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Archiv "Die ,,zuwendungsintensiven'' Leistungen sollen belohnt werden" (09.10.1985)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Aktuelle Politik

Die ,,zuwendungsintensiven'' Leistungen sollen belohnt werden

Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung denkt über eine neue Struktur der Gebührenordnung nach

D

er Vorsitzende der Kassen- ärztlichen Bundesvereini- gung, Professor Dr. Sieg- tried Häußler, hält eine Ver- schiebung der Schwerpunkte in der kassenärztlichen Gebühren- ordnung, dem "Bewertungs- maßstab Ärzte (BMÄ}", für not- wendig. Die jetzige Gebühren- ordnung begünstige aufwands- intensive technische Leistungen und führe zu einer Einkom- mensverteilung in der Ärzte- schaft, die nicht mehr leistungs- gerecht erscheine, begründete Häußler vor der Presse. Eine Re- formkommission der KBV solle deshalb Strategien zur Moderni- sierung, Honorarumstrukturie- rung und Vereinfachung der Ab- rechnung erarbeiten.

..,. Häußler: "Ergebnis soll eine auf Begünstigung zuwendungs- intensiven ärztlichen Handeins ausgerichtete kassenärztliche Gebührenordnung sein, der gleichzeitig ein praktikables Ordnungskonzept zugrunde- liegt." Und noch einmal Häußler, im Klartext: "Leistungen, die der Arzt selber erbringt, die er nicht delegieren kann, sollen besser honoriert werden."

Aus der Arbeit der Reformkom- miSSIOn berichtete auf dem Presseseminar der KBV in Berlin der Vorsitzende jener Kommis- sion, Dr. Klaus Dehler; Dehler (Nürnberg) ist Vorstandsmit- glied der Kassenärztlichen Bun- desvereinigung. Beabsichtigt

Eine "Reformkommission"

des Vorstandes der Kas- senärztlichen Bundesver- einigung (KBV) beschäftigt sich mit einer Umstruktu- rierung der Gebührenord- nung. Die Überlegungen der Kommission sind so weit gediehen, daß sie auf einem Seminar, zu dem die KBV einen Kreis namhafter sozialpolitischer Journali- sten nach Berlin geladen hatte, in Grundzügen vor- gestellt werden konnten .

sei eine kostenneutrale Um- schichtung des Honorarvolu- mens. Zugleich sollten eine Rei- he von Ungereimtheiten der jet- zigen Gebührenordnung für die Kassen-/Vertragsärzte beseitigt werden. Daß diese Gebühren- ordnung nicht dem Stand der Zeit entspreche, zeige sich schon daran, daß von den rund 2400 Positionen ungefähr 200 überhaupt nicht und etwa 1200 weniger als tausendmal im Jahr von der Kassenärzteschaft an- gesetzt würden.

Diese Positionen mögen ja in der amtlichen ärztlichen Gebüh- renordnung (GOÄ), die für die

Privatliquidation - auch im sta- tionären Bereich - gilt, ihre Be- rechtigung haben. Aber: Die Ge- bührenordnung, die inzwischen sieben Jahre alt sei, berücksich- tige auch moderne medizini- sche Entwicklungen nicht. Sie habe ferner textliche Mängel und bereite Auslegungsschwie- rigkeiten.

Vor allem aber bemängelte Dr.

Dehler- wie zuvor Häußler- die Ungleichgewichte in der Hono- rarverteilung, die durch die Struktur der Gebührenordnung bedingt seien. Im Ertrag lägen die Arztgruppen mit den höch- sten Umsätzen um ein Fünffa- ches über denen mit den nied- rigsten Umsätzen. Ziel einer Re- form müsse es daher sein, Chancengerechtigkeit für alle Gruppen zu schaffen.

Kernstück der Reformüberle- gungen ist eine Neuordnung der Leistungen nach Maßgabe der ärztlichen Zuwendung. Dehler nannte vier Kategorien von Lei- stungen:

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Zuwendungsintensive Lei- stungen; das sind solche, die nur vom Arzt persönlich am Pa- tienten erbracht werden kön- nen.

f) Aufwandsintensive Leistun- gen; das sind solche, bei denen ärztliche Leistung und techni- sche Leistung unlösbar mitein- ander verbunden sind.

