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Archiv "Kirchenwort zur pränatalen Diagnostik: Entschieden gegen eugenische Tendenzen" (30.05.1997)

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ei pränatal diagnostiziertem Down-Syndrom wird in mehr als 90 Prozent der Fälle ein Schwangerschaftsabbruch vorgenommen. Darauf wies der Vor- sitzende der Deutschen Bischofskon- ferenz, Bischof Dr. Karl Lehmann, Mitte Mai vor Journalisten in Bonn hin. Eine Umfrage unter Humange- netikern habe ergeben, daß bereits 18 Prozent das Geschlecht des Kindes als einen Grund für eine Abtreibung an- sehen. Die Frage, ob sie selbst eine Abtreibung vornehmen lassen wür- den, wenn ihr eigenes ungeborenes Kind eine schwere Spina bifida auf- weise, hätten 90 Prozent der Human- genetiker bejaht. Diese Beispiele be- legten, so Lehmann, „daß anschei- nend eine latente Bereitschaft zu prä- nataler Selektion durch Abtreibung sowohl in der Durchschnittsbevölke- rung als auch bei einer wachsenden Zahl von Fachvertretern besteht“.

Auf diese Entwicklung aufmerk- sam zu machen und ihr entschieden entgegenzusteuern sei Aufgabe der Kirchen, betonte auch der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirchen in Deutschland (EKD), Landesbischof Dr. Klaus Engelhardt: „Wenn Men- schen nicht mehr Geschöpf sein wol- len, sondern sich selbst zum Schöpfer machen, dann überschreiten sie die ih- nen als Geschöpf gesetzten Grenzen.“

Grundsätzlich wird von beiden Kirchenvertretern in der anläßlich der „Woche für das Leben“ gemein-

sam herausgegebenen Schrift die prä- natale Diagnostik begrüßt. In vielen Fällen diene sie den Lebens- und Ge- sundheitsinteressen des Ungebore- nen und verbessere seine Chancen:

Die pränatale Diagnostik „kann den

Entschluß zu einem Kind auch in Fäl- len einer Risikoschwangerschaft er- leichtern; in rund 97 Prozent der Fälle können die Eltern von einer monate- langen Angst befreit werden, ein Kind mit einer Chromosomenstörung zu bekommen“. Es könne außerdem verhindert werden, daß Schwanger- schaften aufgrund bloß befürchteter Schädigungen abgebrochen werden.

Den Chancen der pränatalen Diagnostik stünden jedoch auch zahl- reiche Risiken gegenüber, befürchten die Kirchen in ihrem „Gemeinsamen Wort“. So könne „bei einer unkon- trollierten Verbreitung pränataler Diagnostik und ihrer routinemäßigen Nutzung nicht ausgeschlossen wer- den, daß sich die Bewertung von Krankheit und Behinderung sowie das Verständnis von ,Normalität‘ ver- ändern und sich schleichend eine Dis- kriminierung von Menschen mit be- stimmten genetischen Merkmalen durchsetzt“, heißt es in dem Kirchen- papier. Es werden deshalb mehrere Grundsätze für einen verantwor- tungsbewußten Umgang mit pränata- ler Diagnostik formuliert:

1 Verbrauchende Forschung an Embryonen ist nicht zu rechtfertigen.

1 Eine wertorientierte Bera- tung kann und soll die Entscheidungs- fähigkeit der Ratsuchenden verbes- sern.

1 Das Zusammenleben mit Be- hinderten oder kranken Menschen gehört auch künftig zur gesellschaftli- chen Wirklichkeit. Deshalb müssen Hilfen für Behinderte auch künftig von der Solidargemeinschaft getragen werden. „Eugenischen Tendenzen ist entschieden und nachdrücklich zu wi- dersprechen und zu widerstehen.“

1 Bei der prädiktiven Diagno- stik ist die Wahrung folgender Prinzi- pien ausschlaggebend: die Freiwillig- keit der Inanspruchnahme, das Recht auf Nichtwissen der eigenen geneti- schen Ausstattung und damit auch das Recht auf Selbstbestimmung, wel- che genetischen Daten über einen selbst erhoben werden. Unerläßlich ist die Wahrung der Vertraulichkeit der Diagnosen.

In einem Anhang des „Gemein- samen Wortes“ gehen die Kirchen auf die Präimplantationsdiagnostik ein, die in Deutschland gegen das Em- bryonenschutzgesetz verstößt. „Das selektive Vorgehen ist bereits bei der Anwendung der pränatalen Diagno- stik fragwürdig. Es verschärft sich noch einmal bei der Anwendung der Präimplantationsdiagnostik, die al- lein auf die Selektion von menschli- chem Leben ausgerichtet ist“, geben die Kirchen zu bedenken. Sie fordern eine rechtliche Regelung dieses Be- reiches. Gisela Klinkhammer A-1485 Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 22, 30. Mai 1997 (33)

T H E M E N D E R Z E I T BERICHTE

Kirchenwort zur pränatalen Diagnostik

Entschieden gegen

eugenische Tendenzen

Die beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland beobachten mit Sorge, daß

die überwiegende Zahl ungeborener Kinder, bei denen erbbedingte Erkrankun-

gen oder Behinderungen festgestellt werden, abgetrieben wird. Auf der anderen

Seite begrüßen sie es, daß die Medizin heute in der Lage ist, Erbschädigungen,

Krankheiten oder Behinderungen nicht nur zu diagnostizieren, sondern auch zu

therapieren. In der Schrift „Wieviel Wissen tut uns gut? Chancen und Risiken der

voraussagenden Medizin“ stellen die Kirchen unter anderem Kriterien für einen

verantwortungsbewußten Umgang mit pränataler Diagnostik aus ihrer Sicht auf.

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