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Archiv "Arzneimittel: Verlässliche Erkenntnisse notwendig" (26.06.2009)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 26⏐⏐26. Juni 2009 A1365

B R I E F E

trollierten Studien (RCT) – weil die Arzneimittelbehörden verlässliche Belege sehen wollen.

Die Logik, mit der Strohmeyer et al.

es dann aber ablehnen, solche Studien auch als Standard der Nutzen- bewertung zu verwenden, verstehen wir nicht. Wenn RCTs bislang nicht alltagsnah stattfinden, ist die Ursa- che dafür nicht die Randomisierung.

Ob die Patienten zufällig der einen oder der anderen Gruppe zugeteilt wurden, hat für die Frage, ob die Ergebnisse einer Studie auf den Alltag übertragbar sind, fast keine Bedeutung. Die Methode dient al- lein dazu, die Patientengruppen so zusammenzusetzen, dass keine Intervention von vornherein benach- teiligt ist. Wenn in RCTs „Patienten- kollektive unplausibel eng definiert“

sind, wenn „die Vergleichstherapie nicht adäquat zum Stand der Wissen- schaft“ ist oder wenn die Endpunkte der Studien nicht patientenrelevant sind, liegt das oft nur daran, dass Sponsoren die Ein- und Ausschluss- kriterien und Vergleichsinterventio- nen ihrer Studien eben so wählen, dass eine Zulassung des Arzneimit- tels mit möglichst kleinem Aufwand zu erreichen ist.

Die Zielsetzung muss sich ändern.

Und zwar durch das möglichst früh- zeitige Vorlegen von alltagsnahen Studien, die gleichzeitig einen kausalen Nutzennachweis erlauben.

Schließlich liegt die Beweislast bei dem, der einen Nutzen behauptet.

Wenn aber in einer Nutzenbewertung keine alltagsnahen RCTs vorliegen, kann das Fehlen nicht dadurch kompensiert werden, dass man eine – von den Autoren nicht einmal definierte – „Gesamtevidenz“

heranzieht. Die Unsicherheit würde dadurch nicht verringert.

Im Übrigen trifft es überhaupt nicht zu, dass das IQWiG „puristisch“ auf randomisierte Studien fixiert sei.

Das IQWiG ist wohl aber auf aus- reichend hohe Ergebnissicherheit fokussiert. Die Ergebnissicherheit einer Studie hängt nicht nur ab vom Design und von der Qualität der Durchführung, sondern auch von der Größe des Effekts. Kleine und schwankende Effekte, wie sie bei vielen Behandlungen leider normal sind, sind nur mit präzisen Instru-

menten gut zu sehen, die andere Einflussgrößen minimieren, in der Regel eben RCTs. Dramatische Effekte, wie zum Beispiel der von Insulin zur Behandlung von Typ-I- Diabetes, lassen sich sogar mit einer Fallserie aus wenigen Patienten ausreichend verlässlich belegen. Das IQWiG fordert bei der Arzneimittel- bewertung nur da RCTs, wo es keine Hinweise auf dramatische Effekte gibt. Es ist aber Element unserer Stellungnahmeverfahren, dass Literatur eingereicht werden kann, die solche Effekte nachvollziehbar belegt. Bislang wurden uns solche Studien bei der Bewertung von Arz- neimitteln aber noch nie vorgelegt.

Dr. rer. medic. Klaus Koch, Prof. Dr. med. Peter T. Sawicki, Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), Dillenburger Straße 27, 51105 Köln

Verlässliche Erkenntnisse notwendig

Die Verfasser verwechseln das, was an Erkenntnissen aus randomisierten Interventionsstudien (RCT) tatsäch- lich vorliegt (nämlich oft wenig), damit, was mit solchen Studien her- ausgefunden werden kann: nämlich Entscheidendes zu zentralen Nutzen- fragen. Solche Studien sind auch nicht, wie von den Autoren behaup- tet „reine Theorie“. RCTs mit realis- tisch breiter Patientenpopulation, relevanten Outcomes, Therapie- vergleichen und Zeithorizonten werden durchaus durchgeführt: oft jedoch erst mit jahre- oder jahr- zehntelanger Verzögerung und dann oft herstellerunabhängig. Solche Forschung kann dann unter Um- ständen aufdecken, dass bereits viele Patienten eben nicht die beste Therapie erhalten haben. So sieht die Kehrseite der im Beitrag formulierten Klage zum angeblichen Risiko einer

„möglicherweise zunehmenden falschnegativen Beurteilung“ aus:

ein möglicherweise gegebener Regelfall falschpositiver Einschät- zungen. Weshalb werden die Studien von Herstellern nicht frühzeitig durchgeführt? Man kann vermuten, dass nicht die angeblich untragbaren Kosten und die oft behauptete Un- durchführbarkeit das entscheidende Problem sind – sondern die Befürch-

tung, solche Studien würden nicht die „richtigen“ Resultate erbringen:

Die Unterschiede zu bestehenden therapeutischen Vorgehensweisen fallen nämlich oft geringer aus als zuvor angenommen, falls solche überhaupt vorhanden sind.

