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Wünsche und Bedürfnisse von adipösen Patienten an dieErnährungsberatung innerhalb eines multimodalen Konzepts der Adipositastherapie in Vorbereitung auf einen potentiellen bariatrischen Eingriff

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Academic year: 2021

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Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg Fakultät Life Sciences

Wünsche und Bedürfnisse von adipösen Patienten an die

Ernährungsberatung innerhalb eines multimodalen Konzepts der

Adipositastherapie in Vorbereitung auf einen potentiellen bariatrischen

Eingriff

Bachelorarbeit

Im Studiengang Ökotrophologie

vorgelegt von

Elisa Frey, (Matrikelnummer: )

Hamburg am: 10. Februar 2020

Erste Gutachterin: Prof. Sybille Adam (HAW Hamburg)

Zweite Gutachterin : Ute Hantelmann (Zentrale für Ernährungsberatung e.V.)

Die Abschlussarbeit wurde betreut und erstellt in Zusammenarbeit mit der Firma: Zentrale für Ernährungsberatung e.V.

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Kurzfassung/Abstract

Die Anzahl adipöser Patienten hat in den vergangen Jahren sowohl in Deutschland als auch weltweit stark zugenommen und es ist davon auszugehen, dass sich diese Entwicklung weiter fortsetzt. Die erkrankten Personen leiden nicht nur an diversen Begleit- und Folgeerkrankungen der Adipositas sondern sind auch erheblichen psychosozialen Belastungen ausgesetzt. Als Hauptursache der starken Adipositasprävalenz wird das Zusammenwirken von biologischen Faktoren mit Umwelt- und Lebensstilfaktoren, wie z.B. ungünstige Ernährungsgewohnheiten sowie Bewegungsmangel, gesehen. Die Ernährungsberatung stellt entsprechend eine relevante Therapiekomponente in der Adipositastherapie dar. Das Konzept einer multimodalen Adipositastherapie zeigt eine besondere Effektivität in Bezug auf die Therapieziele einer Gewichtsreduzierung und -stabilisierung von adipösen Personen. Theorie und Praxis zeigen zudem, dass die Berücksichtigung der individuellen Wünsche und Bedürfnisse der Betroffenen eine richtungsweisende Rolle hinsichtlich der Wirksamkeit dieses Therapiekonzepts einnehmen. Diese Arbeit widmet sich entsprechend der Fragestellung, welche konkreten Wünsche und Bedürfnisse adipöse Patienten an die Ernährungsberatung mitbringen. Es wird sich dabei gezielt auf das multimodale Therapiekonzepts, welches als konservative Therapie einem bariatrischen Eingriff vorangestellt wird, und insbesondere auf die Ernährungsberatung bezogen. Als Ausblick werden mögliche Handlungsfelder der Ernährungsberatung innerhalb eines praxisnahen multimodalen Therapiekonzepts aufgezeigt.

As the number of obese patients has siginificantly increased during the last years, both in Germany and worldwide, it can be assumed that this development will continue. Obese patients suffer from various concomitant and secondary diseases as well as an higher exposition to psychosocial stress. The main causes of a strong obesity prevalence are the interaction of biological factors with environmental and lifestyle factors, such as unhealthy eating habits and a lack of physical exercise. Accordingly, nutritional counseling presents a relevant therapeutic component in obesity therapy. The concept of a multimodal obesity therapy has a positive effect on therapy goals like weight reduction and stabilization of obese people. This scientific work is dedicated to the question: Which desires and needs do obese patients have

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regarding nutritional counseling? The focus of this thesis is put on nutritional counseling as well as the concept of a multimodal therapy, which is to be preffered to bariatric surgical intervention. As an outlook, further actionable steps of nutritional counseling within a multimodal therapy concept will be shown.

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Inhaltsverzeichnis

Kurzfassung/Abstract ... II Abkürzungsverzeichnis ... VI Tabellen- und Abbildungsverzeichnis ... VIII

1 Einleitung ... 1

2 Krankheitsbild Adipositas ... 3

2.1 Definition und Klassifikation ... 4

2.2 Entstehungsfaktoren ... 7

2.3 Begleit- und Folgeerkrankungen ... 7

3 Adipositastherapie ... 14

3.1 Therapieziele und -voraussetzungen ... 14

3.2 Indikationen und Kontraindikationen ... 16

3.3 Das multimodale Therapiekonzept ... 18

3.3.1 Bewegungstherapie ... 19 3.3.2 Verhaltenstherapie ... 20 3.3.3 Ernährungsberatung ... 21 3.3.3.1 Einzelberatung ... 22 3.3.3.2 Gruppenberatung ... 23 3.4 Chirurgische Therapie ... 24

3.5 Implikation für diese Arbeit: Wünsche und Bedürfnisse von adipösen Patienten an die Gruppeberatung ... 28

4 Multimodales Konzept der Schönklinik Hamburg Eilbek ... 30

4.1 Schönklinik Hamburg Eilbek ... 30

4.2 Zentrale der Ernährungsberatung e.V. ... 31

4.3 Organisation des multimodalen Konzepts ... 32

4.3.1 Gruppenberatungsmodule der Zentrale für Ernährungsberatung e.V. ... 34

4.3.2 Methoden und Techniken der Gruppenberatungsmodule ... 39

5 Methodik: Erhebung von Wünschen und Bedürfnissen ... 43

5.1 Entwicklung des Erhebungsinstruments ... 43

5.1.1 Fragebogen zur Erhebung von Wünschen und Bedürfnissen ... 44

5.1.2 Einverständniserklärung und Datenschutz ... 46

5.2 Patientenstichprobe ... 47

5.3 Durchführung der Befragung ... 49

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6 Ergebnisse der durchgeführten Erhebung ... 52

6.1 Beschreibung Patientenstichprobe ... 52

6.2 Beschreibung der Ergebnisse ... 52

6.2.1 Fragebogenergebnisse Abschnitt 1 ... 53 6.2.2 Fragebogenergebnisse Abschnitt 2 ... 57 6.2.3 Fragebogenergebnisse Abschnitt 3 ... 61 6.2.4 Fragebogenergebnisse Abschnitt 4 ... 69 6.2.5 Fragebogenergebnisse Abschnitt 5 ... 71 7 Diskussion ... 74 7.1 Methodendiskussion ... 74 7.2 Ergebnisdiskussion ... 76

8 Schlussfolgerung und Ausblick ... 82

Anhang ... 85

Literaturverzeichnis ... 109

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Abkürzungsverzeichnis

BMI Body Mass Index

BZfE Bundeszentrum für Ernährung

bzgl. bezüglich

DAG Deutsche Adipositas Gesellschaft

DEGAM Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

DGAV Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie

DGE Deutsche Gesellschaft für Ernährung

d.h. das heißt

EKG Elektrokardiographie

EOSS Edmonton Obesity Staging System

EPIC European Prospective Investigation of Cancer

ggf. gegebenenfalls

G-NCP German Nutrition Care Process

HDL High Density Lipoprotein

IGF-1R Insulinlike growth factor 1 IOTF International Obesity Taskforce

kg/m² Kilogramm pro Quadratmeter

LDL Low Density Lipoprotein

M Mittelwert

mind. mindestens

MVM-Präparat Multivitamin-Mineralstoff-Präparat

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NASH Nichtalkoholische Steatohepatitis

NHNES National Health and Nutrition Examination

PCOS Polycystische Ovar-Syndrom

PMR Progressive Muskelrelaxation

RDA Recommended Daily Allowances

s Standardabweichung

SPSS Statistical Product and Service Solutions

TN Teilnehmer

TSH Thyreoidea-stimulierendes Hormon

UGB Verband für unabhängige Gesundheitsberatung VDD Verband der Diätassistentinnen

VDOe Berufsverband Ökotrophologie

VFED Verband für Ernährung und Diätetik

WHO World Health Organization

WOOP Wish, Outcome, Obstacle, Plan

z.B. zum Beispiel

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Tabellen- und Abbildungsverzeichnis

Eigene Tabelle 1: Klassifikation der Adipositas ... 4

Eigene Tabelle 2: Edmonton Obesity Staging System (EOSS) ... 6

Eigene Tabelle 3: Risiko für Folge- und Begleiterkrankungen der Adipositas ... 8

Eigene Tabelle 4: Aspekte der Gruppenberatung mit Ziel einer Ernährungsverhaltensänderung ... 24

Abbildung 1: Laparoskopisches Magenband ... 25

Abbildung 2: Schlauchmagen ... 26

Abbildung 3: Roux-en-Y-Magenbypass ... 27

Eigene Abbildung 4: Zeitliche Abfolge der Ernährungsberatungsmodule des Multimodalen Therapiekonzepts der Schönklinik ... 34

Eigene Tabelle 5: Gruppen-Beratungsmodule der zeb e.V. als Angebot des Multimodalen Therapiekonzepts der Schönklinik Hamburg Eilbek ... 38

Eigene Tabelle 6: Parameter und Ergebnis der Stichprobenberechnung mit OpenEpi ... 48

Eigene Abbildung 5: Anteil der Befragten, die bereits eine Ernährungsberatung von der Krankenkasse bezuschusst bekommen haben ... 53

Eigene Abbildung 6: Form einer bereits durchgeführten Ernährungsberatung ... 54

Eigene Abbildung 7: Anzahl Termine einer zuvor durchgeführten Ernährungsberatung ... 55

Abbildung 8: Grad der Zufriedenheit einer bereits durchgeführten Ernährungsberatung ... 55

Eigene Abbildung 9: Anzahl der Befragten, die bereits eine Psychotherapie von mind. 5 Terminen durchgeführt haben ... 56

Eigene Abbildung 10: Bestehende Begleiterkrankungen der Adipositas Patienten .. 57

Eigene Abbildung 11: Sicherheit eine bariatrische Operation durchführen zu wollen ... 58

