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Untersuchungen zur Effizienz zahnmedizinischer Prophylaxemaßnahmen in Indien

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Academic year: 2022

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Untersuchungen zur Effizienz

zahnmedizinischer Prophylaxemaßnahmen in Indien

Dissertation

zur Erlangung des Doktorgrades der Zahnheilkunde in der Medizinischen Hochschule Hannover

vorgelegt von Birte Berding aus Salzgitter

Hannover 2007

(2)

Angenommen vom Senat der Medizinischen Hochschule Hannover am 16.04.2008

Gedruckt mit Genehmigung der Medizinischen Hochschule Hannover

Präsident: Prof. Dr. Dieter Bitter-Suermann

Betreuer: PD Dr. med. dent. Thomas Schwarze

Referent: Prof. Dr. med. dent. Harald Tschernitschek Korreferent: Prof. Dr. med. Dr. med. dent. André Eckardt Tag der mündlichen Prüfung: 16.04.2008

Promotionsausschussmitglieder: Prof. Dr. Rainer Schwestka-Polly Prof. Dr. Dr. Hans-Albert Merten Prof. Dr. Theresia Kraft

(3)

Diese Dissertation ist in Dankbarkeit meiner Familie gewidmet.

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1. INHALTSVERZEICHNIS

2. Einleitung und Fragestellung ... 5

3. Land und Leute ...7

3.1 Land, Bevölkerung, Kultur ... 7

3.2 Struktur und Dynamik ... 10

3.2 Zahnmedizinische Versorgung... 14

3.3 Ausbildung und Tätigkeit indischer Zahnärzte ... 15

4. Literaturübersicht... 17

4.1 Prophylaxe der Erkrankungen der Zahnhartsubstanz und des Zahnhalteapparats ... 17

4.1.1 Ätiologie der Karies und der Parodontopathien………... 17

4.1.2 Prophylaxemaßnahmen allgemein ... 18

4.1.3 Mundgesundheit und Mundgesundheitsprogramme in Industrieländern ... 22

4.1.4 Mundgesundheit und Mundgesundheitsprogramme in Entwicklungsländern ... 23

4.2 Die Entwicklung der Prophylaxemittel ... 26

4.2.1 Die Zahnbürste ... 26

4.2.2 Das Zahnholz ... 27

4.2.3 Der Neembaum (Azadirachta indica)... 31

5. Material und Methode ... 35

5.1 Materialien und Geräte ... 35

5.1.1 Kalibrierung/Durchführung ... 35

5.1.2 Hilfsmittel für den Versuchsaufbau ... 36

5.2 Untersuchungsvorgehen ... 36

5.3 Untersuchungskalibrierung ... 37

5.4 Vorbereitungen zur Studie ... 37

5.5 Bevölkerungsbefragung ... 38

5.6 Auswahl der Probanden ... 39

5.7 Die zahnmedizinische Untersuchung ... 40

5.7.1 Übersicht über die klinische Untersuchung ... 40

5.7.2 Zahnreinigungsmethoden ... 43

5.7.3 Befundbogen... 44

5.7.4 Klinische Parameter – Indices der zahnmedizinischen Untersuchung ... 45

5.8 Trinkwasseranalyse ... 49

5.9 Auswertung ... 50

6. Ergebnisse ... 51

6.1 Ergebnisse der Befragung ... 51

6.1.1 Allgemein ... 51

6.1.2 Mundhygienegewohnheiten ... 52

6.1.3 Ernährung ... 59

(5)

6.2 Ergebnisse der klinischen Untersuchung ... 61

6.2.1 Ergebnisse der Befragung der Probanden ... 61

6.2.1.1 Allgemein ... 61

6.2.1.2 Mundhygienegewohnheiten... 62

6.2.1.3 Ernährung... 65

6.2.2 Allgemeine klinische Ergebnisse ... 65

6.2.2.1 Sanierungsgrad... 65

6.2.2.2 DMF-T und DMF-S... 66

6.2.2.3 Plaque-control-report (PCR) ... 68

6.2.2.4 Approximalraum-Plaque-Index (API) ... 69

6.2.2.5 Sulcusblutungsindex (SBI)... 71

6.2.2.6 Papillenblutungsindex (PBI) ... 73

6.2.2.7 CPITN ... 76

6.2.3 Klinische Ergebnisse in Betracht auf die Unterteilung des Gebisses ... 78

6.2.3.1 Plaque-control-report (PCR)... 78

6.2.3.2 Approximalraum-Plaque-Index (API) ... 83

6.2.3.3 Sulcusblutungsindex (SBI) ... 85

6.2.3.4 Papillenblutungsindex (PBI) ... 89

7. Diskussion ...92

7.1 Diskussion der Ergebnisse der Befragung ... 92

7.1.1 Allgemein ... 92

7.1.2 Mundhygienegewohnheiten... 92

7.1.3 Ernährung... 97

7.2 Diskussion der Ergebnisse der klinischen Untersuchung ... 99

7.2.1 Diskussion der allgemein klinischen Ergebnisse ... 99

7.2.2 Diskussion der klinischen Ergebnisse in Betracht auf die Unterteilung des Gebisses107 7.3 Diskussion der Methode ... 112

8. Schlussfolgerung und Konsequenzen ...121

9. Zusammenfassung ...125

10. Literaturverzeichnis ...126

11. Anhang 1 (Ethikkommission) ...147

12. Anhang 2 (Probandeninformation)...148

13. Anhang 3 (Einverständniserklärung der Probanden)...149

14. Anhang 4 (Fragebogen) ...150

15. Anhang 5 (Befundbogen) ...152

16. Anhang 6 (Probandenbeispiele) ...153

17. Verzeichnis der verwendeten Abbildungen und Tabellen...159

18. Lebenslauf ...162

19. Danksagung ... 163

(6)

2. Einleitung und Fragestellung

Die zahnmedizinische Prophylaxe beziehungsweise Prävention ist neben der Behandlung von Karies und Parodontalerkrankungen ein wichtiger Bestandteil der modernen Zahnmedizin und dient dem langfristigen Erfolg von konservierenden oder prothetischen Behandlungen. Karies und Parodontopathien gehören in den

industrialisierten Ländern und in den Entwicklungsländern zu den am häufigsten vorkommenden Erkrankungen. Als Ursachen für den Anstieg der Erkrankungen der Zahnhartsubstanz und des Zahnhalteapparats in den Entwicklungsländern werden zivilisatorische Einflüsse, insbesondere durch erhöhten Zuckerkonsum bei

gleichzeitig mangelnder zahnmedizinischer Versorgung gesehen.

In Indien überschritt die Zahl der Bevölkerung im Jahr 2000 die Milliardengrenze, die Bevölkerung wächst pro Sekunde um rund sechs Einwohner. Demzufolge ist es für zahnmedizinisches Personal schwierig und in ländlichen Gebieten geradezu unmöglich, den Großteil der indischen Bevölkerung zu erreichen. Vom indischen Staat durchgeführte Maßnahmen, die Prophylaxe und Prävention von Zahnkaries und Parodontalerkrankungen in Form von Gesundheitszentren zu unterstützen und zu verbessern, lieferten noch keinen nennenswerten Erfolg, da medizinisches Personal, technische Ausstattung und Material fehlen.

Um Erkrankungen der Zahnhartsubstanz und des Zahnhalteapparates vorzubeugen, bedarf es einer gründlichen und systematischen Prophylaxe. Die Zahnbürste ist das bei uns bekannteste und weit verbreitete Hilfsmittel zur Prävention durch

mechanische Plaqueentfernung (Lehmann, Hellwig (1993)). In Afrika und Asien wird als Alternative zur Zahnbürste das Zahnholz verwendet. Diese in Indien Datun genannte traditionelle Reinigungsmethode wird in ländlichen genauso wie in Stadtgebieten verwendet. Die bei uns bekannte Zahnbürste ist in Indien verbreitet, aber gerade in ländlichen Gebieten ist der Zugang zu solchen Mundhygienemitteln erschwert. Zudem stellt der Erwerb einer Zahnbürste für den Großteil der indischen Bevölkerung eine erhebliche finanzielle Belastung dar. Meist wird eine Zahnbürste für ein ganzes Leben angeschafft und mit den anderen Familienmitgliedern geteilt.

Diverse Studien setzten sich mit dem Zahnholz auseinander und zeigten auf, dass das Neemholz bei der Plaqueentfernung genauso effizient wie die Zahnbürste sein kann. Die Wirksamkeit wird erklärt durch den kombinierten Effekt der mechanischen Reinigung mit der durch pflanzliche Wirkstoffe geförderten Salivation. Es wurde zudem angenommen, dass antimikrobielle Substanzen, die natürlicherweise die

(7)

Pflanze gegen verschiedene eindringende Mikroorganismen oder Parasiten

schützen, sich ebenfalls für die Mundhöhle eignen, um den Patienten vor kariogenen und parodontalpathogenen Keimen zu schützen (Wu et al. (2001)). Diverse Studien setzten sich mit der Verwendung des Zahnholzes zur Parodontalprophylaxe

auseinander und bezeichnen es als gleichwertige Alternative zur Zahnbürste (Olsson (1978), Sote (1987), Gazi (1990), Ndung`u et al. (1990), Terheyden (1990), van Palenstein et al. (1992), Aderinokun et al. (1999), al Otaibi (2000), al Hakim (2003)).

Ziel der Untersuchung war es, traditionelle Zahnpflegemethoden, wie sie in Indien praktiziert werden, hinsichtlich ihrer Effizienz mit modernen Karies- und

Parodontalprophylaxemethoden zu vergleichen.

In einer Befragung unter 513 freiwilligen Personen soll zunächst herausgearbeitet werden, welche Prophylaxemaßnahmen und welches Prophylaxebewusstsein bei der Bevölkerung in dem Dorf Padhar bestehen. In einer klinischen Studie soll dann ein Vergleich zwischen den dort gebräuchlichen Methoden der Zahnreinigung, insbesondere der Zahnbürste als moderne Variante und dem Datun als traditionelle Methode gezogen werden.

Ergeben sich Unterschiede bei der Messung ausgewählter Indizes nach einer Reinigungsphase von fünf Wochen zwischen der traditionellen

Zahnreinigungsmethode in Form des Datun und der konventionellen Zahnbürste?

Kann unter den örtlichen Gegebenheiten auch die traditionelle Methode immer noch als geeignetes Hilfsmittel zur Prophylaxe der Zahnkaries und der Parodontitis empfohlen werden?

