und dennoch wird das eine oder andere schwierige Ge- spräch schlecht verlaufen.
Dann sei es sinnvoll, es nach- zubereiten und zu prüfen, was denn schief gelaufen ist. Man könne sich für ein schlech- tes Gespräch auch einmal bei einem Kollegen entschuldi- gen. Lünendonk rät dazu auch, weil es im Berufsleben, anders als im Privatbereich, selten körperliche Auffang- möglichkeiten für fehlge- schlagene Kritik gibt: „Sich zu umarmen oder zur Versöh- nung zu küssen ist selten möglich.“
Sich angemessen und zeit- nah zu kritisieren hat unter Kollegen einen unschätzba- ren Vorteil: Man staut seinen Ärger nicht auf. Ist das der Fall, geht nämlich schnell un- ter, was der Betroffene sehr gut kann und was man an ihm und seiner Arbeit schätzt. Lü-
nendonk rät, sich bewusst die Vorzüge von Kollegen ins Ge- dächtnis zu rufen – und auch Lob nicht zu vergessen. Aner- kennende Worte zu Kollegen sind nämlich häufig die Aus- nahme, in Redaktionen eben- so wie in Praxen oder Kran- kenhäusern.
Wenn Lob und Kritik zu verteilen sind, solle man mit der Kritik beginnen, schlägt
Lünendonk vor. Zum einen warte jeder gelobte Mitarbei- ter auf das „Aber . . .“, das Kritik einleite, und könne die positiven Anmerkungen nicht ganz genießen. Zum anderen sei ein Lob am Ende eines Ge- sprächs oder einer Teamsit- zung der bessere Übergang in den Arbeitsalltag.
In manchen Fällen nutzt aber auch das beste Kritikge-
spräch nichts, und zwar dann, wenn sich nichts ändert. „Ir- gendwann müssen Dinge eine Konsequenz haben“, stellte Lünendonk klar. Als Beispiel schilderte er die Geschichte eines Schlussredakteurs, der in einer Zeitungsredaktion am Ende über die Abwick- lung von Texten und Seiten wacht. Der Mann war völlig überfordert mit seiner Aufga- be und vergrätzte nach und nach das gesamte Team. Nach etlichen Gesprächen und Ver- suchen, die Situation zu ver- bessern, ließ sich eine Verset- zung nicht umgehen.
Schließlich zitierte Kom- munikationstrainer Lünen- donk noch eine Lösung für Konflikte, die vor Jahren an der Tür eines früheren Chefs hing: „Bitte bringen Sie den anderen gleich mit. Bitte bringen Sie gleich eine Lö- sung mit.“ Sabine Rieser V A R I A
Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 49½½½½7. Dezember 2001 AA3309
Kritik einmal anders
Thomas Lünendonk ist Fachjournalist und Kommunikations- berater. Seit knapp 20 Jahren arbeitet er als Kommunikati- onstrainer bei Zeitungsverlagen und verschiedenen Einrich- tungen publizistischer Bildungsarbeit. Der Artikel entstand im Anschluss an eine Fortbildung für Journalisten zum Thema
„Kritik-Kultur in der Redaktion“. Wer sich für eine Beratung des Praxis- oder Klinikteams interessiert, kann sich ebenfalls an Lünendonk wenden, da er entsprechende Kollegen für die- sen Sektor/dieses Aufgabenfeld empfehlen kann. Weitere Informationen per E-Mail: luenendonk@luenendonk.de Rie