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Archiv "Organtransplantation: Was sich gesetzlich ändert" (22.06.2012)

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ORGANTRANSPLANTATION

Was sich gesetzlich ändert

Die letzte Hürde ist genommen: Nach jahrelangen Debatten treten neue Regelungen zur Transplantationsmedizin in Kraft. Der Überblick zeigt ihre Stärken und Schwächen.

aufgefordert zu erklären, ob er nach seinem Tod Organe spenden will.

Eine Pflicht, sich zu entscheiden, gibt es aber nicht. „Die Regelung akzeptiert, wenn Menschen sich zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht entscheiden wollen“, sagte Bundes- gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) bei der Debatte im Bundes- tag. „Aber es wird nicht lockerge - lassen.“

Der Bevölkerung soll „auf die Pelle gerückt“ werden

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sieht die Pläne zur Neu- regelung der Organspende als „aus- drückliches Ja“ des Bundestages zu Mitmenschlichkeit und Solidarität.

Und: „Wir wollen den Menschen tatsächlich etwas mehr auf die Pelle rücken, indem wir fragen und nach- fragen“, räumte er ein. Um eine informierte und unabhängige Ent- scheidung jedes Einzelnen zu er- möglichen, sei eine breite Aufklä- rung der Bevölkerung nötig. Diese soll durch die Länder, die Bundes- zentrale für gesundheitliche Auf- klärung (BZgA) sowie die Kran- kenkassen und privaten Kranken- versicherungsunternehmen gewähr- leistet werden. Auch die Behörden sollen bei der Ausgabe neuer Pässe, Personalausweise und Führerschei- ne Aufklärungsunterlagen aushän- digen. Vermutlich ab 2017 soll die Bereitschaft zur Organspende auf der neuen elektronischen Gesund- heitskarte vermerkt werden.

Die Bundesärztekammer (BÄK) begrüßt die Entscheidungslösung.

„Angesichts des großen Bedarfs an Spenderorganen ist es unerlässlich, dass eine Erklärung zur Organspen- de regelmäßig nachgefragt wird“, erklärte der Präsident der Bundes- ärztekammer, Dr. med. Frank Ul- rich Montgomery. Mit einem Or- ganspendeausweis könne man nicht mehr Eigenverantwortlichkeit ein-

räumen, meinen die Länder.

Die beiden die Transplantations- medizin betreffenden Gesetze sol- len nun dem Bundespräsidenten zur Unterschrift vorgelegt werden und nach ihrer Veröffentlichung in eini- gen Wochen in Kraft treten. Dabei handelt es sich zum einen um Än- derungen des Transplantationsge- setzes, die im Zusammenhang mit einer Umsetzung der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates in nationales Recht vorge- nommen worden sind (2010/53/

EU; Bundestagsdrucksachen [BT]

17/7376 und 17/9773).

Das zweite Gesetzespaket ist davon unabhängig: Mit der

Verabschiedung der frak - tionsübergreifend vorge-

schlagenen Entscheidungs- lösung wird die bishe -

rige „erweiterte Zustim- mungsregelung“ bei der Organspende modifi- ziert. Künftig wird jeder Bürger über 16 Jahre von seiner Krankenkas- se schriftlich Informa- tionen zum Thema Or- ganspende erhalten und

G

ute Reform, aber kein großer Wurf – das ist der Tenor der Meinungen zu den Änderungen des Transplantationsgesetzes (TPG), die am 15. Juni nun noch abschließend den Bundesrat passiert haben. Doch auch von der Länderkammer gab es nicht nur Beifall: Das Gesetz sei hinter den Erwartungen zurück - geblieben, bedauert sie in ihrer be- gleitenden Entschließung. Die re- gionale Flexibilität werde nicht im erforderlichen Maß gewährleistet.