Grundsätzlich gilt übrigens, dass starke Wirkungen auch mit ver- gleichsweise geringem Aufwand nachweisbar sind. Wenn es also nicht möglich ist, mit akzeptablem Aufwand einen Zusatznutzen nachzuweisen, drängt sich die Frage auf, was dies über den jeweils behaupteten therapeutischen Fort- schritt aussagt.

In der Nutzenbewertung von Arz- neimitteln, aber auch von anderen medizinischen Technologien, wird man sich davon verabschieden, auf der Grundlage ungeeigneter Studien Entscheidungen unter hoher Un- sicherheit zu treffen. Vielmehr wird es notwendig sein, gerade solche Studien durchzuführen, die auch entscheidungsrelevante Ergebnisse liefern und damit über das im Rahmen der Zulassung lediglich geforderte vertretbare Wirksamkeits- Risiko-Verhältnis hinausgehen. In erster Linie sind hier die Hersteller gefordert. Dieser Forderung wurde, trotz vieler Gelegenheiten, bisher kaum entsprochen, wie auch Nutzenbewertungen des IQWiG offenlegen. Zusätzlich geht ein zentrales Argument der Verfasser, auch Ergebnisse aus nicht randomi- sierten Studien zu berücksichtigen, oft ins Leere, da auch andere akzep- table, vergleichende Studien nicht vorliegen.

Die durchaus akzeptable Ertrags- situation der Pharmabranche, ihre Möglichkeiten von öffentlich ge- förderter Grundlagenforschung zu profitieren, Preise festzusetzen und erhebliche Marketing-Aufwendun- gen zu finanzieren, spricht dafür, dass diese Anstrengungen zumutbar sind . . .

Dr. Axel Meeßen, Philipp Storz M. A. MPH,

Abteilung Medizin, GKV-Spitzenverband, Mittelstraße 51, 10117 Berlin

Internationaler Konsens

In ihrem Artikel zur Kosten-Nutzen- Bewertung suggerieren die Autoren,

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A1366 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 26⏐⏐26. Juni 2009

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dass das RCT-Design per se den Ver- sorgungsalltag nicht abbilden kann.

Gründe dafür seien die Besonderheiten der Behandler, die starke Selektion der Patientinnen und Patienten, das artifizielle Umfeld der Studie etc.

Das alles sind allerdings nicht defini- torische, zwingende Merkmale eines RCT. Nur der Vergleich zwischen verschiedenen Alternativen (das

„C“) und die zufällige Zuordnung der Studienteilnehmer zu einer der Gruppen (das „R“) sind die definito- rischen Kernelemente und machen die Stärke dieses Studiendesigns aus.

Die Selektionskriterien, das Setting, die Anwendung der Intervention etc.

können im Rahmen eines RCT so gewählt werden, dass die Studie den Versorgungsalltag möglichst nah abbildet. Weder das „R“ noch das

„C“ stehen dem im Wege.

Darüber hinaus plädieren die Auto- ren für „eine offene Risikodebatte“

über Surrogat- und Intermediärend- punkte. Gerade die von den Autoren selbst aufgeführten Beispiele zeigen jedoch, dass die Entscheidung darüber, ob ein solcher Endpunkt verwendet werden kann oder nicht, nur unter Berücksichtigung der spezifischen Indikation und der spe- zifischen Intervention im konkreten Fall erfolgen muss und nicht im Rahmen einer generellen Debatte.

Um zu einer Abschätzung der An- wendbarkeit eines Surrogats zu gelangen, die einen akzeptablen Grad an Sicherheit erreicht, sind zunächst RCTs mit relevanten di- rekten gesundheitlichen Endpunkten erforderlich. Dies ist – genauso wie die Position, dass eine adäquate Abwägung zwischen Nutzen und Schaden einer Intervention die Berücksichtigung direkter gesund- heitlicher Endpunkte erfordert – weitgehend internationaler Konsens.