(8)

3. Land und Leute

3.1 Land, Bevölkerung, Kultur

Indien ist mit einer Fläche von knapp 3.287.263 Quadratkilometern geographisch der siebtgrößte Flächenstaat der Erde und der bei weitem größte Staat der südasia- tischen Region (Abbildung 3.1). Seine Fläche übertrifft die der Europäischen Union um über ein Drittel. Indien ist nach China das bevölkerungsreichste Land der Erde mit circa 1.065.070.607 Einwohnerinnen und Einwohnern (The World Factbook (2004)). Es ist auch eines der am dichtest besiedelten Länder mit circa 312 Menschen pro Quadratkilometer, wobei diese Dichte regional stark schwankt

(Statistisches Bundesamt (2001)). Das Bevölkerungswachstum ist allerdings deutlich zurückgefallen und liegt heute bei einem für den Entwicklungsstand niedrigen Wert von 1,4 Prozent pro Jahr. Indien ist im Wesentlichen durch dörfliche Strukturen geprägt, der Anteil der in Städten lebenden Menschen lag nach dem Zensus von 2001 bei nur 28 Prozent (Census of India (2001)). Die anderswo beobachtbare Landflucht ist nur wenig ausgeprägt, dennoch ist Indien das Land mit der größten Zahl von Megastädten wie etwa Mumbai/Bombay, Kalkutta, Neu-Delhi oder Madras.

Indien ist eine parlamentarische, bundesstaatliche Republik. Sie gliedert sich in 28 Bundesstaaten und sieben Unionsterritorien (darunter die Hauptstadt Neu-Delhi) sehr unterschiedlicher Größe und Bevölkerung, aber auch von unterschiedlichem sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungsstand. Der reichste Unionsstaat (Panjab) übertrifft den Ärmsten (Bihar) im Pro-Kopf-Einkommen um über das Dreifache, der Analphabetismus lag 2001 zwischen 10 Prozent (Kerala) und 46 Prozent

(Jharkhand) (Census of India (2001)). Der Analphabetismus innerhalb der Gesamtbevölkerung liegt bei 40,5 Prozent. Nur 48,3 Prozent der Frauen können lesen und schreiben, wohin gegen es bei den Männern 70,2 Prozent sind (The World Factbook (2003)).

Wirtschaftlich zählt Indien mit einem Pro-Kopf-Einkommen von 460 USD zur Gruppe der armen Länder (Deutschland circa 25.050 USD, Stand:2001-2002), hinsichtlich der Beschäftigung ist es noch überwiegend landwirtschaftlich geprägt. Durch den Strukturwandel ist seit der Unabhängigkeit das gesamtwirtschaftliche Gewicht des Agrarsektors (29 Prozent des Bruttoinlandsprodukts) erheblich zugunsten der Industrie und besonders der Dienstleistungen zurückgegangen. Trotz eines

(9)

insgesamt niedrigen Entwicklungsstandes verfügt Indien über den achtgrößten Industriesektor weltweit mit einer für ein Entwicklungsland nahezu unerreichten Produktionsbreite. Das Wirtschaftswachstum Indiens war bis Mitte der achtziger Jahre unspektakulär (3,5 Prozent pro Jahr), hat aber seither deutlich angezogen.

Drei Viertel der Bevölkerung sprechen eine der indo-arischen Sprachen, die hauptsächlich in der nördlichen Landeshälfte gesprochen werden. Das dazu gehörende Hindi, die wichtigste Sprache Nordindiens und einzige offizielle Sprache der Union, wird von etwa einem Drittel der Bevölkerung gesprochen. Ein weiteres Viertel der Bevölkerung spricht eine der dravidischen, südindischen Sprachen. Die Verfassung erkennt Englisch als assoziierte Sprache auf zentraler Ebene und 14 offizielle Regionalsprachen an, die zusammen von 90 Prozent aller Inder gesprochen werden. Die Angaben über die Anzahl der verwendeten Sprachen variieren zwischen 845 und 1652 Sprachen und Dialekten, wodurch sich die für Indien so

charakteristische Sprachenvielfalt darstellt (Alle Länder dieser Erde (2001)).

Auch die religiöse Vielfalt auf dem Subkontinent ist beachtlich: Zwar waren nach dem Zensus von 1991 circa 82 Prozent der Bevölkerung Hindus, Indien zählt aber

gleichzeitig zu den Staaten mit der größten muslimischen Bevölkerung (zwölf Prozent der Bevölkerung, dies entspricht rund 120 Millionen Einwohnern). Darüber hinaus ist das Land die Heimat weiterer Religionen, die als Gegenbewegung zum Hinduismus (Buddhismus, Jainismus) oder als Reaktion auf das Eindringen des Islam (Sikhismus) entstanden sind.

Kasten, in die man hineingeboren wird, sind integraler Bestandteil der Religion und regeln die gesellschaftliche Rangordnung und den Verkehr untereinander. Sie umfassen die vier Großkasten der Brahmanen (Priester), Kshatriyas (Krieger), Vaishyas (Handel und Viehzucht) und Shudras (Arbeiter und Bauern). Die Unterkasten gehen in die Tausende, wobei sich regional höchst unterschiedliche Muster entwickelt haben. Am bekanntesten sind die außerhalb des Kastensystems stehenden so genannten "Unberührbaren", zu denen 15 Prozent der Hindu-

Bevölkerung zählen und die höheren, brahmanischen Kasten (5,5 Prozent), weniger jedoch die niederen Kasten, zu denen die Masse der Hindu-Bevölkerung gehört (44 Prozent). Außerdem gibt es noch die zu den Hindus zählende

Stammesbevölkerung (7,5 Prozent), die Nachfahren der Ureinwohner (Bundeszentrale für politische Bildung).

(10)

Abb. 3.1: Übersicht Indien (Diercke Weltatlas (1988))

(11)

3.2 Struktur und Dynamik

Offiziell wurde am 11. Mai 2000 die Milliardengrenze der Einwohnerzahl Indiens überschritten (Tabelle 3.2). Somit leben auf 2,4 Prozent der gesamten Fläche der Erde, die das Land einnimmt, 16 Prozent der Weltbevölkerung, etwa jeder sechste Erdenbewohner ist ein Inder. Mehr als 400 Millionen Menschen davon fristen ihr Leben unterhalb der von der UNO festgelegten Armutsgrenze.

Das Wachstum der indischen Bevölkerung

Jahr Bevölkerung Bevölkerungsdichte

(Einwohner/qkm) Anteil städtischer Bevölkerung

1901 238 Mio. 75 10,8%

1911 252 Mio. 80 10,2%

1921 251 Mio. 79 11,2%

1931 278 Mio. 88 12,0%

1941 318 Mio. 100 13,9%

1951 361 Mio. 117 17,3%

1961 439 Mio. 142 18,0%

1971 548 Mio. 177 19,9%

1981 683 Mio. 216 23,3%

1991 846 Mio. 267 25,7%

2001 1.027 Mio. 324 k.A.

Tab.3.2: Das Wachstum der indischen Bevölkerung (Census of India (2001))

(12)

In den 1950er Jahren entstanden die ersten Programme seitens der Regierung, die unter anderem die Einführung von Verhütungsmitteln beinhalteten. Die Regierung erhoffte sich ähnlich positive Effekte der Industrialisierung und verbesserte

Lebensverhältnisse wie in anderen Entwicklungsländern. Die Sterberate ist wegen der durchschnittlich höheren Lebenserwartung mit 63,99 Jahren erheblich gesunken, jedoch nicht die Anzahl der Geburten mit 2,85 Kindern pro Frau, welche in etwa gleich blieb (The World Factbook (2004)). Im Gegensatz zu den westlichen Industrieländern, die im 18. und 19. Jahrhundert eine ähnliche Entwicklung

durchmachten, pendelte sich in Indien das Verhältnis von Geburten und Todesfällen bisher nicht ein und somit wächst die Bevölkerung ständig weiter.

In den 1960er Jahren entwickelte die Regierung Pläne zur Senkung des Bevölkerungswachstums, erzielte jedoch keine wesentlichen Erfolge.

Familienplanungsgesetze seitens der indischen Regierung umfassten bereits 1972 die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruches, das Heiratsalter des Mannes wurde auf 21 Jahre, das der Frau auf 18 Jahre heraufgesetzt. Verboten wurden auch die arrangierte Ehe und die Zahlung eines Brautpreises, obwohl diese Maßnahmen gerade in ländlichen Gebieten nach wie vor nicht beachtet werden. Gründe für den Misserfolg von Familienplanungsgesetzen sind unter anderem die Ablehnung der Bevölkerung von sogar kostenlos angebotenen Verhütungsmitteln. Nach

Untersuchungen der New Delhi Operation Research Group bekommen viele Paare so lange Kinder, bis sie zwei Söhne haben. Erst dann willigen einige in eine Sterilisation ein.

Das Problem des Bildungswesens Indiens besteht darin, dass es keine Schulpflicht gibt. Obwohl der Schulbesuch kostenlos ist, wird dieser von der ländlichen Bevöl- kerung kaum in Anspruch genommen. Wenn überhaupt wird nur die Grundschule besucht. In einem ländlichen Familienbetrieb wird jede Arbeitskraft benötigt, so dass für die Schule oft keine Zeit bleibt. Bis heute gibt es für den Großteil der indischen Bevölkerung keine Altersversorgung, so dass eine große Anzahl von Nachkommen nach wie vor den sichersten Altersschutz darzustellen scheint (Abbildung 3.3).

(13)

Abb.3.3 : Kinderarbeit

Die indische Regierung führt zur Beseitigung des Bildungsmissstandes zwar ein Alphabetisierungsprogramm durch, welches aber nur geringe Erfolge erzielt. Die schlechte Bildungssituation ist im Gesundheitssektor besonders ausschlaggebend.

Dabei stellt vor allem die Bildung der Frauen einen wichtigen Faktor in der

Familienplanung dar. Die Auswertung der Daten der Volkszählung ergab, dass die Kindersterblichkeit bei Müttern mit Schulbildung wesentlich geringer war. Eine Investition in die Bildung, vor allem in die der Frauen, bedeutet aber nicht nur den Rückgang der Kindersterblichkeit, sondern letztendlich auch der Geburtenrate (Abbildung 3.4).