Die überregionale Koordinierungs- stelle zwischen Transplantations- zentren und Entnahmekrankenhäu- sern müsse ihren Regionalstellen

Foto: mauritius images

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nur anderen helfen, sondern nehme auch seinen Angehörigen eine schwierige Entscheidung ab, die sie sonst allein treffen müssten. Zu- gleich forderte er, Ärzte als fachlich qualifizierte Ansprechpartner für Fragen der Organspende gesetzlich vorzusehen.

In Eigeninitiative sind Ärztinnen und Ärzte auf diesem Gebiet auch schon seit einiger Zeit tätig. Zu ih- nen gehört beispielsweise Dr. med.

Rainer Roßkopf aus Mainz. Der Arzt im Ruhestand hat es sich mit einigen Kollegen nach über 30-jäh- riger Praxistätigkeit zum Ziel ge- setzt, die Menschen über die Organ- spende besser zu informieren, quasi Auge in Auge, wie er sagt. „Seit et- wa einem Jahr halten wir Vorträge und organisieren mit Unterstützung der Deutschen Stiftung Organtrans- plantation (DSO) und der BZgA Informationsveranstaltungen in Be- trieben der Region Mainz-Rhein- hessen, beantworten Fragen und versuchen, die Ängste gegenüber einer Organspende abzubauen“, er- klärte er gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt. „Wir sind überzeugt, dass dies ein ganz entscheidender Schritt ist, die Organspendebereit- schaft zu verbessern.“

Mehr Transparenz und Kontrolle der DSO gefordert

Während über die Einführung der Entscheidungslösung in Deutsch- land weitgehend Konsens herrscht, verdeutlichten bei der abschließen- den Bundestagsdebatte Ende Mai Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke abermals ihre Vorbehalte ge- gen Details der Gesetzesänderun- gen. Sie forderten unter anderem mehr Transparenz und Kontrolle bei der Organisation der Organ- spenden, die in Deutschland von der DSO koordiniert werden. Die Stiftung war in den vergangenen Wochen und Monaten wegen an- geblicher Vetternwirtschaft in die Schlagzeilen geraten (DÄ, Heft 18/

2012). Vorschläge, die Rechtsform der Koordinierungsstelle – eine ge- meinnützige Stiftung bürgerlichen Rechts – zu ändern und dem Ge- sundheitsausschuss des Deutschen Bundestags bei der Besetzung des Vorstands ein Mitspracherecht ein-

zuräumen, sind nicht im Bun- destag beschlossen worden.

Bahr verteidigte den Ko - alitionskurs. So seien der Spit- zenverband Bund der Kran- kenkassen, die Bundesärzte- kammer und die Deutsche Krankenhausgesellschaft als Auftraggeber der als Koordi- nierungsstelle tätigen Deut- schen Stiftung Organtransplan- tation gesetzlich verpflichtet, diese kontinuierlich zu überwa- chen. Um Transparenz zu ge- währleisten, sei nun im Trans- plantationsgesetz geregelt, dass die DSO finanzielle und orga- nisatorische Entscheidungen den Auftraggebern vorlegen müsse.

Außerdem wird die DSO verpflichtet, ihren jährlichen Geschäftsbericht zu veröffentlichen.

Auch Transplantationszentren und Entnahmekrankenhäuser sind zur Aus kunft verpflichtet. „Wir müssen die Debatte über die DSO ernst neh- men, damit die Missstände nicht die Spendebereitschaft bedrohen“, mahn - te auch Jens Spahn, gesundheitspoli- tischer Sprecher der CDU/CSU-Frak - tion. Deshalb soll der Stiftungsrat der DSO künftig einem Beschluss des Deutschen Bundestags zufolge (BT 17/9777) mindestens einmal im Jahr dem Gesundheitsausschuss des Bundestages Bericht erstatten, auch über die Umsetzung eines „Master- plans“ zur Neuausrichtung der DSO, den der Stiftungsrat im Mai aufge- stellt hatte (DÄ, Heft 20/2012).

