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Archiv "Arzneimittel für Kinder: Nutzen und Risiken einer Online-Datenbank" (23.03.2007)

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A764 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 12⏐⏐23. März 2007

M E D I Z I N R E P O R T

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ädiater sind oft in einem Di- lemma: Weil nur vergleichs- weise wenige Arzneimittel für Kin- der klinisch geprüft und zugelassen sind, müssen sie auf Medikamente für Erwachsene zurückgreifen und die Dosierungen entsprechend an- passen – mit gewissen Risiken für die kleinen Patienten. Eine schnelle Übersicht, welche Präparate für Kin-

der in bestimmten Altersgruppen zugelassen sind, gab es bislang nicht. Diese Lücke will die Daten- bank „ZAK“ (das Akronym steht für

„zugelassene Arzneimittel für Kin- der“) schließen, eine Initiative der Hexal AG. Das kostenlose Online- Portal gibt es seit Oktober 2006.

Um die Wertigkeit dieses – si- cher sinnvollen – Online-Angebo- tes zu prüfen, haben wir die ZAK- Datenbank mit einer Aufstellung über 113 europäische Kinderzulas- sungen seit 2001 (2, 3) des Verban- des forschender Arzneimittelherstel- ler (VfA) verglichen. Wir entnahmen der Aufstellung alle Wirkstoffnamen, ohne Applikationshilfen und Dop- pelnennungen. Für unsere Recher-

chen haben wir ein Antitussivum, ein Rhinologikum und ein Analgetikum ausgewählt; aus Gründen der Re- präsentativität wurde zusätzlich ein Gastroenterologicum sowie ein Prä- parat aus der Zahnheilkunde auf die Zulassung für Kinder geprüft.

Im Fachinformationsservice von ZAK sind die Kinderdosierungen farblich hervorgehoben; für deren

Richtigkeit und Aktualität ist der pharmazeutische Unternehmer ver- antwortlich. Ihnen obliegt es aller- dings auch zu entscheiden, ob und wie ihre Fachinformationen in die Datenbank aufgenommen werden.

Dies hat zur Folge, dass nicht alle infrage kommenden Medikamente erfasst sind.

Lücken in der Liste

Wird nun in der ZAK-Datenbank nach einem zugelassenen Arznei- mittel mit dem Wirkstoff Paraceta- mol für Neugeborene gesucht, ent- steht der Eindruck, am Markt erhält- lich seien als kleinste Darreichungs- form 125-mg-Formulierungen für Säuglinge. Unter dem Handelsna-

men Ben-u-ron®(4) stehen jedoch bereits 75-mg-Suppositorien ab drei Kilogramm Körpergewicht zur Ver- fügung. Eine Behandlung von Früh- und Neugeborenen ist möglich.

Auch für Säuglinge zugelassene Laxanzien erscheinen nicht in der Trefferliste. Für die Altersgruppe ab 28 Tage bis elf Monate ergibt die Suche keine Ergebnisse. Glycilax®- für-Kinder-Zäpfchen (5) können je- doch bereits Säuglingen verabreicht werden.

Zur Erleichterung des Sekretab- flusses bei Entzündung der Nasenne- benhöhlen benötigen Säuglinge und Kleinkinder ferner oftmals lokale

␣-Sympathomimetika. Die ZAK- Suche nach dem abschwellenden Wirkstoff Xylometazolin findet nur Präparate ab dem zweiten Lebens- jahr und ist damit unvollständig.

Ein weiteres Beispiel: Zur Pro- phylaxe von Zahnkaries erhalten Mütter häufig schon auf der Wöch- nerinnenstation Fluoretten®für ihre Neugeborenen. Die Liste der Den- talpräparate beginnt in der ZAK- Datenbank erst mit Sensodyne®- Proschmelz-Fluorid-Gelee (25 g) ab einem Alter von sechs Jahren.

Als Antitussiva/Expektorantia sind für Säuglinge laut der ZAK-Daten- bank nur Säfte, Brausetabletten, Lö- sungen, Granulate, Tropfen zur in- nerlichen Anwendung sowie Injek- tabilia erhältlich. Peroralia werden von Kindern aber oft wegen deren teilweise unangenehmen sensori- schen Eigenschaften verweigert. Bei mäßigen Erkältungskrankheiten kön- nen auch Erkältungsbalsame und -salben zur äußerlichen Anwendung angewendet werden.

Wir erhielten aus der Aufstellung des VfA 97 Wirkstoffnamen, von denen wir 22 mit der Wirkstoffsu- che in der ZAK-Datenbank wie- derfinden konnten. 75 Wirkstoff- namen können nicht unter „Wirk-

ARZNEIMITTEL FÜR KINDER

Nutzen und Risiken einer Online-Datenbank

Ein kostenloses Internat-Portal soll Pädiatern die rasche Suche nach dem richtigen Medikament erleichtern. Die Idee ist gut, aber die Datenbank weist (noch) Lücken auf.

Arzneimittel für kleine Patienten:

2005 und 2006 wurden 34 Medika- mente und Applika- tionshilfen für Kin- der und Jugend- liche zugelassen.