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Zuwendungsfreie ärztliche Leistungen; das sind solche, die zwar vom Arzt erbracht werden, bei dem der Arzt aber nicht un- ~ mittelbar mit dem Patienten zu tun hat.

Ausqabe A 82. Jahrgang Heft 41 vom 9. Oktober 1985 (17) 2949

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Kassenärztliche Gebührenordnung

Aufsichtsleistungen; das sind solche, die auf Anordnung und unter Aufsicht des Arztes von AssistenzpersonaE durchge- führt werden (eventuell auch au- ßerhalb der Praxis).

Das „Umschaufeln" (Dehler) zu- gunsten der zuwendungsinten- siven Leistungen soll im wesent- lichen zu Lasten von Leistungen der Kategorie vier erfolgen. Das bedeute keine Maschinensteu- er, versicherte Dehler. Der Kas- senarzt solle konkurrenzfähig bleiben. Er solle auch künftig in- vestieren und seine Investitio- nen amortisieren können.

In erster Linie dürfte das Labor von der Umschichtung betroffen sein. Die Überlegungen der Re- formkommission folgen damit einer bereits seit Jahren sicht- baren Linie der Umstrukturie- rung des Honorarvolumens.

Dehler denkt freilich über das Bisherige hinaus, so etwa an ei- ne Splittung des Laborhonorars:

einerseits Vergütung für den analytischen Schritt, anderer- seits Honorar für die ärztliche Einordnung der Ergebnisse in Diagnose und Therapie. Für die bloße Analyse soll, folgt man Dehler, der Marktpreis erstattet werden. Dehler geht dabei da- von aus, daß Laborleistungen größtenteils nicht individuell in der ärztlichen Praxis erbracht, sondern von Großlaboratorien bezogen werden. Dennoch wol- le man dem Einzellabor eine Chance belassen, aber man müsse auch realistisch sehen, daß sich auf dem Laborsektor in der Praxis seit Jahren ein Kon- zentrationsprozeß vollziehe.

Auf der anderen Seite stehen — den Überlegungen der KBV fol- gend — die Verbesserungen für die zuwendungsintensiven Lei- stungen und damit für jene Arzt- gruppen, die in erster Linie sol- che Leistungen erbringen. Die Frage ist freilich, ob Einsparun- gen beim Labor schon soviel er- bringen, daß die zuwendungsin- tensiven Leistungen tatsächlich

spürbar angehoben werden können. In der KBV scheint man Giese Frage positiv zu beantwor- ten. KBV-Hauptgeschäftsführer Dr. Eckart Fiedler ist zudem der Meinung, daß die zuwendungs- intensiven Leistungen notfalls nicht nur zu Lasten des Labors, sondern auch aller anderen Be- reiche gefördert werden sollten.

Allerdings seien Umbewertun- gen im Laborbereich am vor- dringlichsten. Dr. Dehler resü- mierte: es werde „schmerzhafte Eingriffe" für Laborärzte geben.

In welcher Höhe sollen die zu- wendungsintensiven Leistun- gen begunstigt werden'? Dar- über konnten sich die KBV-Ver-

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Die jetzige Gebührenord- nung begünstigt in ihrer Struktur aufwandsintensi- ve technische -Leistungen und hat zu einer Einkom- mensverteilung in der Ärz- teschaft geführt, die nicht mehr leistungsgerecht er- scheint.

Professor Dr.

Siegfried Häußler

treter auf dem Presseseminar noch nicht exakt äußern. Nicht von ungefähr berichtete indes der Vorsitzende der Kassenärzt- liche Vereinigung Westfalen- Lippe, Dr. Ulrich Oesingmann (auch er gehört dem KBV-Vor- stand an) von einem Modellver- such in seiner KV. Hier werden in einem mehrjährigen Modell- versuch zeitintensive Beratun- gen von Ersatzkassen-Patienten mit psychosomatischen Störun- gen mit knapp dem Dreifachen der normalen Beratungsgebühr honoriert. Bedingungen sind:

die Ärzte müssen eine minde- stens dreijährige Erfahrung in Klinik oder Praxis nachweisen, sie sollen möglichst in Selbster-

fahrungsgruppen ä la Balint mit- machen; die Beratung muß min- destens 15 Minuten dauern. Pro- fessor Häußler, am Rande der Berliner Tagung auf das westfä- lisch-lippische Modell ange- sprochen, äußerte die Meinung, eine derartige Aufwertung zu- wendungsintensiver Leistungen erscheine ihm vorbildlich.