(14)

Abb.3.4 : Schülerinnen in Padhar

Ein weiteres Problem besteht darin, dass Indien zwar ein Staat ist, aber es sich dabei nicht um ein einheitliches Staatengebilde handelt. Die Vielzahl an ethnischen

Gruppierungen und die unvollkommene Beseitigung des Kastensystems scheinen kausal einwirkend. Die Divergenz der Staaten besteht in der Religion

beziehungsweise Stammesabstammung und somit auch in der Kultur, was sich zusätzlich an der großen sprachlichen Vielfalt zu erkennen gibt.

(15)

3.3 Zahnmedizinische Versorgung

80 Prozent der Kinder und 60 Prozent der Erwachsenen haben Karies, 90 Prozent der Erwachsenen über 30 Jahre leidet an Parodontopathien. Zudem sind 35 Prozent aller auftretenden Tumore im Körper Tumore der Mundhöhle (Lal et al. (2004)). Nach einer Untersuchung von Shah kamen im Jahr 2001 27.000 Einwohner auf einen Zahnarzt in städtischen Gebieten, in ländlichen sind es sogar 300.000 Einwohner pro Zahnarzt. Dazu im Vergleich Deutschland: Hier kamen statistisch gesehen 2002 in den alten Bundesländern 1.294 Einwohner auf einen Zahnarzt. In den neuen Bundesländern beträgt das Verhältnis 1.215 Einwohner pro Zahnarzt (Statistisches Bundesamt (2002)).

72 Prozent der indischen Bevölkerung lebt in ländlichen Regionen; nur 10 Prozent der indischen Ärzte sind für 72 Prozent der Landbevölkerung verfügbar.

Die indische Regierung versucht seit Jahren, die Infrastruktur der

Gesundheitseinrichtungen zu verbessern. Diesen Bemühungen folgten allerdings kaum Effekte. Zwar versorgte man die Gebiete mit Gesundheitszentren, hier fehlen jedoch ausgebildete Fachkräfte in der Zahnheilkunde sowie Instrumente und Materialien. Dabei sollte beachtet werden, dass die Kosten für die

Prophylaxeprogramme sehr viel niedriger im Vergleich zu den Kosten einer

zahnärztlichen Therapie liegen. Von dem Pro- Kopf Einkommen (GDP) werden 5,2 Prozent für die Gesundheit ausgegeben, davon werden 17 Prozent von öffentlichen Gesundheitsträgern übernommen, die restlichen 83 Prozent müssen aus eigener Tasche bezahlt werden. Es gibt bereits Überlegungen zur Einführung von

Krankenversicherungen, mit denen auch zahnärztliche Behandlungen abgedeckt werden sollen. Seit 1995 bearbeiten verschiedene Arbeitsgruppen das Problem in Form eines National Oral Health Care Programms zur Verbesserung der Situation mit Thesen und Zielen in den drei Bereichen Bildung, Prävention und Kuration. Das eigentliche Problem besteht jedoch darin, die vorhandenen Informationen in jeder Kommune und bei jeder Familie Indiens in die Praxis umzusetzen. Es bestehen Überlegungen, diese Zielgruppen über Massenmedien wie Fernsehen, Radio und Zeitung zu erreichen. Zusätzlich sollte spezielles Personal geschult werden, um vor Ort die Bevölkerung zu unterrichten. Prophylaktische Maßnahmen sollen von geschulten Lehrern regelmäßig in den Schulen durchgeführt werden, dort sollen auch spezielle Bücher in Englisch und der lokalen Sprache in den Schulen zur Unterstützung der Prophylaxemaßnahmen eingeführt werden. Leider hat von 1996

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bis 2003 keine Veränderung im oralen Gesundheitssektor stattgefunden (Lal et al.

(2004)).

3.4 Ausbildung und Tätigkeit indischer Zahnärzte

Um in Indien als Zahnarzt tätig zu werden, benötigt man mindestens den Grad des Bachelor in der zahnmedizinischen Wissenschaft (BDS). Diesen erreicht man durch ein 4- jähriges Studium an einer staatlichen oder privaten zahnmedizinischen Hochschule. Vor Antritt des Studiums muss der zahnmedizinische Anwärter eine Pre-Medical/Pre-Dental Eingangsprüfung absolvieren. Die Zuweisung an eine

bestimmte Hochschule erfolgt nach Grad des Ergebnisses der Eingangsprüfung. Das BDS Universitätsprogramm ist ein 4-Jahres-Kursus, der in 4 Teile zu je 1 Jahr Dauer eingeteilt wird. Themen wie grundlegende Anatomie, Physiologie, Biochemie,

Pharmakologie und Mikrobiologie, inklusive praktischer Kurse zu den einzelnen Gebieten, werden in den ersten zwei Jahren gelehrt. Klinische Fächer und klinisches Training erfolgen in den letzten zwei Jahren. Es folgt ein Jahr Assistenzzeit zumeist an einer Hochschule, wobei alle Abteilungen durchlaufen werden (Internship).

Anschließend kann eine zweijährige Spezialisierung in den Fächern Orthodontie, Periodontics, Endodontics, Prosthodontics, Oral and Maxillofacial Surgery,

pädiatrische Zahnheilkunde oder Oral Pathology erfolgen, um den Stand eines MDS, Meister der zahnmedizinischen Wissenschaft, zu erlangen. Es existieren in Indien 122 Hochschulen, an denen Zahnmedizin gelehrt wird, jährlich verlassen 5600 junge Zahnärzte diese Institute (Zillen, Mindak (2000)). Das erste Dental College wurde in Kalkutta von Dr. R. Ahmed, dem Vater der modernen Zahnmedizin in Indien, im Jahr 1928 gegründet (Barthold et al. (2000)).

Das Arbeitsfeld eines Zahnarztes befindet sich entweder in einem staatlichen Krankenhaus, wo pro Monat etwa 6000 Rupien (100 Euro) verdient werden können oder in einem privaten Krankenhaus, wo etwa 3500 bis 4000 Rupien (58-67 Euro) pro Monat bezahlt werden. Spezialisierte Zahnärzte können mit einem Anfangsgehalt von 7000 Rupien (117 Euro) pro Monat rechnen. In einer eigenen Praxis kann ein gut eingerichteter Zahnarzt zwischen 20000 und 100000 Rupien (335-1.677 Euro) pro Monat erwirtschaften (Zahnmedizinischer Rat von Indien (2003)).

Nur 20 Prozent der indischen Bevölkerung wird von niedergelassenen Zahnärzten betreut, rund 80 Prozent lassen sich von so genannten Straßenzahnärzten

behandeln (Abbildung 3.5). Besonders in den Zentren und Basaren der ständig

(17)

wachsenden Städte findet man Amateurzahnärzte, die ihre Instrumente sowie zahntechnische Materialien und extrahierte Zähne auf Decken zur Schau stellen. Ein Teil dieser Zahnärzte hat eine Ausbildung durchlaufen oder in Zahnarztpraxen assistiert, einige haben als Techniker in der Zahnersatzherstellung gearbeitet.

Vielfach wird das Handwerk zusammen mit den Instrumenten vom Vater an den Sohn vererbt. Der Service solcher Straßenzahnärzte reicht von der Extraktion erkrankter Zähne über prothetische Wiederherstellung bis hin zu einfachen Amalgamfüllungen, wobei alle Regeln der Hygiene ignoriert werden. Einige

Straßenzahnärzte haben ihre Stände um den zusätzlichen Service der Tätowierung erweitert, dabei wird als Wundverband zumeist Zeitungspapier verwendet.

Abb. 3.5:

Straßenzahnarzt in Delhi

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4. Literaturübersicht

4.1 Prophylaxe der Erkrankungen der Zahnhartsubstanz und des Zahnhalteapparats

4.1.1 Ätiologie der Karies und der Parodontopathien

Miller postulierte 1889 die chemisch-parasitäre Theorie der Kariesentstehung, die bis heute anerkannt ist. Karies benötigt als multikausales Geschehen das

Zusammenwirken obligater Faktoren (Wirt, Mikroorganismen, Substrat, Zeit). Fehlt eine dieser vier Grundvorrausetzungen, kommt es nicht zur Kariesentstehung (Keyes (1962), König (1987)). Dies konnte bewiesen werden durch einen Versuch mit steril aufgezogenen Ratten, bei denen trotz Zugabe von kariogener Nahrung keine Karies entstand (Orland et al. (1954)). Die Haupterreger der für eine kariöse Läsion

ursächlichen Bakterien sind Streptokokkus mutans, außerdem Lactobazillen sowie Actinomyceten und Hefen. Durch die Bildung von organischen Säuren werden die Zahnhartsubstanzen durch fermentative Kohlenhydratspaltung entkalkt, so dass es zu einer Demineralisation der Zahnhartsubstanzen kommt. Fäulniserregende Bakterien zersetzen anschließend das aufgeweichte Gewebe. Bei dauerhaftem Einfluss der Säuren unter länger bestehender Plaque kann das natürlicherweise vorkommende Gleichgewicht von De- und Remineralisation über den Speichel die Defekte der herausgelösten Hydroxilapatitkristalle nicht mehr ausgleichen. Nach Erreichen der Schmelz-Dentin-Grenze oder der Wurzelzement-Dentin-Grenze breitet sich die Karies entlang der Dentintubuli in Richtung Pulpa aus.

Die Entstehung von Parodontalerkrankungen ist wie die Karies durch

Mikroorganismen in der Plaque bedingt und benötigt obligate Wirkfaktoren (Wirt, Mikroorganismen, Substrat, Zeit). Fehlt eine dieser Grundvorrausetzungen, kann eine Parodontalerkrankung nicht entstehen (König (1987)). Eine plaqueassoziierte Gingivitis führt zu ödematöser Schwellung und Exsudation der Gingiva und zur Ausbildung gingivaler Taschen, in denen sich eine subgingivale Mikroflora etabliert.

Löe et al zeigten 1965, dass sich bei Probanden, die ihre Mundpflege einstellten, aus der entstandenen Plaque eine Gingivitis entwickelte. Lindhe et al. (1973) zeigt anhand von Tierversuchen an Beaglen, dass eine chronische Gingivitis in eine Parodontitis übergehen kann. Die subgingivale Flora führt zur Vermehrung von parodontalpathogenen Keimen wie Actinobacillus actinomycetemcomitans,

(19)

Porphyromonas gingivalis und Bacteroides forsythus, die bis auf einige Ausnahmen gramnegativ und anaerob sind. Durch die Stoffwechselprodukte der bakteriellen Proliferation in den subgingivalen Bereich kommt es zum Entstehen einer

fortgeschrittenen Läsion, die bei weiterer Progression zu Attachmentverlusten führt.