Die Kritik der Grünen und der Linken richtete sich ferner gegen

die mögliche Weitergabe von Or- ganspenderdaten für Forschungs- vorhaben sowie die geplante Do -

kumentation der Organspende- bereitschaft auf der elektroni- schen Gesundheitskarte. Dies

soll in einigen Jahren möglich sein, allerdings nur mit Zu-

stimmung der Versicherten.

Die Krankenkassen sollen da - bei keinen Zugriff auf die Gesundheitsdaten erhalten.

Bahr wies auch hier Kritik zurück: „Der Patient und Ver - sicherte bleibt Herr seiner Da - ten.“ Die Erklärung werde un - abhängig von anderen Daten gespeichert, Informationen für Forschungszwecke anonymisiert.

Innerhalb der Transplantations- medizin überwiegt offenbar die Meinung: Eine umfassende Novel- lierung des Transplantationsgeset- zes ist ausgeblieben. „Es ist ein An- fang, wenn auch kein großer Wurf, der dem Gesetzgeber in Bezug auf die Förderung der Organspende inklusive einer Verbesserung der Rahmenbedingungen in den Klini- ken gelungen ist“, meint Dr. med.

Claus Wesslau. Er war als Ge- schäftsführender Arzt der DSO viele Jahre verantwortlich für die Koordinierung der postmortalen Organspende in der Region Nord- Ost. Die Stärkung der DSO als Koor dinierungsstelle ist ihm zu - folge ein richtiger Schritt, ebenso die gesetzlich verankerte Bestel- lung von Transplantationsbeauftrag - ten an den Kliniken. „Es wäre aber besser gewesen, nicht nur für jede Klinik, sondern für jede Abteilung, in der es potenzielle Organspen - der gibt, Transplantationsbeauf- tragte in klusive Vertretung vorzuse- hen, denn mit einem dichten Netz an ,Kümmerern‘, wie es Transplan- tationsbeauftragte sein sollen, er- zielt Spanien die höchsten postmor- talen Organspenderaten Europas.“

Wesslau ist viele Jahre selbst ein solcher „Kümmerer“ gewesen. Die Region Nord-Ost hatte in seiner Zeit als Geschäftsführender Arzt die höchsten Organspenderaten in Deutschland (2010: 19 pro eine Million Einwohner). In der Region Mecklenburg-Vorpommern, einem Flächenstaat, waren es bis vor zwei

„Wir wollen nicht mit den Angehöri- gen am Krankenbett über die Frage der Organspende verhandeln müs- sen. Insofern ist die Widerspruchslö- sung, wie sie in Österreich gilt, eine gute Lösung. Wenn das in Deutsch- land novellierte Transplantationsge- setz dazu beitragen würde, dass ein großer Teil der Menschen zu Lebzeiten seinen Willen do- kumentiert, wäre das ein Schritt in die richtige Richtung.“

Dr. med. Anton Hartweger, Internist am Krankenhaus Rottenmann in Rottenmann, Österreich

DIE RICHTUNG STIMMT

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22. Juni 2012 Jahren knapp 24 postmortale Spen-

den pro eine Million Einwohner, so viele wie in Österreich, wo die Widerspruchslösung gilt.

Auch Dr. med. Axel Rahmel, Medizinischer Direktor von Euro- transplant, sieht in der Gesetzesno- vellierung „den positiven Ansatz, die Selbstverantwortung der Bürger und der an der Organspende betei- ligten Ärzte und Institutionen zu stärken“. Eurotransplant ist für die Verteilung der postmortalen Organ- spende in sieben europäischen Län- dern inklusive Deutschland zustän- dig. „So strukturiert, wie es der deutsche Gesetzgeber jetzt vorgese- hen hat, sind in keinem anderen eu- ropäischen Land die Information der Bevölkerung über Organspende und die Bitte, sich zu dieser Frage zu erklären, geregelt“, sagte Rah- mel dem Deutschen Ärzteblatt. Es sei wichtig gewesen, kein „bürokra- tisches Monster“ zu erzeugen. „An- dererseits kommt es jetzt darauf an, dass das Gesetz keine Alibifunktion bekommt, sondern seine Regelun- gen so umgesetzt werden, dass sie die Menschen wirklich erreichen.“

Organspende soll unentgeltlich und freiwillig bleiben. Die erweiter- te Zustimmungslösung ist im Kern erhalten geblieben: Voraussetzung für die postmortale Organspende ist, dass entweder der Verstorbene zu Lebzeiten oder die Angehörigen nach dem Tod zugestimmt haben.