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Eigene Abbildung 12: Gewünschte Form der bevorstehenden Ernährungsberatung ... 59 Eigene Abbildung 13: Gewünschte Intervalle der bevorstehenden

Ernährungsberatungs-Termine ... 59 Eigene Abbildung 14: Gewünschte Eigenschaften der Räumlichkeiten der

bevorstehenden Ernährungsberatung ... 60 Eigene Abbildung 15: Wissenseinschätzung von ernährungsrelevanten Themen .. 61 Eigene Abbildung 16: Unterstützungsbedarf im Bereich: Wissen über

Ernährung/Lebensmittel ... 63 Eigene Abbildung 17: Unterstützungsbedarf im Bereich: Stress und Ernährung ... 64 Eigene Abbildung 18: Unterstützungsbedarf im Bereich: Sättigungswahrnehmung . 64 Eigene Abbildung 19: Unterstützungsbedarf im Bereich:

Mahlzeiten-/Einkaufsplanung ... 65 Eigene Abbildung 20: Unterstützungsbedarf im Bereich: Erhöhtes Essverlangen bei

Langeweile kontrollieren können ... 65 Eigene Abbildung 21: Unterstützungsbedarf im Bereich: Erhöhtes Essverlangen bei

Stress kontrollieren können ... 66 Eigene Abbildung 22: Unterstützungsbedarf im Bereich: Erhöhtes Essverlangen bei

Trauer/Angst kontrollieren können ... 67 Eigene Abbildung 23: Unterstützungsbedarf im Bereich: Erhöhtes Essverlangen bei

Einsamkeit kontrollieren können ... 67 Eigene Abbildung 24: Unterstützungsbedarf im Bereich: Erhöhtes Essverlangen bei

hohem Essangebot kontrollieren können ... 68 Eigene Abbildung 25: Unterstützungsbedarf im Bereich: Gezielt auf mein eigenes

Wohlbefinden achten können (Selbstfürsorge) ... 69 Eigene Abbildung 26: Motivation Gewicht zu verlieren ... 70 Eigene Abbildung 27: Wichtigkeit der Vorbereitung auf die bariatrischen Operation in der bevorstehenden Ernährungsberatung ... 71

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1 Einleitung

Adipositas stellt eine der größten Herausforderungen für die öffentliche Gesundheit in der Europäischen Union und damit auch in Deutschland dar. Das Gesundheitssystem ist dadurch mit erheblichen Kosten konfrontiert, die mit dem Gesundheitsrisiko der Adipositas sowie der Adipositas selbst in Verbindung gebracht werden. Die Prävalenz von Übergewicht und Adipositas hat in den vergangenen Jahren, in Deutschland aber auch weltweit, stark zugenommen und es wird davon ausgegangen, dass sich diese Entwicklung weiter fortsetzten wird. Diese Situation macht die Notwendigkeit einer wirksamen Adipositastherapie deutlich. Die Praxis zeigt, dass die individuellen Wünsche und Bedürfnisse der Patienten eine richtungsweisende Rolle in einer erfolgreichen Adipositastherapie einnehmen. (Hebebrand, Dabrock, Lingenfelder, Mand, Rief, & Voit, 2004); (Mühlbacher, Bethge, & Gräber, 2011, S. 4 ff.)

Die vorliegende Arbeit setzt genau an diesem Punkt an und stellt die Wünsche und Bedürfnisse der adipösen Patienten in den Fokus, um auf dieser Basis mögliche Handlungsfelder für die Adipositastherapie aufdecken zu können. Es wird sich konkret der Frage gewidmet was die Wünsche und Bedürfnisse adipöser Patienten mit einem potentiellen bariatrischen Eingriff an die Ernährungsberatung innerhalb eines multimodalen Konzepts sind.

Dafür werden eingangs die theoretischen Grundlagen in Bezug auf das Krankheitsbild der Adipositas und damit einhergehende Begleit- und Folgeerkrankungen sowie die therapeutischen Ansätze dargestellt. Dabei werden die Therapieziele und –voraussetzungen erläutert. Es wird aufgeführt, welche Indikationen bzw. Kontraindikationen sich daraus für adipöse Patienten ergeben.

Anschließend werden die adipositastherapeutischen Ansätze des multimodalen Konzepts vorgestellt, wobei ein besonderer Fokus auf der Gruppenernährungsberatung liegt. Ergänzend werden die unterschiedlichen chirurgischen Therapien erläutert. Anschließend wird herausgearbeitet, welche Bedürfnisse Patienten als Teilnehmer einer Gruppenberatung mitbringen und

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welche individuellen Wünsche sich daraus an das Gruppengeschehen ergeben können.

Es wird ein konkretes Praxisbeispiel des multimodalen Konzepts der Schönklinik Hamburg Eilbek in Kooperation mit der Zentrale für Ernährungsberatung e.V. vorgestellt. Hierbei wird die Organisation des multimodalen Therapiekonzepts näher beschrieben sowie das darin enthaltene Angebot der Gruppenberatungsmodule der Ernährungsberatung erläutert.

Für die Erfüllung der Zielsetzung, konkrete Wünsche und Bedürfnisse adipöser Patienten mit einem potentiellen bariatrischen Eingriff an die Ernährungsberatung vorzustellen, wurde für die vorliegende Arbeit eine Befragung durchgeführt. Es wird die Entwicklung des Erhebungsinstruments sowie das Erhebungsinstrument selbst vorgestellt. Zudem werden die Durchführung der Befragung und die Form der Auswertung beschrieben.

Im Anschluss daran werden die Ergebnisse der Befragung beschrieben und anhand von Abbildungen grafisch dargestellt. Diese Ergebnisse sowie die genutzten Methoden der Befragung werden zusammenfassend diskutiert.

Abschließend werden die Wünsche und Bedürfnisse adipöser Patienten mit einem potentiellen bariatrischen Eingriff an die Ernährungsberatung innerhalb eines multimodalen Konzepts vorgestellt. Dabei wird herausgestellt an welche Aspekte und Inhalte der Ernährungsberatung sich diese richten. Zuletzt wird ein Ausblick möglicher Handlungsfelder für das vorgestellte Praxisbeispiel gegeben.

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2 Krankheitsbild Adipositas

Adipositas wurde bereits im Jahr 2000 von der World Health Organisation (WHO) als Krankheit bezeichnet. (WHO, 2000, S. 6) Ebenso zeigt die Deutsche Adipositas Gesellschaft (DAG) in den aktuellen Leitlinien zur Prävention und Therapie der Adipositas, dass aus medizinischer Sicht alle Kriterien, wie Ätiologie, Pathologie sowie Pathophysiologie, für die Bezeichnung als Krankheit erfüllt sind. Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) bezeichnet die Adipositas jedoch nicht generell als Krankheit. Die Bezeichnung von Adipositas als Krankheit oder pathologischen Zustand ist laut der DEGAM nur im Kontext von Begleiterkrankungen, Alter der Patienten sowie weiteren Faktoren gültig. Das Bundessozialgericht sprach im Jahr 2003 in einem Urteil wiederum von einem Vorliegen einer Krankheit im kranken-versicherungsrechtlichen Sinne und das Europäische Parlament forderte 2006 alle Mitgliedsstaaten dazu auf, die Fettleibigkeit als eine offizielle Krankheit anzuerkennen. (DAG e.V., 2014, S. 16)

Die Adipositasforschung zeigt in den letzten Jahren einen erheblichen Erkenntniszugewinn. Es wird jedoch deutlich, dass weiterhin Kontroversen hinsichtlich der Anerkennung von Adipositas als eigenständige Krankheit bestehen. Die vorliegende Arbeit folgt der Definition u.a. von der WHO und der DAG und wird in den Folgeabschnitten diese Definition als Grundlage verwenden.

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2.1 Definition und Klassifikation

Eine Definition der Adipositas, über die sich die verantwortlichen Gesellschaften grundsätzlich einig sind, veröffentlicht die DAG in den aktuellen Leitlinien wie folgt: „Adipositas ist definiert als eine über das Normalmaß hinausgehende Vermehrung des Körperfetts.“ (DAG e.V., 2014, S. 15) Die Leitlinien der DAG sind systematisch entwickelte Empfehlungen in Bezug auf eine angemessene gesundheitliche Versorgung adipöser Patienten. Die aktuell geltende Leitlinie der DAG ist die S3-Leitlinie aus dem Jahr 2014. (DAG e.V., 2014, S. 11 ff.)

Die Beurteilungsgrundlage für die Klassifizierung des Körpergewichts ist der Körpermassenindex, eher bekannt als „Body Mass Index“ (BMI). Der BMI setzt sich aus den Größen Körpergewicht in Kilogramm (kg) und Körpergröße in Metern (m) zusammen und wird wie folgt berechnet: BMI = kg/m². Die DAG klassifiziert den Grad von Adipositas nach Höhe des BMI’s. Nach dieser Bewertung liegt ab einem BMI von ≥ 25 kg/m² Übergewicht und ab einem BMI von ≥ 30 kg/m² Adipositas Grad I vor. Es gilt eine weitere Einteilung in unterschiedliche Schweregrade der Adipositas. (DAG e.V., 2014, S. 15) Die folgende Tabelle stellt die Klassifikation der Adipositas bei Erwachsenen anhand des BMI’s vor:

Kategorie BMI (kg/m²) bei Erwachsenen

Übergewicht 25 - 29,9

Adipositas Grad I 30 - 34,9

Adipositas Grad II 35 - 39,9

Adipositas Grad III ≥ 40

Eigene Tabelle 1: Klassifikation der Adipositas nach (DAG e.V., 2014)

Zusätzlich zu der Klassifizierung der Adipositas Schweregrade anhand des BMI’s wird empfohlen, dass ab einem BMI von >25 kg/m² immer auch der Taillenumfang gemessen wird. Der Taillenumfang ist ein einfaches Maß zur Beurteilung des viszeralen Fettdepots. Das die inneren Organe umgebende Körperfett wird als viszerale Fettmasse bzw. Fettdepot bezeichnet. Der BMI lässt die Betrachtung des viszeralen Fettdepots außer Acht, sodass die Messung des

