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Aktivität (Verhalten), Körpergewicht, Körperinnentemperatur und Letalität

6 Diskussion

6.1 Aktivität (Verhalten), Körpergewicht, Körperinnentemperatur und Letalität

Ohne das Tier stressende Manipulation erhält man so aussagekräftige Hinweise auf den Gesundheitszustand. Dabei werden das Interesse an Artgenossen und der Umwelt, Schläfrigkeit und bei eingeschränkter Aktivität auch Reaktionen auf Zuwendung beobachtet (VAN GRIENSVEN et al. 2002b). Das Fressverhalten spiegelt bereits kleinste Einschränkungen im Wohlbefinden wieder. Da dies bei Mäusen schwierig zu beobachten ist, dient die Körpergewichtsentwicklung als Indikator für die Nahrungsaufnahme. Gleichzeitig wird auch ein krankheitsbedingter Katabolismus miterfasst. Die Körperinnentemperatur ist ebenfalls ein Maß für die Homöostase und den Stoffwechsel. Ist sie erhöht, lässt das auf eine Steigerung des Stoffwechsels durch Inflammation, Fieber oder gesteigerte Aktivität schließen.

Fällt die Temperatur ab, sind die Kapazitäten des Körpers zur Thermoregulation erschöpft (HILDEBRAND et al. 2004).

So wurden in dieser Studie die Parameter Aktivität, Körpergewicht und Körperinnentemperatur bestimmt, um den klinischen Status der Mäuse während der Untersuchungen verfolgen zu können.

Dabei zeigten die Sham-Tiere durchweg eine physiologische Aktivität, geringe Gewichtsverluste und leicht gesteigerte Körperinnentemperaturen, was möglicherweise auf geringgradige entzündliche laparatomiebedingte Reaktionen schließen lässt. Die CLP-Tiere waren dagegen in ihrer Aktivität stark beeinträchtigt, auch lagen ihre Körperinnentemperaturen mehr als 6°C unter denen der Sham-Gruppe, wie es für die hypodyname Phase der Sepsis typisch ist (BONE 1996c).

Ein Unterschied im klinischen Status ließ sich auch zwischen der Stoffwechselkäfiggruppe und der Inulin/PAH-Gruppe feststellen. So verlor die Stoffwechselkäfiggruppe geringgradig mehr an Aktivität, Körpergewicht und Temperatur als die Inulin/PAH-Gruppe. Dies zeigt einen Effekt des Käfigs auf das Wohlbefinden der Tiere per se. Im Stoffwechselkäfig fehlt den Tieren z.B. die Möglichkeit zum Nestbau und Wärmeaustausch mit Artgenossen. Daher müssen sie ein höheres Maß an Energie zur Thermoregulation aufbringen, was ihnen normalerweise über eine erhöhte Futteraufnahme gelingt. Kranke Tiere sind jedoch häufig

inappetent, und selbst gesunde Tiere verlieren unter diesen Bedingungen an Gewicht und die Temperatur sinkt (ERIKSSON et al. 2004).

Letztendlich stellt die Letalität die Auswirkungen der Sepsis auf den Organismus dar. Beim Menschen liegt die Mortalität bei Sepsis im Zusammenhang mit einem MODS bei 80%

(SALVO et al. 1995). Auch in der eigenen Studie war die Letalität hoch und lag innerhalb der CLP-Gruppe bei 63,5%. Betrachtet man den Einfluss der Haltungsart, stellt sich heraus, dass die Letalität in der Stoffwechselkäfiggruppe mit 59% höher war als in der Gruppe mit Sozialkontakten (Inulin/PAH-Gruppe) mit 40%. Bei entsprechenden CLP-Studien lag die Letalität bei in Gruppen gehaltenen Tieren ebenfalls unter 50% (OBERBECK et al. 2001;

VAN GRIENSVEN et al. 2002b).

6.2 Typ-IV-Reaktion

Die Typ-IV-Reaktion lässt sich im Tierversuch als Maß für die Aktivierung des Immunsystems bestimmen, indem man die Ödematisierung des Ohrs nach Zweitkontakt mit einem Antigen wie DNFB bestimmt. Diese Methode ist etabliert und wird häufig angewandt (DHABHAR u. MCEWEN 1997).