Entzündungsreaktionen und Immunreaktionen führen zur Verstärkung der parodontalen Destruktion, welche lokalisiert oder generalisiert auftritt. Erworbene Risikofaktoren, wie beispielsweise Diabetes mellitus, verhaltensbedingte

Risikofaktoren, wie Tabakkonsum, und genetische Risikofaktoren verstärken den Verlauf der Erkrankung und verschlechtern die Prognose.

4.1.2 Prophylaxemaßnahmen allgemein

Die Verhütung der Erkrankungen der Zahnhartsubstanz und des Zahnhalteapparats ist möglich, da es sich um infektiöse Prozesse mit Oralpathogenen handelt. Die Hauptverursacher von Karies und Parodontalerkrankungen, Mutans-Streptokokken, A. actinomycetemcomitans und P.gingivalis werden von Mensch zu Mensch, zumeist durch Schmierinfektion übertragen (Müller (2001)). Deren Unterdrückung und

Kontrolle gliedert sich in drei Arten von Präventionsmaßnahmen. Primäre Prävention zielt auf die Verhinderung der Karies- beziehungsweise Parodontitisentstehung ab.

Die primären Präventionsmaßnahmen finden sich in der Verbesserung der persönlichen Mundhygiene und regelmäßiger Kontrolle beim Zahnarzt sowie im Bereich der gesundheitsfördernden und kariesprotektiven Maßnahmen wie

Fluoridapplikation und Ernährungsumstellung wieder. Die sekundäre Prävention zielt auf die Verhinderung der Progression von Karies und Parodontitis durch frühe Diagnostizierung von Erkrankungen der Zahnhartsubstanz und des

Zahnhalteapparats und durch professionelle Zahnreinigung ab. Der dritte Pfeiler der Prävention erfolgt während der systematischen Behandlung von Erkrankungen der Zahnhartsubstanz und des Zahnhalteapparats. Diese tertiäre Präventionsebene stellt sich, im Sinne der Komplikationsvorbeugung, in Form von minimal invasiver

Restaurationstechnik dar. Ein Beispiel einer solchen schadensgerechten Therapie ist die Vermeidung überhängender Füllungsränder durch Verwendung von Matrizen. Die gemeinsame Ursache für die Entstehung der meisten Parodontalerkrankungen und der Karies ist die Plaque mit ihren Stoffwechselprodukten. Wie auch von Axelsson et al. 1991 in der Karlstad-Studie nachgewiesen, kann durch geeignete Prävention Plaque dauerhaft reduziert werden.

Man unterscheidet weiter in Individualprophylaxe und Gruppenprophylaxe. Unter der Gruppenprophylaxe versteht man die Trinkwasserfluoridierung,

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Speisesalzfluoridierung und Zahnputzprogramme in Schulen und Kindergärten. Die Betreuung von Kindern, die entweder keinen Kindergarten/keine Schule besuchen oder die Kindergärten/Schulen besuchen, in denen keine gruppenprophylaktischen Maßnahmen durchgeführt werden, soll durch Früherkennungs-Untersuchungen beim Kinderarzt und Zahnarzt abgedeckt werden (Arbeitsgemeinschaft der

Spitzenverbände der Krankenkassen in Zusammenarbeit mit dem Medizinischen Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen e. V.(2002)). Die

Individualprophylaxe wird durch den Zahnarzt oder eine Dentalhygienikerin

ausgeführt, die den Patienten über die Ursachen von Parodontalerkrankungen und Karies informieren und in der geeigneten Mundhygiene instruieren. Professionelle Maßnahmen wie Zahnreinigung und lokale Fluoridapplikation erfolgen anschließend.

Das moderne Konzept der Individualprophylaxe gliedert sich noch in folgende

Maßnahmen: Bei der Primär-Primär-Prävention stellt der Zahnarzt den Infektionsgrad der Mutter fest mit anschließender Sanierung aller insuffizienten Faktoren der

Mundhöhle und Aufklärung der Mutter eines Kindes über mögliche Infektionswege (Schnuller, Sauger, Löffel). Die Primär-Prävention stellt das Kind in den Vordergrund mit dem Ziel der Vermeidung der Kolonisation von Streptokokkus mutans in der kindlichen Mundhöhle. Es wird der Infektionsgrad des Kindes bestimmt und bei zu hohem bakteriellem Befall mit Chlorhexidiglukonat-haltigen Mitteln behandelt. Die Quantität der Zahnplaque wird mittels geeigneter Indices wie dem PCR nach O`Leary et al bestimmt, die kariogene Qualität der Zahnplaque wird durch

Bestimmung der Streptococcus mutans und Lactobazillenzahl im Speichel anhand spezieller Tests (Dentocult) ermittelt. Durch die zusätzliche Bestimmung der Speichelsekretionsrate, der Pufferkapazität des Speichels, der Plaquebildungsrate, der Ernährungsanamnese (Häufigkeit des Konsums kariogener Lebensmittel) und der aktuelle Kariesbefall der Mundhöhle, beispielsweise anhand des DMF-T Index, kann man eine Aussage über das Kariesrisiko treffen (Hellwig et al. (1995)).

Mikrobiologische Tests werden im Rahmen der Parodontalprophylaxe eher selten eingesetzt und kommen nur im Rahmen der Parodontaltherapie zum Einsatz. Bei aggressiven und therapieresistenten Formen der Parodontitis sollte eine

mikrobiologische Diagnostik im Hinblick auf eine gezielte Therapie mit dem Einsatz von Antibiotika erfolgen. Chronisch marginale Parodontiden lassen sich durch systematische Therapie in Form von Scaling und Wurzelglättung beherrschen und benötigen keinen Erregernachweis (Müller (2001)).

Die Primärprophylaxe umfasst weiterhin die Information der Familienmitglieder zum Übertragungsrisiko und zu Übertragungswegen kariogener und

parodontalpathogener Keime durch Schmierinfektion wie durch den gemeinsamen

(21)

Gebrauch von Besteck, Zahnbürsten oder den Speichelübertritt durch Küssen. Eine altersgruppenspezifische Ernährungsberatung umfasst dabei zum Beispiel auch das Nursing-Bottle-Syndrom. Dies bezeichnet Läsionen insbesondere an

Oberkieferschneidezähnen durch eine dauernde Verabreichung kariogener und/oder säurehaltiger Nahrungsmittel zum Beispiel über Saugerflaschen.

Die Mundhygiene, gemeint ist die Reinigung des Gebisses, hat das Ziel, die Plaque (Materia alba) zu entfernen, welche aus einem Gemisch von Speichelbestandteilen (Muzin, Eiweiß, Fett), aus zersetzten Nahrungsbestandteilen und Bakterienansamm- lungen sowie deren Produkten bestehen. Diese Bakterienansammlungen setzen sich im Wesentlichen aus Filzen von abgestorbenen und virulenten Mikroorganismen wie Streptokokken, Acidobakterien, Staphylokken, Leptotricheen zusammen (Sauerwein (1974)). Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen sollen die Zähne nach jeder

Mahlzeit gereinigt werden, mindestens jedoch einmal am Tag. Eine optimale

Mundpflege erfordert eine Reinigungszeit von zwei bis vier Minuten (Beyeler, Mooser (1960)). Das geeignete und in Europa bekannteste Hilfsmittel ist die Zahnbürste zur Plaqueentfernung. Es gibt Handzahnbürsten und elektrische Zahnbürsten, für Kinder gibt es speziell geformte Zahnbürsten. Die Zahnbürste sollte aus „multitufted“

Bürsten mit mittelharten, abgerundeten Kunststoffborsten bestehen. Bürstenkopf und Bürstengriff sollten funktionell gestaltet sein, so dass alle Zahnflächen mühelos erreicht werden können. Ihre Lebensdauer beträgt etwa 8 Wochen, sollte jedoch spätestens dann ausgetauscht werden, wenn sich die Bürsten umbiegen (Lehmann, Hellwig (1993)). Zur mechanischen Entfernung des Biofilms der Plaque kommen verschiedene Zahnreinigungsmethoden in Frage wie zum Beispiel die modifizierte Bass-Technik. Elektrische Zahnbürsten erleichtern diesen Vorgang besonders für ältere oder motorisch eingeschränkte Personen. Die Interdentalraumhygiene wird mit Zahnbürsten nicht ausreichend erfasst und bedarf spezieller Hilfsmittel wie

Zahnseide, Zahnbürstchen oder Zahnhölzer (Linde (1983)). Fluoridhaltige Zahnpasten unterstützen die mechanische Plaqueentfernung.

Die Kariesinzidens hängt zusammen mit der Häufigkeit der Zuckerzufuhr. So wurde eine Karieszunahme in der Vipeholm-Studie (Gustafsson et al. (1954)) (Nikiforuk (1985)) aufgezeigt, bei der sich in einem Vergleich zwischen zwei Jahren ein

erhöhtes Auftreten neuer kariöser Flächen in dem Jahr zeigte, in dem die Probanden zusätzlich zu ihrer normalen Ernährung zuckerhaltige klebrige Zwischenmahlzeiten über den Tag verteilt bekamen. In der Hopewood-House Studie (Lilienthal et al.

(1953)) konnten bei einer Gruppe von Heimkindern weniger kariöse Defekte nachgewiesen werden, als bei einer Vergleichsgruppe, was auf die kaum

(22)

zuckerhaltige Ernährung im Heim zurückzuführen war. Der Typ und die Menge der Kohlenhydrate spielen eine wichtige Rolle, so gelten niedermolekulare

Kohlenhydrate wie zu Beispiel Saccharose als besonders kariogen und sollte deshalb in der täglichen Nahrung reduziert werden. Hochmolekulare Kohlenhydrate in Form der Stärke wie in Getreide, Reis oder Gemüse vorkommend, sind weniger kariogen, da sie erst durch die im Speichel enthaltene Amylase gespalten werden müssen und der Plaque nur oberflächlich aufliegen. So kann die Säureumwandlung der hochmolekularen Kohlehydrate im Gegensatz zu den niedermolekularen besser vom Puffersystem des Speichels kompensiert werden. Es muss nicht die Menge des Zuckers reduziert werden, sondern die Häufigkeit der zuckerhaltigen

Zwischenmahlzeiten. Nach jeder zuckerhaltigen Mahlzeit folgt ein etwa halbstündiger pH-Wert-Abfall, wie in der Stephan-Kurve zu erkennen ist, der bei häufigem Verzehr von zuckerhaltigen Nahrungsmitteln über den Tag verteilt zu einer Summierung der Effekte der Demineralisation führen. Individuelle Faktoren wie Speichelfließrate, Speichelpufferkapazität, Speichel-pH-Wert oder Zahnfehlstellungen sind dabei besonders zu beachten.