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Taillenumfangs eine weitere Einteilung der Adipositas liefern kann. Das Fettverteilungsmuster ist von Bedeutung, da sich daraus Aussagen über das metabolische und kardiovaskuläre Gesundheitsrisiko machen lassen. Ab einem Taillenumfang von ≥ 102 cm bei Männern und ≥ 88 cm bei Frauen spricht man von einer abdominalen Adipositas oder auch viszeralen Adipositas. (DAG e.V., 2014, S. 15)

Sharma und Kushner zeigen zusätzlich auf, dass der BMI sowie die Messung des Taillenumfangs klare Limitationen für die klinische Diagnose von adipösen Einzelpersonen aufweisen. Personen mit dem gleichem BMI können starke Unterschiede in ihrem Fettgesamtanteil besitzen ebenso wie Personen mit einem gleichen Gesamtfettanteil unterschiedliche BMI-Werte aufweisen können. Zudem sind auch bei gleichem Taillenumfang größere Unterschiede in dem Anteil von viszeralem Fettdepot zu vernehmen. Mit diesen Annahmen sei nach Sharma und Kushner, der BMI und der Taillenumfang als Basis zur Einschätzung von gesundheitlichen Risiken noch nicht ausreichend und verliere besonders bei zunehmendem BMI an Aussagekraft. (Sharma & Kushner, 2009, S. 291)

Für eine detailliertere Aussage zu gesundheitlichen Risiken von übergewichtigen oder adipösen Personen wird neben der Nutzung des BMI’s und des Taillenumfangs entsprechend das „Edmonton Obesity Staging System“ (EOSS) vorgeschlagen. Das EOSS ist ein fünfstufiges ordinales Klassifikationsinstrument. Es dient der Einstufung adipöser Personen anhand von Adipositas-assoziierten Begleiterkrankungen, einschließlich psychischer Auffälligkeiten und funktionellen Einschränkungen. (Klein, Krupka, Behrendt, Pulst, & H.H., 2016, S. 15-16)

Die folgende Abbildung zeigt das EOSS und dessen Einteilungskriterien für die einzelnen Stufen:

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Stufen Einteilungskriterien

Stufe 0

Keine übergewichtsassoziierten Risikofaktoren Keine psychische Symptome

Keine körperliche Symptome

Keine funktionellen Einschränkungen

Stufe 1

Übergewichtsassoziierte Risikofaktoren oder

Leichte Adipositas-assoziierte psychische Symptome oder Leichte körperliche Symptome oder

Leichte funktionelle Einschränkungen, die keine Therapie erfordern

Stufe 2

Adipositas-assoziierte Begleiterkrankungen mit Therapie oder

Moderate Adipositas-assoziierte psychische Symptome oder Moderate funktionelle Einschränkungen im Alltag

Stufe 3

Erhebliche Adipositas-assoziierte Begleiterkrankungen mit Endorganschädigung oder

Erhebliche Adipositas-assoziierte psychische Symptome oder Erhebliche funktionelle Einschränkungen im Alltag

Stufe 4

Mehrere schwere Adipositas-assoziierte chronische Erkrankungen oder

Mehrere schwere, zur anhaltenden Arbeitsunfähigkeit führende psychische Symptome oder

Schwere funktionelle Einschränkungen

Eigene Tabelle 2: Edmonton Obesity Staging System (EOSS) nach (Hellbardt, Schwalm, Winckler, & Schilling-Massmann, 2017, S. 90-95)

Adipöse Personen werden immer in die höchste Stufe, die für sie zutreffend ist, eingestuft. Erste Einsätze des EOSS zeigten, dass die einzelnen Klassifikationsstufen, unabhängig von anderen Faktoren, zutreffende Aussagen über die Mortalität machen können. Daher kann es sinnvoll sein, das EOSS auch für die Klassifizierung von Adipositas-Patienten mit einem bevorstehenden adipositaschirurgischen Eingriff zu nutzen. Da es allerdings noch weitere Forschung zur diagnostischen Sensitivität des Systems braucht, wurde das EOSS bisher noch nicht von der DAG in den aktuellen Leitlinien aufgenommen. (Klein, Krupka, Behrendt, Pulst, & H.H., 2016, S. 15-16)

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2.2 Entstehungsfaktoren

Mühlbacher et. al. verstehen Adipositas als eine chronische Krankheit, dessen Entstehung multifaktoriell ist. Dabei ist für sie vor allem das Zusammenwirken von biologischen Faktoren und Umwelt- sowie Lebensstilfaktoren, wie Fehlernährung oder Bewegungsmangel, einer Person ausschlaggebend. (Mühlbacher, Bethge, & Gräber, 2011, S. 9)

Die DAG assoziiert die Ursache von Übergewicht und Adipositas ebenfalls mit mehreren Faktoren. Neben den biologischen und umweltbedingten Faktoren, wie bestehender familiärer Disposition (genetische Ursache), der ständigen Verfügbarkeit von Nahrung oder der Einnahme bestimmter Medikamente (z.B. Antidepressiva, Antiepileptika, Neuroleptika oder Phasenprophylaktika) sowie endokrinen Erkrankungen, werden hier zusätzlich psychosoziale Faktoren genannt die für die Entstehung von Adipositas relevant seien. Zu diesen psychosozialen Faktoren zählen beispielsweise depressive Erkrankungen, ein niedriger sozialer Status, Stress oder auch Schlafmangel. (DAG e.V., 2014, S. 17)

2.3 Begleit- und Folgeerkrankungen

Bei einer bestehenden Erkrankung an Adipositas existieren für den Erkrankten diverse Risiken für Folge- und Begleiterkrankungen. Für die Folge- und Begleiterkrankungen können viele unterschiedliche Ursachen als auch Wechselwirkungen genannt werden, aus denen wiederum erneute Folgen entstehen können. Jedoch ist eine genaue Zuordnung der einzelnen Faktoren zu den Begleit- und Folgeerkrankungen häufig nicht möglich, da die Risikofaktoren in der Regel meist parallel bei einer an Adipositas erkrankten Person bestehen. Die genauen pathophysiologischen Vorgänge sind für einige der Risikofaktoren sowie Begleit- und Folgeerkrankungen noch nicht ausreichend erforscht, sodass eine Zuordnung von Ursache und Auswirkung bisher nicht immer möglich ist. (Klein, Krupka, Behrendt, Pulst, & H.H., 2016, S. 20)

Es gibt jedoch eine Reihe von Komorbiditäten, welche als allgemein anerkannte Adipositas-assoziierte Folge- und Begleiterkrankungen gelten. Diese Komorbiditäten werden unterschiedlich stark mit Adipositas assoziiert, sodass

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sie auf Basis ihres relativen Risikos eingeteilt werden können. (DAG e.V., 2014, S. 19)

Die folgende Tabelle zeigt die möglichen Folge- und Begleiterkrankungen bei Adipositas mit Zuordnung des jeweiligen relativen Risikogrades:

Risiko > 3-fach erhöht Risiko 2 - 3-fach erhöht Risiko 1 - 2-fach erhöht Risiko für Folge- und Begleiterkrankungen der Adipositas

Diabetes melitus Koronare

Herzkrankheiten Koxarthrose Cholezystolthiasis Hypertonie Rückenschmerzen Dyslipidämie Dyslipidämie Polyzystisches

Ovar Syndrom Insulinresistenz Gonarthrose Infertilität Fettleber Gicht Fetopathie

Schlaf-Apnoe-Syndrom Refluxösophagitis Karzinome

Eigene Tabelle 3: Risiko für Folge- und Begleiterkrankungen der Adipositas nach (DAG e.V., 2014, S. 20)

Treten mehrere Begleiterkrankungen parallel bei einer an Adipositas erkrankten Person auf, spricht man von dem Metabolischen Syndrom. Das Metabolische Syndrom ist somit eine Art Sammelbezeichnung für mehrere gleichzeitig auftretenden Risikofaktoren und Begleiterkrankungen der Adipositas. Metabolisch meint dabei eine stoffwechselbedingte Erkrankung. (Prof. Eberhard Standl, 2017) Für die Feststellung des Metabolischen Syndroms gibt es verschiedene diagnostische Kriterien. Die WHO definiert das metabolische Syndrom so, dass eine Diabetes-Erkrankung oder eine gestörte Nüchtern-Glukose oder eine gestörte Nüchtern-Glukosetoleranz oder eine Insulinresistenz zusammen mit einem erhöhten Taillenumfang sowie BMI oder erhöhten Werten hinsichtlich Triglyceriden, Mikroalbumin und des Blutdrucks auftreten. Niedrige HDL-Cholesterin-Werte können ebenfalls ein diagnostisches Kriterium parallel zu den zuvor genannten Merkmalen sein. (Bray, 2007, S. 18)

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Begleit- und Folgeerkrankungen mit einem dreifach erhöhten Risiko bei bestehender Adipositas-Erkrankung sind u.a. Störungen des Kohlenhydratstoffwechsels. Hierzu zählen vor allem die Insulinresistenz und Diabetes mellitus Typ II. Weitere Störungen des Kohlenhydratstoffwechsels sind eine gestörte Glukosetoleranz und abnorme Nüchtern-Glukose. Die DAG veröffentlicht in den aktuell geltenden Leitlinien, dass ca. 80 Prozent aller Diabetes Typ II-Fälle auf eine bereits bestehende Adipositas-Erkrankung zurückzuführen sind. (DAG e.V., 2014, S. 20) Verschiedenste Studien können den Zusammenhang zwischen einem erhöhten BMI und einer Erkrankung an Diabetes mellitus Typ II bereits bestätigen. Hierzu zählen u.a. die Nurse Health Study sowie eine Screeninguntersuchung der größten Adipositas-Datenbank. (Mühlbacher, Bethge, & Gräber, 2011, S. 23-24); (Reinher & Wabitsch, 2018, S. 7) Wie bei nahezu allen Komorbiditäten der Adipositas ist für Störungen des Kohlenhydratstoffwechsels eine Gewichtsreduktion eine geeignete Therapie. (Reinher & Wabitsch, 2018, S. 8)

