Prof. Dr. med. Gustav Osterwald: „Quali- tätssicherung darf niemals auf admini- strative Weise verordnet werden. Sie kann nur erfolgreich sein, wenn sie auf die Akzeptanz der Betroffenen baut . ."
zu spüren. Im Gegenteil, die vorge- tragenen Standpunkte fanden aus- nahmslos breite Zustimmung und mündeten in mehrheitlich verab- schiedeten Entschließungen. Im we- sentlichen ging es um die Multiple Choice-Prüfungen, die nach wie vor heftig umstrittene Arzt im Prakti- kum-Phase (AiP) und die Bedeutung der Allgemeinmedizin.
„Das Multiple Choice-Verfah- ren ist schlecht", attestierte Profes- sor Dr. Ursula Sehrt, Mülheim,
„aber wir haben zu viele Studenten, um ganz darauf verzichten zu kön- nen." Eine Auffasung, die auch von Dr. Hans Joachim Bochnik, Frank- furt, geteilt wurde: „Ich muß etwas Wasser in den Wein der Vorschläge gießen", sagte er. „Solange wir ein Massenstudium haben, ist keine Me- thode gut." Professor Bochnik plä- dierte deshalb für die Beibehaltung der Multiple Choice-Prüfungen — je- doch reduziert auf das Abfragen von reinem Basiswissen. In die gleiche Richtung ging ein Antrag von Dr.
Udo Schagen, Berlin, die MC-Prü- fungen als prägenden Bestandteil der Staatsexamina abzuschaffen. Ei- ne klare Mehrheit stimmte dem zu.
Ebenso einmütig votierten die Delegierten für eine möglichst ra- sche Abschaffung der erst unlängst eingeführten AiP-Phase, die nach mehrheitlicher Auffassung die Aus- bildung keineswegs verbessert, son- dern vielmehr zu erheblichem Un- mut bei den Betroffenen geführt ha- be. Dr. Frank-Ulrich Montgomery, Vorsitzender des Marburger Bun- des, hatte hierzu einen Ergänzungs- antrag gestellt: „Dieses setzt voraus, daß für die dann geschaffene Phase ausreichend Stellen zur Verfügung stehen". Breite Zustimmung auch hierfür.
Die Allgemeinmedizin schließ- lich beherrschte einen Großteil der Diskussion. Dazu einige Stimmen:
Dr. Helmuth Klotz, Darmstadt: „Ich bin für das Modell III" (Aus/Weiter- bildung zum Allgemeinarzt nach der zuvor erteilten beschränkten Appro- biation, die Redaktion). Dr. Rolf Ek- kard Hoch, Sprendlingen: „Es gibt tatsächlich viele Defizite im universi- tären Bereich. Die Ärzteschaft muß deshalb die Allgemeinmedizin unter stützen." Und Medizinalrat Arnim
Tiedke, Leegebruch in Brandenburg:
„Je mehr Spezialisten wir haben, desto größer wird die Bedeutung des Allgemeinarztes als Koordinator."
Tiedkes Antrag auf die Einführung des Faches Allgemeinmedizin als ob- ligatorisches Lehrgebiet an den me- dizinischen Fakultäten der Hoch- schulen fand dann auch die Zustim- mung der Delegierten.