Die Zufuhr von Fluoriden soll gewährleistet werden. Sie kann topisch

beziehungsweise lokal oder systemisch erfolgen. Die systemische Darreichungsform stellt sich durch Tabletten-, Trinkwasser-, Salz- und Milchfluoridierung, die topische durch lokale Fluoridapplikation in Form von Lacken, Gelees, fluoridhaltigem Schaum und Zahnpasten dar. Um eine Überdosierung zu vermeiden, ist eine gründliche Fluoridanamnese beim Patienten erforderlich (Wiegand, Attin (2003)). Eine

angemessene Fluoridprophylaxe kann wie im Schema der DGZMK Stellungnahme erfolgen (Gülzow et al. (2000)) (Abbildung 4.1).

Fluoridkonzentration im Trinkwasser (Mineralwasser), mg/l Alter

< 0,3 0,3 – 0,7 > 0,7

0 – 6 Monate – – –

6 – 12 Monate 0,25 – –

ab 1 – unter 3 Jahre 0,25 – –

Ab 3 – unter 6 Jahre 0,50 0,25 –

> 6 Jahre 1,0 0,5 –

Tabelle 4.1: Richtwerte für Fluoridsupplemente (mg Fluorid/Tag) (Gülzow et al. - DGZMK Stellungnahme (2000))

(23)

Dabei sollte nur eine Form der systemischen Fluoridsupplementierung erfolgen (Fluoridtabletten, Fluoridsalz, fluoridhaltiges Mineralwasser oder Milch). Die Wirkung des Fluorids erfolgt im Wesentlichen durch Hemmung der Demineralisation und Förderung der Remineralisation sowie Beeinflussung von Stoffwechselvorgängen der Bakterien (Hellwig (1996)).

Die dritte Maßnahme der Individualprophylaxe ist die traditionelle Prophylaxe, welche auf die Vorbeugung und Entfernung von Streptokokkus mutans zielt. Die traditionelle Prophylaxe besteht aus Ernährungslenkung, Anwendung fluoridhaltiger Kariostatika, Fissurenversiegelung und geeigneten Mundhygienemaßnahmen, gegebenenfalls in Kombination mit Chlorhexidin-haltigen Mitteln.

4.1.3 Mundgesundheit und Mundgesundheitsprogramme in Industrieländern

In den Industrieländern entsprach die Ausbreitung von Karies dem Grad der Zivilisation. Der erhöhte Zuckerkonsum im 19. Jahrhundert in den industriell hoch entwickelten Ländern stand in engem Zusammenhang mit dem Anstieg der Karies zu dieser Zeit (Sognnaes (1949)). Heutzutage fiel die Kariesprävalenz trotz gleich bleibend hohen Zuckerkonsums, Beispiel Deutschland DMF-T für Zwölfjährige 1989 3,9 (Micheelis et al. (1991)) und 2000 1,2 (Pieper (2001)). Der Grund liegt in den seit den 60er Jahren kontinuierlich stärker durchgeführten Präventionsmaßnahmen.

Individualprophylaktische Maßnahmen sind in Deutschland seit 1989 Bestandteil der kassenzahnärztlichen Versorgungsleistungen in Form der IP-Leistungen.

Gruppenprophylaxe in Kindergärten und Schulen werden von Zahnärzten im Auftrag des Arbeitskreises Jugendzahnpflege durchgeführt. In der Schweiz zeigt sich durch Trinkwasserfluoridierung und Prophylaxemaßnahmen eine Kariesreduktion von 90 Prozent innerhalb von 30 Jahren (Büttner (1982)).

Es ist festzustellen, dass der Zusammenhang zwischen steigender Kariesprävalenz und steigendem Zuckerkonsum in Bevölkerungen, in denen systematische

Fluoridierungsmaßnahmen durchgeführt werden, nicht mehr gegeben ist (Mautsch (2005)). Weitere positive Entwicklungen sind Änderungen im Ernährungsverhalten durch den Einsatz von Zuckeraustauschstoffen wie zum Beispiel Sorbit, Xylit oder Süßstoffen wie Saccharin, Cyclamat und Aspartam in Kaugummis, Süßwaren und Limonaden (Sheinin (1986)). Zusammenhänge zwischen sozialer

Schichtzugehörigkeit und der Verbreitung der Karies sind durch Studien von Einwag

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(1991) und Gülzow et al. (1980) bewiesen worden. Auch Pieper (1981) bestätigt mit einer Untersuchung in Göttingen die Aussage, dass der Kariesbefall mit

abnehmender sozialer Schichtzugehörigkeit abnimmt. Somit ist die Betreuung dieser sozialen Gruppen in der zahnärztlichen Prophylaxe ein wichtiges Thema in der Gesundheitspolitik für selektive Intensivprophylaxemaßnahmen.

Untersuchungen zur Verteilung der Karies bei Kindern und Jugendlichen zeigen, dass es zunehmend zu einer Polarisierung der Karies gekommen ist. Das bedeutet, dass einer großen Anzahl an Personen mit keinen oder nur gering ausgeprägten Läsionen eine kleine Gruppe von Patienten mit hohem Kariesbefall gegenübersteht (Kariesrisikogruppen). Die letzte Mundgesundheitsstudie von 1993 verzeichnete in Deutschland, dass 21,5 Prozent der heranwachsenden Jugendlichen 60,2 Prozent aller DMF-T Zähne hatten, wobei eine Kariesrisikogruppe von nur 7,9 Prozent für fast ein Drittel der betroffenen Zähne zählte. Speziell für diese Patientengruppe scheinen intensivere Prophylaxebemühungen notwendig, um das Auftreten neuer kariöser Läsionen zu verhindern.

Zudem zeigte sich bei Kindern und Jugendlichen, dass die Progression der Gingivitis im Prinzip nicht stattfindet, die juvenile Parodontitis beschränkt sich auf Einzelfälle (Verbreitung unter 0,1 Prozent). Junge Erwachsene mit hohem Parodontitisrisiko sind zu etwa 5 Prozent vertreten, in der Gruppe der 35-44 jährigen Erwachsenen ist bei 10-15 Prozent ein hohes Parodontitisrisiko gegeben. Ein Drittel der Erwachsenen zwischen 35-44 Jahren zeigte einen CPITN von 3, 20 Prozent wiesen keine

pathologischen Veränderungen der Gingiva auf (CPITN = 0). Ab 45 Jahren steigt das Parodontisrisiko auf 30 Prozent.

4.1.4 Mundgesundheit und Mundgesundheitsprogramme in Entwicklungsländern

Dem in den Industrieländern rückläufigen Kariesbefall steht ein steigender Kariesbefall in den Entwicklungsländern gegenüber. Aufgrund der Probleme, die sich durch

vorherrschende Armut, Ernährungsprobleme und schwerwiegenden Infektionskrankheiten ergeben, wird die Durchführung von

Mundgesundheitsprogrammen wenig forciert. Das Fehlen finanzieller Mittel in den Drittweltländern macht sich im Gesundheitssystem durch mangelnde zahnärztliche Betreuung bemerkbar. In den Entwicklungsländern ließ sich seit den Sechziger Jahren eine Zunahme der Kariesprävalenz feststellen. Diese Zunahme findet hauptsächlich im urbanen Bereich statt, während die ländliche Bevölkerung noch eine sehr geringe Karieshäufigkeit aufweist. Das Muster der Kariesentwicklung in den

Entwicklungsländern folgt in etwa dem in Industrieländern. So steigt die

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Karieshäufigkeit erst in den Populationen mit hohem Einkommen, dann in der

allgemeinen Stadtbevölkerung und zuletzt bei der Landbevölkerung. Als Hauptursache ist die Steigerung des Zuckerkonsums im Wesentlichen zu nennen, was einen

massiven Eingriff in das Ernährungsverhalten der Menschen bedeutet (Mautsch (2005)). In mehreren afrikanischen Ländern hat sich im städtischen Bereich mit

zunehmendem Verzehr von Industriezuckern in Lebensmitteln und Getränken auch die Kariesprävalenz erhöht, wobei sie in ländlichen Gebieten fast unverändert geblieben ist (Holm (1990)). In Ghana kam es zu einem erheblichen Kariesanstieg innerhalb von 10 Jahren bei einem gleichzeitigen Anstieg des Imports von raffiniertem Zucker,

Schokolade und Konditoreiwaren (MacGregor (1963)).

In Entwicklungsländern lässt sich gegenüber den industrialisierten Ländern eine konträre Tendenz bezüglich des Mundgesundheitszustandes und der sozialen

Schichtzugehörigkeit feststellen. Kinder aus privilegierten Oberschichten weisen einen deutlich höheren Kariesbefall auf, als arme Kinder aus der Unterschicht, da sie nicht die finanziellen Mittel besitzen, um diese Zuckerprodukte kaufen zu können (Enwonwu (1981)).

Zahnreinigung in Entwicklungsländern findet noch in seiner ursprünglichen und

kulturell bedingten Form statt. Besonders in Asien und Afrika wird das hier untersuchte Zahnholz verwendet (Abbildung 4.2).

Abb.4.2:

Datunverwendung

seit der Kindheit (männlich, 30 Jahre)

Gleichfalls werden abrasive Substanzen für die Mundhygiene verwendet wie zum Beispiel Sand, Muschelkalk und Holzkohle, welche jedoch zu Abrasionen führen. So werden beispielsweise bei der Reinigung mit Sand abrasive Zahnhartsubstanzdefekte beobachtet. Abrasion ist definiert als Verlust von Zahnhartsubstanz durch

mechanische Prozesse durch Fremdkörper, der ohne Beteiligung von oralen Mikroorganismen entsteht. Dieser Abrieb entsteht durch Nahrungsmittel

(Demastikation) oder durch oben beschriebene Mundhygienemaßnahmen. Zusammen mit der Attrition entstehen Gebisssituationen von Abrasions- und Attritionsgebissen wie

(26)

in Abbildung 4.3. Die Attrition ist definiert als Abrieb der Zahnhartsubstanzen durch direkten Kontakt antagonistischer oder benachbarter Zahnflächen beim Kauen und Schlucken. Das Vorkommen abrasiver Substanzen in der täglichen Nahrung, insbesondere in ländlichen Gebieten durch vorwiegend landwirtschaftliche Erträge, führen zu wesentlich ausgeprägteren pathologischen Abnutzungserscheinungen.