Ziel der Verabschiedung der EU- Direktive war es, durch mehr Si- cherheit bei der Organtransplantati- on den länderübergreifenden Aus- tausch von Organen zu fördern und damit die Chancen zu erhöhen, für Patienten auf der Warteliste passen- de Spender zu finden. Der Direk -

tive zufolge ist eine Voraussetzung für die Organtransplantation, dass das jeweilige EU-Land ein natio - nales Qualitätsprogramm für die Überwachung und Verbesserung aller Prozesse etabliert – von der Spende bis zur Implantation. Die EU-Staaten sollen der Kommission regelmäßig berichten, mit welchen Ergebnissen sie die Umsetzung der Richtlinie kontrollieren.

Rechtssicherheit auch für nichtstaatliche Institutionen

Die EU-Kommission hat die Ein- wände zahlreicher Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, berücksich- tigt und lässt außer nationalen Be- hörden auch andere Institutionen zu, die Standards festlegen und Aufsicht über die Organtransplan - tation führen. Zu den nichtstaat - lichen Institutionen gehören in Deutschland vor allem die Bun - desärztekammer (Richtlinien-Kom - petenz, Überwachungs- und Prü-

fungsfunktion), die DSO (Feststel- lung der Spendercharakteristika/

Koordinierung und Verfahrensan- weisungen für postmortale Organ- spenden/Dokumentation) und Eu- rotransplant (Allokation).

Um eine lückenlose Rückverfol- gung gespendeter Organe zu er- möglichen, müssen die Daten nach novelliertem deutschem Recht min- destens 30 Jahre – nicht wie bisher zehn – aufbewahrt werden (TPG- Neu § 15 Absatz 1). Dies gilt auch für die Lebendspende.

Die Direktive umfasst ein Min- destmaß an Daten, mit denen der Spender und das zu explantierende Organ charakterisiert werden müs- sen, darunter Angaben zur Spender - anamnese, Labordaten inklusive Serologie und Mikrobiologie, den Blutgaswerten bei der Beatmung und der Therapie des Spenders.

„Diese Standardisierung erleichtert es, den Allokationsverbund von Eu- rotransplant zu erweitern, wenn ein Land eine entsprechende Anfrage stellt und die Voraussetzungen er- füllt“, sagt Rahmel.

Nur in besonderen Fällen ein- schließlich lebensbedrohlicher Not - fälle, in denen der Nutzen einer Organtransplantation höher ist als die Risiken durch inkomplette Informationen über den Spender oder das Organ, soll von den Min- destangaben abgewichen werden dürfen. „Es ist wichtig, dass die Entscheidung für oder gegen eine Transplantation letztlich beim Arzt liegt, nicht bei der Politik“, begrüßt Prof. Dr. med. Hartmut Schmidt, Direktor der Klinik für Transplan- tationsmedizin an der Universität Münster die Bestimmung, die sich auch im novellierten Gesetz wie- derfindet (§ 10 a).

Über die sehr ausführlichen Regelungen zur Dokumentation (TPG-Neu § 13 bis 16) soll unter Wahrung des Datenschutzes sicher- gestellt werden, dass Organ- und Ge- webeempfänger auch vor unerwartet aufgetretenen Risiken eines Trans- plantats, wie einer Infektion oder ei- nem Malignom, geschützt werden.

