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3.3 Charakterisierung der Mongolischen Wüstenrennmaus (Meriones unguiculatus)

3.3.2 Allgemeine Biologie

Die Mongolische Wüstenrennmaus ist natürlicherweise agoutifarben. Die Oberseite ist sandfarben (ALLANSON 1970; HEARNE 1982; GRZIMEK 1988; VINER 1998) bzw. rötlichbraun bis dunkelbraun, wobei das Haar an der Spitze dunkel, in der Mitte meist heller braun, creme oder weiß und an der Basis grau gefärbt ist (STEAD 1996;

WARREN 2002). Der Bauch ist heller als die Oberseite (ALLANSON 1970; HEARNE 1982; STEAD 1996; VINER 1998). Diese Farbverteilung bewirkt eine gute Tarnung gegen Sand und Felsen der Umgebung einerseits und eine Reflektion der Hitze des Sandes andererseits (WARREN 2002). Entlang der Wirbelsäule und dem Schwanz kann ein schwarzer Strich vorhanden sein (HEARNE 1982).

Farbschläge mit weißem Bauch:

• Silber-Agouti / Chinchilla: Haare weiß mit schwarzer Spitze, Augen dunkel

• Gold-Agouti / Argente / Zimt: goldfarben, Augen rot

• Creme-Agouti: hellgold-aprikosenfarben, Augen rot

• Elfenbein: blass-cremefarben, Augen rot

• Algierfuchs: goldfarben, Augen dunkel; auch gescheckt

• Goldfuchs: ähnlich Gold-Agouti, jedoch gelbes Unterfell, Augen rot

• Polarfuchs: gelbe Haarbasis, schwärzliche Haarspitzen bei älteren Tieren, Augen dunkel, aber auch rotäugige Polarfüchse kommen vor

• Champagner: altweiß gefärbt, Augen dunkel

• Mushroom: beigefarben mit oranger Scheckung, Augen rot

• Shadow: beigefarben mit schwarzer Haarspitze, Augen rot

• Zimtschecke: weiß mit oranger Scheckung, Augen dunkel Farbschläge mit kompletter Färbung:

• Schwarz: schwarze Färbung, Augen dunkel, oft mit weißer Scheckung

• Blau: schieferfarben , Augen dunkel

• Anthrazit: matt kohlefarben, Augen dunkel mit rotem Lichtreflex; auch als Schecke

• Platin / Lilac: hellgraue Färbung, Augen rot; weiße Scheckung möglich

• Platin hell / Dove: ähnlich Lilac, aber heller, Augen rot

• Rotäugig weiß / Altweiß: weiß, Augen rot

• Schwarzäugig weiß: weiß, Augen dunkel

• Kohlfuchs / Nutmeg: rotbraune Färbung mit schwarzer Spitze und „Punkten“, Augen dunkel; Jungtiere einfarbig ocker getönt, schwarze Spitzen erst bei äl-teren Tieren; auch als Schecke

• Rotfuchs / Argente Nutmeg: rötlich-goldene Färbung, Augen rot

• Blaufuchs / Silver Nutmeg: elfenbeinfarbig mit schwarzer Spitze, Augen dun-kel; Jungtiere einfarbig elfenbein getönt, schwarze Spitzen erst bei älteren Tie-ren

• Schimmel / Orange Siam: orange bis orange-getöntem weiß, Augen dunkel

• Sandy / Apricot: Färbung zwischen altweiß und Orange Siam, Augen rot

• Rotäugig blau : dunkelgraublau, Augen rot

• Weiß / Himalaya Albino: weiß, Augen pinkfarben

• Hermelin weiß / Himalaya Albino: weiß, Augen rot, dunkler Schwanz

Daneben existieren noch weitere Farbschläge, und es werden noch einige dazu kommen, so dass die Auflistung nicht vollständig sein kann.

