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S P E K T R U M AKUT
Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 1–2, 10. Januar 2000
Johanniskraut
Einfluss auf andere Arzneimittel
Z
ur Beseitigung depressiver Verstimmungen leichten und mittleren Grades werden seit einigen Jahren Johanniskrautzubereitungen ärztlich verordnet oder auch von Betroffenen selbst gekauft. Obwohl als tägliche Dosis eine Menge von 900 mg empfohlen wird, ist auf manchen Packungen die dreifache Dosis angegeben. Dies ist jedoch nicht ohne Risiko, wie eine Arbeitsgruppe um Prof. Ivar Roots (Charité, Berlin) festgestellt hat. Denn Johan- niskraut vermag die Wirksamkeit anderer Arznei- mittel zu verändern: So reduziert die Einnahme von Johanniskrautextrakt die Konzentration von Digo- xin im Blut um ein Viertel (Clin Pharmacol Ther 1999; 66: 336–345). In einer weiteren Studie unter- suchten die Wissenschaftler Personen, die neben ei- ner antidepressiven Therapie mit Amitriptylin oder Nortriptylin zusätzlich 14 Tage mit 900 mg Johannis- kraut-Extrakt behandelt wurden.U
nter der Kombinationstherapie sank die Wirkstoffkonzentration von Amitryptilin im Blut um 21 Prozent und von Nortriptylin um 40 Prozent ab. Ähnliche Befunde beobachteten die Forscher bei der Kombination von Johanniskraut und dem Antikoagulans Phenprocoumon. Vor allem Leberkranke müssen auf Johanniskraut-Interaktio- nen hingewiesen werden. Denn nach Untersuchung der Berliner Wissenschaftler werden die Bestandtei- le des pflanzlichen Antidepressivums bei Funktions- einbußen der Leber unterschiedlich schnell abgebaut.In einer leicht zirrhotischen Leber wird Hypericin – eine von mindestens sieben Komponenten in Johan- niskrautextrakten – in der Hälfte der Zeit abgebaut, die eine gesunde Leber braucht.