Häußler machte in Berlin auch auf den weiteren Hintergrund der Reformüberlegungen der Kassenärztlichen Bundesverei- nigung aufmerksam. Die Kassen seien über die steigenden Arzt- zahlen und das damit einherge- hende steigende Leistungsvolu- men äußerst besorgt. Die Kas- senärzte müßten, um das Hono- rarsystem, das auf Einzelleistun- gen basiere, im Grundsatz zu er- halten, einiges tun, um den Kas- sen diese Sorge zu nehmen. Das sei der Fall, wenn die Kassen die Zahlung ihrer Gesamtvergütung an die KV nach Kopfpauschale berechnen könnten. Das auf- grund der Kopfpauschale ermit- telte gesamte Honorarvolumen (das im Einklang mit der Grund- lohnsumme steige) stehe dann den Kassenärztlichen Vereini- gungen zur Verteilung nach de- ren eigenen Honorarvertei- lungsmaßstäben zur Verfügung.

Und verteilt werde weiterhin grundsätzlich nach Einzellei- stungen und künftig, wenn die KBV-Reformvorschläge gebilligt würden, eben umstrukturiert zu- gunsten der zuwendungsinten- siven Leistungen.

Aus Häußlers Ausführungen in Berlin geht auch deutlich her- vor, daß die Kassenärztliche Bundesvereinigung mit ihren Überlegungen weitergehende Vorschläge von politischer Seite unterlaufen will, so etwa den SPD-Gesetzesentwurf zur Wei- terentwicklung der Vertrags- grundlagen des Kassenärzt- lichen Gebührenrechts. Hier werden das Leistungskomplex- honorar sowie die Beseitigung der Honorarverteilungshoheit der Kassenärztlichen Vereini-

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2950 (18) Heft 41 vom 9. Oktober 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

THEMEN DER ZEIT Gebührenordnung

gungen gefordert. Häußler nannte aber auch eine „Tradi- tionskompanie für Kostendämp- fung" im Bundesarbeitsministe- rium. Dort geistere ein „Posi- tionspapier" umher, in dem eine feste Koppelung der Ausgaben an die Grundlohnsumme gefor- dert werde, in dem die Preisver- gleichsliste für Ärzte als ver- bindlich, also als „quasi automa- tische Regreßgrundlage" (Häuß- ler) bezeichnet werde und in dem die Abschaffung der Ein- zelleistungsvergütung gefordert werde.

Häußler ließ ferner erkennen, daß die Überlegungen der KBV- Reformkommission mit Vor- schlägen, wie sie dem bayeri- schen KV-Vorsitzenden, Profes- sor Dr. Hans Joachim Sewering, zugeschrieben werden, konkur- rieren. Häußler (freilich ohne Sewering namentlich zu nen- nen) zu den im Berliner Seminar der KBV versammelten Journali- sten: „Durch die Zunahme des Anteils der Spezialisten in der Gesamtheit der Kassen- und Vertragsärzte droht eine Ver- teuerung der ambulanten Ver- sorgung, zumal immer mehr Ori- ginalscheine von diesen Spezia- listen abgerechnet werden. Sie kennen die verschiedenen Lö- sungsvorschläge für das Pro- blem, etwa den, die freie Arzt- wahl zu beschränken und nach holländischem Muster dem Ver- sicherten den unmittelbaren Zu- gang zum Spezialisten zu sper- ren. Das wäre eine Revolutionie- rung unseres Systems, die nach meiner Meinung Wert und Anse- hen des Hausarztes, der gleich- zeitig auf Pauschalhonorar ge- setzt werden soll, hinabstufen würde, ohne damit die Finan- zierbarkeit unseres Systems zu verbessern."

Soweit Professor Häußler. Sein bayerischer KV-Kollege wird sei- ne Auffassungen gewiß bei nächster Gelegenheit präzisie- ren; ein Bericht über den Bay- erischen Ärztetag erscheint im nächsten Heft. NJ

Grundrente

für jedermann?