Der Himalaya Albino ist kein echter Albino, denn der Schwanz ist mehr oder weniger gefärbt. Es handelt sich somit um einen akromelanistischen Albinismus (STEAD 1996).

Unterschiede im Verhalten und in der Physiologie sind zwischen den verschiedenen Farbschlägen nach WAIBLINGER (2002) nicht ausgeprägt. BÜCHNER (2000) berichtet jedoch von aggressiven Schwärzlingen und sieht eine Verbindung zwischen dunkler Färbung und zunehmender Aggression. Nach HARKNESS und WAGNER (1995) gibt es bei der Reproduktion farbabhängige Vorlieben. Danach bevorzugen

Agouti-Weibchen Männchen des Agouti-Typs, während dies bei sandfarbenen und schwarzen Weibchen nicht der Fall ist.

WARING et al. (1978) berichten von einer weiß gefleckten Mutante des Agouti-Typs, die bei der heterozygoten Vererbung zu ausgedehnten weißen Flecken, zu einer allgemeinen Farbverdünnung und zu leichter Anämie führt. Im homozygoten Fall kommt es infolge hochgradiger Anämie zum pränatalen Tod des Tieres.

Adulte Tiere wiegen durchschnittlich etwa 60 bis 80 g, können aber bis zu 120 g erreichen, wobei Männchen etwas schwerer als Weibchen sind (STUERMER 2002).

Die Kopf-Rumpf-Länge beträgt 115 bis 135 mm beim Männchen und 110 bis 130 mm beim Weibchen (STUERMER 2002), die Schwanzlänge liegt zwischen 96 und 110 mm (GULOTTA 1971).

Aufgerichtet sind die Tiere etwa 12 cm hoch (WAIBLINGER 2002).

Ohren, Schwanz und Fußsohlen sind behaart (LABER-LAIRD 1996). Der Schwanz ist entlang des Schwanzrückens leicht gebüschelt (ALLANSON 1970) und trägt an der Spitze eine kleine Quaste (ALLANSON 1970; FREYENMUTH 1974; FEHR 2001). Die Behaarung am Schwanz schützt vor übermäßigem Feuchtigkeitsverlust und zu starker Wärmeabgabe (RAUTH-WIDMANN 1999). Eine Besonderheit ist die lockere Schwanzhaut als Abwehrmechanismus gegen Feinde. Bei falscher Handha-bung reißt diese leicht ab, so dass die Tiere nur an der Schwanzbasis gehalten werden dürfen (van ZUTPHEN et al. 1995; FEHR 2001).

Der Kopf ist kurz und breit mit großen, leicht seitlich gelegenen vorstehenden Augen (ALLANSON 1970), deren Blickwinkel fast 360 ° beträgt. Die Gesichtsfelder über-schneiden sich nur wenig, so dass räumliches Sehen kaum möglich ist. Zahlreiche Stäbchen ermöglichen gutes Sehen im Dunkeln. Zapfen sind nur wenige vorhanden, und nur bestimmte Farben können wahrgenommen werden (RAUTH-WIDMANN 1999). Die Augen sind - wie die anderen Sinnesorgane auch - auf Flucht ausgerichtet (HOLLMANN 1997a).

Die Ohren sind klein und rundlich (WILLIAMS 1976) mit stark vergrößerten Mittelohr-kapseln (STUERMER 2002). Das Hörvermögen liegt nach ROBINSON (1979c) zwischen 0,1 und 60 kHz.

Wie alle Nager sind auch Mongolische Wüstenrennmäuse Makrosmaten mit zahlrei-chen Riech-Sinneszellen und sehr gut entwickeltem Bulbus olfactorius (RAUTH-WIDMANN 1999; FEHR 2001). In der Nasenhöhle befindet sich das Jacobsonsche Organ für die olfaktorische Erkennung.

Vibrissen an Nase, Augen, Körper- und Beinaußenseiten und Druckrezeptoren an den Pfoten sind für den Tastsinn und die Orientierung verantwortlich (FEHR 2001).