Ebenso liegt ein dreifach erhöhtes Risiko für Störungen des Fettstoffwechsels bei einer Adipositas Erkrankung vor. Hierzu zählen besonders erhöhte Trygliceride und niedrige HDL-Cholesterin-Werte. Die Verbindung von Adipositas und Fettstoffwechselstörungen wird sowohl von der DAG in den S3-Leitlinien aufgezeigt als auch in dem Bericht der WHO aus dem Jahr 2000. (WHO, 2000, S. 39-42); (DAG e.V., 2014, S. 20) Das Phänomen von erhöhten Triglyceriden bei gleichzeitig reduziertem HDL-Cholesterin wird allgemein als Dyslipidämie bezeichnet. (Ordemann, Ebelt, Stengel, & Hofmann, 2016, S. 14)

Weitere Begleit- und Folgeerkrankungen mit einem dreifach erhöhten Risiko bei bestehender Adipositas-Erkrankung sind gastrointestinale Erkrankungen, wie z.B. die nichtalkoholische Fettleber, welche besonders bei der viszeralen Adipositas entstehen kann. Eine solche Leberveränderung kann als hepatische Manifestation des Metabolischen Syndroms gesehen werden, da die Insulinresistenz als pathogenetischer Faktor aufgefasst wird. Die Erkrankung an einer Fettleber kann sich über eine entzündliche nichtalkoholische Fettleberhepatitis („non-alcoholic steatohepatits“, NASH) bis hin zu einer Leberzirrhose weiterentwickeln und somit ein Karzinom begünstigen. (Ordemann, Ebelt, Stengel, & Hofmann, 2016, S. 15) Neben der Fettleber zählen auch die Cholecystolithiasis (Gallensteine), eine akute und chronische Cholecystitis

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(Gallenblasenentzündung) sowie die Refluxkrankheit zu den möglichen gastrointestinalen Komorbiditäten einer Adipositas. (DAG e.V., 2014, S 22)

Besonders bei der viszeralen Form von Adipositas zeigen sich häufig auch eine restriktive Ventilationsstörung sowie eine Hypoventilation. Die DAG nennt einen linearen Zusammenhang zwischen dem Grad der Adipositas und einem bestehendem Schlaf-Apnoe-Syndrom. (DAG e.V., 2014, S. 22)

Einige der Sekretionsprodukte von menschlichem Fettgewebe weisen inflammatorische (entzündliche) Eigenschaften auf, welche die Wirkung von Insulin beeinträchtigen und somit atherosklerotische Prozesse begünstigen. (DAG e.V., 2014, S. 20) Somit besitzen adipöse Personen ein zweifach bis dreifach erhöhtes Risiko zur Entwicklung von koronaren Herzkrankheiten. Zu den koronaren Herzkrankheiten zählen u.a. die arterielle Hypertonie, die Herzinsuffizienz, das Vorhofflimmern, linksventrikuläre Hypertrophie, venöse Thromboembolien, pulmonale Embolien sowie der Schlaganfall. Das Risiko für die Entwicklung einer arteriellen Hypertonie steigt durch einen gesteigerten BMI. Besonders die Vermehrung des vizeralen Fettgewebes ist eng mit der Hypertonie assoziiert. (DAG e.V., 2014, S. 20-21) Die Prävalenz der arteriellen Hypertonie steigt bei adipösen Personen bis auf das fünffache an. (Ordemann, Ebelt, Stengel, & Hofmann, 2016, S. 14) Zudem beschreibt die Framingham-Heart-Study eine überzufällig häufigere Entwicklung einer Herzinsuffizienz bei adipösen Menschen als bei normalgewichtigen Personen. (Kenchaiah, et al., Obesity and the Risk of Heart Failure, 2002)

Außerdem zeigt sich ein zweifach bis dreifach erhöhtes Risiko für die Inzidenz eines ischämischen als auch hämorrhagischen Schlaganfalls bereits bei übergewichtigen Personen. Die DAG gibt zudem an, dass ein erhöhtes Risiko für ein Vorhofflimmern bei Erkrankung an Adipositas vorliegt. Für Frauen besteht zudem ein gesteigertes Risiko venöser Thromboembolien bei Einnahme von oralen empfängnisverhütenden Arzneimitteln (Kontrazeptiva). (DAG e.V., 2014, S. 21-23) Auch bei den kardiovaskulären Begleit- und Folgeerkrankungen führt eine Gewichtsabnahme zu einer Senkung des Erkrankungsrisikos. (Ordemann, Ebelt, Stengel, & Hofmann, 2016, S. 14)

Das Auftreten einer gastro-ösophagealen Refluxerkrankung (gastro-esophageal reflux disease, GERD) kann durch die Adipositas besonders begründet werden.

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Es liegt bei gesteigertem Grad der Adipositas ein erhöhter intraabdominaler Druck vor, welcher als Druck in der Harnblase gemessen wird. Dieser abdominale Druck wird durch die Akkumulation von viszeralem Fett angenommen. Zusätzlich ist die Ösophagusmotilität (Beweglichkeit der Speiseröhre) bei adipösen Personen häufig beeinträchtigt. (Wirth & Hauner, 2013, S. 224) Die Folgen einer solchen Refluxerkrankung, wie z.B. erosive Ösophagitis, Barrett Ösophagus sowie Adenikarzinom des Ösophagus werden bei adipösen Personen mehrfach diagnostiziert. (DAG e.V., 2014, S. 22)

Eine Adipositas-Erkrankung geht des Weiteren oft mit degenerativen Erkrankungen des Bewegungsapparats, wie Rückenschmerzen, Gonarthrose, Koxarthrose sowie Fersensporn einher. Besonders die Gonarthrose wird stark mit der Adipositas assoziiert. Diverse Studien zeigten, dass bei steigendem Gewicht die Inzidenz von Gonarthrose erheblich zunimmt. Hierzu zählt u.a. die Framingham Studie. (Wirth & Hauner, 2013, S. 240); (DAG e.V., 2014, S. 22) Zudem kommt es bei adipösen Personen verstärkt zu Problemen mit dem Hüftgelenk, vor allem zu einer Koxarthrose. Eine Studie, die ein häufigeres Auftreten von Koxarthrose bei höherem BMI erkennt, ist u.a. die NHNES III Survey. (Wirth & Hauner, 2013, S. 238)

Eine Adipositas-Erkrankung steht außerdem auch im Zusammenhang mit einem gesteigerten Risiko für die Entwicklung einer Hyperurikämie sowie einer Gicht. (DAG e.V., 2014, S. 20)

Für das Auftreten von Cholesterinsteinen (Gallensteinen) ist die Adipositas neben dem Alkoholkonsum der wichtigste Risikofaktor. Die EPIC-Norfolk-Studie konnte Daten hinsichtlich der Anzahl von Neuerkrankungen in Europa generieren und zeigte, dass mit zunehmendem BMI und Taillenumfang das Risiko für die Entwicklung von symptomatischen Gallensteinen auf etwa das dreifache ansteigt. (Wirth & Hauner, 2013, S. 225)

Begleit- und Folgeerkrankungen mit einen einfach bis zweifach erhöhten Risiko sind u.a. hormonelle Störungen. Die WHO stellt in ihrem Bericht aus dem Jahr 2000 dar, dass Adipositas besonders bei Frauen zu hormonellen Störungen führen kann. Daraus können sich Komorbiditäten, wie z.B. ein Polycystisches Ovar-Syndrom, Komplikationen in der Schwangerschaft sowie eine geringere Schwangerschaftsrate entwickeln. (WHO, 2000, S. 52); (DAG e.V., 2014, S.

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21-22) Das Polycystische Ovar-Syndrom (PCOS) ist häufig Ursache des unerfüllten Kinderwunsches und tritt meist bei prämenopausalen Frauen auf. Ebenso wie für viele der Adipositas assoziierten Komorbiditäten ist auch für das PCOS die Insulinresistenz ein relevanter pathogenetischer Faktor. Über eine Diagnose des PCOS kann eine frühe Erkennung von Frauen mit hohem Risiko für die Entwicklung eines Metabolischen Syndroms ermöglicht werden. (Ordemann, Ebelt, Stengel, & Hofmann, 2016, S. 16)

Außerdem weisen adipöse Mütter ein erhöhtes Risiko von angeborenen Fehlbildungen, wie z.B. kardiovaskuläre Anomalien, Neuralrohreffekt, Hydrocephalus sowie Lippen- und Gaumenspalten, bei ihren Kindern auf. Ebenso zeigt sich ein erhöhtes Risiko für Frühgeburten und für perinatale Mortalität bei adipösen Frauen. Bei Männern wird ein erniedrigter Testosteronspiegel sowie Infertilität mit Übergewicht bzw. Adipositas assoziiert. (DAG e.V., 2014, S. 21-22)

Des Weiteren wird die Adipositas auch mit malignen Erkrankungen in Verbindung gebracht. Elbelt et al. sprechen von einem steigendem Erkrankungsrisiko von bis zu 51 Prozent, je nach Tumorentität, pro Zunahme des BMI’s um 5 kg/m². (Ordemann, Ebelt, Stengel, & Hofmann, 2016, S. 15-16) Die DAG stellt dies in den Leitlinien zur Prävention und Therapie der Adipositas ebenso dar. (DAG e.V., 2014, S. 22) Eine besondere Assoziation steht dabei zwischen der Adipositas und dem Auftreten von kolorektalen Karzinomen, Nierenkarzinomen, Adenokarzinomen von Ösophagus und Kardia als auch Pankreaskarzinomen. Für die Entstehung von diesen malignen Erkrankungen wird auch das Ausmaß der Insulinresistenz als relevanter Faktor gesehen. Für die Entwicklung von Karzinomen der Gallenblase sowie östrogen-abhängige Tumore wie z.B. Mamma, Endometrium-, Zervix- und Ovarialkarzinome besteht bei Frauen ein erhöhtes Risiko. (Ordemann, Ebelt, Stengel, & Hofmann, 2016, S. 15); (DAG e.V., 2014, S. 22)