Die Sicherheitskriterien gelten für eine Vermittlung aller Organe, unab- hängig davon, ob sie aus einem Mit- gliedstaat der Europäischen Union GRAFIK

Postmortale Organspender für das Jahr 2010 pro eine Million Einwohner

Spanien Frankreich Östereich*

Deutschland*

Niederlande*

32,0 23,8

23,3 15,8

13,7

* Eurotransplant-Mitgliedsland Quelle: Jahresbericht 2011 der DSO

„Die Entscheidungslösung ist ein Kompromiss: Sie ist eine Variante der geltenden erweiterten Zustim- mungslösung. Natürlich wäre es wünschenswert, wenn über regel- mäßige und gute Informationen mehr Menschen zur Dokumentation ihres Willens motiviert würden. Wich- tig wäre, denjenigen, die eine individuelle Beratung wün- schen, auch tatsächlich fachkompetente Ansprechpartner anzubieten. Außerdem muss die Finanzierung der Trans- plantationsbeauftragten geklärt werden, damit diese Auf- gabe zu einem eigenständigen Berufsbild werden kann.“

Prof. Dr. med. Hartmut Schmidt, Direktor der Klinik für Transplantationsmedizin an der Universität Münster

KOMPROMISS GEFUNDEN

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22. Juni 2012 A 1313 oder einem anderen Land gewonnen

wurden (TPG-Neu § 12).

Die europäischen Verträge bieten keine Rechtsgrundlage, um Maß- nahmen zur Förderung der Organ- spende, Definition und Feststellung des Todes oder die Organverteilung zu harmonisieren. Gleichwohl ent- hält die Richtlinie in § 14 einen Passus, der die Bedeutung von Transplantationskoordinatoren in Kliniken hervorhebt: für die Effek- tivität und Sicherheit der Organ- spende. Der deutsche Gesetzgeber hat diesem Vorschlag mit umfas- senden Regelungen zu Transplanta- tionsbeauftragten an registrierten Entnahmekrankenhäusern entspro- chen und ist damit auch einem Wunsch der Ärzteschaft nachge- kommen. Nach dem neuen § 9 b des Gesetzes werden die Kernaufga - ben der Transplantationsbeauftrag- ten definiert: Sie sind verantwort- lich dafür, dass die Entnahmekran- kenhäuser Hirntote „unverzüglich“

an die Koordinierungsstelle mel- den, Zuständigkeiten und Hand- lungsabläufe eingehalten und An- gehörige von Spendern angemessen begleitet werden. Die Transplan - ta tionsbeauftragten fungieren als

„Verbindungsglied von Kliniken zu Trans plantationszentren und der Ko - or dinierungsstelle“, heißt es in der Begründung zum Gesetzentwurf.

Interessenkollisionen sollen vermieden werden

Das Prinzip, die Diagnose des Hirn- tods von der Koordination, der Ver- mittlung und der Implantation ge- spendeter Organe strukturell und personell zu trennen, um Interes- senkollisionen zu vermeiden, bleibt bestehen. Transplantationsbeauf- tragte seien bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben unabhängig und un- terliegen keinen Weisungen, heißt es im Gesetz.

Die EU-Richtlinie betont die große Bedeutung einer systemati- schen Erfassung von Ergebnissen der Organverpflanzung für die Ein- schätzung von Qualität und Sicher- heit der Therapie (§ 19). Auch von deutschen Transplantationsmedizi- nern und der Bundesärztekammer ist immer wieder die Notwendigkeit angemahnt worden, Daten über die

Resultate der Organübertragung, auch im Langzeitverlauf, systema- tisch zu erfassen. Nur auf dieser Datenbasis lasse sich die Erfolgs- aussicht einer Transplantation ge- gen die Dringlichkeit abwägen, wie es das Gesetz verlangte.

Die Koordinierungsstelle – also die DSO – wird im neuen Gesetz verpflichtet, jährlich einen Bericht über die Tätigkeit der Entnahme- krankenhäuser und Transplantations - zentren zu veröffentlichen: über Zahl, Art und Ergebnisse der Organ - transplantationen (§ 11 Absatz 5).

