Deutsches Ärzteblatt
|
Jg. 111|
Heft 41|
10. Oktober 2014 A 1725 PRÜFUNG ORGANTRANSPLANTATIONNur wenige Unregelmäßigkeiten
Im Fokus des Jahresberichts 2013/2014 der Prüfungs- und der Überwachungskommission standen die Herz-, Nieren- und Pankreastransplantationsprogramme.
E
ine weitere Etappe bei den Überprüfungen der Transplan- tationsprogramme in Deutschland ist abgeschlossen. Nachdem die Prüfungs- und die Überwachungs- kommission von Bundesärztekam- mer, Deutscher Krankenhausgesell- schaft und dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen vor ei- nem Jahr die Ergebnisse der Prü- fungen von Lebertransplantations- programmen veröffentlichten hat- ten, beschäftigten sie sich zwischen September 2013 und August 2014 vornehmlich mit den flächende- ckenden Prüfungen der Herz-, Nie- ren- und Pankreastransplantations- programme. Dabei fanden sie nur wenige Auffälligkeiten.Geprüft haben die Kommissio- nen 33 Transplantationszentren mit 60 Programmen auf der Grundlage des seit 2012 gesetzlich ausgewei- teten Kontrollsystems in der Trans- plantationsmedizin. Erfasst wurden dabei Transplantationen, die zwi- schen den Jahren 2010 bis 2012 erfolgten – also noch vor dem Be- kanntwerden erster Unregelmäßig- keiten und den Gesetzesänderun- gen. Darauf verwiesen die Kom- missionsvorsitzenden, Anne-Gret Rinder, Vorsitzende Richterin am Kammergericht i. R., und Prof. Dr.
med. Hans Lippert bei der Vorstel- lung des gemeinsamen Jahresbe- richts 2013/14 der Kommissionen am 30. September in Berlin.
Auffällig: Herzzentrum Berlin
Konkret konnten dem Bericht zufolge im Bereich der Nieren- transplantationsprogramme keine Anhaltspunkte für systematische Richtlinienverstöße oder Manipu- lationen bei den Prüfungen gefun- den werden. Es wurden lediglich vereinzelte unrichtige Mitteilun- gen gegenüber der Vermittlungs- stelle Eurotransplant festgestellt,die sich auf das Datum der Erst - dialyse bezogen und auf Doku- mentationsfehler zurückzuführen waren. Auch bei den Pankreas- und kombinierten Nieren-Pankreas- transplantationen konnten die Kom- missionen keine Auffälligkeiten feststellen.
Unregelmäßigkeiten gab es aller- dings bei den Herztransplantations- prüfungen im Herzzentrum Berlin.
„Bei den insgesamt 82 überprüften Herztransplantationen wiesen 14 Anträge auf eine dringend notwen- dige Transplantation (High Urgen- cy, HU) Auffälligkeiten auf, die den Schluss rechtfertigen, dass es sich wahrscheinlich um Manipulationen handelt“, erklärte Rinder. Bei den Falschangaben hätte es sich haupt- sächlich um die Verabreichung und Dosierung von Katecholaminen ge- handelt, die dazu dienten, eine HU-Listung zu erreichen. Jedoch hätte es keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass Privatpatienten be- vorzugt transplantiert worden seien, sagte Rinder.
Die Prüfungen werden von je- weils zwei Mitgliedern der Prü-
fungskommission oder der Über- wachungskommission sowie zwei für das jeweilige Transplantations- programm sachverständigen unab- hängigen Ärzten vorgenommen, er- läuterte Lippert. Weiterhin hätten Vertreter der zuständigen Landes- ministerien an den Prüfungen teil- genommen. Meist würden die Kon- trollen auch nur einen Tag vorher angekündigt, erläuterte der Straf- rechtler Prof. Dr. jur. Hans Lilie.
Ein nachträgliches „Frisieren“ der umfangreichen Patientenunterlagen sei so unmöglich.
Abschließender Bericht 2015
Lilie, der Vorsitzender der Ständi- gen Kommission Organtransplan - tation bei der Bundesärztekammer ist, kündigte an, dass die Ergebnisse der Prüfungen in die Richtlinienar- beit des Gremiums einfließen wer- den. „Wir arbeiten derzeit intensiv an der Entwicklung eines medizini- schen Scores für die Herzallokati- on, ähnlich wie wir ihn für die Le- ber- oder die Lungentransplantation bereits haben“, berichtete er. Über- dies habe die Kommission eine grundlegende Überarbeitung der Richtlinien für die Wartelistenfüh- rung und die Organvermittlung zur Lebertransplantation, zur Nieren- transplantation und zur Pankreas- transplantation auf den Weg ge- bracht.Im kommenden Herbst dann soll die Überprüfung aller Transplanta- tionszentren und -programme durch die Kommissionen abgeschlossen sein. Es stehen noch die Kontrol- len der Lungentransplantationspro- gramme aus, mit denen Anfang 2015 begonnen werden soll.
▄
Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann
●
Die Überwachungskommission prüft, ob die Deut- sche Stiftung Organtransplantation (DSO), also die Koordinierungsstelle bei Organtransplantationen, ihre Aufgaben bezüglich der Entnahme, Vermittlung und Übertragung von Organen den gesetzlichen Vorgaben entsprechend erfüllt hat.●
Die Prüfungskommission kontrolliert, ob die Vermitt- lungsentscheidungen der Stiftung Eurotransplant unter Einhaltung der Gesetze und der Allokationsrichtlinien erfolgt sind.●
Beide Kommissionen werden gemeinsam von Bun- desärztekammer, Deutscher Krankenhausgesellschaft und dem Spitzenverband der gesetzlichen Kranken- kassen getragen.WER PRÜFT WAS?
@
Der Jahresbericht sowie der Kommissionsbericht zum Herzzentrum Berlin unter:www.aerzteblatt.de/141725