Besonders bemerkenswert bei der Diskussion um die Ausbildungs- reform waren die Redebeiträge von Delegierten aus den neuen Bundes-
So sehr sich der Präsident des Deutschen Ärztetages, Dr. Karsten Vilmar, auch bemühte, die überaus füllige Tagesordnung während der viertägigen Plenarberatungen beim 94. Deutschen Arztetag in Hamburg konzentriert und zügig „abzuwik- keln", so ist es der Regie nicht gelun- gen, den Tagesordnungspunkt IV
ländern. Dr. Maria Birnbaum, Ber- lin, brachte die Aussagen ihrer Kol- legen auf folgenden Nenner: „Die Verbesserungen, die Sie jetzt anstre- ben, haben wir bei uns alle schon ge- habt." Gemeint waren hauptsächlich die geringeren Studentenzahlen, in- tensives bed-side-teaching, aus- schließlich mündliche und schriftli- che Prüfungen sowie der hohe Stel- lenwert der Allgemeinmedizin. „Un- sere Studenten", fügte sie hinzu,
„haben das alles gerne angenom- men." Josef Maus
„Qualitätssicherung ärztlicher Be- rufsausübung — Sachstandsbericht —"
in das arbeitsintensive Pensum mit einzubeziehen. Zu sehr war die Zeit vorangeschritten, und exakt 104 An- träge zum Tagesordnungspunkt „Tä- tigkeitsbericht der Bundesärztekam- mer" waren überhängig, als zum Ab- schluß des Ärztetages TOP IV auf- gerufen wurde.
• Das Plenum verständigte sich darüber, den schriftlich ausgearbei- teten Sachstandsbericht zur Quali- tätssicherung des Ärztetags-Refe- renten Prof. Dr. med. Gustav Oster- wald, Oldenburg, zugleich Vorsit- zender des Ausschusses und der Ständigen Konferenz „Qualitätssi- cherung ärztlicher Berufsausübung", zur Kenntnis zu nehmen und — falls notwendig — Einzelaspekte zusam- men mit dem Tätigkeitsbericht zu er- örtern. Dies geschah denn auch so.
Der Ärztetag behielt sich vor, das beim vorangegangenen 93. Deut- schen Ärztetag in Würzburg bean- tragte Thema „Qualitätssicherung"
beim nächsten Ärztetag 1992 in Köln erneut auf die Tagesordnung zu set- zen.
Das auch von der „hohen Poli- tik" und im Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesund- heitswesen in den Vordergrund ge- rückte Thema der ärztlichen Quali- tätssicherung kam dennoch während
Qualitätssicherung:
Eine ärztliche Daueraufgabe
Punkt IV der Tagesordnung:
Qualitätssicherung ärztlicher Berufsausübung
Dt. Ärztebl. 88, Heft 21, 23. Mai 1991 (35) A-1867
Referent für den Tätigkeitsbericht war der neue Hauptgeschäftsführer, Profes- sor Dr. med. Christoph Fuchs
der Ärztetagswoche in Hamburg nicht zu kurz; schließlich hatte die Vertreterversammlung der Kassen- ärztlichen Bundesvereinigung am 29.
April einen halben Tag darauf ver- wandt, dieses brisante und prioritäre gesundheitspolitische Thema in allen Facetten zu beleuchten und die ärzt- lichen Essentials in einem Beschluß zu unterstreichen.
Von den insgesamt 12 Entschlie- ßungsanträgen, die zum TOP IV so- wohl aus der Mitte der Delegierten als auch vom Vorstand der Bundes- ärztekammer vorbereitet worden wa- ren, ist der „Leitantrag" der Bundes- ärztekammer zwar nicht in toto, doch in seinen wesentlichen Teilen unter TOP VI (Tätigkeitsbericht der BÄK) einstimmig beschlossen wor- den. Darin sind sechs Thesen enthal- ten:
C) Der Deutsche Ärztetag be- kräftigt erneut, daß die Sicherung der Qualität der ärztlichen Berufs- ausübung ureigenste Aufgabe der Arzteschaft ist. Institutionalisierte, dirigistische und externe Qualitätssi- cherungsmaßnahmen und -kontrol- len werden deshalb abgelehnt.
C) Lange bevor die Politik, die Gesetzgebung und der Sachverstän- digenrat das Thema „Qualitätssiche- rung" entdeckt hatten, ist dieses Thema von der Wissenschaft und Praxis aufgegriffen und dort, wo es möglich und sinnvoll ist, routinemä- ßig umgesetzt worden.
® Wirksame Qualitätssiche- rung zielt in erster Linie auf eine Ef- fektivitätssteigerung der medizini- schen Versorgung, nicht aber auf die Einhaltung von ökonomischen Be- zugsgrößen. Sie sichert zudem eine sichere und gute Patientenversor- gung.