In der vorliegenden Arbeit wurde der Ohrdickenquotient bestimmt, um ein Maß der Immunaktivierung bzw. –suppression aufzeigen zu können. Für die Sham-Gruppe wurde eine lokale Überempfindlichkeitsreaktion, also eine Zunahme der Ohrdicke erwartet. In der CLP-Gruppe dagegen sollte die Typ-IV-Reaktion mit Zunahme der Ohrdicke aufgrund der gesteigerten CD8-Zellaktivität (VAN GRIENSVEN 2002a) und des TH1 zu TH2-shifts (AYALA et al. 1994) ausbleiben.

Aus nicht erklärbaren Gründen war aber keinerlei Zusammenhang zwischen dem Ohrdickenquotienten und der OP-Art (Sham vs. CLP) erkennbar. Sowohl Sham- als auch CLP-Tiere zeigten eine Immunaktivierung und Immunsuppression.

6.3 Zytokine

Zytokine sind als Mediatoren des Immunsystems maßgeblich an der Pathogenese der Sepsis beteiligt. Ihre Konzentrationen im Plasma sind indikativ für das Vorhandensein, die Ausprägung und die Prognose einer Sepsis (DAMAS et al. 1989; CALANDRA et al. 1991;

CASEY et al. 1993; MARCHANT et al. 1994; GOGOS et al. 2000). Erhöhte TNF-α- und IL-6-Werte sind bereits innerhalb von ein bis zwei Stunden nach Sepsisinduktion im Plasma nachzuweisen (SHALABY et al. 1989), während das antiinflammatorisch wirkende IL-10 erst in der späten Phase der Sepsis steigt (RONGIONE et al. 1997). Auch bei Bestehen eines ANVs sind TNF-α, IL-6 und IL-10 erhöht (ASHKENAZI et al. 1991; KNOTEK et al. 2001;

CUNNINGHAM et al. 2002; KWON et al. 2003; SIMMONS et al. 2004).

In dieser Arbeit wurden die TNF-α-, IL-6- und IL-10-Gehalte nach 24, 48 und 96 Stunden bestimmt. Während die Sham-Gruppen basale Zytokinwerte aufwiesen, waren diese in den CLP-Gruppen überwiegend signifikant erhöht. Die Ergebnisse entsprechen den Angaben in der Literatur (SHALABY et al. 1989; MARCHANT et al. 1994).

Besonders IL-6 wird aufgrund seiner frühzeitigen Erhöhung in der Klinik als Indikator für die Entwicklung einer Sepsis gewertet (CALANDRA et al. 1991). So war die IL-6-Konzentration bei den eigenen Tieren bereits im Anfangsstadium der Sepsis im Vergleich zum physiologischen Wert erhöht und stieg nach 48 Stunden noch mal um das 200fache an. Der TNF-α-Wert entwickelte sich langsamer, aber stetig, während das IL-10 erst nach 96 Stunden vermehrt von den Immunzellen sezerniert wurde, da es als antiinflammatorisches Zytokin nicht durch die Noxe selber, sondern durch das Immunsystem aktiviert wird (RONGIONE et al. 1997).

Während die Zytokinkonzentrationen erst nach 48 Stunden deutlich erhöht waren, ergab sich eine hochgradig eingeschränkte Nierenfunktion bereits nach 24 Stunden. Das deutet darauf hin, dass bereits geringe Zytokinanstiege mit einem ANV gekoppelt sind oder dass neben den immunologischen Mechanismen weitere nicht bekannte Faktoren an der initialen Entwicklung des ANV beteiligt sind.

6.4 Histologie

Unterschieden sich die Sham- und die CLP-Gruppe im klinischen Status und in den Zytokinkonzentrationen deutlich voneinander, so konnten histologisch in beiden Gruppen pathologische Befunde erhoben werden. Innerhalb der CLP-Gruppe entsprachen die Befunde dem septischen Zustand. Die pathologischen Ergebnisse innerhalb der Sham-Gruppe dagegen müssen auf den Einfluss der Laparatomie und/oder auf die unterschiedlichen Stresseinwirkungen im Stoffwechselkäfig bzw. in der Gruppenhaltung (Inulin/PAH-Gruppe) zurückzuführen sein.