Neben den beschriebenen körperlichen bzw. funktionellen Folgen die mit einer Adipositas-Erkrankung einhergehen zeigen sich auch Beeinträchtigungen des psychischen Wohlbefindens. Studien zeigen, dass ein gesteigertes Risiko für psychische Erkrankungen, wie z.B. Depressionen und Angststörungen, für adipöse Personen besteht. Generell wird von einer geringeren Lebensqualität

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ausgegangen. Eine besondere Rolle spielen hierbei psychosoziale Faktoren auf kulturell-gesellschaftlicher Ebene, wie z.B. die Stigmatisierung von übergewichtigen und adipösen Personen. (Klein, Krupka, Behrendt, Pulst, & H.H., 2016, S. 27)

Es ist klar zu erkennen, dass zahlreiche Begleit- und Folgeerkrankungen sowie psycho-soziale Folgen der Adipositas existieren, die eine besondere Herausforderung für das Gesundheitssystem darstellen und welche die Wichtigkeit einer wirksamen Therapie verdeutlichen. (Hebebrand, Dabrock, Lingenfelder, Mand, Rief, & Voit, 2004); (Mühlbacher, Bethge, & Gräber, 2011, S. 4 ff.)

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3 Adipositastherapie

In den folgenden Abschnitten werden die Ziele und Voraussetzungen der Adipositastherapie genannt sowie die Indikationen und Kontraindiktionen einer Adipositastherapie beschrieben. Des Weiteren werden die unterschiedlichen therapeutischen Ansätze der Adipositas vorgestellt. Die zugrundeliegende Arbeit fokussiert sich dabei auf das multimodale Therapiekonzept und die chirurgische Therapie. In der Vorstellung des multimodalen Therapiekonzepts liegt ein besonderes Augenmerk auf der Ernährungsberatung. Neben diesen therapeutischen Ansätzen werden noch die medikamentöse Therapie und verschiedenste Gewichtsreduktionsprogramme für adipöse Patienten angeboten, die jedoch nicht Inhalt dieser Arbeit sind. Weiterführende Literatur zu diesen Therapie-Formen sind u.a. (Pudel, 2003, S. 30-33) und (DAG e.V., 2014, S. 58-66)

3.1 Therapieziele und -voraussetzungen

Die Behandlung von Adipositas richtet sich in Deutschland im Allgemeinen nach den S3-Leitlinien „Prävention und Therapie der Adipositas“ der DAG. Somit richten sich auch die nachfolgend beschriebenen Therapieziele sowie Therapievoraussetzungen nach den Leitlinien der DAG. (DAG e.V., 2014)

Ziel der Adipositastherapie ist eine langfristige Senkung und Stabilisierung des Körpergewichts sowie eine Verbesserung der Adipositas-assoziierten Risikofaktoren und Begleiterkrankungen. Außerdem wird die Verminderung von psychosozialen Störungen, vorzeitiger Mortalität sowie möglicher Arbeitsunfähigkeit und Frühberentung angestrebt. Des Weiteren soll die Lebensqualität gesteigert werden und das Gesundheitsverhalten der Patienten in Bezug auf eine adäquate Ernährung und ausreichende Bewegung sowie der Stressverarbeitung verbessert werden. (DAG e.V., 2014, S. 38)

Die DAG weist zudem darauf hin, dass die Therapieziele an individuelle Bedingungen angepasst und realistisch formuliert werden müssen. Es sollten individuelle Begleiterkrankungen sowie Erwartungen und Ressourcen der Patienten vorrangig berücksichtigt werden. Die Gewichtsreduktion sei nachgelagert zu bestimmen. Innerhalb einer sechs- bis zwölfmonatigen Therapie sollten folgende Ziele in Bezug auf die Gewichtsreduktion gelten:

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• Bei einem BMI von 25 bis 35 kg/m² ist eine Gewichtsreduktion von > 5% des Ausgangsgewichts anzustreben.

• Bei einem BMI > 35 kg/m² ist eine Gewichtsreduktion von > 10% des Ausgangsgewichts anzustreben. (DAG e.V., 2014, S. 38)

Wie bereits in vorangegangenen Abschnitten dargestellt, handelt es sich bei Adipositas um eine heterogene und komplexe Erkrankung. Um die Therapieziele entsprechend an die individuellen Bedingungen anpassen zu können sowie die individuellen Therapievoraussetzungen zu kennen, ist eine ausführliche Anamnese wichtig. Die DAG empfiehlt eine ausführliche Gewichts- und Familienanamnese sowie eine psychosoziale Anamnese bei der Erstuntersuchung von übergewichtigen bzw. adipösen Personen durchzuführen. Diese Anamnese soll Aspekte wie eine vorliegende Adipositas sowie Begleit- und Folgeerkrankungen (insbesondere koronare Herzerkrankungen und Schlaganfall) prüfen. Außerdem wird empfohlen frühere Therapieversuche, bestehende Ernährungsgewohnheiten und das Essverhalten sowie die Bewegungsaktivität und Motivation der Patienten zu klären. (DAG e.V., 2014, S. 39); (Klein, Krupka, Behrendt, Pulst, & H.H., 2016, S. 73)

Folgende Untersuchungen werden zur Prüfung der Therapievoraussetzungen für die Erstuntersuchung von der DAG innerhalb der geltenden Leitlinien empfohlen: (DAG e.V., 2014, S. 39-40)

• Körpergewicht und Körpergröße, Taillenumfang, Verfahren zur Ermittlung der Körperzusammensetzung, Blutdruckmessung

• Klinische Untersuchung

• Nüchternblutzucker, HbA1c, oraler Glucosetoleranztest • Gesamt-Cholersterin, HDL- und LDL-Cholesterin, Trigyceride • Harnsäure

• Kreatin, Elektrolyte

• TSH, ggf. weitere endokrinologische Parameter

• Mikroalbuminurie bzw. Albumin-/Kreatinin-Ratio im Urin

• EKG, Ergometrie, Herzecho, 24-h Blutdruckmessung, Schlafapnoe-Screening

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Sollte ein Verdacht auf eine syndromale Adipositas oder eine monogenetische Form der Adipositas vorliegen, ist in einem spezialisierten Therapiezentrum darüber zu entscheiden, ob eine molekulargenetische Untersuchung erforderlich ist. (DAG e.V., 2014, S. 40-43)

Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) schließt sich den genannten Untersuchungen für die Erstuntersuchung nicht an. Es heißt, dass eine solch umfangreiche Diagnostik ohne eine Differenzierung nach Begleiterkrankungen oder auch einem Risikoprofil der Patienten nicht sinnvoll sei und für die Hausarztpraxen abgelehnt werde. Entsprechend formuliert die DEGAM in der Praxisempfehlung für hausärztliche Versorgung bei Adipositas/Übergewicht, dass eine empfehlenswerte Diagnostik von den Beschwerden, Symptomen sowie bekannten Begleiterkrankungen des jeweils betreuten Patienten abhänge. (DEGAM e.V., 2016, S. 13)

3.2 Indikationen und Kontraindikationen

Die interdisziplinären Leitlinien der DAG geben an, dass eine Indikation zur Behandlung von Übergewicht und Adipositas bei einem Erwachsenen durch eine konservative Basistherapie, bestehend aus Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie, vorliegt, wenn die folgenden Therapievoraussetzungen erfüllt sind: Ab einem BMI ≥ 30 kg/m² ist eine direkte Indikation angezeigt. Bei einem BMI zwischen 25 und 30 kg/m² gibt es weitere Kriterien, die bei einer Person vorliegen müssen. Dazu zählen übergewichtsbedingte Komorbiditäten oder ein abdominales Fettverteilungsmuster, Erkrankungen die durch das Übergewicht verstärkt werden, oder aber auch ein hoher psychischer Leidensdruck. (DAG e.V., 2014, S. 37)

Die Indikationen für einen chirurgischen Eingriff richten sich nach den Leitlinien „Chirurgie der Adipositas und metabolische Erkrankung“ von der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV). Diese besagen, dass für Patienten mit einem BMI ≥ 40 kg/m² ein adipositaschirurgischer Eingriff indiziert ist, sofern die konservative Therapie ausgeschöpft ist und eine umfassende Aufklärung stattgefunden hat. Für Patienten mit einem BMI ≥ 35 kg/m² mit mindestens einer Adipositas-assoziierten Begleiterkrankung, sollte ebenso, nach Erschöpfung der konservativen Therapie und umfassender

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Aufklärung, eine adipositaschirurgische Operation angeboten werden. Die aktuellen neuüberarbeiteten Leitlinien der DGAV stellen zudem Kriterien für eine Primärindikation vor. Die DGAV beschreibt, dass eine Primärindikation gestellt werden kann, ohne einen zuvor erfolgten konservativen Therapieversuch. Die Bedingungen für eine solche Primärindikation werden von Patienten mit einem BMI ≥ 50 kg/m² oder auch für Patienten, für die eine konservative Therapie als nicht erfolgsversprechend bzw. aussichtslos eingestuft wurde, erfüllt. Diese Entscheidung muss von einem multidisziplinären Team getroffen werden. Zudem kann die Primärindikation gestellt werden, wenn besonders schwere Begleit- und Folgeerkrankungen vorliegen, welche keinen Aufschub eines operativen Eingriffs erlauben. (DGAV, 2018, S. 35-36)