Die Vorderbeine sind kurz mit händeartigen Vorderpfoten. Die Hinterbeine sind känguruartig verlängert und an das Springen adaptiert (WARREN 2002). Die Hinter-füße sind lang und die Fußsohlen bis auf einen nackten Flecken nahe der Ferse behaart (GULOTTA 1971). Somit sind die Tiere an die Temperatur des Wüstenbo-dens angepasst, und ein stabiler Stand ist möglich (WARREN 2002). Mongolische Wüstenrennmäuse können aus dem Stand ca. 30 cm hoch springen (RAUTH-WIDMANN 1999; WAIBLINGER 2002). Klettern können die Tiere dagegen weniger

gut (GAßNER 1997; METTLER 1999), denn den Hinterpfoten fehlen Reibeflächen und gegenüberliegende Zehen, die dies ermöglichen würden (WAIBLINGER 2002).

Die gut ausgebildeten Krallen sind beim Agouti-Typ dunkelbraun bis schwarz (GULOTTA 1971).

Eine Besonderheit bei der Mongolischen Wüstenrennmaus ist die Ventraldrüse, die eine wichtige Rolle beim Territorialverhalten spielt (ROBINSON 1979a). Bei der Ventraldrüse oder auch Glandula umbilicalis handelt es sich um vergrößerte Talg-drüsen, die mit Haarfollikeln assoziiert sind und sich ventral in der Mitte des Abdo-mens befinden. Beide Geschlechter besitzen eine Ventraldrüse. Mit Eintreten der Geschlechtsreife entsteht jedoch ein sexueller Dimorphismus, da die Ventraldrüse von Sexualhormonen beeinflusst wird (ALLANSON 1970). Vor allem dominante Männchen besitzen eine gut entwickelte Ventraldrüse und sondern ein moschusarti-ges Sekret ab. Aber auch bei den anderen Männchen und den dominanten Weib-chen ist die Ventraldrüse aktiv. Lediglich bei den untergeordneten WeibWeib-chen bleibt die Drüse klein und inaktiv (AGREN et al. 1989), und die Geschlechtsreife wird verzögert (SWANSON 1983).

Mit dem Sekret markieren die Männchen sowie Weibchen im Östrus Objekte in der Umgebung, indem sie mit dem Bauch über vorstehende Gegenstände reiben und so Duftmarken setzen (DALY 1977; AGREN et al. 1989).

Nach NYBY et al. (1970) sind sowohl die Entwicklung der Ventraldrüse als auch das Markierverhalten androgenabhängig. Die Ventraldrüse ist beim Männchen doppelt so groß und das Markierverhalten wird doppelt so häufig gezeigt. Nach einer Kastration bildet die Ventraldrüse sich wieder zurück (ALLANSON 1970).

Hinter dem Bulbus befindet sich die Hardersche Drüse. Durch den Lidschluss wird das Sekret entleert, welches zusammengesetzt ist aus Protoporphyrinen und Fettsäuren. Durch den Tränennasenkanal wird es zu den Nasenlöchern transportiert und von dort zusammen mit dem Speichel beim Putzen über den Körper verteilt.

Tab. 3: Allgemeine biologische Merkmale

van ZUTPHEN et al. (1995) BIHUN (1997) Gewicht adult Männchen 80-110 g 46-131 g Gewicht adult Weibchen 70-100 g 50-55 g

Lebenserwartung 3-4 Jahre 24-39 Monate

Diploider Chromosomensatz 44 k. A.

Futteraufnahme k. A. 5-7 g

Wasseraufnahme 4-7 ml 4 ml

Urinabgabe k. A. wenige Tropfen

Kotabgabe k. A. 1,5-2,5 g

Körpertemperatur 38,1 bis 38,4 °C 38,2 °C

Atemfrequenz 90 / min 85-160 / min

Herzfrequenz 360 / min 260-600 / min

Blutvolumen 66-78 ml / kg k. A.