So kann ein Trauma ein MODS auslösen (SANCHEZ 1999; PATERSON u. WEBSTER 2000). KUEBLER et al. (2003) verwenden die Laparatomie als Trauma. Allerdings setzen sie eine 5cm lange Laparatomiewunde während wir einen Schnitt über nur 1,5cm führten.

Weiterhin ist bekannt, dass sowohl ein isolierter Aufenthalt im Stoffwechselkäfig (ARMANDO 1989; GOMEZ-SANCHEZ u. GOMEZ-SANCHEZ 1991; GIL et al. 1999;

HEIDBREDER et al. 2000; KROHN et al. 2003; ERIKSSON et al. 2004) als auch eine Narkose und ein chirurgischer Eingriff (KEHLET 1998; DESBOROUGH 2000) Stress auslösen. Da in der eigenen Studie eine Gruppe zeitweise in Stoffwechselkäfigen untergebracht war und die andere Gruppe eine zweieinhalbstündige Inhalationsnarkose mit operativem Eingriff unterzogen wurde, ist davon auszugehen, dass der Katecholamin- und Kortisolblutspiegel bei allen Tieren erhöht war. Diese Hormone lösen eine Neutrophilie aus (DHABHAR et al. 1994), indem sie den marginalen Pool der PMNs in den Gefäßen mobilisieren, ihre Freisetzung aus dem Knochenmark fördern und ihre Halbwertszeit im Blut verlängern (BOOGS 1975; DAVIS et al. 1991). Darüber hinaus akkumulieren PMNs abhängig von der Adrenalindosis in Organen wie der Lunge (MORKEN et al. 2002), zum Vorkommen in der Leber konnte im Schrifttum keine Angabe ermittelt werden. Gleichzeitig hemmt Adrenalin aber die Freisetzung der Granula und den respiratory burst (SCHOPF u.

LEMMEL 1983; BAZZONI et al. 1991), so dass es bei stressbedingter PMN-Invasion nicht wie bei der Sepsis zu Schäden durch PMNs kommt. Weiterhin gilt Adrenalin als Vasokonstriktor, so dass einige der histologisch nachgewiesenen Organschäden möglicherweise auf eine Hypoxie zurückgeführt werden können.

6.4.1 Lunge

Die Lunge ist zuerst im Rahmen eines MODS betroffen, da sie im Kreislauf als erste Filterstation für die LPS, Zytokine und daraufhin aktivierten Blutzellen fungiert (REGEL et al. 1996). LPS und Zytokine erhöhen die Permeabilität des Endothels, aktivieren PMNs und locken sie über einen chemotaktischen Gradienten in die Lunge (VAN GRIENSVEN 1999a).

Dort wird ihnen die Extravasation zusätzlich durch Induktion der Adhäsionsmoleküle erleichtert (STAUNTON et al. 1989). Im Gewebe laufen an den PMNs Reaktionen ab, die die Endothelpermeabilität weiter steigern (KLAUSNER et al. 1989; GRINO 1994). Die histologische Folge ist neben der Granulozyteninfiltration die Ödematisierung der interstitiellen Septen.

Die CLP induziert über einen intraabdominalen Infektionsherd eine Sepsis mit konsekutivem MODS (MARSHALL u. CREERY 1998). So waren in der eigenen Untersuchung die interstitiellen Septen innerhalb der CLP-Gruppe - wie schon im Schrifttum beschrieben (VAN GRIENSVEN 1999a; ZÜNDEL 2004) - ödematisiert und die Septen und teilweise die Alveolen waren mit Granulozyten infiltriert.

Hinsichtlich der histologischen Organuntersuchungen der Sham-Gruppe wurden keine Abweichungen von physiologischen Befunden erwartet, dennoch konnten keine Unterschiede zur CLP-Gruppe nachgewiesen werden. Die geringgradigen pathologischen Befunde wurden deshalb dem operativen Eingriff (Laparatomie) und/oder dem versuchsbedingten Stress zugeschrieben. Gleichzeitig könnte eine stressabhängige Hemmung der Granulozytenreaktionen stattgefunden haben (SCHOPF u. LEMMEL 1983; BAZZONI et al.