Die Erschöpfung einer konservativen Therapie wird so definiert, dass nach einer mindestens sechsmonatigen Therapie mit umfassenden Lebensstilinterventionen in den letzten zwei Jahren eine Reduzierung des Ausgangsgewichts von > 15 Prozent bzw. > 20 Prozent bei jeweils einem BMI von 35-39,9 kg/m² bzw. > 40 kg/m² nicht erreicht werden konnte. Ist eine Gewichtsreduktion nach den oben genannten Kriterien erfolgt, mit jedoch weiterhin bestehenden Adipositas-assoziierten Erkrankungen, die durch einen adipositaschirurgischen Eingriff verbessert werden können, ist eine Indikation ebenso angezeigt. Die konservative Therapie gilt ebenfalls als erschöpft, wenn eine Gewichtsreduktion erfolgreich erreicht werden konnte aber sich nach einem Jahr wieder eine Gewichtszunahme von > 10% eingestellt hat. (DGAV, 2018, S. 38)

Für einen adipositaschirurgischen Eingriff werden ebenso Kontraindikationen formuliert. Laut den aktuell geltenden Leitlinien zur Chirurgie der Adipositas liegt eine Kontraindikation vor, wenn ein Patient unter instabilen psychopathologischen Zuständen, einer aktiven Substanzabhängigkeit oder einer unbehandelten Bulimia nervosa leidet. Zudem werden konsumierende Grunderkrankungen, maligne Neoplasien, unbehandelte endokrine Ursachen wie auch chronische Erkrankungen, die sich durch einen postoperativen katabolen Stoffwechsel verschlechtern könnten, als Kontraindikationen genannt. Eine vorliegende sowie eine unmittelbar geplante Schwangerschaft gelten ebenso als eine Kontraindikation. (DGAV, 2018, S. 42)

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Ein Lebensalter ≥ 65 Jahre gilt nicht zwangsläufig als eine Kontraindikation, jedoch ist ein besonderes Abwegen hinsichtlich drohender Immobilität und Pflegebedürftigkeit erforderlich. Chronische entzündliche Darmerkrankungen, wie z.B. Morbus Crohn oder auch Colitis ulcerosa können eine Kontraindikation darstellen. Grundsätzlich zeigt ein adipositaschirurgischer Eingriff jedoch auch hier deutliche Erfolge in Bezug auf den Aktivitäts- und Entzündungsstatus der Erkrankung. Insbesondere Patientinnen mit Kinderwunsch gilt es umfassend aufzuklären. Ein Kinderwunsch stellt grundsätzlich keine Kontraindikation dar, es ist jedoch zu beachten, dass nach einem Eingriff und während der Gewichtsabnahme eine Schwangerschaft konsequent zu vermeiden ist. Grund hierfür sind mögliche Mangelernährung und Vitaminmangelzustände die ein Risiko für den Fetus darstellen. (DGAV, 2018, S. 37)

3.3 Das multimodale Therapiekonzept

Die multimodale Therapie soll für Erwachsene als konservative Basistherapie eingesetzt werden. Diese basiert auf drei Grundpfeilern: Der Bewegungs- und Verhaltenstherapie sowie der Ernährungsberatung. Je nach individueller Situation des Patienten kann ggf. auch nur eine dieser Einzelkomponenten eingesetzt werden. Jedoch gilt grundsätzlich eine Anwendung aller Komponenten des multimodalen Therapiekonzepts. Neben einer Gewichtsreduktion steht eine langfristige Gewichtsstabilisierung innerhalb des Therapiekonzepts im Vordergrund. (DAG e.V., 2014, S. 42); (Klein, Krupka, Behrendt, Pulst, & H.H., 2016, S. 74)

Die Effektivität eines multimodalen Konzepts konnte bereits von einigen Studien belegt werden. In einer systematischen Übersichtsarbeit wurde u.a. gezeigt, dass die Gewichtsreduktion weiter gesteigert werden kann, wenn parallel zu einer Ernährungsumstellung eine Verhaltens- und Bewegungstherapie durchgeführt wird. (Avenell, et al., 2004, S. 163)

Die DAG stellt zudem eine Meta-Analyse vor, bei der dieser Effekt deutlich gezeigt werden konnte. Die Analyse vergleicht u.a. die mittlere Gewichtsreduzierung bei alleiniger Ernährungsumstellung mit einer Kombination aus körperlicher Aktivität, Verhaltenstherapie und Ernährungsumstellung. Bei alleiniger Ernährungsumstellung betrug die Gewichtsabnahme -0,48 kg im

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Vergleich zu -4,6 kg bei kombinierter Intervention innerhalb des gleichen Zeitraums. (DAG e.V., 2014, S. 43)

3.3.1 Bewegungstherapie

Einer der Grundpfeiler des multimodalen Konzepts ist die Bewegungstherapie. Körperliche Aktivität sorgt für einen höheren Energieverbrauch, sodass die Energiebilanz negativiert werden kann. Zudem zeigt eine Bewegungstherapie positive Effekte auf Begleit- und Folgeerkrankungen der Adipositas und auf die Lebensqualität der Betroffenen. (DAG e.V., 2014, S. 50)

Körperliche Aktivität ist durch muskuläre Bewegung und einen erhöhten Energieumsatz sowie einer gewissen Korrelation zur körperlichen Fitness gekennzeichnet. Eine Subkategorie der körperlichen Aktivität ist das körperliche Training, welches in der Regel geplant, strukturiert und wiederholt durchgeführt wird. Primäres Ziel des körperlichen Trainings ist die Verbesserung der physischen Fitness. (Thiel, Bernardi, & Hübscher, 2017, S. 18)

In einer Langzeitstudie über einen Zeitraum von mehr als sieben Jahren konnte gezeigt werden, dass eine erhöhte körperliche Fitness einen deutlichen Effekt auf eine Gewichtsreduzierung hat. Es wurde geschlussfolgert, dass Personen mit einer gesteigerten körperlichen Aktivität häufiger ein reduzierteres Gewicht aufweisen als Personen mit einer geringen körperlichen Aktivität. Außerdem konnte festgestellt werden, dass übergewichtige Personen, die jedoch ein hohes Ausmaß einer körperlichen Fitness aufweisen – eine ähnliche Morbidität und Mortalität haben, wie normal-gewichtige Personen. Man spricht hierbei von der metabolischen Gesundheit trotz Übergewicht. (Gomersall & Brown, 2018, S. 127)

Eine verstärkte körperliche Aktivität kann bei einer Adipositas-Erkrankung somit auch weitere gesundheitliche Vorteile, wie metabolische, kardiovaskuläre und psychosoziale Vorteile bewirken. Innerhalb der Bewegungstherapie sollen adipöse Patienten dazu ermutigt werden sich innerhalb der Therapie aber auch in ihrem Alltag mehr körperlich zu betätigen. Dabei ist zu beachten, dass keine Kontraindikationen für zusätzliche körperliche Betätigung bestehen. Die DAG empfiehlt für eine effektive Gewichtsabnahme eine körperliche Betätigung von mindestens 150 Minuten pro Woche, wobei ein Energieverbrauch von 1.200 bis 1.800 Kalorien pro Woche angestrebt wird. Die körperliche Aktivität sollte dabei

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nicht ausschließlich aus einem Krafttraining bestehen. Patienten mit einem BMI > 35 kg/m² wird, unter Beachtung ihrer individuellen Situation, empfohlen, eine Sportart zu wählen, die den Bewegungsapparat nicht zu stark belastet. Grundsätzlich gilt es aber im Rahmen einer Patientenberatung realistische Ziele für jeden Patienten zu formulieren. Konnte bereits eine Gewichtsreduktion erzielt werden, empfiehlt die DAG weiterhin eine vermehrte körperliche Aktivität mit dem Ziel einer Gewichtsstabilisierung. (DAG e.V., 2014, S. 50-52)

3.3.2 Verhaltenstherapie

Die Verhaltenstherapie ist ein weiterer Bestandteil des multimodalen Therapiekonzepts. Hierbei werden die verhaltenstherapeutischen Interventionen jeweils an die individuelle Situation der Patienten angepasst und Bereiche, wie die Vorgeschichte, Motivation, soziale Bedingungen/Beziehungen sowie die Rolle und Funktion der Nahrungsaufnahme mit berücksichtigt. (Klein, Krupka, Behrendt, Pulst, & H.H., 2016, S. 80) Wird die Nahrungsaufnahme z.B. als Emotionsregulator genutzt, spricht man von emotionalem Essen. Häufige Auslöser für das emotionale Essen sind negative Emotionen wie z.B. Einsamkeit oder Nervosität. Das emotionale Essen ist ein wichtiger Bestandteil der Verhaltenstherapie innerhalb der Adipositastherapie. (Wirth & Hauner, 2013, S. 321) Die allgemeine Zielsetzung der Verhaltenstherapie ist eine Modifikation von Verhaltensweisen, die zur Entwicklung oder Aufrechterhaltung der Adipositas beitragen bzw. beigetragen haben. (Klein, Krupka, Behrendt, Pulst, & H.H., 2016, S. 80); (DAG e.V., 2014, S. 53-54)

Die DAG gibt eine Reihe von geeigneten Interventionen und Strategien für die Verhaltenstherapie innerhalb der Adipositastherapie vor: (DAG e.V., 2014, S. 55-57); (Klein, Krupka, Behrendt, Pulst, & H.H., 2016, S. 80)

• Selbstbeobachtung von Verhalten und Fortschritt hinsichtlich des Ess-, Trink- und Bewegungsverhaltens

• Erlernen von Stimulus-Kontrolltechniken (Strategien zum Umgang mit Nahrungsmitteln, wie z.B. Einkaufen im satten Zustand oder Nahrungsaufnahme zu fest geplanten Zeiten)

• Erlernen eines flexibel kontrollierten Ess- und Bewegungsverhaltens bzw. Aufbrechen von starren kognitiven Kontrollen (rigide Kontrollmechanismen)

