Die Information:
Bericht und Meinung DER KOMMENTAR
Im DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT Heft 43/1974 wurde unter der Über- schrift „Vor solchen Tricks wird gewarnt" eine Ausgabe des Pres- sedienstes „pdo" vom 25. Septem- ber 1974 glossiert, in der der Bun- desverband der Ortskrankenkassen über den scheinbar unmittelbar be- vorstehenden Abschluß einer Emp- fehlungsvereinbarung zwischen den Spitzenverbänden aller Kran- kenkassen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft über eine vorstationäre Diagnostik und eine nachstationäre Behandlung „be- richtet" hatte.
Die Glosse wies demgegenüber darauf hin, daß dieser Empfeh- lungsvereinbarung bisher nur der Bundesverband der Ortskranken- kassen zugestimmt habe, während alle übrigen Spitzenverbände der Krankenkassen und Ersatzkassen ihre Zustimmung zu einer solchen Empfehlung bisher nicht gegeben hätten. Die Deutsche Krankenhaus- gesellschaft, als der andere Ver- tragspartner, habe dem „Ortskran- kenkassenpapier" ebenfalls nicht vorbehaltlos zugestimmt, sondern seine Realisierung von der Durch- führung vorheriger Modellversuche abhängig gemacht. Die Glosse stellte darüber hinaus die Fragwür- digkeit der in dem Entwurf der Empfehlungsvereinbarung durch den BdO zum Ausdruck gebrach- ten Rechtsauffassung heraus, wo- nach diese vorstationäre Diagno- stik und nachstationäre Behand- lung rechtlich als Bestandteil der Krankenhauspflege im Sinne des
§ 184 RVO anzusehen seien und demzufolge die kassenärztliche Versorgung hierdurch nicht berührt werde.
Gegen die in der Glosse zum Aus- druck gebrachte Kritik am voreili-
gen Vorgehen des Bundesverban- des der Ortskrankenkassen richtet sich die folgende, der Schriftlei- tung des DEUTSCHEN ÄRZTE- BLATTS vom Hauptgeschäftsführer des BdO zugeleitete Stellungnah- me, die fälschlicherweise die Über- schrift „Gegendarstellung" trug, obwohl sie keineswegs einer Ge- gendarstellung nach § 11 des Pres- segesetzes von Nordrhein-Westfa- len entspricht; wir veröffentlichen die Zuschrift dennoch gerne, weil sie uns noch einmal Anlaß und Ge- legenheit zu einer neuerlichen ei- genen Stellungnahme gibt:
„Im DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT Heft 43 vom 24. Oktober 1974 heißt es auf Seite 3059 unter der Über- schrift ,Vor solchen Tricks wird gewarnt', der Bundesverband der Ortskrankenkassen wolle durch rechtswidrige Verträge mit Kran- kenhausträgern einen Teil der am- bulanten ärztlichen Diagnostik aus der freien Praxis in die Institution Krankenhaus verlagern. Das ist un- zutreffend. Richtig ist vielmehr, daß der Bundesverband der Ortskran- kenkassen gemeinsam mit den an- deren Spitzenverbänden der Kran- kenversicherung und der Deut- schen Krankenhausgesellschaft auf der Basis des geltenden Rechts eine Vereinbarung über die vorsta- tionäre Behandlung anstrebt, die schon immer Teil der Kranken- hausbehandlung gewesen ist.
Weiter heißt es in diesem Artikel, der Bundesverband der Ortskran- kenkassen habe den Fachjournali- sten erklärt, die Vereinbarung tre- te, ohne Rücksicht auf das Wohl des Patienten und ohne Gedanken an dessen ärztliche Versorgung, bereits am 1. Oktober in Kraft.
Auch das ist falsch. Richtig ist viel- mehr, daß der Bundesverband der
Ortskrankenkassen zu keiner Zeit geäußert hat, die Vereinbarung tre- te zum 1. Oktober in Kraft; zudem hat sich der Bundesverband der Ortskrankenkassen bei den Ver- tragsverhandlungen stets vom Wohle der Patienten und davon lei- ten lassen, wie deren ärztliche Ver- sorgung gesichert und verbessert werden kann.