1991), da die Sham-Tiere trotz pathohistologischer Befunde im Gegensatz zu den Tieren der CLP-Gruppe klinisch nicht beeinträchtigt waren, wie das Verhalten der Tiere zeigte.

Desweiteren könnte eine aerogene Lungeninfektion vorgelegen haben, die mit ähnlichen Befunden einhergehen kann. Die gleichmäßige Erkrankung aller Gruppen unterstützt diese Differentialdiagnose, allerdings sprechen die klinischen Befunde, die in der CLP-Gruppe stark ausgeprägt waren, dagegen.

6.4.2 Leber

Die Leber versagt häufig als nächstes Organ im Rahmen eines MODS. Sie ist dem Darm benachbart - der in 66% der Fälle die das MODS auslösende Infektion beherbergt (VOSYLIUS et al. 2004) - und über die Vena porta direkt mit ihm verbunden. Die Leber ist an der Beseitigung der LPS durch die zum RES gehörenden Kupffer`schen Sternzellen und das Binden von LPS durch Gallensalze beteiligt (SWANK u. DEITCH 1996). Auch Noxen im Sinne der MOD-Hypothesen wie LPS (Darmhypothese), Hypoxie (Ischämie/

Reperfusionshypothese), Zytokine (Zytokin-/Mediatorhypothese) oder konsekutiv aktivierte PMNs regen die Kupffer`schen Sternzellen an (THURMAN et al. 1997; LAURENS et al.

2005). Als Reaktion setzten sie, wie auch die PMNs selber, wiederum Zytokine, Mediatoren und reaktive Sauerstoffmetaboliten frei (HOEK u. PASTORINO 2002). Diese wirken einerseits chemotaktisch und steigern die Permeabilität des Gefäßendothels, was eine weitere PMN-Invasion hervorruft, andererseits lösen diese Substanzen eine Apoptose in den Hepatozyten aus (HOEK u. PASTORINO 2002). Die Schädigungen können unter anderem als hydropische Degeneration histologisch sichtbar werden.

Die CLP-bedingten pathologischen Folgen für die Leber ließen sich auch in dieser Studie an den Parametern Ödematisierung, Granulozyteninfiltration und hydropische Degeneration darstellen. So war in der CLP-Gruppe ein Leberödem und hydropische Degeneration vorhanden, die Infiltration mit Granulozyten war jedoch insgesamt gering.

Wie bei der Lunge unterschieden sich auch hier die histologischen Befunde der Sham-Gruppen kaum und nicht signifikant von den pathologischen Befunden der CLP-Sham-Gruppen. Die nachgewiesene hochgradige hydropische Degeneration bei den Sham-Tieren wurde auch in der Studie von ZÜNDEL (2004) festgestellt, die Ursache jedoch konnte nicht geklärt werden.

Ein möglicher Auslöser der Degeneration wäre eine physiologische Mobilisation hepatozytärer Glykogenreserven, zu der es bei einem katabolen Stoffwechsel kommt. So stimmt die stärkere hydropische Degeneration mit den Gewichtsabnahmen innerhalb der Stoffwechselkäfiggruppe überein. Weiterhin wäre ein leberschädigender Einfluss der zweieinhalbstündigen Inhalationsnarkose bei den Tieren der Inulin/PAH-Gruppe möglich.

Isofluran ist zwar ein schonendes Inhalationsnarkotikum, dennoch liegen einige wenige Berichte über isofluranbedingte Leberschäden beim Menschen vor (HASAN 1998). Auch die

Narkotika Ketamin und Xylazin, die bei allen Tiere verwendet wurden, können in seltenen Fällen Leberzellen schädigen, wobei apoptotische Vorgänge erst nach drei Stunden und nur für kurze Zeit beobachtet wurde (THOMPSON et al. 2002), wir jedoch die Tiere maximal 30 Minuten nach Ketamin- und Xylazin-Injektion sezierten. Das Leberödem und die Granulozyteninfiltration können möglicherweise ebenso wie bei der Lunge mit stressbedingter Neutrophilie und Sequestration der Zellen in das Organ erklärt werden, allerdings wurde letzteres bei anderen Studien für die Leber bisher noch nicht nachgewiesen.