Attrition und Abrasion führen zu Zahnhartsubstanzverlusten. Die Zahnkronen werden kürzer und Formveränderungen sind feststellbar (Hellwig et al. (1995)).

Abb.4.3:

Abrasions- und Attritions- gebiss infolge Reinigung mit Sand (weiblich, ca.45 Jahre)

In Indien haben infolge mangelhafter Mundhygiene 80 Prozent der Kinder und 60 Prozent der Erwachsenen Karies, 90 Prozent der Erwachsenen über 30 Jahre leidet an Parodontopathien (Lal et al. (2004)). So sind Gebisssituationen wie in Abbildung 4.4 häufig anzutreffen.

Abb.4.4: Chronische

Parodontitis bei

unzureichender Mundhygiene (weiblich, ca.40 Jahre)

In Entwicklungsländern besteht neben der reinen zahnärztlichen Versorgung auch ein Bedarf an präventiven Maßnahmen zur Förderung der oralen Gesundheit. Die WHO unterstützt weltweit Projekte in Entwicklungsländern, um die orale Gesundheit in ländlichen Regionen zu fördern. unter anderem in Form des so genannten A.R.T.

Programms, das bereits erfolgreich in Süd-Afrika, Sri Lanka und Brasilien von „Oral Health“-Teams durchgeführt wird. A.R.T. wird besonders in Gebieten mit hoher

(27)

Kariesprävalenz eingesetzt. Die Menschen werden von medizinisch geschultem Personal und Lehrern in häuslichen Präventionsmaßnahmen unterwiesen und behandelt. Dazu gehört das manuelle Entfernen von Karies der Klasse I und II. Die excavierte Kavität wird anschließend permanent mit Glass- Ionomer-Zement, der nach Füllung weiterhin Fluorid freisetzt, verschlossen. Der Vorteil dieser Methode liegt in den geringen Kosten des benötigten medizinischen Equipments. Strom zum Antrieb einer dentalen Einheit wird nicht benötigt, das Verfahren ist einfach und leicht an

medizinisches Hilfspersonal zu vermitteln. Zudem ist A.R.T. ein wenig traumatischer Eingriff, der auch Behandlungen von ängstlichen Patienten und besonders Kindern vereinfacht. Ein anderes Projekt besteht aus medizinisch ausgerüsteten Zügen wie zum Beispiel in Indien der „Lifeline Express“ oder in Süd-Afrika der „Phelophepa Healthcare Train“, die ländliche Gebiete zu festen Terminen versorgen.

4.2 Die Entwicklung der Prophylaxemittel

4.2.1 Die Zahnbürste

Die Mundhygiene kann bei den alten Kulturvölkern nachgewiesen werden, die Einführung der Zahnbürste erfolgte jedoch erst später. Die Babylonier verwendeten Zahnstocher und Zahnschaber in der Zeit um 3500 vor Christus, in ägyptischen Gräbern fanden Archäologen ebenfalls Zahnstocher. Bei den Griechen schreibt Hippokrates (460-377 vor Christus) bereits über Maßnahmen zur Reinhaltung der Zähne mit kurios anmutenden Rezepten und Schweißwolle. Reichere Römer hatten eine eigene Mastike, eine Zahnputzfrau, die die Reinigung mit einem Zahnpulver vornahm, welches mit einem Leinenläppchen oder den Fingern aufgetragen wurde.

Im Mittelalter wurden zur Zahnpflege Zahnpulver und verschiedene Kräuter

verwendet, Hildegard von Bingen (1098-1179) empfiehlt Mundspülungen mit Wasser oder Wein, um dem entstehenden Livor (Belag) und dem sich daraus entwickelnden

„Zahnwurm“ entgegen zu wirken. Dieser Habitus setzt sich fort bis in die Zeit der Renaissance, wo die Verwendung eines Zahnstochers zum Modeartikel und Schmuckstück avancierte (Lemke (2003)). Eine Luxusvariante der Zahnbürste kam mit kleinasiatischen Händlern aus China, wo sie seit dem 16. Jahrhundert bekannt ist. Sie bestand aus Naturborsten in einem juwelenbesetzten Elfenbeingriff, diese Variante wurde von Bürstenmachern in einer einfacheren Form kopiert.

Schweineborsten und Knochen wurden in Handarbeit zu einer Zahnbürste verleimt, diese blieb aber vorerst noch den Reichen vorbehalten (Schlegel (2003)).

(28)

Um 1676 erwähnte Cornelius Springer erstmals die Verwendung einer Zahnbürste (Kraus (1930)), die der französische Chirurg Pierre Fauchard (1678-1761) kritisierte und den Gebrauch einer Zahnfege favorisierte. Die damals ausschließlich verwendeten Naturborsten boten Schlupfmöglichkeiten für Bakterien, waren zu weich um ausreichend zu reinigen und splissen an den Schnittstellen auf. Die älteste bekannte Zahnbürste Europas wurde bei Ausgrabungen in einem ehemaligen Hospital in Minden entdeckt.

Die Schicht, in der die Bürste aufgefunden wurde, wurde von den Archäologen auf das frühe 17. oder 18. Jahrhundert datiert. Damit ist sie zusammen mit einer fast identischen Zahnbürste, die im selben Jahr in Quedlinburg gefunden und auf die Zeit um 1750 datiert wurde, die älteste bekannte Zahnbürste Europas. Sie ist zehn Zentimeter lang und aus Tierknochen gefertigt, die Borsten waren aus organischem Material. Am Ende des gewellten Stiels wurde ein Ohrlöffelchen eingeschnitzt (Schlegel (2003)) (Abbildung 4.5).

Abb.4.5:

Historische Zahnbürste aus Quedlinburg, Zeichnung: Andrea Ryll, Kreisarchäologie QLB

Die Zahnbürstenhersteller verwendeten relativ harte Tierborsten, bis DuPont 1937 das Nylon erfand, wodurch es ab 1950 möglich war, weichere Borsten herzustellen.

Erst mit Beginn des 20. Jahrhunderts, mit fließendem Wasser auch in

Arbeiterwohnungen, sowie über prophylaktische Hygienemaßnahmen aufklärender Zahnärzte und Schulen, setzte sich das Zähneputzen langsam durch. Die in Fabriken maschinell hergestellten Zahnbürsten wurden für jeden bezahlbar (Schlegel (2003)).

4.2.2 Das Zahnholz

Das Reinigen der Zähne mit einem zugespitzten Hölzchen in der Art eines

Zahnstochers findet man in seiner ursprünglichsten Form schon bei den Naturvölkern (Zimmer (1935)). Noch verbreiteter ist eine so genannte Zahnfege, die von den

(29)

Afrikanern „Miswak“ genannt wird (Greve (1919)). Eine solche Zahnfege besteht in Ostafrika beispielsweise aus einem weichen, knotenlosen Naturholz vom so

genannten „Zahnbürstenbaum“ zum Beispiel dem Salvatora persica, welcher in den Buschsteppen Afrikas, aber auch im Orient und in Ostindien weit verbreitet ist (Timm (1914)). Einige Stämme im Norden Kameruns wählen ein langes Stück Holz,

umwickeln es mit Messingdraht, wobei sie das als Reinigungsgerät dienende Ende freilassen und tragen diese Konstruktion als eine Art Spazierstock immer mit sich (Hutter (1902)). In Ostafrika und Jamaika wird die Anwendung der Zahnfege durch die Benutzung von Zahnpulver in Form von Wasser und weißem Streusand oder pulverisiertem Holz derselben Pflanze unterstützt (Rehse (1910)). Nach den

Nachforschungen von Zimmer (1935) haben die Nubier Ägyptens ihre Zahnfege aus den Zweigen eines Baumes gefertigt, den sie Al-Arak nennen. Bei den Arabern ist das Benutzen eines Zahnpinsels fest in der Religion verankert. Der Prophet Moham- med lehrt in seinen Schriften den Gebrauch des Siwak oder Miswak genannten Zahnpinsels, welches im Arabischen das Substantiv von „bürsten“ in der besonderen Bedeutung: „sich die Zähne bürsten“ bedeutet. Wiedemann (1918) gibt 17 Holzarten an, die für den Miswak geeignet sind, unter anderem auch Salvatora persica.

Abb.4.6: Zahnholz

Infolge seiner besonderen Struktur eignet sich das Holz der regional verwendeten Pflanzen besonders gut für die pinselartige Zerfaserung, in tangentialer Richtung ist es von zahlreichen Weichbastgruppen und in radialer Richtung von größtenteils unverholzten Markstrahlgeweben durchzogen (Abbildung 4.6). Es werden etwa fingerstarke Teile aus der Wurzel oder ein fingerstarker Ast abgeschnitten. Das eine Ende wird mit einem Stein breit geklopft oder mit den Zähnen zerkaut, so dass es

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ausfranst und einem Pinselkopf ähnelt, während das andere Ende als Handgriff dient oder zugespitzt auch als Zahnstocher benutzt werden kann (Abbildung 4.7) (Lauer (1914).

Abb.4.7: Zahnstocher

Bei der Reinigung gibt das Holz seinen aromatischen Saft ab, der adstringierend auf die Mundschleimhaut einwirkt. In Indien wird nach erfolgter Reinigung ein

längsseitiges Stück der Rinde des Hölzchens abgezogen und als Zungenschaber verwendet (Abbildung 4.8).

Abb.4.8: Zungenschaber

Der hygienische Vorteil dieser Methode liegt in dem zu jeder Reinigung frisch geernteten Holz, welches nur vom Benutzer selbst verwendet wird.

Zahnhölzer waren bereits Bestandteil diverser Studien mit zahnmedizinischen Aspekten. So wurde von Almas u Al-Zeid 2004 ein Vergleich der antimikrobiellen Effekte von Zahnbürste und Miswak gemacht. Es stellte sich heraus, dass der Extrakt aus Miswak (Salvadora persica) antimikrobielle Aktivität in Form der Reduktion von Streptococcus mutans und Lactobazillen in menschlichem Speichel zeigte, wobei Streptococcus mutans signifikant stärker durch Miswak als durch die Zahnbürste reduziert wurde. Gazi et al. stellten 1992 fest, dass der Speichel nach Verwendung von Meswak einen statistisch signifikanten Anstieg von Kalzium und Chlorid enthielt, wobei Kalzium die Mineralisation der Zahnhartsubstanz unterstützt und Chlorid die Formierung von Zahnstein unterdrückt. In Kenya untersuchten

(31)

Homer et al. 1992 die Extrakte von fünf dort zur Zahnreinigung verwendeten Pflanzen und stellt fest, dass die enzymale Aktivität von Porphyromonas gingivalis, Bacteroides intermedius and Treponema denticola reduziert wird. Diese

Unterdrückung der Peptidase und Glycosidase setzt so die Virulenz der untersuchten parodontalpathogenen Bakterien herab und verringert die dentale Plaque Formation.

