für relativ neue Kenngrößen wie das prostataspezifische Antigen (PSA) werden ausgeprägte Unterschiede zwischen den Testkits unterschiedli- cher Hersteller beobachtet (18). Ursa- chen für abweichende Ergebnisse bei der Bestimmung ein und derselben Kenngröße (zum Beispiel PSA oder CA 19-9) aus der gleichen Probe mit verschiedenen Immunoassays liegen begründet in Unterschieden im Te- staufbau hinsichtlich:
!Auswahl und/oder Anordnung der verwendeten Antikörper,
!Detektionsverfahren (zum Bei- spiel RIA versus Lumineszenz),
!Anfälligkeit gegenüber individu- ellen Störgrößen (zum Beispiel HAMA – humane Antikörper gegen Maus-Immunglobuline).
In diesem Bereich bemühen sich nationale und internationale Gremi- en zwar inzwischen um eine Standar- disierung und damit Angleichung der Testkits (17, 19, 20), aber bis diese Bemühungen auf breiter Front grei- fen, werden sicher noch einige Jahre vergehen. Wichtig ist deshalb: Immer in Erfahrung bringen, mit
welchem Testkit (Herstel- ler) die jeweiligen TM-Er- gebnisse ermittelt wurden.
Idealerweise sollte das kli- nisch-chemische Labor die Herstellerangabe routi- nemäßig verfügbar machen (zum Beispiel über Verfah- renslisten oder auf den Be- funden selbst).
Einflußgrößen und Störfaktoren
Zu unterscheiden ist zwischen allgemeinen Ein- flußgrößen und Störfakto- ren einerseits und verfah- rensspezifischen anderer- seits (Textkasten Einfluß- größen und Störfaktoren).
Bei Verlaufskontrollen zur Erfassung eines TM-
Abfalls nach Therapie sollte berück- sichtigt werden, daß unmittelbar nach Tumorresektion beziehungsweise nach Chemotherapie oder Strah- lentherapie durch Freisetzung von TM aus zerfallendem Tumorgewebe initial über das prätherapeutische Ni- veau hinaus erhöhte Konzentrationen
im Serum auftreten können. Insbe- sondere können postoperativ zusätz- lich erhöhte CA 125-Konzentratio- nen gemessen werden, die Ausdruck einer peritonealen Reizung bezie- hungsweise des Heilungsprozesses des Peritoneums sind.
Andererseits können nach ope- rativen Tumorresektionen, bei denen starke Blutverluste auftraten bezie- hungsweise Bluttransfusionen vorge- nommen wurden, im Sinne eines Verdünnungseffektes postoperativ gegenüber dem präoperativen Ni- veau stark verminderte TM-Konzen- trationen gemessen werden. Zusätz- lich sind heterophile Antikörper als Störfaktoren in Betracht zu ziehen.
Die bekanntesten und im Zusam- menhang mit Tumormarkern wohl auch am häufigsten genannten sind die sogenannten HAMA, humane Antikörper gegen Maus-Immunglo- buline.
Im Rahmen einer vorausgegan- genen Immunszintigraphie oder Im- muntherapie verabreichte Maus-Im- munglobuline können beim betref-
fenden Patienten die Bildung von HAMA induzieren. Bei Tumormar- kertestsystemen, die monoklonale Maus-Antikörper verwenden, kön- nen diese HAMA je nach Testaufbau zu falsch hohen oder falsch niedrigen Meßwerten führen. Neben diesen all- gemeinen Faktoren gibt es einige
wichtige verfahrensspezifische Ein- flußgrößen (Textkasten: Einflußgrö- ßen und Störfaktoren).
Spezielle Empfehlung für wichtige
Tumorerkrankungen
In den Textkästen sind beispiel- haft Vorschläge für den Einsatz von Serumtumormarkern bei den wichtig- sten Tumorerkrankungen in folgen- den vier Bereichen aufgeführt:
1Gastrointestinaltrakt, 1Gynäkologie,
1Urologie und
1Lunge und Mediastinum.
Von der aktuellen Nutzungspro- blematik her stehen diese Bereiche an unserem Klinikum im Vordergrund.
Sie sind auch anderenorts wesentliche Bereiche der ambulanten Nachsorge.
Die Untergliederung in die Anwen- dungsbereiche Früherkennung und Diagnoseunterstützung einerseits so- wie Therapieüberwachung und Rezi- divfrüherkennung andererseits soll
jeweils den unterschiedli- chen klinischen Stellenwert der Tumormarker in Nach- sorge und Therapiekontrol- le gegenüber den Anwen- dungsbereichen Früher- kennung und Diagnostik hervorheben.
Zusätzlich haben wir versucht, den Wert der ein- zelnen Tumormarker und Markerkombinationen bei bestimmten Tumorerkran- kungen im Rahmen der Therapieüberwachung und Nachsorge zu verdeutli- chen. Den als „klinisch sinnvoll“ beurteilten An- wendungen, wie zum Bei- spiel der NDE-Bestim- mung beim kleinzelligen Bronchialkarzinom, stellen wir unter „Klinischer Nut- zen fraglich“ solche Tumor- marker(kombinationen) gegenüber, die zwar häufig beantragt werden, die aber hinsichtlich ihrer Kosten/Nut- zen-Relation nur unzureichend unter- sucht sind. Die routinemäßige Ver- wendung außerhalb klinischer Studi- en erscheint uns deshalb zur Zeit nicht indiziert.
A-3350
M E D I Z I N
(52) Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 50, 13. Dezember 1996 ZUR FORTBILDUNG
Tumormarker bei urologischen Tumoren Früherkennung
PSA-Bestimmung (kombiniert mit digital-rektal durchge- führter Untersuchung) einmal pro Jahr zur Früherkennung eines Prostatakarzinoms bei Männern ab dem 50. Lebens- jahr (Blutentnahme vor beziehungsweise maximal 15 Mi- nuten nach digital-rektal durchgeführter Untersuchung!) Diagnostischer Einsatz
– Verdacht auf Prostatakarzinom PSA
– Verdacht auf Hodentumor AFP + hCG*)C Therapieüberwachung und Rezidivfrüherkennung 1 Klinisch sinnvoll
– Prostatakarzinom PSA
– Hodentumor AFP + hCG + LDH*)
1 Klinischer Nutzen fraglich
– metastasiertes Seminom NSE (zusätzlich)
*)bei Verdacht auf Hirnmetastasen gegebenenfalls parallele Bestim- mung von AFP, hCG und NSE im Liquor und Serum