Bei dem Leberödem könnte es sich differentialdiagnostisch um ein kardiogenes bzw. agonales Stauungsödem handeln. Möglicherweise sind die hydropische Degeneration, das Leberödem und die geringgradige Granulozyteninfiltration auch auf eine stressinduzierte Vasokonstriktion zurückzuführen. So aktiviert eine Hypoxie in den Kupffer`schen Sternzellen die Freisetzung verschiedener inflammatorischer Produkte, die einerseits die Hepatozyten direkt schädigen, andererseits PMNs anlocken, die dann ebenfalls durch granuläre Enzyme und respiratory burst die Läsionen verstärken.

In dieser Studie waren alle Tiere einer Stresssituation ausgesetzt. Wie die Unterschiede der klinischen Parameter und der Letalität zeigen, war die Stoffwechselkäfiggruppe jedoch durch die Isolation und fehlende Möglichkeiten zur Thermoregulation einer stärkeren Stresssituation ausgesetzt als die Inulin/PAH-Gruppe. Auch die Leberschäden und besonders die hydropische Degeneration traten innerhalb der Stoffwechselkäfiggruppe hochsignifikant stärker auf als in der Inulin/PAH-Gruppe, was die Auswirkungen des Stresseffekts der Stoffwechselkäfig-haltung erhärtet.

6.4.3 Milz

Die Milz ist ein in den Blutkreislauf eingeschaltetes immunologisches Organ. Das Blut wird zunächst durch die Lymphfollikel der weißen Milzpulpa geleitet, wo sich die dort stationierten B-Lymphozyten nach Antigenkontakt zu antikörperproduzierenden Plasmazellen differenzieren. Im Raum um die weiße Pulpa interagieren die B- mit den T-Lymphozyten. Die rote Pulpa ist ein retikuläres Netzwerk, in dem bei Antigenzweitkontakt die immunologischen Reaktionen ablaufen und überdies defekte körpereigene Zellen, Bakterien, LPS und

Immunkomplexe aus dem Blut gefiltert und phagozytiert werden. Die in den Follikeln eingelagerten Immunzellen werden durch die Antigen-Antikörper-Komplexe sowie die Mediatoren aktiviert und wandern dem chemotaktischen Gradienten folgend über die rote Pulpa aus. Histologisch stellt sich dieses Auswandern als Abnahme der Lymphozytendichte in der weißen Pulpa und dem daraus resultierenden Verlust der Abgrenzbarkeit der weißen von der roten Pulpa dar. Bei starker immunologischer Aktivierung und Anhäufen von zu phagozytierenden Stoffen laufen diese Reaktionen zunehmend in der roten Pulpa ab, was die Abgrenzung zur weißen Pulpa zusätzlich erschwert (ROITT et al. 1985; LIEBICH 1999).

Entsprechend waren im Gegensatz zur Sham-Gruppe die Lymphfollikel innerhalb der CLP-Gruppe überwiegend leer und eine Abgrenzung zur roten Milzpulpa war überwiegend nicht mehr möglich. Bei den Tieren der CLP-Gruppe könnte deshalb eine stärkere immunologische Aktivierung stattgefunden haben.

Allerdings fand eine Entleerung der Milzfollikel auch in der Sham-Gruppe statt. Ähnlich wie bei den bisher besprochenen Organen (Lunge und Leber) könnte dieses Ergebnis stressbeeinflusst sein, da dieser über Katecholaminfreisetzung innerhalb von 30 Minuten an der Milz eine Kontraktion der Milzkapsel und nachfolgender Lymphozytenentleerung hervorruft (BENSCHOP et al. 1996).

Weiterhin wurden die histologischen Befunde in auffälliger Weise durch die Zeit beeinflusst.

So verringert sich sowohl die Lymphozytendichte in der weißen Milzpulpa als auch die Abgrenzbarkeit derselben von der roten Pulpa von der 24h- zur 96h-Gruppe. Im Zeitverlauf wurden also immer mehr Lymphozyten rekrutiert, was mit der überschießenden Immunantwort im Rahmen eines zum MODS führenden SIRS zusammenhängen könnte.