In Nigeria zeigte die Studie von Sote und Wilson (1995), dass die Extrakte von acht dort verwendeten Pflanzen, die für die Zahnreinigung verwendet werden, das Wachstum von parodontalpathogenen Bakterien wie Prevotella intermedia, Fusobacterium nucleatum, Eikenella corrodens und Campylobacter rectus unterdrücken. In Saudi Arabien wurde bei 480 Erwachsenen, die das Miswak zur Zahnreinigung benutzen, mithilfe des CPITN die parodontale

Behandlungsbedürftigkeit bestimmt. Im Vergleich zu anderen Ländern stellte sich heraus, dass die Behandlungsbedürftigkeit in dieser Personengruppe niedriger war und so ein Zusammenhang zwischen parodontaler Gesundheit und Verwendung des Miswak gezogen wurde (Al-Khateeb et al. (1991)).

In der Geschichte Indiens ist die Verwendung des Zahnholzes in Religion und medizinischer Entwicklung bereits in alten Schriften wie dem medizinischen Werk des indischen Arztes Susruta aus dem 6. Jahrhundert vor Christus zu finden

(Sudhoff (1921)). Es wird vermutet, dass die altindische Zahnheilkunde und Medizin sich weitaus früher entwickelte, als es bei den Ägyptern oder den Römern der Fall war und so als älteste medizinische Wissenschaft der Welt bezeichnet wird (Modi (1931) und Choksey (1929)). So bestand nach den Nachforschungen von

Bergemann (1972) schon früh die Kunst der zahnärztlichen Chirurgie und

chirurgischen Wiederherstellung sowie prothetischer Versorgung mit entsprechender anatomischer Kenntnis des Mund-, Gesichts- und Kieferbereichs. In Indien arbeiteten Religion und Medizin bei den hygienischen Vorschriften Hand in Hand. So stimmen die Angaben in den medizinischen Werken oft wörtlich mit den Vorschriften der religiösen Schriften (Smritis und Grhyasutras) überein (Grawinkel (1906)). Der alte Sanskrittext Kamasutram berichtet, dass die Mönche, die sonst allen Eigentums entbehrten, nach dem buddhistischen Kanon eine Zahnfege besitzen mussten. Jeder Inder, ob von höherer oder niedriger Kaste, benutzte sie nach genauer Vorschrift des Susruta-Samhita, des größten medizinischen Werkes des indischen Arztes Susruta aus dem 6. Jahrhundert vor Christus. Darin wurden die Zweige der Bäume Khadira, Nimba, Madhuka, und Karanja als geeignet empfohlen, um sich eine Zahnbürste, Danta-Kashta genannt, anzufertigen. Zudem wurde zusätzlich zur Zahnfege die Verwendung von Pasten aus Honig, Öl, gepulvertem Trikatu, Trivarga, Trejovati und

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Saindhava angeraten. Bei Erkrankungen des Zahnfleisches und der Zähne ist es dem Inder allerdings verboten, die Stöckchen zur Reinigung zu kauen bzw. zu benutzen (Sudhoff (1921)). Auch die Charaka-Samhita, die aus dem 2. Jahrhundert nach Christi stammt, gibt wichtige Aufschlüsse über die medizinischen Erkenntnisse Altindiens. Man findet ähnliche Anweisungen wie in der Susruta-Samhita mit der Aufforderung, sich zweimal täglich mit der Zahnfege die Zähne zu reinigen.

Empfohlen werden Hölzer vom Karanja, Karavira, Arka, Malati, Kakhuba und Acana.

Die Verwendung eines Zungenschabers aus Gold, Silber, Kupfer, Zinn, Blei und Eisen ist ebenfalls erwähnt (Sudhoff (1921)). Auch heute noch wird in Indien das Zahnholz verwendet, sei es in den Städten oder den größtenteils vorliegenden ländlichen Gebieten. In ländlichen Gebieten wachsen fast überall geeignete Bäume wie zum Beispiel der Neembaum (Azadirachta Indica), von denen man die Hölzer frisch ernten kann. In Stadtgebieten kann man von eigens dafür zuständigen Straßenhändlern die Zweige käuflich erwerben. Um die Zweige, die zumeist über lange Strecken transportiert werden müssen, frisch zu halten, legt man sie in Wasser. Der Preis des Datun mit wenigen Paise ist in Stadtgebieten erheblich günstiger als der Kauf einer Zahnbürste mit 16-43 Rupien (100 Paise = 1 Rupie) (1 Euro = 59.61 Indische Rupie, Stand 29.11.2004). Der Kauf einer Zahnbürste ist in ländlichen Gebieten erschwert, kosmetische Artikel kann man erst in einer meist mehrere Kilometer entfernten Stadt erwerben.

4.2.3 Der Neembaum (Azadirachta indica)

Der Neembaum (Azadirachta indica) ist ein immergrüner, bis 16 Meter hoch wachsender Baum mit ovalen bis länglich zugespitzten Blättern (Abbildung 4.9).

Seine Zweige werden für das Datun, die traditionelle indische Zahnbürste verwendet (Abbildung 4.10). Inhaltsstoffe sind unter anderem Calciumsulfat, dessen Kristalle als Putzkörper dienen, Tannine, Alkaloide, ätherische Öle und Terpenoide (Dorner (1981)).

Der Neembaum zunehmend ins Zentrum der wissenschaftlichen Forschung getreten.

So gehören die essentiellen Öle des Azadirachta indica neben Eucalyptus maculata citrodion, Ruta chalepensis und Chrysanthemum cinerariaefolium in einer 50- prozentigen Lösung in Kokosnussöl zu den Repellents gegen Moskitos (Hadis et al.

(2003)). Pestizide auf Neem-Basis, zum Beispiel das Produkt Neemix und Bioneem, welche Neembaum Extrakte und das Neem Terpenoid Azadirachtin enthalten, wurden bereits in vivo und in vitro bei Hybrid und Auster Zellen auf ihre Toxizität hin geprüft (Goktepe, Plhak (2003)). Die sublethalen Effekte des kommerziell

(33)

vertriebenen Insektizids Neemix 4.5 EC wurden an Fliegen der Gattung Neodiprion abietis nachgewiesen (Li et al. (2003)). Der antimitotische Effekt des Terpenoids Azadirachtin auf Insektenzellen zeigte sich in vivo und in vitro (Salehzadeh et al.

(2003)). Azadirachtin und andere Inhaltsstoffe in Neem Produkten zeigen

unterschiedliche Aktionen gegen Insekten wie Wachstumsregulation, Veränderungen der biologischen Aktivität oder Sterilisation und können so gegen Insekten wie Mos- kitos, Flöhe, Kakerlaken, Fliegen, Läuse im medizinischen und

veterinärmedizinischen Bereich eingesetzt werden (Mulla, Su (1999)).

Abb. 4.9: Neembaum

Eine Kombination von gereinigten Ingredienzien aus Neem, Saphindus mukerossi und Mentha citrata Öl zeigt in vivo und in vitro eine spermizide Wirkung auf humanes Sperma. Bei Kaninchen wirkt es präcoital intravaginal appliziert als Kontraceptivum (Raghuvansi et al. (2001)). Neemextrakt kurz nach der Einnistung der befruchteten Eizelle oral verabreicht führte bei Nagetieren und Primaten zu Abort ohne die Fertilität nachteilig zu beeinflussen (Talwar et al. (1997)).

Der Extrakt von Blättern des Azadirachta indica kann kardiovaskuläre Effekte erzeugen, so wirkte es 2002 in einer Untersuchung von Khosia et al. negativ inotrop und chronotrop auf das Herz und steigerte den coronaren Blutfluss beim Kaninchen.

(34)

Extrakte aus der Rinde des Neembaums wirken gastroprotektiv, indem sie therapeutisches Potenzial zur Kontrolle der gastrischen Hyperaktivität und

gastrischen Ulcus besitzen (Bandyopadhyay et al. (2002)). Der Extrakt von Blättern und Samenöl von Azadirachta indica reduzierte den Blutzuckerspiegel von

diabetischen Kaninchen (Khosla et al. (2000)). Durch Paracetamol induzierte Lebernekrose bei Ratten konnte durch den Extrakt von Blättern des Azadirachta indica makroskopisch und histologisch reduziert werden (Bhanwra et al. (2000)).

Extrakte aus den Blättern und aus den Samen des Azadirachta indica wirken

mikrobiologisch anti-dermatophytisch auf verschiedene Spezies von Dermatophyten, wobei die Minimale Hemm Konzentration (MIC) des Samenextrakts in vitro niedriger ist als die MIC des Blätterextrakts (Natarajan et al. (2002)). NIM-76 aus Neemöl gewonnen unterdrückt das Wachstum von verschiedenen pathogenen Keimen wie Escherichia coli und Klebsiella pneumoniae. Zudem zeigt NIM-76 eine antifungale Aktivität gegen Candida albicans und eine antivirale Aktivität gegen die Replikation von Polio Viren in in vero Zelllinien (SaiRam et al. (2000)).