Ihre Einsatzgebiete reichen von Neuro- dermitis über Epi- lepsie, Lungenhoch- druck und die Ver- meidung von Ne- benwirkungen bei

Leukämietherapie. Foto:BMBF

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stoff“ in der Kinderarzneimittelsu- che ausgewählt werden. Bei zwei Kombinationspräparaten wurden ei- ne Komponente beziehungsweise beide Komponenten als Monopräpa- rat in der Kinderarzneimittelsuche gefunden.

Dazu einige Beispiele für feh- lende zugelassene Wirkstoffe: Unter den 75 nicht aufgeführten Wirkstoff- namen waren elf Impfstoffe (bezie- hungsweise -kombinationen). Wird die Indikationsgruppe „Sera, Im- munglobuline und Impfstoffe“ auf- gerufen, ergibt dies nur einen Treffer mit Influenzaimpfung Influvac®als einzige Kinderschutzimpfung.

Die Influenzatherapeutika Osel- tamivir und Zanamivir, zugelassen ab dem ersten beziehungsweise fünf- ten Lebensjahr, sind nicht gelistet.

Zur Chemoprophylaxe und -thera- pie der Influenza enthält die Da- tenbank Amantadin, dessen Indika- tion wegen verschiedener schwerer unerwünschter Arzneimittelwirkun- gen und rascher Resistenzentwick- lung sehr sorgfältig gestellt werden muss (6).

Beispiel Diabetes: Während die VfA-Liste unter den Kinderzulas- sungen Insuline ausweist, enthält die ZAK-Datenbank keine Antidia- betika für Diabetes mellitus Typ 1.

Außerdem stellten wir fest, dass in der Suchmaske eine spezielle Einteilung für Frühgeborene und Arzneimittel ohne Alterseinschrän- kung fehlt. Gerade für diese Al- tersklasse wurde zum Beispiel eine Ibuprofen-Injektionslösung zur The- rapie des offenen Ductus arteriosus zugelassen.

Zusatzinformation notwendig

Unser Fazit: Die Suche nach alters- spezifischen Arzneimitteln ist (noch) durch Lücken eingeschränkt – ins- besondere werden nicht alle verfüg- baren Arzneimittel für sehr kleine Patienten bei gezielter Suche in der Datenbank gefunden; werden also keine Ergebnisse angezeigt, heißt das nicht, dass keine zugelassenen Alternativen existieren.

Nutzer müssten den Stand der Datenbank mit den derzeit ver- kehrsfähigen Arzneimitteln verglei- chen, um einen Eindruck darüber zu gewinnen, wie viele der für Kinder

zugelassenen Arzneimittel sich in der Datenbank wiederfinden lassen.

Insgesamt 53 608 (7) Arzneimittel unterschiedlicher Packungsgröße wa- ren am 24. November 2006 im Zu- ständigkeitsbereich des BfArM zu- gelassen. Nur circa 20 Prozent aller Arzneimittel sind auch für Kinder zugelassen (8); das heißt, ungefähr 10 700 Kinderzulassungen dürften in Deutschland existieren.

Off-label-Behandlung in der Pädiatrie weit verbreitet

Mit aktuell 974 Fachinformationen (9), wobei verschiedene Packungs- größen und Stärken in einer Fach- information zusammengefasst sein können, sind grob geschätzte zehn Prozent der für Kinder zugelassenen Medikamente in der ZAK-Daten- bank enthalten. Eine kurzfristige Lösung des Problems der nur parti- ell erfassten Fachinformationen ist nach Angabe von Hexal aus perso- nellen Gründen nicht möglich (10).

Verlassen sich Ärzte zurzeit aus- schließlich auf die ZAK-Daten- bank, steigt das Risiko, dass Kinder mit für sie nicht zugelassenen Arz- neimitteln behandelt werden, ob- wohl es zugelassene Alternativen gibt. Ärzte könnten sich, in Erman- gelung eines Suchtreffers bei einem altersgerechten Mittel, für ein Prä- parat entscheiden, das für eine höhe- re Altersgruppe ermittelt wird. Dann müssen sie selbst die richtige Dosie- rung finden.

Nach wie vor ist die nicht zu- gelassene beziehungsweise Off-la- bel-Behandlung von Arzneimitteln in der Kinderheilkunde weit verbrei- tet (11). Wenn für eine Indikation kein Medikament, das für die ge- wünschte pädiatrische Altersgruppe zugelassen ist, in der Datenbank ge- funden wird, stellt sich der Arzt oft die Frage, welche therapeutischen Alternativen bestehen. Als Rhino- logika bei Neugeborenen könnten dann beispielsweise nicht altersge- rechte Sprays anstelle von geeigne- ten Lösungen als Applikationsform für Säuglinge ausgewählt werden.

Die Datenbank ist hilfreich für ei- ne erste Orientierung. Gleichwohl bietet sie nur unvollständige Mög- lichkeiten, sich über zugelassene Arzneimittel in der Pädiatrie zu in-

formieren. Aus Mangel an Angaben kann die Datenbank unseres Erach- tens nur unter Hinzuziehung weite- rer Informationsquellen (wie die Daten des VfA oder die Rote Liste) genutzt werden.

