand wird auch als Pseudo-Steady-State bezeichnet und die Konzentration fällt linear ab. Dieser Abfall kann über die Hybridkonstante beschrieben werden. Das entsprechende Verteilungsvolumen in der Eliminationsphase (Vd ) kann nach DERENDORF et al. (2002) als Quotient aus der Clearance (CL, siehe weiter unten im Text) und berechnet werden:

β β V CL

d = [l/kg]

Ein weiterer wichtiger pharmakokinetischer Begriff ist die Clearance. Sie ist ein Maß für die Fähigkeit eines Organismus, einen Wirkstoff zu eliminieren (FICHTL et al., 1996). Die Clearance entspricht dem Volumen der untersuchten Körperflüssigkeit, die pro Zeiteinheit von dem Wirkstoff befreit wird (DERENDORF et al., 2002). Für die Exkretionsleistung sind die Nieren (renale Clearance) sowie die Leber verantwortlich. Letztere dient beispielsweise der Metabolisierung der Wirkstoffe und der Ausscheidung über die Galle und wird als extrarenale oder auch als hepatische Clearance bezeichnet (FICHTL et al., 1996). Die totale Clearance (CL) ergibt sich aus der Summe der renalen (CLR) und extrarenalen Clearance

kel = Geschwindigkeitskonstante der Elimination

Mit Hilfe der renalen Clearance lässt sich ein Zusammenhang zwischen der Konzentration des Wirkstoffes in Plasma und Urin herstellen:

)

Vf = Volumenfluss des Urins

Nach dieser Gleichung sind die Konzentrationen in Plasma und Urin zueinander proportional, solange die renale Clearance und der Volumenfluss des Urins konstant sind. Die aktuelle Urinkonzentration kann sich von der erwarteten Konzentration unterscheiden, da die Blase den Urin mit unterschiedlichen Wirkstoffkonzentrationen speichert und erst bei einer bestimmten Volumenmenge die Blase entleert wird (SAMS, 1996; TOBIN et al., 1999).

Demnach ist es nicht immer möglich, von der Urinkonzentration auf die vorliegende Plasmakonzentration zurück zu schließen. Zudem unterliegt die Urinproduktion starken Beeinflussungen durch beispielsweise Wasseraufnahme sowie Training oder Anstrengung (WOOD et al., 1990). Auch die renale Clearance ist Veränderungen unterworfen. Ein Absinken des pH-Wertes im Harn, wie es oft nach einem Rennen beobachtet wird, führt zu einer stärkeren Ionisation schwacher Basen im Urin, die dadurch weniger stark rückresorbiert und damit schneller ausgeschieden werden (SAMS, 1996; SCHOENE, 1996). Somit sollten basische Substanzen nach einem Rennen beziehungsweise einer körperlichen Anstrengung leichter nachzuweisen sein. Die umgekehrten Verhältnisse sind für schwache Säuren zu erwarten. Im basischen Urin liegen schwache Säuren mit einem pKa-Wert im niedrigeren pH-Bereich vorwiegend in ionisierter Form vor und können daher nicht rückresorbiert werden.

Ändert sich der pH-Wert in Richtung des pKa der jeweiligen Säure, kommt es immer mehr zum Ausgleich der Ionenladungen, so dass die entsprechende Substanz zunehmend in neutraler Form im Urin zu finden ist und somit rückresorbiert werden kann (SCHOENE, 1996).

Die hepatische Clearance umfasst den Metabolismus von Wirkstoffen in der Leber. Dieser Metabolismus ist vielfach erforderlich, um die Arzneimittel in eine ausscheidungsfähige Form zu bringen. Im Vordergrund steht die Bildung starker polarer Verbindungen mit Hilfe sogenannter Phase-I-Reaktionen und Phase-II-Reaktionen, die eine hohe Wasserlöslichkeit besitzen und rasch ausgeschieden werden können (SCHOENE, 1996; FREY, 2002). Die Phase-I-Reaktion umfasst dabei oxidative und reduktive Stoffwechselvorgänge sowie eine Hydrolyse mit dem Ziel einer Entgiftung des Wirkstoffes. Eine weitere Entgiftung durch Kopplungsreaktionen erfolgt in der sich anschließenden Phase-II-Reaktion. In dieser Phase werden auf die Moleküle Glucuronyl-, Acetyl- oder Sulfatgruppen übertragen. Diese Kopplungsprodukte sind pharmakologisch unwirksam und polar, so dass sie gut

ausgeschieden werden (FREY, 2002). Die Glucuronidierung stellt quantitativ den bedeutendsten Prozess bei der Phase-II-Reaktion dar. Solche konjugiert ausgeschiedenen Pharmaka müssen bei der Probenvorbereitung hydrolysiert werden, um aus der wässrigen Phase des Urins in das unpolare Lösungsmittel zur Analyse überzugehen. Die analysierte Urinkonzentration erhöht sich nach SEINSCH (1998) um einen Betrag, der theoretisch der hepatischen Clearance zuzurechnen ist.

Als weitere Ausscheidungswege sind der Vollständigkeit halber die biliäre Ausscheidung sowie die Abatmung bestimmter Stoffe wie beispielsweise Inhalationsnarkotika zu nennen (FREY, 2002). Aus der Leber werden lipophile Substanzen über die Galle in den Dünndarm sezerniert, wo beispielsweise auch erst viele glucuronidierte Substanzen von dem entsprechenden Enzym gespalten werden. Bleiben unkonjugierte Substanzen zurück, können sie über einen enterohepatischen Kreislauf zurück in die Leber zur Metabolisierung gelangen (BOCK, 1990).