Ferner wird in dem Artikel gesagt:
Selbst die Formulierung, bisher habe nur der Bundesverband der Ortskrankenkassen der Vereinba- rung zugestimmt, sei falsch, denn der Bundesverband der Ortskran- kenkassen könne doch korrekter- weise nicht von seiner Zustimmung sprechen, wenn er den Text, um den es gehe, selbst hervorgezau- bert habe. Auch das ist falsch. Der Bundesverband der Ortskranken- kassen hat den Text, um den es geht, nicht ‚hervorgezaubert'. Der Text ist vielmehr von einer Kom- mission erarbeitet worden, der Ver- treter aller Spitzenverbände der Krankenversicherungsträger und der Deutschen Krankenhausgesell- schaft angehören. Deren Vorschlä- gen hat der Bundesverband der Ortskrankenkassen zugestimmt.
Weiter heißt es in dem Artikel, die Deutsche Krankenhausgesellschaft habe dem Ortskrankenkassenpa- pier nicht vorbehaltlos zugestimmt, sondern einen Gegenvorschlag ge- macht. Auch das ist unzutreffend.
Richtig ist vielmehr, daß die Deut- sche Krankenhausgesellschaft den Kommissionsvorschlag in einigen Punkten modifiziert hat.
Bundesverband
der Ortskrankenkassen Körperschaft des öffentlichen Rechts Der Geschäftsführer gez. Fritz Kastner"
Das DEUTSCHE ÄRZTEBLATT merkt dazu folgendes an:
1. Sowohl bei den Beratungen um den Referentenentwurf eines Ge- setzes zur Neuregelung des Rechts der Krankenversicherung im Jahre
Vor BdO-Tricks wird gewarnt
Vom Bundesverband der Ortskrankenkassen weiterhin propagiert:
Vor- und nachstationäre Behandlung im Krankenhaus
244 Heft 5 vom 30. Januar 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Die Information:
Bericht und Meinung AUS DEN BUNDESLÄNDERN
1958 als auch bei den Auseinan- dersetzungen um ein Krankenver- sicherungsneuregelungsgesetz im Jahre 1963 wurde von seiten der Krankenhausträger und der Kran- kenkassen vergeblich versucht, eine gesetzliche Bestimmung in der RVO zu verankern, wonach die vom Krankenhaus zu erbring'enden ärztlichen Leistungen auch nicht- stationär gewährt werden können,
„soweit es sich um Voruntersu- chungen und Nachbehandlungen auf Grund verordneter Kranken- hauspflege handelt". Es muß daher als absurd angesehen werden, wenn der BdO in seiner „Gegen- darstellung" heute die Auffassung vertritt, daß die vorstationäre Dia- gnostik und die nachstationäre Therapie schon immer Bestandteil der Krankenhausbehandlung gewe- sen seien. Angesichts der damals vom Gesetzgeber ausdrücklich ab- gelehnten Einbeziehung der vor- und nachstationären Behandlung in die Krankenhauspflege nach
§ 184 RVO kann auch die unter ei- ner ganz anderen Zwecksetzung erfolgte Veränderung des Wort- lauts diesen § 185 RVO durch das Leistungsverbesserungsgesetz vom 19. Dezember 1973 nicht als Grund- lage für die Rechtsauffassung des BdO angeführt werden.
2. Der BdO wird es nicht bestrei- ten können, daß seine Vertreter den Entwurf einer Empfehlungsver- einbarung in die Beratungen der bei der Deutschen Krankenhausge- sellschaft mit einer ganz anderen Zielsetzung eingerichteten „Pflege- satzkommission" eingebracht ha- ben. Wie anders wäre es auch zu erklären, daß bisher nur der BdO in seinen Gremien diese Empfeh- lungsvereinbarung verabschiedet hat. Es kann daher nicht davon die Rede sein, daß der BdO lediglich Vorschlägen der Pflegesatzkom- mission „zugestimmt" habe.
