A-1313 Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 20, 21. Mai 1999 (9)
S P E K T R U M LESERBRIEFE
sensgrundlage und dem stän- digen Offensein für die Pro- bleme anderer Fächer kann man ein guter allgemeiner Arzt sein und wird anerkannt von Patienten und Kollegen.
Die Inanspruchnahme der alleinigen Kompetenz für die hausärztliche Medizin durch die Allgemeinmedizin ist si- cher falsch und nur berufs- politisch zu erklären. All- gemeinärztliche Kompetenz steht nicht nur den Allge- meinmedizinern zu, sondern auch in gleichem Maße den hausärztlich tätigen Inter- nisten. Internisten können ebenso gute Hausärzte sein, vielleicht auch Neurologen, Urologen etc. Sie müssen nur offen für das andere jenseits ihres Fachgebietes sein.
Man kann nur hoffen, daß die verantwortlichen Mei- nungsbildner unter den All- gemeinmedizinern zusam- men mit den Politikern die Notwendigkeit begreifen,
die Elite des medizinischen Nachwuchses wieder für die Allgemeinmedizin zu interes- sieren und eine hervorragen- de Ausbildung sicherzustel- len. Der gefühlvolle Umgang mit kranken Menschen inklu- sive der Kenntnis familiärer Hintergründe ist nicht nur eine Kunst, welche nur die Allgemeinmediziner beherr- schen, sie ist mehr oder weni- ger Bestandteil jeder ärztli- chen Tätigkeit.
Allgemeinmedizin ist je- doch notwendig, aber sie kann nur überleben, wenn die Weiterbildung zum All- gemeinmediziner dem Stan- dard anderer Facharztweiter- bildungsgänge entspricht. Nur dann kann der Allgemeinme- diziner die von der Politik ge- wünschte Rolle eines Lotsen im medizinischen Versor- gungssystem übernehmen.
Dr. med. Christian Büne- mann, Marktstraße 24, 42369 Wuppertal
Hilfsorganisationen
Zu dem Beitrag „Vorbereitung von Auslandseinsätzen: Helfen wollen reicht nicht aus“ von Daniel Sagebiel in Heft 17/1999:
Warnung vor Humanitätsduselei
Im interessanten Beitrag von Sagebiel kommt leider zu kurz, daß es nicht Aufgabe der Hilfsorganisationen sein kann, in welcher Form auch immer, in Kriegen mitzuwir- ken. Das heißt, eine unparteii- sche „humanitäre“ Hilfe in Kriegen kann es gar nicht ge- ben. Der Helfer wird dann folgerichtig Kriegspartei.
Werden wir doch kon- kret: Die Bundesrepublik hat als NATO-Partei die mi- litärische Option gegen Ser- bien mitinszeniert. Ab dem ersten Militäreinsatz deut- scher Soldaten ist demnach auch nur das Militär zustän- dig für humanitäre Hilfen im Kriegsgebiet. Das Leid und Elend, was Soldaten veran- stalten, geht in der medizini- schen Schadensbegrenzung
ebenso ausschließlich die Soldaten an. Der Helfer ist selbst Teil der Militärma- schine. Er muß sich dann ebenso politisch und men- schenrechtlich verantworten wie jeder Soldat in diesem Krieg. Er darf dann natürlich auch für seine Leistungen die bluttriefenden Orden kas- sieren, die derzeit wieder en vogue sein sollen.
Gewarnt werden muß vor der Humanitätsduselei der sonstigen Hilfsorganisatio- nen, die ja tatsächlich andere Ziele verfolgen dürften, als sie vorgeben. Sagebiel nennt zu Recht die teilweise abstru- sen Motivationen der Helfer:
„Abenteuerlust, Fernweh, Routine – Überdruß, Flucht vor persönlichen Problemen, Arbeitslosigkeit.“
Hinzuzufügen wären: ge- störte Persönlichkeiten, po- litischer Extremismus, Macht- gier, sadomasochistische Neu- rosen.