Das Bonner Institut für Wirt- schafts- und Gesellschaftspolitik (IWG), das von dem CDU-Politiker Biedenkopf geleitet wird, hat die schrittweise Ablösung des heu- tigen Alterssicherungssystems durch eine staatliche Grundver- sorgung vorgeschlagen und dafür ein konkretes Modell vorgelegt, das sowohl das Rentensystem als auch die Beamtenversorgung und die berufsständischen Versor- gungswerke einbezieht. Der west- fälische CDU-Vorsitzende Bieden- kopf und der FDP-Vorsitzende Bangemann setzen sich zwar seit längerem für eine steuerfinanzier- te Grundrente ein; bislang fehlte es jedoch an einem Modell, an dem überprüft werden kann, ob solche Überlegungen überhaupt zu verwirklichen sind.

Das versuchen die Mitarbeiter Biedenkopfs, Meinhard Miegel und Stefanie Wahl, nun in ihrer Studie über die Neuordnung des Alterssicherungssystems zu bele- gen. Nach diesem Vorschlag solle nach einer Übergangszeit von 25 Jahren, also etwa vom Jahr 2010 an, jeder Bürger, der wenigstens 25 Jahre in der Bundesrepublik steuerpflichtig war, vom 63. Le- bensjahr an eine Grundrente in Höhe von 40 Prozent des durch- schnittlichen Netto-Arbeitsent- gelts der Arbeitnehmer erhalten.

Heute entspricht das einem Be- trag von rund 800 Mark, im Jahr 2010 wären das nach den Schät- zungen des Instituts etwa 1200 Mark (bezogen auf den heutigen Geldwert).

Wer erst in einem höheren Le- bensalter die Grundrente bean- tragt, soll eine höhere Rente er- halten. Je Monat ist ein versiche- rungsmathematischer Zuschlag von 0,4 Prozent vorgesehen. Wer die Grundrente erst vom 68. Le- bensjahr an bezieht, erhielte also eine Rente in Höhe von 64 Pro-

zent der Netto-Arbeitsentgelte, was in etwa dem heutigen Ren- tenniveau entspricht. Die Grund- rente wird auch bei Erwerbsunfä- higkeit gezahlt; Voraussetzungen sind fünf Jahre Steuerpflicht und Erwerbstätigkeit. Bei Berufsunfä- higkeit wird die halbe Grundsi- cherung gewährt. Erwerbs- und Berufsunfähigkeit müssen alle zwei Jahre überprüft werden. Hin- terbliebenenrenten werden an Witwer und Witwen gewährt, die das 50. Lebensjahr vollendet ha- ben, deren Ehepartner 25 Jahre steuerpflichtig und die in den sie- ben Jahren vor dem Versorgungs- fall nicht erwerbstätig waren.

Anspruch für alle

Anspruch auf die Grundsicherung soll prinzipiell jedermann haben, Männer und Frauen, Inländer und Ausländer, Erwerbstätige und Nichterwerbstätige, Arbeitneh- mer, Selbständige, Freiberufler und Beamte. Das ist jedenfalls das langfristige Ziel. Das Modell ent- hält durch die Zuschlagsregelung einen Anreiz, länger zu arbeiten oder nach dem 63. Lebensjahr zu- nächst einmal einige Jahre von den angesammelten Ersparnissen zu leben, um hinterher eine bes- sere Grundrente zu erhalten. Die Beschränkung der Versorgung auf eine allgemeine und einheit- liche Mindestrente soll die Abga- benbelastung etwa auf dem heuti- gen Niveau stabilisieren und da- mit die Voraussetzungen für pri- vate Vorsorge und Kapitalbildung verbessern.

Finanziert werden soll das System über die Steuer. Um die Grund- rente bezahlen zu können, müs- sen die Einkommensteuerbela- stung bis 2030, wenn die Alters- lastquote voraussichtlich ihren höchsten Stand erreicht, von heu- te durchschnittlich 17,5 Prozent auf 26 Prozent und der Mehrwert- steuersatz von 14 auf 21 Prozent erhöht werden. Zwei Drittel der Belastung sollen über die indirek- ten Steuern und ein Drittel über die Lohn- und Einkommensteuer Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 41 vom 9. Oktober 1985 (19) 2951

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