Literatur bei den Verfassern

Marcial Velasco Garrido, Reinhard Busse, Management im Gesundheitswesen, Technische Universität Berlin, H80, Straße des 17. Juni 135, 10623 Berlin

Nicht randomisierte Evidenz sekundär

Die Autoren kritisieren es als

„Outcome-Purismus“, wenn gegen- wärtig in jedem Fall randomisierte kontrollierte klinische Studien

(RCTs) verlangt werden, um den Zusatznutzen eines neuen Medika- ments zu belegen. Als Argument hierfür werden die bekannten Gren- zen von RCTs angeführt. Sicherlich bieten Studien niedrigerer Evidenz- klassen oft wertvolle Zusatzinforma- tionen zur Bewertung einer Therapie.

Dennoch können nicht randomisierte Studien eben nur zusätzliche Infor- mationen liefern, nicht jedoch als eigentlicher Beleg für einen Thera- pienutzen verwendet werden. An- ders als von den Autoren dargestellt, gibt es aufgrund theoretischer Argu- mente und empirischer Hinweise kaum Zweifel daran, dass RCTs die höchste „Wahrheitsnähe“ besitzen.

Sofern aussagefähige RCTs zu einem Arzneimittel nicht vorhanden sind, muss daher im Regelfall die fehlende Evidenz für einen Zusatz- nutzen konstatiert werden und das Arzneimittel als nicht erstattungs- fähig abgelehnt werden. Im Bereich der Medikamente werden als seltene Ausnahmen von dieser Regel ledig- lich folgende Situationen diskutiert, in denen RCTs im Einzelfall unmög- lich sein können: akute Erkrankungen mit nicht einwilligungsfähigen

Patienten, offensichtliche dramatische Therapieeffekte, organisatorische Probleme bei komplexen Interven- tionen und sehr seltene Erkrankungen.

In der großen Mehrzahl der Fälle jedoch können und müssen Ärzte, Patienten und Krankenkassen allein auf den Nutzennachweis in RCTs vertrauen. Die forschende Arznei- mittelindustrie sollte dieses Grundkonzept der evidenzbasierten Medizin nicht unterwandern, sondern selber zukünftige RCTs so durchführen, dass sie auf versor- gungsrelevante Fragen praktisch verwertbare Antworten geben.

Hierzu müssen u. a. die Auswahl von Prüfzentren und Studienpatienten, die Therapie im Kontrollarm und die Wahl der Studienendpunkte enger an der klinischen Realität orientiert werden. Entsprechende Konzepte werden breit diskutiert, und es gibt daher keinen Grund, auf andere weniger valide Studien- designs auszuweichen.

PD Dr. med. Stefan Sauerland MPH, Institut für Forschung in der operativen Medizin (IFOM), Private Universität Witten/Herdecke gGmbH, Ostmerheimer Straße 200, 51109 Köln Für den Fachbereich Methodik des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin (DNEbM)

AUSWANDERER

Ein Arzt begründet, weshalb er nach Neuseeland gegan- gen ist (DÄ 21/2009:

„Offener Brief eines Auswanderers: Sehr geehrte Frau Minis- terin, ich gehe als Arzt nach Neuseeland“

von Christian Robold).

In Deutschland gebraucht

Während vor 15 Jahren ÄiP und Jungassistenten als Juniors nach England gingen, hat mittlerweile die Exoduswelle auch „etablierte“ Ärzte erfasst. Vielleicht fragt sich die zuständige Politik einmal, was hoch qualifizierte Menschen mit einem Beruf, der dringend gebraucht wird, in der Mitte des Lebens dazu bringt, als Expats irgendwo neu anzufangen.

Denn genau diese Menschen bräuchte Deutschland auch als

Elternvertreter, Lesepaten, in der Vereinsarbeit etc. pp. Da hilft auch die Freude über die neu gewonnenen österreichischen, polnischen etc.

Berufsanfänger, die nach Deutsch- land gehen, nichts.

Prim. Dr. Michael Ulrich Füssel,

Christian-Doppler-Klinik, Universitätsklinikum der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität, Ignaz-Harrer-Straße 79, A-5020 Salzburg

Auch Ärzte verschwenden Ressourcen

Wer veranlasst denn die vom Autor beklagte Kernspindiagnostik beim banalen Bluterguss am Po? Ist denn wirklich die Politik aufgerufen, diesen Unsinn zu stoppen? Und im selben Atemzug wird auf die über- bordende Bürokratie hingewiesen.

Zum „Mut zur Wahrheit“ (Hefttitel) gehört die Einsicht, dass auch Ärzte Ressourcen verschwenden.

Dr. Reinhard Weller,Beutauklinge 25, 73728 Esslingen

Referenzen

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