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Archiv "Chancen nutzen - Risiken vermeiden" (26.02.1987)

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I

DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT

KURZBERICHT Chancen

nutzen- Risiken vermeiden

Die Enquete-Kommission, ,Chan- cen und Risiken der Gentechno- logie" des Deutschen Bundesta- ges war nach entsprechenden Anträgen der Fraktionen der SPD und der Grünen vom Deut- schen Bundestag im Juni 1984 eingesetzt worden. Sachverstän- dige Kommissionsmitglieder waren unter anderem Mediziner (darunter Dr. P. Erwin Oden- bach, Geschäftsführender Arzt der Bundesärztekammer), Bio- chemiker, Juristen, Vertreter von Industrie und Gewerkschaf- ten sowie ein Moraltheologe.

Nach zweieinhalbjähriger Arbeit hat die Kommission ihren um- fangreichen Bericht vorgelegt.

G

rundsätzlich, so faßte der Vorsitzende der Kommis- sion, der SPD-Abgeordnete Wolf-Michael Catenhusen die Er- kenntnisse der Kommission zusam- men, müsse man an die Gentechno- logie , ,mit realistischen Erwartun- gen" herangehen. Auf absehbare Zeit werde die Gentechnologie weder nennenswerte Arbeitsmarkteffekte bewirken noch eine energischere Umweltpolitik oder die Verstärkung der Prävention und Gesundheitser- ziehung ersetzen können; sie werde auch die großen Probleme der Drit- ten Welt im Bereich Gesundheit und Ernährung nicht an sich lösen, son- dern nur Beiträge zu ihrer Lösung leisten können.

Wo immer möglich, will die Kommission auch im Bereich der Gentechnik die Freiheit der For- schung erhalten wissen. Gerade hier müsse die Forschung aber auch ei- nen von der Gesellschaft gesetzten Rahmen akzeptieren. In drei Teilbe- reichen schlägt die Kommission vor, der Gentechnologie förmlich , ,Schranken zu setzen'':

...,. Die Keimbahntherapie soll strafrechtlich verboten werden, weil

durch sie der Weg zur Menschen- züchtung eröffnet werden könnte.

Dagegen wird die somatische Gen- therapie als eine grundsätzlich ver- tretbare Therapieform angesehen;

.... Abgesehen von Forschungs- arbeiten, die direkt zur Wehrmedi- zin gehören, sollen gentechnische Forschungsprojekte nicht in militäri- schen Einrichtungen betrieben und nicht aus dem Verteidigungshaus- halt finanziert werden dürfen;

.... Die gezielte Freisetzung von Mikroorganismen, denen artfremde Gene eingeführt wurden, soll für fünf Jahre verboten werden. Erst wenn die ökologischen Risiken ab- geschätzt werden können, soll dieses Verbot gegebenenfalls wieder aufge- hoben werden. Die Freisetzung je- der Art von gezielt gezüchteten Mi- kroorganismen soll jedoch grund-

Bericht der

Enquete-Kommission , , Gentechnologie'' des Bundestages

sätzlich einem Genehmigungsver- fahren unterworfen werden.

Sehr eingehend hat sich die En- quete-Kommission mit der Genom- Analyse beschäftigt; dazu enthält der Bericht umfangreiche und de- taillierte Empfehlungen an den Bun- destag, die Regierungen von Bund und Ländern und an die ärztlichen Standesorganisationen. Die heute geltenden Prinzipien der geneti- schen Beratung von Eltern und der pränatalen Diagnostik sollen auch in Zukunft angewendet werden, wobei jedoch sicherzustellen sei, daß die pränatale Diagnostik in Verbindung mit einem möglichen Schwanger- schaftsabbruch nicht dazu miß- braucht werden kann, Kinder nach erwünschten oder unerwünschten genetischen Eigenschaften , ,auszu- wählen". Auf den notwendigen Da- tenschutz - auch im Interesse des Kindes - wird dabei ausdrücklich hingewiesen. Ein Screening von Neugeborenen nach behandelbaren Erbkrankheiten ist in der Ansicht A-478 (28) Dt. Ärztebl. 84, Heft 9, 26. Februar 1987

der Kommission eine wertvolle Er- weiterung des Instrumentariums präventiver Gesundheitspolitik; ein Screening nach unbehandelbaren Krankheiten lehnt sie jedoch ab.

Grundsätzlich abgelehnt wird die generelle Anwendung der Ge- nom-Analyse in Reihenuntersu- chungen an Arbeitnehmern. Geneti- sche Analysen an Arbeitnehmern werden befürwortet nur im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge und nur dann, wenn erkennbare Ge- fahren ihres Mißbrauchs und dro- hende Fehlentwicklungen im System des Arbeitsschutzes und der Sozial- versicherung sicher durch rechtsver- bindliche Vorschriften abgewehrt werden können. Auch hierzu enthält der Bericht zahlreiche detaillierte Empfehlungen.

Bei der Vorlage des Berichts er- klärte der Kommissionsvorsitzende Catenhusen ausdrücklich, man habe viele Kompromisse schließen müs- sen: Kein Kommissionsmitglied ha- be-bis auf die Vertreterinder Frak- tion "Die Grünen"-die Arbeit oh- ne Veränderung des eigenen Stand- punktes beendet.

Dies war ein Hinweis darauf, daß die Grünen als einzige ein Min- derheitenvotum abgaben. Die Kom- mission, so die Grünen, sei nicht be- reit gewesen, eine wirklich breite öf- fentliche Debatte über die Gentech- nologie zu führen, zu der gehört ha- ben würde, daß man einen Verzicht auf die Einführung der Gentechno- logie mit in die Überlegungen einbe- zieht. Die Kommission sei statt des- sen stillschweigend von einer Zuläs- sigkeit der Gentechnik ausgegan- gen. Gentechnische Produkte wür- den auch nicht dazu führen, daß sich die Rahmenbedingungen im Ge- sundheitswesen verändern, das heißt die ökonomischen und sozialen Be- dingungen, unter denen - nach An- sicht der Grünen - die Anwendung bereits vorhandener Therapien, Arzneimittel oder Impfstoffe verhin- dert wird.

Alle anderen Bundestagsfrak- tionen begrüßten ausdrücklich die gründliche Arbeit der Enquete- Kommission, deren Empfehlungen nunmehr zur Grundlage der notwen- digen gesetzgeberischen Maßnah- men gemacht werden müßten. gb

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