Dabei können die immunologischen Zellen zusätzlich zum intraabdominalen Infektionsnidus auch durch die in dessen Folge entstehenden endogenen Mediatoren aktiviert worden sein (BONE 1991; BONE 1996b; VARY et al. 2002).

6.4.4 Niere

Die Niere wird als eines der letzten Organe vom MODS betroffen. Durch ihre Beteiligung an der Regulation des Blutdrucks während eines septischen Schocks ist sie selbst am stärksten

von der Vasokonstriktion betroffen. Die daraus folgende Hypoxie führt zusammen mit den LPS, systemisch und lokal freigesetzten Mediatoren und einwandernden PMNs zu Apoptose von Endothel- und Tubulusepithelzellen (LIEBERTHAL et al. 1998; BONEGIO u.

LIEBERTHAL 2002; CUNNINGHAM et al. 2002; WAN et al. 2003).

In der vorliegenden Arbeit wurden Veränderungen der Tubulusepithelzellen in zwei Bereichen der Niere beurteilt, der Nierenrinde und dem sog. S3-Segment. Das im äußeren Streifen des äußeren Marks gelegene sog. S3-Segment ist Ischämie und Reperfusion gegenüber am empfindlichsten (DONOHOE et al. 1978). Dieses Segment verfügt einerseits bei hoher Stoffwechselleistung über nur geringe Kapazitäten zur anaeroben Glykolyse (BONVENTRE u. ZUK 2004). Andererseits kann dort der Blutfluss deutlich schlechter als in anderen Bereichen wiederhergestellt werden, so dass die Hypoxie bestehen bleibt und eine Regeneration nicht möglich ist (MOLITORIS u. MARRS 1999).

Die Läsionen des Tubulusepithels waren in beiden Nierenbereichen innerhalb der CLP-Gruppe hochsignifikant ausgeprägter als in der Sham-CLP-Gruppe. Diese Ergebnisse entsprechen den im Schrifttum bekannten Beobachtungen nach Verabreichung von LPS, TNF-α und Induktion von Ischämie und Reperfusion (LIEBERTHAL et al. 1998; BONEGIO u.

LIEBERTHAL 2002; CUNNINGHAM et al. 2002; WAN et al. 2003). Die Degeneration des Epithels ging mit einer starken apikalen Vakuolisierung einher. Diese war besonders in den 24h-Gruppen auffällig, während sie zu späteren Zeitpunkten (48 und 96 Stunden) zunehmend in den Hintergrund trat.

Anders als bei Ischämie/Reperfusionversuchen (DONOHOE et al. 1978) war in der eigenen Untersuchung insgesamt die Nierenrinde deutlich stärker von Läsionen betroffen als das S3-Segment des Nierenmarks. Anhand des RBF (siehe unten) wird deutlich, dass es zwar zu einer Einschränkung der Durchblutung kam, der RBF jedoch mit Fortschreiten der Zeit nicht wieder hergestellt wurde. Da das S3-Segement eben besonders der Reperfusion gegenüber empfindlich ist (MOLITORIS u. MARRS 1999), könnten damit die geringeren Schäden im S3-Segment erklärt werden.

Die geringere Regenerationsfähigkeit des Tubulusepithels im S3-Segment im Gegensatz zur Nierenrinde entspricht den Beobachtungen von MOLITORIS und MARRS (1999). So konnte

in beiden untersuchten Lokalisationen eine hochsignifikant zeitabhängige Besserung des Epithelzustandes nachgewiesen werden, die im Bereich der Nierenrinde jedoch stärker ausgeprägt war. Die Ursache dafür könnte in der geringen Kapazität des S3-Segments zur anaeroben Glykolyse begründet sein (BONVENTRE u. ZUK 2004). Andererseits wurde in diesem Segment der Blutfluss nicht wie in anderen Bereichen wieder hergestellt. So konnten einerseits Reperfusionsschäden nicht auftreten, andererseits blieb aber auch eine Hypoxie bestehen, so dass eine Regeneration nicht möglich war (MOLITORIS u. MARRS 1999).

Auch die oben erwähnte starke Vakuolisierung der Epithelzellen in der 24h-Gruppe im Gegensatz zu den anderen Gruppen deutet darauf hin, dass sich das Epithel regeneriert.