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• Kognitive Umstrukturierung mit dem Ziel einer Modifizierung des dysfunktionalen Gedankenmusters

• Zielvereinbarungen zwischen Patient und Berater mit realistischen Zielen in Bezug auf Gewicht, körperlicher und psychischer Gesundheit sowie sozialer Entwicklung

• Problemlösetraining/Konfliktlösetraining mit dem Ziel, individuelle Strategien zum Umgang mit Problemen und Herausforderungen zu erarbeiten und damit das Defiziterleben zu verringern

• Soziales Kompetenztraining/Selbstbehauptungstraining zur

Reflektion von Problemen im Umgang mit Personen des direkten Umfelds des Patienten und dem Erlernen von alternativen Umgangsweisen

• Verstärkerstrategien für das aktive Erleben von Erfolgen und der Reduzierung von Misserfolgen für die Patienten durch alternatives Belohnen mit z.B. sozialen Kontakten oder Wiederaufnahme von Hobbies anstatt der Nahrungsaufnahme

• Rückfallprävention, in der Endphase einer Therapie, zum Umgang mit Rückschlägen mit dem Ziel der Vermeidung von Katastrophisierungen • Strategien zum Umgang mit wieder ansteigendem Gewicht

• Einbezug von Partnern, Familienmitgliedern, Kollegen oder Freunden für eine soziale Unterstützung der Patienten

Je nach individueller Situation eines Patienten kann die Verhaltenstherapie primär eine psychologische Therapie zur Behandlung von psychisch bedingten Essstörungen oder eine Therapie mit primärem Ziel einer Umstellung des Essverhaltens durch eine Ernährungsfachkraft sein. Verhaltenstherapeutische Methoden sind somit auch Bestandteil der Ernährungsberatung. Liegen keine Psychopathologien vor, kann die Umstellung des Essverhaltens, unter Berücksichtigung verhaltenstherapeutischer Methoden und Strategien, auch innerhalb des Moduls Ernährungsberatung stattfinden. (Klein, Krupka, Behrendt, Pulst, & H.H., 2016, S. 80)

3.3.3 Ernährungsberatung

Die Ernährungsberatung ist ein weiterer zentraler Bestandteil eines multimodalen Therapiekonzepts der Adipositas und die zugrunde liegende Arbeit setzt auf diese Therapiekomponente einen besonderen Fokus. Innerhalb der

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Therapiekomponente Ernährungsberatung sollen individualisierte Ernährungsempfehlungen an die Patienten gegeben werden. Diese Empfehlungen sollen an die zuvor bestimmten Therapieziele und das jeweilige Risikoprofil der Patienten angepasst werden. Des Weiteren sollen die Patienten ausführlich über die Ziele, Prinzipien und praktischen Aspekte der Ernährungsumstellung informiert werden. Dabei soll das berufliche sowie persönliche Umfeld des Erkrankten in der Beratung miteinbezogen und berücksichtigt werden. (DAG e.V., 2014, S. 44)

Im Allgemeinen gelingt die Ernährungsberatung nur durch ein kommunikatives Wechselspiel zwischen Berater und Patient weshalb ein persönlicher Kontakt von besonderer Relevanz ist. Kern der Ernährungsberatung ist es Informations-, Präventions-, Bewältigungs- und Entwicklungshilfe zu leisten und das Ernährungsverhalten in Übereinstimmung zu bringen. Ein besonderes Ziel des Beraters besteht darin, die Ressourcen des Patienten zu entdecken, zu wecken und zu mobilisieren, sodass die eigenen Schwierigkeiten und Probleme vom Klienten selbst gesehen und gelöst werden können. Die Ernährungsberatung bietet somit eine Hilfe zur Selbsthilfe bei der jedoch das Prinzip der freiwilligen Inanspruchnahme des Klienten gilt. Eigenverantwortlichkeit und eine kompetente Selbstentscheidung des Patienten sind demnach unabdingbar. Neben Problemen des Verhaltens der Patienten spielen Einstellungs- und Entscheidungskonflikte eine besondere Rolle innerhalb der Ernährungsberatung. (Pudel, 1991, S. 6-7); (Lang, 2015)

Generell kann die Ernährungsberatung als ein individuelles oder gruppenbezogenes Angebot beschrieben werden mit dem Ziel der Informationsvermittlung in Bezug auf eine Ernährungsmodifikation. (Valentini, et al., 2013, S. 105)

3.3.3.1 Einzelberatung

Die Ernährungsberatung in Form einer Einzelberatung ist die individuellste Form der dialogorientierten Ernährungsberatung. Für den Ernährungsberater ist die Einzelberatung zeitlich sehr intensiv und in vielen Fällen ist diese Beratungsform einer Gruppenberatung unterlegen. (Lückenrath & Müller, 2014, S. 74) Sowohl die Einzelberatung als auch die Gruppenberatung führen im Rahmen der therapeutischen Betreuung der Adipositas zu einer signifikanten

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Gewichtsreduktion. Jedoch zeigte sich, dass die Effekte einer Gruppenberatung stärker sind als die einer Einzelberatung. (DAG e.V., 2014, S. 45)

Die vorliegende Arbeit fokussiert sich in weiteren Folgeabschnitten auf die Gruppenberatung.

3.3.3.2 Gruppenberatung

Die Gruppenberatung kann häufig größere Erfolge erzielen als die Einzelberatung. Dabei gilt das Prinzip die Gruppe stärkt den Einzelnen und der Einzelne traut sich mehr zu. Speziell die gruppendynamischen Effekte spielen in der Gruppenberatung eine bedeutende Rolle. (Lückenrath & Müller, 2014, S. 76) Kurt Lewin, ein Pionier der Psychologie, hat den gruppendynamischen Ansatz eingeführt. Eine Gruppe definiert er dabei als dynamisches Ganzes, das mehr auf gegenseitiger Abhängigkeit als auf Ähnlichkeiten beruht. Die Gruppendynamik an sich beschreibt die Kräfte, welche innerhalb einer Gruppe existieren und wirken sowie Wechselwirkungen, die zwischen den einzelnen Gruppenmitgliedern bestehen. (Meyer-Kruse, 2013, S. 102-110)

Die optimale Gruppengröße liegt zwischen sechs und zehn Personen. Die Ernährungsfachkraft benötigt für die Gruppenberatung eine genaue Vor- und Nachbereitung. Diese sollte sowohl eine klare Struktur der Beratung, die Erarbeitung und Überprüfung des Lehrplans, sowie eine Qualitätskontrolle der Beratungseinheit beinhalteten. Eine Qualitätskontrolle kann z.B. durch Vorher- und Nachher-Fragebögen stattfinden. Eine größtmögliche Homogenität der Beratungsgruppe, vor allem in Bezug auf das Krankheitsbild, ist sehr bedeutsam für den Erfolg einer Beratungseinheit. Ein Beratungsmodul dauert in der Regel zwischen 30 und 90 Minuten. Mögliche Beratungsmethoden in der Gruppe sind u.a. der Gesprächskreis, in dem ein Frontalunterricht vermieden wird, ein klassischer Vortrag aber auch Rollenspiele/Metaplanarbeit und Einkaufstrainings. (Lückenrath & Müller, 2014, S. 76)

Die Gruppenberatung, die auf eine Änderung des Ernährungsverhaltens abzielt ist generell durch die folgenden Aspekte gekennzeichnet:

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Aspekte der Gruppenberatung mit Ziel einer Ernährungsverhaltensänderung

- Erfahrungsaustausch der Gruppenmitglieder

- gemeinsames Besprechen und Reflektieren der beobachteten Verhaltensmuster beim Einkaufen, Zubereiten, Essen und Trinken

- Perspektivwechsel zur Betrachtung von Problemstellungen und zur Entwicklung von Lösungsstrategien

- gemeinsames Erarbeiten von Veränderungsschritten in Kleingruppen

- gegenseitige Motivation der Teilnehmer auch außerhalb der Gruppenveranstaltung

- Vermittlung grundlegender Kenntnisse zur Ernährung, zu Nahrungsmitteln und Nährstoffen

Eigene Tabelle 4: Aspekte der Gruppenberatung mit Ziel einer Ernährungsverhaltensänderung nach (Meyer-Kruse, 2013)

Die Gruppenmitglieder können besonders voneinander profitieren, wenn sich ein Gefühl „Gleicher unter Gleichgesinnten“ einstellt. Ein gemeinsames Erarbeiten von Veränderungsmöglichkeiten sowie ein Erfahrungsaustausch können von den Gruppenmitgliedern als sehr hilfreich und unterstützend wahrgenommen werden. In der Gruppe kommen auch besonders die Prinzipien des „Empowerments“, wie z.B. Förderung von Autonomie und Selbstbestimmung zur Geltung. (Meyer-Kruse, 2013)

3.4 Chirurgische Therapie

Die chirurgische Therapie der Adipositas erweist sich bei schweren Formen der Adipositas als sehr effektiv und nachhaltig hinsichtlich der Reduzierung von Gewicht und Begleiterkrankungen. Die Adipositas-Chirurgie beschreibt einen operativen Eingriff, mit dem Ziel einer Gewichtsreduktion. Einen solchen gewichtsreduzierenden Eingriff bezeichnet man als bariatrischen Eingriff. Darunter fallen operative Verfahren, wie z.B. das Einsetzten eines Magenbands, eine Schlauchmagenbildung oder ein Proximaler Roux-en-Y Magenbypass. Für die Wahl des operativen Eingriffs gibt es bisher keine Empfehlung für ein

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bestimmtes Standardverfahren. Je nach Indikation eines Patienten sollten die verschiedenen Therapieoptionen eines adipositaschirurgischen Eingriffs mit dem Patienten diskutiert werden. (Antwerpes, 2018); (Dietrich, Aberle, Wirth, Müller-Stich, Schütz, & Tigges, 2018)

Bei den adipositaschirurgischen Verfahren wird zwischen dem restriktivem Verfahren und dem malabsorptiven Verfahren unterschieden. Das restriktive Verfahren sorgt für eine limitierte Nahrungszufuhr und das malabsorptive Verfahren sorgt für eine limitierte Absorption von Nahrungsbestandteilen. (Becker & Ghadimi, 2015, S. 234) Im Folgenden werden zur Verdeutlichung drei bariatrische Eingriffe, die das restriktive Verfahren als auch das malabsorptive Verfahren verwenden, vorgestellt.