Abb. 4.10:

Neemzweig mit Blättern

Untersuchungen zeigten, dass bei Kindern, die das Zahnholz verwenden, weniger Karies zu finden war gegenüber den Kindern, die die Zahnbürste verwenden (Sathananthan et al.(1996)), was sich auch beim Neemholz zeigte (Venugopal et al.(1998)). Vergleichende Untersuchungen wiesen auf, dass die Reinigungsleistung des Zahnholzes gegenüber der Zahnbürste gleichwertig ist (Olsson (1978), van Palenstein et al. (1992), Aderinokun et al. (1999), al Otaibi (2000), al Hakim (2003)),

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einige Untersuchungen schränken die gleichwertige Reinigungsleistung des

Zahnholzes jedoch ein (Sote (1987), Gazi (1990), Ndung`u et al. (1990), Terheyden (1990)). Die orale Wirkung der Zahnhölzer ist nicht nur auf die mechanische

Reinigung, unterstützt durch das enthaltene Calciumsulfat, zurückzuführen. Dorner untersuchte 1981 mittels phytochemischer Isolation und klinischer Untersuchung die Inhaltsstoffe verschiedener Zahnhölzer und konnte so das Vorkommen von Tanninen und Alkaloiden nachweisen. Tannine wirken antibakteriell, indem sie die Membranen der Bakterien zerstören und astringierend, was zur Stärkung des Zahnfleisches genutzt werden kann. Alkaloide blockieren Enzyme, fördern die Durchblutung und besitzen ein leicht anästhesierende Wirkung. Weiter wurden triterpenoiden Bitterstoffen mit entzündungshemmender und antibakterieller Wirkung bei

Azadirachta indica nachgewiesen. Zudem konnten Diterpenoide und ätherische Öle gefunden werden. Die antibakterielle Aktivität von Neem Samenöl und auch Karanj Samenöl untersuchte Baswa et al. 2001, wobei sich zeigte, dass diese auf der Inhibition der Synthese der Zellmembran beruht.

Neem Mundspülungen wirken inhibitorisch auf das Wachstum von Streptococcus mutans (Vanka et al. (2001)). Almas weist 1999 in einer Laborstudie auf die

Effektivität eines 50-prozentigen Extrakts aus Azadirachta indica auf Streptococcus mutans und Streptococcus faecalis hin. Neem Extrakte aus den Zahnhölzern des Azadirachta indica reduzieren die Kolonisation von Streptococcen auf den

Zahnoberflächen, indem sie signifikant die bakterielle Adhäsion am Hydroxylapatit inhibieren (Wolinsky et al. (1996)). Dieser Effekt wurde von Sote et al. 1984 damit begründet, dass die Tannine mit ihrer phenolische Gruppe eine Hydrogenbindung mit den prolinreichen Proteinen eingehen, welche für die Adhäsion an den

Zahnoberflächen verantwortlich sind.

Zudem zeigte sich, dass Neemextrakt, getestet bei Hamstern mit Carcinomen der Wangenschleimhaut, chemopräventiv in der oralen Schleimhaut durch die

Modulation von Lipid Peroxidase, Antioxidantien und Detoxikationssystemen wirken kann (Balasenthil et al. (1999)).

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5. Material und Methode

5.1 Materialien und Geräte

5.1.1 Kalibrierung/ Durchführung

p Brillenvorsetzlupe (Eschenbach, Nürnberg, Deutschland) p Gracey Kürette SRPG11/124 (Hu-Friedy, Leimen, Deutschland)

p Hawe Prophy Brush, Normal shape, Latch-Type (KerrHawe, Bioggio, Switzerland) p Hawe Prophy Cup, Normal shape, Latch-Type (KerrHawe, Bioggio, Switzerland) p Hawe Cleanic Prophylaxis Paste (KerrHawe, Bioggio, Switzerland)

p Handschuhe Dermagrip PF Gr. M (Sigma Dental Systems-Emasdi GmbH, Jarplund-Weding, Deutschland)

p Händedesinfektionsmittel Skinman R soft Lsg.(Henkel-Ecolab, Düsseldorf, Deutschland)

p Kürretten, Mini-Five (Hu-Friedy, Chicago, U.S.A.) p Kürretten- Kassette (Hu-Friedy, Chicago, U.S.A.)

p Mucaderma-N Creme (Merz Dental, Lütjenburg, Deutschland) p Mucama Waschlotion (Merz Dental, Lütjenburg, Deutschland)

p Mucasept-A Haut-und Händedesinfektion (Merz Dental GmbH, Lütjenburg, Deutschland)

p Mucocit-T Instrumentendesinfektion (Merz Dental GmbH, Lütjenburg, Deutschland)

p Mundschutz Protecta (Roeko, Langenau, Deutschland)

p Mundspiegel Rhodium-Front (Hahnenkratt, Königsbach-Stein, Deutschland) p Mundspiegel-Griff SS (Hahnenkratt, Königsbach-Stein, Deutschland) p Mundspülbecher (Henry Schein, Langen, Deutschland)

p Oral B Indicator Zahnbürsten, (Oral B part of Gillette Group, Kronberg, Deutschland)

p Patientenumhang Simplex (Roeko, Langenau, Deutschland)

p Plaquerevelator Mira-2-Ton (Hager & Werken, Duisburg, Deutschland) p Polierstreifen grob, mittel, fein (Roeko, Langenau, Deutschland)

p Pursept-A Flächendesinfektion (Merz Dental GmbH, Lütjenburg, Deutschland) p Scaler SCK6D4 (Hu-Friedy, Leimen, Deutschland)

p Speichelsauger (Akzenta Service GmbH, Hamburg, Deutschland)

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p Sonde EXS96 (Hu-Friedy, Leimen, Deutschland) p Trayeinlagen (Henry Schein, Langen, Deutschland)

p WHO-Parodontometer PCP 11.5B6 (Hu-Friedy, Leimen, Deutschland) p" Winkelstück grün Intramatic LUX 29L (KaVo, Biberach, Deutschland)

p" Yashica Dental - EYE Spiegelreflex Kamera (Yashica Kyocera GmbH, Hamburg, Deutschland)

p Zahnärztliche Einheit (Confident, New Delhi, India)

p Zahnseide Essential floss ungewachst (Oral B part of Gillette Group, Kronberg, Deutschland)

5.1.2 Hilfsmittel für den Versuchsaufbau

p Befundbögen p Fragebögen p Kugelschreiber p Schutzbrille

5.2 Untersuchungsvorgehen

In einer Befragung und klinischen Studie wurde herausgearbeitet, welche Prophylaxemaßnahmen im Dorf Padhar in Zentralindien bestehen und ergriffen werden. Durch die Befragung der Dorfbevölkerung sollte herausgearbeitet werden, welche Methoden der Zahnreinigung ergriffen werden, welche Einstellung gegenüber der persönlichen Mundhygiene besteht und welche Art der Ernährung vorliegt. Dazu wurden Personen aus dem Dorf Padhar in unterschiedlicher Altersverteilung und zufälliger Reihenfolge befragt. Es wurde ein Vergleich zwischen den dort

gebräuchlichen Methoden der Zahnreinigung (Zahnbürste, Datun) in einer klinischen Studie durchgeführt. Zwei Gruppen wurden verglichen, von denen die eine mit traditionellen Methoden wie dem Neemholz, die andere mit einer Zahnbürste die Zähne reinigte. Dazu war es zunächst nötig, den Mundgesundheitszustand zu erfassen und den Behandlungsbedarf zu bestimmen. Anschließend erfolgte eine gründliche Reinigung der Zähne. Die Zahnbürstengruppe erhielt Motivation und Instruktion zur Benutzung der Zahnbürste mittels der Zahnputztechnik nach Bass, die Neemholzgruppe die Instruktion nach der Technik von Hollist. Fünf Wochen nach der Voruntersuchung und der gründlichen Reinigung wurden die zwei Gruppen erneut untersucht und ein zweiter klinischer Befund erstellt.

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5.3 Untersuchungskalibrierung

Das Ziel einer Kalibrierung besteht darin, den Untersucher zu befähigen, Diagnosen entsprechend den vorgegebenen Kriterien zu stellen und zu reproduzieren. Das bedeutet erstens, der einzelne Untersucher muss seine Diagnosen wiederholen können und zweitens, verschiedene Untersucher müssen zu übereinstimmenden Ergebnissen gelangen. Dabei ist es notwendig, dass im Verlauf einer Kalibrierung anhand wiederholter Patientenuntersuchungen unter realistischen Bedingungen überprüft wird, inwieweit der zu schulende Untersucher mit dem Referenzunter- sucher übereinstimmt (Pieper (1995)).

Die Kalibrierung der Autorin dieser Studie fand an der Zahnklinik der Medizinischen Hochschule Hannover in der Abteilung für Zahnerhaltung und Parodontologie statt.

Bei Zahnmedizinstudenten, die sich freiwillig zur Verfügung stellten, wurde anhand der für die Studie ausgewählten Indizes ein Befund an zwei aufeinander folgenden Tagen erhoben und auf dem für die Studie entwickelten Befundbogen eingetragen.

5.4 Vorbereitungen zur Studie

Padhar liegt im ländlichen Zentral-Indien im Staat Madhya Pradesh, etwa 170 Kilometer von Bhopal entfernt (Abbildung 5.1). Dort liegt das Padhar Hospital, gegründet im Namen der evangelisch-lutherischen Kirche in Madhya Pradesh.

Abb. 5.1: Padhar

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Entscheidendes Kriterium für die Wahl Padhars als Untersuchungsgebiet waren eine privat durchgeführte dreimonatige Famulatur am Padhar Hospital im Vorjahr und dadurch entstandene private Kontakte. Dr. Babru, der seit Entstehung des Hospitals dort als Zahnarzt arbeitet, bot sich an, die Untersuchungen vor Ort mit zu betreuen und als Dolmetscher zu fungieren.

Von Prof. Dr. H.D. Tröger, dem Vorsitzenden der Ethik-Kommission der Medizinischen Hochschule in Hannover wurde bestätigt, dass keine ethischen Bedenken gegenüber der Befunderhebung und statischen Auswertung der Daten bestehen (Anhang 1).

5.5 Bevölkerungsbefragung

Es erfolgte eine Befragung von 513 Personen aus dem Dorf Padhar in unterschied- licher Altersverteilung. Bei etwa 5000 Einwohnern des Dorfes konnte so ein Zehntel der dortigen Bevölkerung erreicht werden. Der Fragebogen wurde vom Befragten allein ausgefüllt und zur Bestätigung der Angaben unterschrieben (Anhang 4). Bei Minderjährigen halfen die Erziehungsberechtigten, bei Sprachschwierigkeiten oder Analphabetismus übersetzte und füllte Dr. Babru den Befragungsbogen für die betroffene Person aus.

Der Befragungsbogen (Anhang 4) zur Erhebung der Mundhygienegewohnheiten der Einwohner unterteilt sich in 3 Abschnitte:

1. Allgemeine Informationen

Hier wurden Name, Geburtsdatum und Geschlecht sowie Schulbildung erfragt.

2. Zahnmedizinische Befragung

Die Methode, der Zeitpunkt der Reinigung, die Häufigkeit sowie von wem die Methode erlernt wurde, war von Interesse. Es wurde ebenfalls nach der Häufigkeit des Zahnarztbesuches und dem Grund gefragt.

Referenzen

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