A158 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 4⏐⏐23. Januar 2009
S T A T U S
„Auch in den Niederlanden gibt es einen großen Mangel an Fachärz- ten“, berichtet Becker, „aber man geht anders damit um.“ In Deutsch- land müssten die vorhandenen Ärz- te die fehlenden ersetzen, indem sie einfach mehr arbeiteten. In den Niederlanden herrsche hingegen der Gedanke vor, dass man für die vor- handenen Ärzte sorgen müsse, um
diese nicht zu vergraulen. Das gilt auch für ausländische Ärzte – oder gerade für diese. Das „Sorgetragen“
beginnt bereits bei der Vermitt- lung, die ABC-Medica auf Kosten des neuen Arbeitgebers betreibt.
„Kees van Dam hat mich auf das erste Bewerbungsgespräch gut vor- bereitet. Außerdem hat er mich über landesspezifische Besonderheiten
aufgeklärt – etwa darüber, dass man in den Niederlanden im ersten Ge- spräch nicht über Geld spricht“, er- innert sich die Kölnerin.
Für ihren Berufseinstieg im Nachbarland benötigte die 42-Jähri- ge diverse Qualifikationsnachweise, die Arztregistrierung in den Nieder- landen, eine Sozialversicherungs- nummer sowie die Mitgliedschaft in einer Krankenkasse. Auf ihre Steuer erhält die gesuchte Spezialistin eine 30-prozentige Ermäßigung für die Dauer von zehn Jahren. Die Probe- zeit für den Jahresvertrag beträgt ei- nen Monat. Jahresvertrag? „Ja, erst nach Ablauf eines Jahres bekomme ich einen unbefristeten Vertrag“, sagt Becker, „dies ist eine auf ein Drittel aller Stellen angewandte Pra- xis in den Niederlanden und nicht nur auf Ausländer bezogen.“
Ihre beruflichen Perspektiven be- urteilt die deutsche Ärztin positiv:
„In den Niederlanden habe ich ein- deutig bessere Entwicklungsmög- lichkeiten. In Deutschland sollte ich für einen Radiologieschein rund die Hälfte selbst bezahlen, bei meiner neuen Stelle wurde mir nach nur zwei Monaten schon eine zweijähri- ge, 20 000 Euro teure Fortbildung zur Suchtmedizinerin angeboten – auf Kosten des Hauses.“
Dr. med. Axel Metzger, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, arbeitet seit gut einem Jahr in einer Klinik für psychisch Kranke nahe Amsterdam. In Deutschland kam er,
„wenn es gut lief“, bei einer 50- bis 60-Stunden-Woche inklusive 24 Stunden Wochenenddienste sowie Überstunden auf 3 200 Euro netto monatlich. In den Niederlanden ver- dient er schon bei einer Viertage- woche entschieden mehr. Wen wun- dert es, dass auch er froh ist über die Festanstellung in einer Ambulanz für chronisch Kranke. Wie seine Kollegin Becker begrüßt es Metz- ger, dass die Hierarchien viel fla- cher sind als in Deutschland. „Das Einzige, was hier nervt, sind die ewigen ,Vergaderingen‘. Das sind Teamsitzungen, die sehr Zeit aufrei- bend sind, oft ohne am Ende etwas zu bringen“, meint Metzger. Auch die Mieten seien verhältnismäßig hoch. So zahlt er für seine Dreizim- merwohnung, 60 Quadratmeter, mit Balkon 1 020 Euro warm im Monat.
Trotzdem bleibt die Erkenntnis, den richtigen Schritt getan zu haben.
Zurück wolle er nicht, sagt Metz- ger: „Das kann ich mir eigentlich nicht vorstellen.“ Und so relaxt er weiterhin nach getaner Arbeit am nahen Nordseestrand, während Leo- nie Becker ihren Heimweg beim
„Radio-Chillout“ auf der Autobahn
genießt . n
Cornelia Ganitta
RECHTSREPORT
Ärzten ist es verboten, ihren Namen in Verbin- dung mit einer ärztlichen Berufsbezeichnung in unlauterer Weise für gewerbliche Zwecke zu verwenden. Das hat das Berufsgericht für Heil- berufe am Landgericht München entschieden.
Der verurteilte Facharzt für Orthopädie war zunächst niedergelassen, dann anderweitig ärztlich beschäftigt und schließlich seit dem Jahr 2005 wieder als niedergelassener Ortho- päde in einer Privatpraxis tätig. Im selben Ort betreibt sein Sohn ein Gesundheitszentrum. Dort werden unter anderem Leistungen wie pulsie- rende Signaltherapie, Bioresonanztherapie, Haar- analyse, Messverfahren bei Osteoporose und oxidativem Stress sowie Ernährungsberatungen angeboten. Der ärztliche Kreisverband hatte den
Facharzt aufgefordert, zu einer möglicherweise berufsrechtlich problematischen Zusammenar- beit mit seinem Sohn Stellung zu nehmen. An- lass dazu waren entsprechende Ankündigungen in den Medien. Daraufhin erklärte der Arzt, dass es sich bei seiner Tätigkeit im Gesundheitszen- trum seines Sohnes nur um Beratung, Diagnose und Therapie in einem kleinen Umfang handele.
Sein Sohn sei Betreiber des Zentrums; gegen Miete stelle er dem Vater Räume, Apparate und auch Personal zur Verfügung. Die Tätigkeit des Sohnes beziehe sich vor allem auf den kauf- männischen Bereich.
In der Folgezeit kam es zu einem weiteren Schriftwechsel, vor allem weil es im Internet Ankündigungen gab, wonach die Tätigkeit des
Arztes nach wie vor mit dem Gesundheitszen- trum seines Sohnes verknüpft war. Zudem beschwerten sich mehrere Patienten über Ab- rechnungen auf Basis der GOÄ.
Der Arzt hat nach Auffassung des Gerichts gegen die Berufsordnung verstoßen, da die Außendarstellungen nicht der Realität entspra- chen. In diesem Fall stellten zudem unange- messene Honorarforderungen einen Verstoß im Kern des ärztlichen Verantwortungsbereichs dar. Mit einer Geldbuße von 20 000 Euro wollte das Gericht dem Orthopäden deutlich vor Au- gen führen, dass er weitere unzulässige Ver- quickungen zwischen einem Gewerbebetrieb und seiner medizinischen Tätigkeit vermeiden müsse. Sonst drohen ihm weitere Verfahren.
(Urteil vom 13. Februar 2008, Az.:BG-Ä 1/07).
RAin Barbara Berner
Unzulässige Zusammenarbeit mit einem Gesundheitszentrum
Relaxen am Nordseestrand – Axel Metzger fühlt sich wohl in den Niederlanden.