Auch sind nicht genügend Fach- informationen eingestellt, um den Off label use mit Arzneimitteln auf das unvermeidbare Maß einzuschrän- ken. Damit mehr Kinder vom Wissen und dem therapeutischen Fortschritt profitieren und diese – im Prinzip notwendige – Datenbank ihren vollen Nutzen für die Patienten und die Ärzteschaft entfalten kann, müssen alle Hersteller von für Kinder kon- zipierten und entwickelten Arznei- mitteln dem Projekt zuarbeiten, das heißt, ihre Fachinformationen zur Verfügung stellen und regelmäßig aktualisieren. Auf die Unvollstän- digkeit müsste aus unserer Sicht deutlicher hingewiesen werden.

Sinnvoll wären zudem Angaben über die Quellen der Datenbank, die wissenschaftlichen Berater, den Umfang der Arzneimittelinforma- tionen und deren Einschränkun- gen sowie zum Aktualisierungsin- tervall. Ein umfangreicherer Ver- weis auf zusätzliche Informations- quellen zu in Deutschland verkehrs- fähigen Medikamenten könnte das

ZAK ergänzen. I

Vanesse Plate, Dr. med. Christian Behles, Prof. Dr. rer. nat Harald G. Schweim

Wichtiger Hinweis

Die Wiedergabe von Handelsnamen in diesem Arti- kel berechtigt auch ohne besondere Kennzeich- nung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Marktschutz-Gesetz- gebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen.

Anmerkung:Der Expertenrat ist unter www.

hexal.de zu finden. Eine Verlinkung besteht nicht.

Stand: 7. 12. 2006 (Abrufdatum).

Ein Link auf der Webseite verweist auf die Home- page der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftli- chen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF;

www.uni-duesseldorf.de/awmf/) und somit mittel- bar auf deren Informationsangebot für Leitlinien.

Anschrift der Verfasser

Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Drug Regulatory Affairs

Kirschallee 1, 53119 Bonn Fax: 02 28/73 90 14 E-Mail: dra@uni-bonn.de

Internet: www.drug-regulatory-affairs.de

Literatur im Internet:

www.aerzteblatt.de/lit1207

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 12⏐⏐23. März 2007 A1

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LITERATUR

1. Schwabe U, Paffrath D: Arzneiverord- nungs-Report 2005. Kapitel Arzneiverord- nungen im Kindesalter. 2006.

2. VfA: Arzneimittel für Kinder: 42 Zulassun- gen in den letzten beiden Jahren.

www.vfa.de/de/forschung/am_entwick lung/amzulassungen_kinder.html (Abruf- datum: 7. 12. 2006).

3. Kleinebudde P: Mehr Arzneimittelsicher- heit für Kinder. Links zum Titelbeitrag.

PZ 36/05. Online abrufbar im Internet un- ter der URL: http://www.pharmazeutische- zeitung.de/index.php?id=535&type=1 (Abrufdatum: 18. 12. 2006).

4. www.ben-u-ron.de (Abrufdatum:

11. 12. 2006).

5. Glycilax®, Zäpfchen Fachinformation. En- gelhard Arzneimittel. Online abrufbar im Internet unter der URL: www.fachinfo.de (Abrufdatum: 11. 12. 2006).

6. Bundesärztekammer, Kassenärztliche Bundesvereinigung: Saisonale Influenza, Vogelgrippe und potenzielle Influenzapan- demie. 29.11.2005 www.akdae.de/47/Ar chiv/2005/76-Influenzapandemie.pdf (Ab- rufdatum: 11. 12. 2006).

7. Verkehrsfähige Arzneimittel im Zuständig- keitsbereich des BfArM. www.bfarm.de/

cln_042/nn_424552/DE/Arzneimittel/sta tistik/statistik-verkf-am-zustBfArM.html (Abrufdatum: 12. 12. 2006).

8. Dietz P: Kleine vergessene Patienten.

09.01.2003. www.netdoktor.de/feature/

medikamente_kinder.htm (Abrufdatum:

12. 12. 2006).

9. Jungmayr P: Erkrankungen im Kindesalter.

146. Jahrgang, DAZ 2006; 49: 57.

10. Telefonisches Gespräch mit der Hexal- Initiative am 13. 12. 2006.

11. Seyberth S: Arzneimittel für Kinder: Aktuel- ler Stand – Probleme – Ausblick. Kein Geld für Kinder! 29. 10. 2003.

www.dgkj.de/399.html (Abrufdatum:

21. 12. 2006).

LITERATURVERZEICHNIS HEFT 12/2007, ZU:

ARZNEIMITTEL FÜR KINDER

Nutzen und Risiken einer Online-Datenbank

Ein kostenloses Internat-Portal soll Pädiatern die rasche Suche nach dem richtigen

Medikament erleichtern. Die Idee ist gut, aber die Datenbank weist (noch) Lücken auf.

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