3. Es wird vom BdO auch nicht be- stritten werden können, daß er die- se Empfehlungsvereinbarung in je- dem Fall zum 1. Oktober 1974 in Kraft setzen wollte, unbeschadet der sich tatsächlich aus ihrer Rea- lisierung für die ärztliche Versor-
gung und insbesondere für die Ko- stensituation am Krankenhaus er- gebenden Konsequenzen.
Die zurückhaltende Einstellung der Deutschen Krankenhausgesell- schaft und ihr Votum, zunächst al- lenfalls über Modellversuche diese Konsequenzen zu überprüfen, zei- gen bereits, daß nicht nur die Ärz- teschaft schädliche Auswirkungen einer solchen Vereinbarung auf die ärztliche Versorgung des Patienten befürchtet. Durch Modellversuche, die von denjenigen betrieben wer- den, die aus rein politischen Moti- ven das System der ambulanten ärztlichen Versorgung ändern wol- len, läßt sich allerdings der Nutzen einer derartigen Vereinbarung für die ärztliche Versorgung des Pa- tienten ohnehin in keinem Fall be- weisen. DÄ
ECHO
Zu: „Ein Beitrag zur Verkehrs- sicherheit" in Heft 47/1974, Sei- te 3373 ff.
Einschränkung
der Verkehrstüchtigkeit durch Arzneimittel
„Eine Liste der Arzneimittel- gruppen, die die Verkehrs- tüchtigkeit beeinträchtigen können, hat die Bundesärzte- kammer in einem neuen Merkblatt zusammengestellt, das im DEUTSCHEN ÄRZTE- BLATT veröffentlicht wurde.
Danach sollen Patienten nach intravenöser Narkose, aber auch nach lokaler Be- täubung und Gasanwendun- gen nur in Begleitung nach Hause gehen, keinen Alkohol zu sich nehmen und 24 Stun- den lang kein Fahrzeug steu- ern. Gleiches gelte auch für Personen, die unter der Wir- kung von Schlaf- und Be- ruhigungsmitteln stehen. . ."
(Zahlreiche Tageszeitungen)
BERLIN
Volksambulanz
„überflüssig"
Die kassenärztliche Versorgung im Bezirk Kreuzberg sei sicher- gestellt, und die Einrichtung ir- gendwelcher Ambulanzen sei nicht erforderlich, erklärte der Senator für Arbeit und Soziales, Harry Liehr, vor dem Berliner Abgeordne- tenhaus. Die Kassenärztliche Verei- nigung Berlin hat sich dieser Stel- lungnahme des Leiters der für sie zuständigen Dienstaufsichtsbehör- de zur Einrichtung einer „Volksam- bulanz" (DEUTSCHES ÄRZTE- BLATT, Heft 49/1974, Seite 3536) angeschlossen und darauf hinge- wiesen, daß die kinderärztliche Versorgung im Bezirk Kreuzberg durch die Ermächtigung eines tür- kischen Kinderarztes verbessert worden sei.
Nach Auffassung der KV Berlin verstößt die Beteiligung einzelner Ärzte an solchen „Volksambulan-
zen" dann gegen das Gesetz über das Kassenarztrecht, wenn diese Ärzte Krankenscheine in Empfang nehmen, kassenärztliche Formula- re sowie Rezepte benutzen und den Eindruck bei den Patienten er- wecken, dies sei ordnungsgemäß.
Eine unentgeltliche Tätigkeit von Ärzten in einer „Volksambulanz"
würde nach Ansicht der KV gegen die Berufsordnung verstoßen.
Die KV Berlin ist an der Niederlas- sung weiterer Ärzte im Bezirk Kreuzberg interessiert und will ent- sprechende Anträge auf Zulassung unterstützen. Die Delegiertenver- sammlung der KV hat beschlossen, Kassenärzten, die sich in einem Stadtteil niederlassen, der schlech- ter versorgt ist als alle anderen, zur Überwindung von Anfangs- schwierigkeiten Umsatzgarantien zwischen 80 000 und 120 000 DM jährlich zu gewähren. Auf Wunsch will die KV sogar Arztpraxen voll-
kommen einrichten und an nieder- lassungswillige Ärzte vermieten.
Außerdem beschloß die Delegier- tenversammlung, für Praxiseinrich-
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 5 vom 30. Januar 1975 245