Das Verfahren des Einsetzens eines Magenbands gehört zu den restriktiven Verfahren und war bis zum Jahr 2007 noch der häufigste adipositaschirurgische Eingriff, wird derzeit aber kaum noch angewandt. Die Magenbandimplantation sorgt für eine Restriktion der Nahrungsaufnahme durch Bildung eines kleinen Magen-Pouchs. Die Platzierung erfolgt etwas unterhalb des Mageneingangs. Die Magenbänder sind verstellbar, sodass über ein Portsystem der Grad der Restriktion angepasst werden kann. Auch nach Einsetzten eines Magenbands kann eine energiereiche Flüssigkost weiterhin ungehindert aufgenommen werden, sodass häufig keine ausreichende Gewichtsreduktion erzielt werden kann. (Ordemann, Ebelt, Stengel, & Hofmann, 2016, S. 35-36)

Die folgende Abbildung zeigt ein Magenband mit Portsystem:

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Das Verfahren des Schlauchmagens zählt ebenso zu den restriktiven Verfahren der Adipositas-Chirurgie und gehört mittlerweile zu den am häufigsten angewandten bariatrischen Eingriffen. Bei diesem Eingriff wird ein großer Teil des Magens entfernt, sodass ein schlauchförmiger Restmagen gebildet wird. Ein Eingriff dieser Art ist nicht reversibel, jedoch verbleibt die Magenpassage und die Gewichtsreduktion ist besonders innerhalb der ersten zwei Jahre sehr erfolgreich. Das Wirkprinzip besteht darin, dass der humorale Peptidhormonspiegel verändert wird, sodass eine Modifizierung von Hunger und Sättigung erfolgt. Außerdem wird durch die deutliche Verringerung der Magengröße eine Nahrungsrestriktion hervorgerufen. (Ordemann, Ebelt, Stengel, & Hofmann, 2016, S. 36)

Die folgende Abbildung zeigt das adipositaschirurgische Verfahren des Schlauchmagens:

Abbildung 2: Schlauchmagen von (Ordemann & Stengel, 2017, S. 36)

Der bariatrische Eingriff, welcher sowohl eine Restriktion der Nahrungsaufnahme als auch eine Malabsorption hervorbringt, ist der Roux-en-Y-Magenbypass. Bei diesem Verfahren werden ein Großteil des Magens, des Duodendums sowie ein Teil des Jejunums aus der Nahrungspassage, durch Bildung eines kleinen Magen-Pouchs, herausgenommen. Durch die veränderte Nahrungspassage kommt es zur modifizierten hormonellen und neuronalen Signalen, sodass die Regulation von Hunger und Sättigung verändert wird.

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Abbildung 3: Roux-en-Y-Magenbypass von (Ordemann & Stengel, 2017, S. 36)

Weitere bariatrische Eingriffe sind der Ein-Anastomosen-Bypass, eine billopankreatische Diversion nach Scopinaro sowie eine billopankreatische Diversion mit Duodenal Switch und der Omega-Loop-Magenbypass. Weiterführende Literatur zu diesen Verfahren ist u.a. (Ordemann & Stengel, 2017).

Nach einem bariatrischen Eingriff benötigen die Patienten eine regelmäßige und lebenslange medizinische Nachsorge. Im ersten Jahr nach dem adipositaschirurgischen Eingriff besteht eine erhöhte Komplikationsrate weshalb die Nachsorge innerhalb dieses Zeitraums sehr engmaschig stattfinden sollte. In der postoperativen Phase ist zudem eine besondere ernährungsmedizinische Nachsorge wichtig. Kurz nach der bariatrischen Operation erfolgt ein stufenweiser Kostaufbau – beginnend mit einer flüssigen Kost über eine feinpürierten Kost, weiter mit pürierter Kost bis hin zu leichter Vollkost. Aufgaben der Ernährungsfachkräfte sind die Beratung für einen postoperativen Kostaufbau sowie die Begleitung einer langfristigen Ernährungsumstellung. Nach einem bariatrischen Eingriff sind durch die restriktive Komponente eines Operationsverfahrens das Essverhalten sowie die Nahrungsaufnahme stark eingeschränkt und durch die malabsorptive Komponente die Verdauung zusätzlich beeinflusst. Doch auch das veränderte Essverhalten nach einer bariatrischen Operation selbst kann zu postoperativen Nahrungsdefiziten führen.

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Deshalb ist ein genaues Monitoring des Vitamin- und Mineralstoffstatus der Patienten besonders bedeutsam. Außerdem ist die Begleitung der Patienten durch Ernährungsfachkräfte hinsichtlich des Monitorings des Gewichtsverlaufs sowie der Körperzusammensetzung als auch der Vermeidung bzw. Besserung ernährungsbedingter Probleme angezeigt. (Keuthage & Schoppe, 2019, S. 52-53); (DGAV, 2018, S. 125)

Je nach operativem Verfahren kommt es bei den Patienten häufig zu Anämien hinsichtlich des Vitamin- und Mineralhaushaltes. Die kleine Restmagengröße nach einer bariatrischen Operation hat u.a. einen starken Einfluss auf die Entwicklung eines Eiweißmangels. Die Patienten können nur sehr geringe Nahrungsmengen zu sich nehmen, sodass ein postoperativer Eiweißmangel sehr wahrscheinlich ist, sollte keine Substitution erfolgen. Der Eiweißmangel gehört zu den häufigsten Makronährstoffmängeln nach einem adipositaschirurgischen Eingriff. Außerdem kann es zu Mineralstoffwechselstörungen v.a. zu Osteoporose (Knochendemineralisation) durch einen langfristigen Kalzium-Mangel kommen. Es wird neben einer entsprechend kalziumreichen Kost auch eine Tablettensubstitution empfohlen. Zudem wird eine Supplementation weiterer Vitamine und Mineralstoffe empfohlen um langfristig keine Vitamindefizite zu entwickeln. (Weiner, 2015, S. 255) Im Anhang auf Seite 85 sind die prophylaktischen Supplementierungs-Empfehlungen der DGAV nach einem adipositaschirurgischen Eingriff, unterteilt nach den operativen Verfahren Schlauchmagen und Roux-en-Y-Magenbypass, tabellarisch aufgeführt.

3.5 Implikation für diese Arbeit: Wünsche und Bedürfnisse von

adipösen Patienten an die Gruppeberatung

Für eine wirksame Adipositastherapie zeigt die Theorie immer wieder, dass die einzelnen Therapiekomponenten an die individuellen Bedingungen der Patienten angepasst sein sollten. Zu diesen individuellen Bedingungen zählen vorliegende Begleiterkrankungen und Ressourcen der Patienten, aber auch die individuellen Erwartungen bzw. Bedürfnisse der Patienten an die Therapie. (DAG e.V., 2014, S. 38-40); (Pudel, 1991, S. 6-7)

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Im Folgenden werden mögliche Wünsche und Bedürfnisse der Patienten an eine Gruppenberatung näher beleuchtet. Es wird herausgestellt welche Grundbedürfnisse bei Teilnehmern einer Gruppe bestehen und welche Wünsche sie an das Gruppengeschehen mitbringen können.

Im Allgemeinen kann man davon sprechen, dass Menschen fast ihre gesamte Lebenszeit innerhalb einer Gruppe verbringen. In diesem Sinne beschreibt die Gruppe das soziale Leben. Besonders das Familienleben vermittelt ein Gefühl der Zugehörigkeit und eine Vorstellung darüber, welchen Platz ein Mensch innerhalb einer Gruppe einnimmt. Somit verfügt jedes Gruppenmitglied einer neu gebildeten Gruppe über individuelle Vorerfahrungen in Bezug darauf wie eine Gruppe funktioniert. Diese Vorerfahrungen nehmen Einfluss darauf, welche Rolle innerhalb einer Gruppe eingenommen und ob diese als positiv oder negativ empfunden wird. Daraus entstehen Erwartungshaltungen gegenüber den anderen Gruppenmitgliedern und der Gruppenleitung sowie der Art und Weise wie diese mit Einem interagieren. (Meyer-Kruse, 2013, S. 103-104)

Es gibt drei zentrale Bedürfnisse, denen man in einer Gruppe immer wieder begegnet. Diese Grundbedürfnisse sind die Zugehörigkeit, der Einfluss und die Intimität. Je nach individueller Vorerfahrung resultieren daraus persönliche Wünsche an die Gruppe. So könnte der Wunsch danach bestehen, einen Platz in der Gruppe zu finden sowie wahrgenommen und anerkannt zu werden. Aber auch den Wunsch danach Aufgaben selbst zu übernehmen und mitbestimmen zu können sowie die eigenen Ziele auf eine persönlich angemessene Art zu erreichen, könnten die Teilnehmer einer Gruppenberatung mitbringen. (Meyer-Kruse, 2013, S. 104-105)

Es zeigt sich, dass die Teilnehmer einer Gruppe sehr individuelle Wünsche mitbringen können, welche auf Basis der Grundbedürfnisse nach Zugehörigkeit, Einfluss und Intimität gebildet werden. Diese gilt es in der Gestaltung des Gruppenangebots generell zu berücksichtigen. Möchte man jedoch Wünsche erfahren, die sich konkret an Inhalte eines Beratungsangebots richten, ist es empfehlenswert diese, bezogen auf eine spezifische Beratungsmaßnahme, zu erheben.

Referenzen

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