® Die Qualitätssicherung ist ei- ne berufliche Daueraufgabe der ge- samten Ärzteschaft sowohl im ambu- lanten als auch im stationären Sek- tor; sie bedarf des ärztlichen Sach- verstandes.
® Qualitätssicherung ist eine Kooperationsaufgabe, zu der sich die Ärzteschaft aus Eigeninitiative in kollegialer Weise entschließen muß.
® Qualitätssicherung ist primär keine Kostendämpfungsmaßnahme, wiewohl sie in Einzelfällen auch zur Kostendämpfung beitragen kann.
Die Krankenkassen werden aufgeru- fen, die vom Gesetzgeber veranlaß- ten zusätzlichen Maßnahmen der Qualitätssicherung in die Regelfi- nanzierung einzubeziehen. Insoweit
Die mit Spannung erwarteten Referate und Debatten zu den The- menkomplexen „Ärztliche Ausbil- dung" (schriftlich ausgegeben das Referat von Dr. Jörg Hoppe, Düren, Vorsitzender des Ausschusses und der Ständigen Konferenz „Ausbil- dung zum Arzt/Hochschule und Me- dizinische Fakultäten") sowie zur
„Problematik des Schwangerschafts- abbruchs" (Referat in Anwesenheit von Bundesministerin Hannelore Rönsch: Dr. Ingeborg Retzlaff, Lü- beck, Vorsitzende des Ausschusses
„Problematik des Schwangerschafts- abbruches') waren unbestritten die Highlights innerhalb des Tagesord- nungspunktes VI „Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer". Der „Tä- tigkeitsbericht '91" der Bundesärzte-
müßten die Qualitätssicherungsko- sten und die Kosten der Qualitäts- förderung voll erstattet beziehungs- weise in den Gebührenordnungen berücksichtigt werden. HC
kammer mit einem Umfang von 582 Seiten lag den Delegierten rechtzei- tig gedruckt vor.
Das Konvolut von fast 100 An- trägen dazu ist konzentriert und fast
„einträchtig" in Pro- und Kontra-Re- de verhandelt und abgestimmt wor- den. Insgesamt waren 16 zum Teil sehr heterogene Themenkomplexe unter TOP VI subsumiert worden — vom Thema „Ausbildung" bis hin zum Punkt „Verschiedenes", bei dem 13 Einzelanträge aufgerufen wurden, die keinen anderen Kom- plexen zugeordnet werden konnten.
Nur zu wenigen Themen gab es kon- troverse Positionen und eine diffe- renzierte Aussprache. Viele Anträge bekräftigten denn auch Positionen, die bereits zum Beschlußgut der Ge- samtärzteschaft gehören. Andere Anträge hatten einen aktuellen Be- zug zur „hohen Politik" in Bund und Ländern.
Das statistische Ergebnis: 53 Anträge (einschließlich weniger Er- gänzungs- und Abänderungsanträge) wurden zumeist mit großer Mehrheit oder einstimmig angenommen 14 Anträge wurden zumeist mit großer Mehrheit abgelehnt, bei sechs An- trägen votierte das Ärztetagsplenum auf „Überweisung an den Vorstand der Bundesärztekammer" zur weite- ren Bearbeitung (und zur Berichter- stattung beim nächsten Deutschen Ärztetag). In einem Fall, und zwar in einem Antrag beim Themenkomplex
„Krankenhaus", wurde „Nichtbefas- sung" beschieden.
Die verabschiedeten Entschlie- ßungen zum Punkt „Tätigkeitsbe- richt" sind nachstehend dokumen- tiert. HC
*) s. dazu auch Heft 20/1991
Rund 50 Resolutionen quer durch die Gesundheitspolitik
Punkt VI der Tagesordnung:
„Tätigkeitsbericht" der Bundesärztekammer
A-1868 (36) Dt. Ärztebl. 88, Heft 21, 23. Mai 1991