„Wenn damit ein flächendeckendes Register der Langzeitdaten nach

postmortaler Organspende etabliert würde, in dem alle für eine Beurtei- lung der Ergebnisse notwendigen Spender- und Empfängerdaten er- fasst und zugänglich gemacht wür- den, wäre dies auch für die Evaluie- rung der Vermittlung der Organe sehr hilfreich“, sagte Rahmel. Mehr objektive Kriterien für die Einstu- fung von Dringlichkeit und Erfolgs- aussicht seien dringend notwendig.

Verbesserungen bringt die No- velle für Lebendspender: Künftig hat jeder Anspruch auf Krankenbe- handlung, Vor- und Nachbetreuung, Rehabilitation, Fahrtkosten und Krankengeld gegenüber der Kran- kenkasse des Organempfängers. In einer Selbstverpflichtungserklärung vom Februar 2012 haben sich auch alle Mitgliedsunternehmen des Ver- bands der privaten Krankenversi- cherung verpflichtet, für die Auf- wendungen der Spender aufzukom- men. Ferner wird geregelt, dass sich

der Unfallversicherungsschutz auf alle Gesundheitsschäden im Kon- text einer Organspende bezieht.

Auch wird die Versorgung von Pa- tienten vor oder nach Transplantati- on und von Lebendspendern in die ambulante spezialfachärztliche Ver- sorgung aufgenommen, um eine qualitativ hochwertige, spezialisier- te Diagnostik, Behandlung und Nachsorge zu gewährleisten.

Dennoch dürften die jetzt vorge- nommenen Änderungen des Trans- plantationsgesetzes dem von der Ärzteschaft seit Jahren angemahn- ten Reformbedarf nur teilweise ent- sprechen: Es wird eine Lücke ge - sehen bei der Koordinierung der Spende und Allokation von vasku- larisierten Gewebekomplexen wie Armen, Händen oder Gesichtsteilen (DÄ, Heft 21/2012). Dieses Gebiet der Transplantationsmedizin dürfte einerseits wegen der rasanten Ver- besserung der Methoden an Bedeu- tung gewinnen, andererseits mögli- cherweise auch wegen einer zu - nehmenden Anzahl an Verletzungen von Soldaten bei Auslandseinsät- zen, wie sie sich zurzeit schon in den USA abzeichnet.

Nicht angetastet wurde das Prin- zip, dass die postmortale Spende von Organen Vorrang vor der Le- bendspende haben soll (Subsidiari- tätsprinzip). Es dient dem Schutz der Lebendspender. Vor dem Hin- tergrund der im Allgemeinen sehr guten Langzeiterfolge bei der Ver- pflanzung lebend gespendeter Nie- ren und vergleichsweise geringen Risiken für den Spender wurde un- ter anderem von der BÄK eine nach Organen differenzierte Regelung vorgeschlagen: Für Organe mit hö- heren Spenderrisiken, wie der Le- ber, sollte sie bestehen bleiben, für Organe mit im Allgemeinen niedri- gen Risiken, wie der Niere, sollte sie gelockert werden. Der Vor- schlag konnte sich nicht durchset- zen. Gleichwohl, hieß es bei der dritten Lesung im Bundestag, wer- de dies nicht das letzte Ringen um gesellschaftlichen Konsens bei der Transplantationsmedizin sein. In naher Zukunft allerdings sind keine Änderungen zu erwarten.

Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schultze

„Ich würde mir für Deutschland eine vertiefte Diskussion über den Hirntod und seine Kriterien wünschen in ei- ner Weise, die den Patienten vermit- telbar ist. Die Gesetzesnovellierung finde ich im Prinzip gut. Ich würde auch meine Patienten über Organ- spende aufklären, wenn es kurz und klar formulierte Informationsmaterialien gäbe.“

Manfred Dornberg, niedergelassener Allgemeinmediziner in Essen

HIRNTODDEBATTE FEHLT

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