Krieg findet nicht statt, wenn keiner hingeht. Das gilt auch für die Helfer. Ein Staat, der in den Krieg eintritt, muß dazu gezwungen wer- den, auch für Folgeschäden,
Flüchtlingselend und die Spätfolgen sowie den Wie- deraufbau seine primäre und alleinige Zuständigkeit anzu- erkennen. Eine Lastenver- schiebung auf Hilfsorganisa- tionen und das Aufrufen zu öffentlichen Spenden ist un- ehrlich und inkonsequent.
Eine Demokratie, die die- se Lasten nicht bereit ist zu tragen, sollte sich überlegen, ob die Regierung, die derart unvorbereitet in einen Krieg geht, nicht schnellstens zu entpflichten wäre.
Dr. med. Martin H. Brenner, Luthmerstraße 25, 65934 Frankfurt
GKV
Zu der Grafik „Leistungsausgaben der GKV für Allgemeinversicherte in Pro- zent vom Grundlohn je Mitglied“ in Heft 15/1999:
Einnahmerückgang?
GKV: Ausgabensteige- rung oder Einnahmerück- gang? Die veröffentlichte Statistik über die Entwick- lung der Ausgaben in der GKV von 1970 bis 1997 zeigt einen mehr oder weniger stark ausgeprägten Anstieg der Ausgaben der GKV in al- len Bereichen. Jedoch be- zieht sich die Auswertung auf den Anstieg in Prozent vom Grundlohn je Mitglied.
Bekanntlich nahm in den letzten Jahren die Brutto- lohnquote ab. Durch die zu- nehmende Arbeitslosigkeit, Scheinselbständigkeit, An- stieg des Anteils der Rentner usw. waren sicherlich auch die Beiträge pro Mitglied rück- läufig.
Ich bitte daher um Dar- stellung der Ausgabenent- wicklung der GKV im Ver- gleich zum Bruttosozialpro- dukt (BSP) sowie Darstellung der Beitragsentwicklung pro Mitglied sowie der Ausgaben- entwicklung der GKV pro Mitglied im Vergleich zum BSP.
Dr. med. Michael Prosinger, Loisach-Ufer 30, 82515 Wolf- ratshausen
Bereitschaftspraxis
Zu dem Beitrag „Münchener Projekt weckt Zuversicht“ von Dr. med. Martin Siess und Dr. med. Lothar Schmittdiel in Heft 10/1999:
Kein singuläres Novum
Ich darf bemerken, daß Bereitschaftspraxen nieder- gelassener Ärzte bereits seit einiger Zeit in Stuttgart, Es- sen und Ludwigshafen/Rhein an Kliniken etabliert sind. Es wirkt daher vermessen, eine solche Einrichtung als sin- guläres Novum zu bezeich- nen. Die praktischen, ökono- mischen und gesundheitspoli- tisch wegweisend positiven Auswirkungen dürfen wir in Ludwigshafen seit 1997 erfah- ren. Wir behandeln inzwi- schen 6 000 bis 7 000 Patien- ten/Quartal. Die Eröffnung einer zweiten Zentrale in ei- nem zweiten Haus zur Nut- zung entsprechender Syner- gieeffekte für unseren Land- kreis stand zum 1. Mai 1999 an.
Daß Sie gleiche positive Erfahrungen und Erwartun- gen haben wie wir, bestätigt das Konzept. Anlaß genug, über ein Treffen der Leitung der Einrichtungen zum Er- fahrungsaustausch nachzu- denken.
Dr. med. B. Wallacher, Not- fallzentrale Ludwigshafen/
Rhein, Oberstraße 6, 67065 Ludwigshafen
Börsebius
Zu dem Börsebius-Beitrag zur Ban- kenhaftung „Spekulantenschicksal“
in Heft 15/1999:
Weitere Spekulation
Da die Kolumne in einer Ärztezeitschrift erscheint, sei es erlaubt, darüber zu speku- lieren, ob im vergleichbaren Fall ein Arzt wohl ebenso ex- kulpiert worden wäre wie die besagte Sparkasse?
Dr. med. Andreas Hofmann- Lerner, Hohenlohestraße 19, 80637 München
A-1314 (10) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 20, 21. Mai 1999
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